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Textanfänge

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Parzifal:

--- Zitat von: Zachi am 13 January 2015, 13:18:18 ---Hi Parzifal,

Der Anfang von "Faktotum" ist echt witzig.  :diablo:

--- Ende Zitat ---

Hi Trippelschritt,

nicht aufregen!  :biggrin:
Die Stelle, die ich witzig finde, ist die wo sich die aufgetragene Schuhcreme (auf dem Koffer) durch den Regen langsam ablöst und die Pappe freilegt. Da hab ich mir gedacht: Was für ein witziger Kerl. Der kann anscheinend einiges ab - bin mal gespannt, in was der da hinein gerät. Und wie er damit umgeht. Insgesamt hat mich dieser Anfang neugierig gemacht und zum Weiterlesen angeregt.  ;)

Trippelschritt:
Danke Parcifal

Viskey:
Ich liefere auch einen englischen Anfang. - Sollten die Engländer/Amerikaner bessere Anfänge schreiben als wir Deutschsprachige? :watchout: Da die meisten meiner Bücher in Schachteln verstaut sind, kann ich das jetzt schlecht überprüfen ...


--- Zitat ---The night before he went to London, Richard Mayhew was not enjoying himself.
He had begun the evening by enjoying himself: [...]
--- Ende Zitat ---

(miese) Übersetzung: Die Nacht, bevor er nach London ging, hatte Richard Mayhew keinen Spaß.
Er hatte den Abend damit begonnen, Spaß zu haben: [Aufzählung der "spaßige" Dinge] ')


Warum mir dieser Anfang gefällt? Weil er kurz und bündig daherkommt, und mich gleich mal vor eine vollendete Tatsache stellt: Richard hat keinen Spaß, er fühlt sich nicht wohl. - Das ist erst schon mal interessant. Und dann bekomme ich sofort den Satz nacheschoben, dass der Abend durchaus spaßig angefangen hat. Irgendwas muss also passiert sein, dass Richard gehörig die Laune verhagelt hat. Was könnte das gewesen sein? Wer ist dafür verantwortlich?

Und im übrigen gibt's auch bei diesem Anfang Wetter: Es regnet ... wie aus Kübeln ... :devgrin:




*) Neil Gaiman: "Neverwhere"

zac:
Also, nochmal zur Klarstellung:

Den von Parzifal zitierten Beginn des Romans "Faktotum" von Charles Bukowski find' ich witzig.

Was da drin (natürlich) ? Diese Stelle:

--- Zitat ---[...] ging hinaus und lief durch den Regen. Ich wollte mir eine billige Absteige suchen, wußte aber nicht, wo die ärmeren Stadtviertel lagen. Mein Koffer war aus Pappe und löste sich allmählich in seine Bestandteile auf. Ursprünglich war er schwarz lackiert, doch die schwarze Lackschicht war abgeblättert und hatte den gelben Karton freigelegt. Ich hatte versucht, den Schaden zu beheben, indem ich schwarze Schuhcreme auf den Karton schmierte. Während ich jetzt durch den Regen ging und den Koffer abwechselnd in der rechten oder linken Hand trug, rieb sich die schwarze Schmiere an meinen Hosenbeinen ab.
Na schön, ich war in einer neuen Stadt. Vielleicht würde ich diesmal Glück haben.
--- Ende Zitat ---
Und weshalb ich sie witzig finde: Der Prota wird mittels einer für Slapsticks tauglichen + lakonisch, aber (für meine Phantasie) gut vorstellbaren Szene als Tollpatsch dargestellt; planlos (keine Ortskenntnisse, kein Stadtplan), arm (Pappkoffer; billige Absteige suchend + das zu Fuß in einer ziemlich großen Stadt), dennoch unverzagt. Ein Schlemihl des zwanzigsten Jahrhunderts, ein Pechvogel auf der Suche nach einem Bisschen Glück.

Achtung: Das Wort 'witzig' bedeutet auch 'gewitzt' = clever geschrieben; gut gemacht.

Wie bei allen anderen Büchern auch: Bukowskis Anfang muss man nicht unbedingt witzig finden. Wie immer: Alles subjektiv, Leute. Ich gebe sogar gerne zu, dass ich Texte je nach meiner Laune mal gut finde, und mal nicht. (Geht aber, wenn wir mal ehrlich sind, doch jedem so.) Wer in ein Kabarett geht, unterschreibt an der Kasse auch keinen Vertrag darüber, dass er in mindestens jeder dritten Sprechpause lachen wird.
Und glücklicherweise gibt es keine Katechismen, keine Gesetzbücher, + keine Zauberregeln für das, was "gute Literatur" ausmacht - nein, nicht wirklich. Denn "gut" heißt in Sachen Literatur für jeden etwas anderes (und das finde ich gut so).
Freilich klammern sich hoffnungsvolle Schreiberlinge, die "soooo" gerne Gedrucktes zwischen "richtigen Buchdeckeln" veröffentlichen würden - ob ich mich noch dazu zählen soll, weiß ich zurzeit nicht mehr so genau - immer wieder an Schreibratgeber in Print + Internet. Da sucht man nach Orientierung, nach Vorbildern, nach Beispielen von Schriftstellern, die erfolgreich sind oder waren. ... Mann, bin ich heute Abend wieder mal destruktiv. Wer mich an dieser Stelle noch ernst nimmt, ist selber schuld. Hat aber nicht das geringste mit diesem Thread (der mir sehr gut gefällt) oder mit Euch zu tun.

"... ah ye don't believe, we're on the eve of destruction" (Barry McGuire) 

zac:
... aber der Buchanfang, den Merin zitiert hat, gefällt mir auch sehr gut. Weiß der Teufel, warum.

Vielleicht bloß, weil diese Mutter locker genug war, sich beim Rumalbern mit einem Kissen auf dem Kopf fotografieren zu lassen ........ + weil Erinnerungen (für mich) zum Wichtigsten in dieser (verdammten) Erdenexistenz gehören.

Und nochmal:
"... ah ye don't believe, we're on the eve of destruction" (Barry McGuire)   - sind wir doch die schlimmsten Biester auf diesem Planeten.

P.S.: Muss ich wohl gleich noch Tom Waits hören - "Waltzing Matilda" :

www.youtube.com/watch?v=XrkThaBWa5c

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