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Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?

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Viskey:

--- Zitat von: Zauberfeder am 25 September 2016, 11:09:12 ---... dann habe ich angefangen, ihn neu zu schreiben, weil ich neue Ideen einbringen wollte, die die Welt noch detailreicher gemacht haben ...

--- Ende Zitat ---

Ich glaube, das ist eine böse Falle, vor der man sehr auf der Hut sein muss: Die Ideen. Dazu passt sehr gut kass' Methode zur Einschränkung.

Nur weil einem neue Ideen kommen, muss man die nicht unbedingt einbauen. Manche Ideen sind nett, sie erlauben ein paar schöne Tagträume ... aber im Buch haben sie keinen Platz. Mit Ideen ist es wie mit Informationen: Man sollte sie haben, aber um Gottes Willen nicht alles davon ins Buch hineinstopfen.

Um mal das Merlin-Beispiel von kass aufzugreifen:

Eine Idee wäre, Merlin schafft es, sich die Zutaten für einen Zaubertrank zu besorgen, mit dem er entkommen kann (wie auch immer). Er schafft es also ganz allein.
Eine andere Idee wäre, Merlin trifft im Kerker auf einen anderen Gefangenen, auch Zauberer, und nur mit vereinten Kräften können sie beide entkommen
Eine dritte Idee wäre, dass Merlin es nicht schafft. Erst als die Anhängerschaft des Mitgefangenen kommen, um ihn zu befreien, kann Merlin sich der Gruppe anschließen und entkommen.

Nur eine davon lässt sich umsetzen, weil sie sich gegenseitig ausschließen. Als Autor muss ich mich also jetzt entscheiden. Jede dieser drei Möglichkeiten generiert eine Vielzahl neuer Ideen, eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie der nächste Schritt der Geschichte aussehen könnte. Wieder muss ich mich für eine davon entscheiden, usw. usw.

Natürlich kann es passieren, dass die neue Idee die Geschichte tatsächlich verbessert (ist mir bei meinem Vampir jetzt schon dreimal passiert), aber dann freu ich mich darüber, dass ich so eine tolle Idee hatte, verwerfe die früheren, und gehe mit frischer MOtivation ans Schreiben. Und dann arbeite ich auch nicht "am selben Text". Denn es wird eine ganz andere Geschichte daraus, was notgedrungen einen ganz anderen Text ergibt. Das Grundthema ist immer noch das gleiche, das war immerhin der Funke, der sich in mir festgebrannt hat, aber davon abgesehen ist das meiste ganz anders.

Ich fand das bis jetzt sogar sehr spannend, diese ENtwicklung zu beobachten. Klar ist es frustrierend, insgesamt geschätze 500 Normseiten "umsonst" geschrieben zu haben. Tatsächlich aber waren sie nicht umsonst, denn sie haben mich auf den Weg zur "richtigen" Geschichte gebracht. Der Weg war unglaublich umständlich, ja. Ich bin praktisch die ganze Landkarte einmal abgegangen, um den besten Weg zu finden. Und da bin ich jetzt. Auf dem richtigen Weg, und ich finde es toll. (Und dabei hab ich die Rohfassung noch nicht mal ansatzweise fertig.)

merin:
Ich hab ja nun eine Nacht über Eure Hinweise geschlafen und bin noch mehr begeistert als gestern. Ich finde, Mondstern, Kass, Viskey, ihr habt eure Prozesse sehr klar beschrieben. Da kann ich noch ne Menge mitnehmen. Ich mach es aktuell auch so, dass ich die Szenen grob plane und hinschreibe. Blöde Wörter lass ich, mach ggf. eine Markierung dran, dass das noch nicht wie gewollt ist, meist so: (?). Manchmal schreib ich auch in einer anderen Farbe oder so rein, was für Varianten es an dieser Stelle gäbe, weil es mir jetzt noch nicht klar ist, ob sie beispielsweise den Weg am Fluss nehmen oder weiter westlich laufen. Dann steht da nur (genauere Reisebeschreibung einfügen: Weg am Fluss oder weiter westlich?). Weil das für den groben Szenenverlauf egal ist. Mir fällt es schwer, da nicht ewig zu feilen, sondern weiter zu schreiben. Aber ich lerne es. Dank euch.

 :daaanke:

Zauberfeder:
Huhu, ihr Lieben :)

@Viskey:

--- Zitat ---Eine Rohfassung ist schon etwas, auf das man echt stolz sein kann. - Man darf halt nur nicht erwarten, dass eine Rohfassung schon besonders gut (im Sinne von fertig) ist. Eine Rohfassung braucht immer noch einen Haufen Arbeit, darüber darf man sich halt keine Illusionen machen.
--- Ende Zitat ---
Nee, nee, die Illusion mache ich mich nicht. Ich weiß es ja, aber das ist das Problem, denn genau deshalb stehe ich dem Wort so negativ gegenüber, weil ich weiß, dass es das nicht war, wenn ich endlich einmal wieder durch bin, dass ich dann noch mehr Jahre an derselben Sache herumkauen werde. Klingt jetzt so negativ, aber 8 Jahre sind eine lange Zeit und irgendwann möchte man eben auch weiterkommen. Dumm ist halt nur, dass ich erst 3 - 5 Jahren das Schreibhandwerk so wirklich erlernt habe. Bin da quasi mit meinem Projekt gewachsen, aber dadurch hatte ich eben zig neue Anfänge, weil es nie hingehauen hat, durch mangelnde Schreibkenntnisse oder eben die Plotfehler durch keine Planung.

Mit Ideen meinte ich jetzt nicht Handlungsideen, sondern Ideen, die die Welt, in der meiner Protas leben, einfach viel runder gemacht haben. Ich habe am Anfang aus dem Bauch herausgeschrieben und da habe ich mir beim Schreiben meine Welt erschlossen, aber war sie da eben noch nicht perfekt und noch nicht das, was ich habe wollt oder mir vorgestellt haben und mehr und mehr kamen die Ideen und die mussten dann eben rein, weil sie die Geschichte mehr zu dem gemacht haben, wie ich sie erzählen wollte.

Ach, wenn es nur geschätzte 500 Normseiten wären. Ich glaube, es beläuft sich inzwischen auf etwas über 2000 xD Aber klar, natürlich sind sie nicht umsonst. Mit jeder Seite habe ich mehr übers Schreiben, über meine Welt und meine Charaktere gelernt. Ich würde nur einfach gerne auch mal weiter kommen. Nicht immer nur am ersten Band herumhängen. Die anderen sind es schließlich auch wert, erzählt zu werden, aber gut, erst einmal müsste ich mich eben wieder an die Rohfassung von Band 1 setzen, um überhaupt dahin zu kommen.


--- Zitat ---Die Frage ist dann: Wie sehr liegt mir dieses Projekt am Herzen? Wie groß ist das Bedürfnis, diese Geschichte zu erzählen?
--- Ende Zitat ---
Auch wenn ich mich zwar oft darüber beschwere, dass ich immer noch am Anfang bin oder besser gesagt das x-te Mal, so kann ich doch sagen, dass mir das Projekt sehr am Herzen liegt, immerhin würde ich mich dann nicht über 8 Jahre damit beschäftigen, wenn es nur mal so ein Gedanke war. Ich will die Geschichte erzählen und ich will sie irgendwann auch gut erzählen.

@Mondstern:
Natürlich ist es mein eigenes Problem. Ich habe ja ein Problem mit dem Wort Rohfassung, nicht das Wort mit mir. Das ist glaube ich ganz neutral eingestellt^^ Und ja, ich bin immer noch in meiner Veränderungsphase, die leider schon wieder so ... 5 Jahre dauert xD Habe mich noch nicht bis zum Endstadium entwickelt und das macht es so frustrierend. Das Problem ist auch, dass ich super kritisch bin. Ich komme an keinen Punkt, wo mir mein Text gefällt und wenn es doch mal so ist, dann weiß ich nicht, ob ich meinem Urteil vertrauen kann, weil ich das am Anfang auch hatte. Ich war total begeistert. Es hätte der neue Bestseller werden können - nur sah die Realität ganz anders aus. Der Text war stilistischer und inhaltlicher Müll. Deswegen weiß ich auch nicht mehr, ab wann ich meinem Urteil vertrauen kann und wann nicht. Aber ich habe hier im Forum irgendwo gelesen, dass manche bei Texten, die sie überarbeiten, die Schrift ändern und so. Ich denk, Optik macht viel aus. Den Tipp werde ich mir auf jeden Fall merken.

Ich muss echt lernen, das ständige Wiederkauen nicht negativ sondern positiv sehen, aber ich weiß halt nur leider auch nicht, wie ich da mein Denken ändern kann. Das passiert ja nicht von heute auf Morgen.

@kass:
Aaaaahh, jetzt weiß ich, was du mit Erzählabschnitten meinst. Danke. Das ist in einem Buch, das ich grade lese auch so. Da gibt's 3 Abschnitte sogar mit einem Titel. Danke :)

@merin:
Von deiner Einstellung kann ich mir noch was abschneiden. Mir macht überarbeiten so gar keine Freude, weil das für mich immer nur bedeutet, dass der Text noch nicht gut ist. Hattest du schon immer Spaß daran oder war das auch mal anders?

merin:
Mhm. In der Grundschule habe ich meine Geschichten nicht überarbeitet. Kam mir gar nicht in den Sinn. Aber so seit ca. 20 Jahren habe ich Freude daran. Meistens. Weil danach etwas besseres da steht. Auch meistens. :biggrin: :hehe:

Viskey:

--- Zitat ---Mit Ideen meinte ich jetzt nicht Handlungsideen, sondern Ideen, die die Welt, in der meiner Protas leben, einfach viel runder gemacht haben.
--- Ende Zitat ---

Auch diese Ideen halte ich für potentiell gefährlich. :devgrin:

Weil sie einen leicht in die Irre führen können. Wenn man schon eine coole Idee für eine Kulthandlung hat, will man die auch unterbringen. Also schreibt man was dafür. Wenn man eine coole Idee für Irgendwelche Fabelwesen hat, will man die unterbringen, also schreibt man was dafür. Egal, ob es zur Geschichte beiträgt, oder ihr eher im Weg steht.

Aber das ist nur meine Meinung, weil ich ständig irgendwelche (oft unbrauchbare) Ideen zu meinen Büchern habe. :dontknow:

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