So, habe nun versucht eure Anmerkungen aufzunehmen und einzuarbeiten. Eine Kritik war, dass der Traum nicht deutlich wurde.
Mit dieser Szene wird der erste von beiden zentralen Protagonisten eingeführt. Wir befinden uns mit dieser Szene ca. auf Seite 70 im Buch. In dem Kapitel zuvor, welche dreißig Jahre zurückliegen, erahnt der Leser bereits, dass etwas bei er letzten Krönung schief gelaufen ist. Sefira ist als Gottheit eingeführt, so dass die Erwähnung, Sefira öffnet sich, bereits vertraut ist.
Sicherlich werden wie immer die üblichen Fehler vorkommen, über jede Kritik zur Perspektive, Logikbrüchen etc. pp freue ich mich.
Besonders würde mich interessieren,
a) ob der Text nun flüssiger zu lesen ist und vorallem, ob der Leser nicht ständig über dieses oder jenes stolpert, was den Lesefluss unterbricht,
b) gibt die Szene Anhaltspunkte, wo der Leser, der Fantasyleser bereits vermutet, dass hat eine Bedeutung,
Generell. Die Art und Weise wie Todd träumt ist zentrales Moment dieser Szene. Wie der Kerl ist, folgt dann, wenn er aufwacht.

Schon mal vielen Dank an diejenigen, die sich die Mühe machen, mich zu rösten.
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Todd schlug die Augen auf, fror und seufzte. Träume waren ein Segen, sie hatten ihn reich gemacht. Bald würde er ein Haus mit Garten beziehen. Darüber wollte er nicht klagen. Unangenehm fühlte es sich an, ab und an in den Träumen zu sterben. Das kam zum Glück selten vor, aber häufiger als Todd es sich wünschte. Heute, vermutete er, würde er erfrieren.
Er schnappte nach Luft, der Kopf schmerzte. Der Wind wirbelte feine Eiskristalle über den Gipfel, vor dem er im Nachthemd schwebte. Eine Wechte brach ab, rutschte den Abhang hinunter, bis sie über den Rand einer senkrecht abfallenden Felswand in die Tiefe stürzte. Die Schneemassen lösten im Tal Lawinen aus, die erst auf den Gletschern zum Stillstand kamen. Er roch die eisige Luft, bis an den Horizont erstreckte sich das Hochgebirge. Von hier oben konnte er nicht erkennen, wo er sich befand. Schnee, Eis und Felsen boten keine Orientierung. Häufig träumte er von Schätzen, die er bergen ließ, wenn er denn wusste, wo er nach ihnen suchen musste..
Er wünschte sich unter die Bettdecke zurück, die ihn gerade noch gewärmt hatte. In dieser eisigen Kälte würde er sterben, was nicht schlimm war. Wenn er starb, wachte er auf. Als Kind war er noch verängstigt unter die Decke der Mutter gekrochen und lag bis in den Morgen wach. Mit dem Alter kam die Gelassenheit. Er starb, wachte auf, trank ein Glas Wasser und legte sich wieder schlafen. Vor Jahren schon hatte er aufgegeben, vor dem Gebetsbaum friedlichere Träume zu erbitten. Gestern Nacht hatte er neben einen knisternden Kaminofen gesessen. Die gemütliche Wärme fühlte sich behaglich an, nur nicht das, was er beobachten musste. Die Handlanger des Grafen Renoirs hatten einen Händler über Stunden zu Tode gefoltert.
Die Zähne klapperten und der Schmerz im Kopf vernebelte die Sinne. Ihm wurde schwindelig. Heute meinten es seine Träume wieder gut mit ihm. Die Luft flimmerte, fast hätte er in die Tiefe gekotzt. In der Pein glaubte er, die Berge lösten sich auf, gaben den Blick in ein Tal frei. Dunkle Türme sah er, auf denen dunkelhäutige Männer wachten. Gleich würde er aufwachen, so sehr rang er nach Atem. Ruckartig raste er herab. Sefira hab Dank, dachte er, der Druck auf seine Brust ließ nach. Nachdem sein Herz wieder ruhiger pochte, nahm er die Landschaft wieder ungetrübt war und genoss, wie ein Drache durch die Täler zu fliegen. Fliegen kann so schön sein.
Die Finger waren noch kalt, doch er spürte die Wärme der Nachmittagssonne auf dem Gesicht. Schwalben flitzten durch ihn hindurch. Ihr Zwitschern legte sich wie helle Flöten über das Donnern. Hier unten im Tal mischte sich ins trostlose Braun und matschige Weiß bereits das saftige Grün des Frühlings. Er pfiff die Ode an Ariane. Auch wenn er bislang nichts geträumt hatte, was ihm zum Vorteil gereichen konnte, freute er sich trotzdem. Er träumte in Neuland. Aus der Ferne erkannte er das Gebirge. In einem Gemälde von Magister Caspar hatte er die eigentümlich gezackten Felstürme gesehen. Todd schmunzelte, während er sein Ebenbild im Bergsee betrachtete. Hätte der Magister am See gesessen mit der Staffelei, Todd hätte er nicht gemalt. Die Landschaftsporträts sollten frei von der verdorbenen Hand menschlicher Niedertracht sein. Einzig mehr schwarze Farbe hätte der Magister verwendet. Die Schatten kräftiger hervorgehoben, das Unterholz wie dunkle Knochen aufgetürmt. Die weichen Konturen verliehen den Werken etwas Mystisches, die mit der Natur wenig gemein hatten. Caspar hatte angefangen zu malen, nachdem er das Amt des Richters verloren hatte. Er fiel einer Intrige zum Opfer. In der Hauptstadt wurde gemunkelt, der Minister des Königs Graf Reugen steckte dahinter. Nie konnte der Frevel bewiesen werden. Todd bedauerte, dass die Träume ihn nicht in die Gemächer des Ministers führten. Von dieser Niedertracht hatte sich Caspar nie erholt, das Gesicht war faltig und grau geworden. Zum Frühstück trank er rumorianischen Wein. Häufig sprach er lallend vom Tod. Der Magister wünschte sich, Sefira würde sich für ihn öffnen und das Leid beenden. Todd konnte ihn nur selten aufheitern, wenn er ihn besuchte, sie über das Recht und die Kunst diskutierten. Er hoffte für den Magister, dass sich Sefira zuerst für den König öffnen würde. Amunds Amtszeit endete in sechs Monaten mit dem Tod.
Das Donnern kam näher, kühle Wassertröpfchen regneten durch ihn hindurch. Wasserfällen stürzten in eine Schlucht. In der Tiefe schäumte und toste der reißende Fluss. Baumstämme und tote Tiere riss er mit sich.
Wölfe ruhten auf einer Ebene und wärmten ihr Fell. Nur ein Jungwolf, dünn wie das Gerippe des Hirsches, an dem er nagte, riss an den blutigen Knochen. Der Leitwolf hob den Kopf, fletschte das Gebiss. Todd würde nie lernen, das Gebiss eines Wolfes von dem eines Hundes zu unterscheiden. Magister Myrus hatte ihn ausgelacht, weil er den Unterschied nicht erkannte. Dem Bauern zahlten sie drei Kristalle. Die Entschädigung, wenn ein Wolf ein Rind riss. Teuerer war nur, wer einen Wolf tötete. Sechs Kristalle zahlte der Frevler an den König. Der Eiswolf hatte sich aufgerichtet und knurrte.
Er schloss nicht mehr die Augen, als er durch Äste und Baumstämme flog. Um ihn herum raschelten Blätter. Sie verspotten mich. Ein Ast ragte aus der Brust. Dicht vor ihm schaukelte an einem Zweig ein aufgeplatzter Kokon. Über dem leeren Gefängnis breitete ein Feenschmetterling die schillernden Flügel aus und wartete in das neue Leben zu fliegen. Auch wenn Todd wusste, er konnte ihn nicht berühren, streckte er die Arme nach dem zierlichen Körper aus. In Turka erzählten sich die grünen Kinder Geschichten. Wer diese Schmetterlinge an den zarten Händen hält, ihm einen Wunsch zuflüstert, dem wird er erfüllt. »Lieber Schmetterling, ich möchte in der Bibliothek meinen Dienst antreten.« Seine Hände glitten ins Leere. Als hätte ihn diese vollkommene Schönheit gespürt, flatterte sie fort.
Als der Tag sich verabschiedete, lagen die Gebirge zurück und die große Mauer zog unter ihm vorbei. Von hier oben konnte er ihr Ende nicht sehen. Rangpflanzen überwucherten den schwarzen Stein. Er hatte sich nicht geirrt, er träumte in Neuland.
»Haben die Hasen schon angegriffen?«, sprach er lachend aus. Oft zog er die neuländischen Ordensschüler mit der Frage auf. Jenseits der Mauern gab es nichts Bedrohlicheres als Einsamkeit und Hasen, die an der Mauer hockten. Die Gefahr kam aus dem Norden. Über die Jahrtausende wurden die Neuländer von den Turken und Tabriern angegriffen, wo eine nicht minder mächtige Mauer errichtet wurde. Erst König Jarus überwand die Mauer mit einer List und unterwarf die Neuländer. Seit 600 Jahren durften auch jene Tore nicht mehr geschlossen werden. Genau seit jenen Tagen verschwand der Krieg aus Tikun und das Reich war unter einer Krone vereint.
Der dumpfe Klang von Äxten vertrieb Todds Gedanken an die Vergangenheit. Bauern fällten Bäume. Ochsen zogen die Wurzeln aus dem Erdreich. In der Siedlung zimmerten Handwerker am Dachstuhl. Auf den Feldern säten Bauern das Sommergetreide aus und sangen ein altes Fruchtbarkeitslied. Die Frauen sammelten Steine von den Brachflächen und luden sie auf Karren. Der Dorfvorsteher zählte das Vieh und nickte zufrieden. Kinder brachten ihren Vätern Krügen mit Wasser, um sich dann wieder ihrem unbedarften Spiel hinzugeben. Jungen wie Mädchen fochten mit Holzschwertern und sprangen vor den Hieben zurück und er hörte ihr tapferes Geschrei. Todd war sich sicher, heute Nacht würden sie davon träumen, in die Königsgarde aufgenommen zu werden als der beste Kämpfer des Königs.
Jetzt erst nahm er sie wieder wahr. Sie waren ihm so vertraut wie der Herzschlag. Sie wippten an den Gräsern, schwebten über den Köpfen der Bauern und lagen an jedem Gegenstand, der einen Namen trug. Im blassen Mond hatte sich eines eingegraben. Wie ein Wasserfall sprudelten sie aus den Mündern der Bauern. Kunstvoll geschwungene Linien, die er lesen konnte. Das ist also das Wort für Regenbogen.
Gelegentlich hatte er andere gefragt, ob deren Träume ähnlich eigenartig waren. Mehr als Spott und Häme hatte er nie geerntet. Diese Laune der Natur hielt er im Verborgenen. In vielen Büchern hatte er geblättert, diese Sprache wurde nie erwähnt.
Die Gesichter der Bauern waren gerötet von der Hitze des Tages. Sie glühten auch vor Erregung, so sehr schimpften sie über den König, der die Steuern erhöht hatte. »Mistkerl«, polterte ein Bauer. Selbst das Schriftzeichen kannte er. Dem Unmut lauschte er, lernte aber kein neues Wort hinzu.
Die Faust geballt, blickte er ins Feuer. Im Dorf wurde eine Ziege bei lebendigen Leib verbrannt, die vor Todesqualen schrie als Opfer für eine reiche Ernte zu sterben. Daran glaube ich erst recht nicht. Das Frühjahrsfest fand vor drei Tagen statt. Nun wusste er immerhin, an welchen Tag in der Vergangenheit die Träume ihn geführt hatten.
Das Fell eines Wolfes trocknete in einem Gestell, etwas abseits des Dorfes im Dunkel einiger Eichen. Nein, gemahlene Wolfzähne steigern nicht die Manneskraft. Wenn er nur wüsste, wer es getan hatte, es wäre eine teure Jagd gewesen. Das Kopfgeld betrug einen blauen Kristall.
Er wandte den Blick ab, breitete die Arme aus und flog wieder in den Himmel. Das Sternenbild des Greifen schimmerte in der aufziehenden Nacht. Der Kopfstern leuchtete noch blass. Er roch den Frühling, fühlte sich frei und pfiff sein Lieblingslied weiter. Die Ode an Ariane. Glücklich allein ist die Seele, die liebt. Vor dem Mond schob sich eine Wolke. Er war nur froh, die Welt so bereisen zu können. Warum für Wochen in der holpernden Kutsche sitzen, wenn er träumen konnte.