Liebe Teufel,
ich habe eine Shortstory geschrieben (ca. 60 Seiten) und da ich dazu neige, den Schluß immer sehr kurz zu halten, möchte ich dazu gerne mal Eure Meinung hören.
Was man wissen muss:
Meine Prota heißt Zoe, ihre Mutter ist Alkoholikerin und kurz davor, in eine Entzugsklinik zu gehen. Das Jugendamt ist auf die Familie aufmerksam geworden, so das Zoe in eine Therapiegruppe gehen muss. Sie lernt Dominik kennen, der sich aber total daneben benimmt. Als Entschuldigung lädt er sie ins Kino ein, sie weiß nicht genau, was er von ihr will.
Außerdem hat sie sich die Haare rot gefärbt, was total in die Hose gegangen ist.
Das soll der Schluß sein:
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Ich saß auf der Bettkante und sah dabei zu, wie sich der Koffer meiner Mutter immer weiter füllte. Sie würde vier Wochen nicht hier sein, vielleicht sogar länger. Ich war es ja gewohnt, für mich zu sorgen, aber immer alleine zuhause zu sein, das war auch für mich neu. Papa hatte zwar versprochen, abends früher zu kommen, aber ob das klappte, stand in den Sternen.
Würde ich mich einsam fühlen? So ganz alleine in dem großen Haus? Ich musste an Marie denken, die mir geschrieben hatte und mal was mit mir machen wollte. Und an Dominik und das Date heute Abend. War das überhaupt ein Date?
Mama sah zu mir rüber. „Wirst du zurechtkommen, Zoe?“
„Klar.“
Sie ließ das Packen sein, setzte sich neben mich aufs Bett und nahm meine Hand. „Du kannst auch zu Oma ziehen, das weißt du ja.“
Na, schönen Dank auch.
„Nee, geht schon, wirklich.“
Ich hatte einen Kloß im Hals.
Mama streichelte meine Hand. „Ich hab dich lieb, mein Mädchen.“
Der Kloß wurde dicker.
„Es tut mir so leid, was passiert ist. Das mit deinen Freundinnen, meine ich. Und das Jugendamt und diese Gruppe, in die du gehen musst. Es ist alles meine Schuld.“
„Ist okay, Mama. Werde du nur wieder ganz gesund“, presste ich hervor.
„Das habe ich deinem Vater versprochen und dir verspreche ich es auch. Du kannst dich auf mich verlassen.“ Ihre Stimme klang total fremd.
Ich holte einmal tief Luft. Es half nichts, ich heulte. Mama auch.
Zweimal heulendes Elend zum Mitnehmen, bitte!
Als das Taxi kam, begleitete ich Mama zur Tür. Sie nahm mich in den Arm, flüsterte etwas in mein Haar, was ich nicht verstand, gab mir einen Kuss auf die Wange und ging zu dem Wagen. Die Fahrzeugtür ging mit einem dunklen Plopp zu. Und weg war sie.
Ich ging zurück ins Haus, das mir irgendwie leerer vorkam als sonst. Dann gab mein Handy ein Signal.
Eine WhatsApp. „Komödie, Liebe oder Aktion?“
Ich überlegte kurz, was ihm am besten gefallen würde und schrieb zurück. „Aktion.“
Warum wollte der Wunderknabe mit mir ins Kino gehen? Vielleicht hatte er immer noch ein schlechtes Gewissen wegen des Ausrutschers letztens. Ein Date wollte er ganz sicher nicht. Mit mir schon gar nicht. Mit den Haaren!
Eine weitere WhatsApp. „Independence Day 2?“
Großer Gott, so einen Scheiß schaue ich mir ganz sicher nicht an.
„Wann und wo?”, schrieb ich zurück.
„Um acht im Gloria.“
„Ich bin da.“
Ich schaute auf die Uhr, noch vier Stunden. In der Zeit würden sich meine Haare niemals in ihre Ursprungsfarbe zurück verwandeln. Da half auch der stärkste Zauberspruch dieser Welt nichts. Mal abgesehen davon, dass ich keinen einzigen kannte.
Ich ging in mein Zimmer und checkte meine Garderobe. Die Lieblingsjeans war klar. Doch welches Shirt? Das rote, das mir am besten stand, fiel aus. Passte gerade nicht zur Haarfarbe. Das gelbe war auch gut. Also gelbes Shirt und Lieblingsjeans.
Nur, was sollte ich mit diesem Karottenunglück auf meinem Kopf anfangen? Vielleicht eine Haarkur? Oder besser gleich eine Glatze rasieren?
Das würde ihm sicher gefallen, Zoe!
Ich sah in den Spiegel. Ein Ungeheuer mit den hässlichsten Haaren der Welt sah zurück.
Der will kein Date!
Also ist es auch komplett egal, was du anziehst.
Du könntest auch nackt gehen!
Drei Stunden später hatte ich mir die Haare fünfmal gewaschen. Die Farbe veränderte sich auch. Allerdings nicht zu ihrem Vorteil. Ich hatte nur noch eine Stunde. Eher eine halbe, die andere halbe würde ich für die Fahrt brauchen. Oh Gott, was sollte ich mit diesen verfickten Haaren anstellen?
Setz eine Badekappe auf, sagte eine innere Stimme, die es nicht gut mit mir meinte.
Während ich mich schminkte, versuchte ich den oberen Teil meines Kopfes nicht anzusehen. Dann ging ich zum Schrank, durchsuchte meine Mützen und zog mir eine, die farblich einigermaßen zum Shirt passte, über den Kopf. Es war viel zu warm dafür, aber ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Mit der Mütze ging es einigermaßen, fand ich. Auch wenn der ziemlich dämliche Spruch ´Ich schmeiß alles hin und werd Prinzessin´ draufgedruckt war.
Ich wollte gerade zu meinem Rad gehen, als Papa in die Einfahrt einbog. Mist.
„Hey, willst du noch weg?“, fragte er durch das runtergekurbelte Autofenster.
„Ja, ich geh ins Kino.“
„Das ist … gut. Mit einer Freundin?“
„Ja“, log ich, winkte einmal kurz und weg war ich.
Er wartete vor dem Kino. Das Herzpoltern setzte wieder ein, als ich mein Rad abschloss. Irgendwie gab es offensichtlich einen Zusammenhang zwischen Fahrrad und Herzpoltern, der mir bislang entgangen war. An ihm konnte es ja nicht liegen. Der wollte nur seinen Ausrutscher wieder gut machen.
„Hallo“, sagte ich.
„Hallo“, sagte er. Dann wedelte er mit den Eintrittskarten. „Ich lade dich ein.“
„Danke, das ist aber …“
„Komm, es ist schon kurz vor acht, lass uns noch schnell was zu trinken holen.“
Er stapfte los, ich hinterher.
Mir war warm unter der Mütze, aber ich würde sie auf keinen Fall absetzen.
An der Theke sah er mich fragend an. „Cola?“
„Die bezahl ich aber“, erwiderte ich.
„Kommt gar nicht in Frage, heute zahle ich alles.“ Er zwinkerte einmal kurz.
Wie beim ersten Mal war ich aber nicht ganz sicher, ob es wirklich ein Zwinkern war.
Er bestellte noch Popcorn Extra Large, dann gingen wir in den Kinosaal. Ich machte mich auf zwei langweilige Stunden gefasst. Independence Day. Hallo!
Wir setzten uns in die Mitte der elften Reihe, verstauten unsere Colas in die dafür vorgesehenen Blechdinger, die an dem Vordersitz angebracht waren, und Dominik stellte das Popcorn zwischen uns.
Das Licht ging aus. Werbung.
Unsere Finger berührten sich kurz, als wir beide gleichzeitig in die Popcornbox griffen.
Ein kleiner, gemeiner Blitzschlag durchfuhr mich. Schnell zog ich die Hand wieder weg, legte sie auf meinen Oberschenkel, schaute auf die Leinwand, verstand kein Wort, das dort gesprochen wurde, und hörte meinem Herz beim Poltern zu.
Mit meiner Atmung stimmte auch was nicht.
Das änderte sich nicht wesentlich, als ich seine Hand auf meiner spürte.
Unter meiner Mütze wurde es jetzt unerträglich warm. Er hielt tatsächlich meine Hand.
Es war ein Date!
Das erste in meinem Leben.
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Ist der Schluß zu kurz geraten? Es ist kein Roman, nur eine Kurzgeschichte, dass solltet Ihr bei Eurer Beurteilung bedenken.
Alles andere nehme ich gerne auch.
Vielen Dank
T!