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Wechsel der Erzählperspektive

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Supertim99:
Huhu,

ich bin nicht ganz sicher ob ich hier richtig bin, genauso weiß ich gerade leider keine treffendere Überschrift. Ich versuche mal euch die Ausgangslage knapp zu schildern, meine Frage steht dann am Schluss.

In einer menschenleeren Welt hat eine Schulklasse mit zwei Lehrerinnen gerade eine sichere Unterkunft gefunden, als sich 5 Schüler des Kurses von der Gruppe abspalten und ihr eigenes Ding durchziehen möchten. Als sie dem Rest gegenüber jedoch aggressiv werden, wird beschlossen, die 5 zu fesseln und mit dem Auto weit entfernt auszusetzen, damit sie die Gruppe nicht weiter bedrohen können.

Soweit ungefähr der Plot bis hierher. Ich möchte jetzt, dass die 5 sich zurückkämpfen und danach dem Rest der Gruppe "die Hölle heiß machen" - wie passend hehe :devevil:

Da ich im Moment aber nicht genug Handlung zwischen Aussetzung und Rückkehr schieben kann, würde ich gerne den Weg der 5 zurück zu den anderen beschreiben.

Dabei gibt es folgendes Problem: Die Geschichte ist aus der Sicht eines Schülers geschrieben, der NICHT zu den 5 Ausgesetzten gehört - somit bräuchte ich einen Perspektivwechsel. Diesen könnte ich jetzt ab Beginn eines neuen Kapitels einführen, allerdings frage ich Euch: Macht es Sinn, die Perspektive mittendrin für 1-3 Kapitel zu ändern? Ich habe früher in der Geschichte schon einmal einen Sprung zur Außenansicht gemacht, als der Prota nicht am Handlungsort war, diese war aber kurz und in kursiv geschrieben. M.E. ist das eine klare, für den Leser nachvollziehbare Lösung, aber eine kapitellange Perspektivänderung möchte ich ungern in kursiv schreiben.

Alternativ wüsste ich nur, die Zeit bis zur Rückkehr mit weiterem Geschehen zu füllen, dazu fehlen mir aber Ideen. Ich würde euch gerne dazu fragen, aber mit meiner knappen Präsentation von Plot und Setting kann ich da wohl kaum Vorschläge erwarten. Falls dennoch jemandem etwas einfällt, lese ich das gerne ;)

Zusammenfassung der Fragen:
1) Macht ein Perspektivwechsel in einer Geschichte generell überhaupt Sinn?
2) Geht der Perspektivwechsel so wie angedacht in Ordnung, bzw. wie kann/muss ich den Leser darauf aufmerksam machen?
3) Wie kann ich den Perspektivwechsel umgehen, ohne Geschehen zwischen Aussetzung und Rückkehr hinzuzufügen?
(4) Ideen für Geschehen zwischen Aussetzung und Rückkehr)

Ich hoffe ich konnte mein Anliegen verständlich schildern, da bin ich mir allerdings gerade nicht so sicher. Falls dieser Thread überhaupt nicht verständlich ist, bitte löschen :confused:

Vielen Dank für alle Anregungen und Ideen, liebe Grüße!

Aure:
Also zunächst einmal: Das klingt nach einer Grundidee, die meinen persönlichen Geschmack trifft. Würde ich als Buch, wenn gut umgesetzt, lesen wollen.

Zu deinen Fragen:

--- Zitat ---1) Macht ein Perspektivwechsel in einer Geschichte generell überhaupt Sinn?
--- Ende Zitat ---
Da gehen die Meinungen sicher auseinander. Ich habe mal einen Roman gelesen, in dem nur jedes zweite Kapitel aus Sicht der Protagonistin geschrieben war, und alle anderen aus der von einer jedes Mal anderen Figur. Das hat verdammt gut gepasst, für dieses Buch.
Es kommt wahrscheinlich auch darauf an, wie man schreibt. Ich selbst bin inzwischen der Meinung - mach es so, wie es sich grade anfühlt, beziehungsweise, worauf du gerade Bock hast. Wenn dir grade nach einem drei Kapitel langen Perspektivwechsel ist, dann mach das so. Nur durch das Schreiben von eventuellen Umwegen entsteht Kontext, den man beim Planen gar nicht gefunden hätte. Vielleicht stellst du danach fest, dass das genau so passt. Oder, dass du der Figur, in deren Kopf du für drei Kapitel geschlüpft bist, mehr Raum in deinem Buch geben musst oder willst. Oder du verwirfst das Ganze, aber auch dann nimmst du was mit, denn du hast drei Kapitel in der direkten Gesellschaft dieser anderen Figuren verbracht und kennst sie danach sehr viel besser.


--- Zitat ---2) Geht der Perspektivwechsel so wie angedacht in Ordnung, bzw. wie kann/muss ich den Leser darauf aufmerksam machen?
--- Ende Zitat ---
Ausprobieren. ;)
Mich würde er nicht grunsätzlich abschrecken, aber ich bin ein sehr geduldiger Leser.
Eine Möglichkeit, es dem Leser begreiflich zu machen, wäre, am gleichen Satz anzuknüpfen, mit dem du die letzte Perspektive verlassen hast.
Beispiel:
"Ich knalle die Autotür hinter mir zu und obwohl ich nicht hinsehen will, muss ich die fünf anstarren. Ich starre, bis wir uns so weit entfernt haben, dass sie nur noch dunkle Flecken zwischen den Bäumen sind."
Und dann würdest du in die Perspektive von einem der fünf Ausgesetzten springen und aus seiner Sicht beschreiben, wie der Protagonist die Tür zuschlägt und gafft, während sie wegfahren.


--- Zitat ---3) Wie kann ich den Perspektivwechsel umgehen, ohne Geschehen zwischen Aussetzung und Rückkehr hinzuzufügen?
(4) Ideen für Geschehen zwischen Aussetzung und Rückkehr)
--- Ende Zitat ---
Ich hau mal ungefiltert raus, was mir dazu spontan durch den Kopf geht.
Du könntest deine Figuren sich intensiv damit auseinandersetzen lassen, dass sie da grade was ziemlich Schreckliches getan haben. Vielleicht gibt es Figuren, die vermehrt darüber reden wollen. Vielleicht sind Fragen offen, wenn zB nicht alle das gemeinsam entschieden oder die Details besprochen haben. Ich würde, nach Rückkehr der Vollstrecker auch wissen wollen, wie es gelaufen ist. Und überhaupt - wurden die Fesseln abgenommen, bevor man wieder weggefahren ist?
Vielleicht gibt es Mitglieder der Gruppe, die nicht mit dem Vorgehen einverstanden waren. Oder die jetzt, danach, nicht damit klarkommen. Zusammenbrechen. Oder wütend werden. Die bestehende Ordnung über den Haufen werfen wollen. Irgendwas sabotieren.
Vielleicht haben die Fünf, bevor man sie ausgesetzt hat, auch noch irgendwas sabotiert. Eine unschöne Überraschung zurückgelassen. Wie lange haben die schon geplant, sich abzuspalten? Haben sie Vorräte gestohlen?
Waren sie wirklich nur zu fünft oder gab es andere, die mitgemacht haben - gibt es einen Maulwurf in der Gruppe? Oder zumindest Sympathisanten?

Trippelschritt:
Grundsätzlich ist jeder Perspektivwechsel möglich, wenn der Autor weiß, was er damit anrichtet. (Na da habe ich mal wieder eine Antwort gefunden, die Dir überhaupt nicht weiterhilft. Aber warte, es kommt jetzt noch viel schlimmer.  :devgrin:)

Außerdem bin ich der Meinung, dass Du die falschen Fragen stellst, weil ... (Aua, entschuldige, aber ich hatte Dich gewarnt.)

Nein, jetzt ganz ohne Flachs. Deine Fragen klingen für mich wie ein Kurieren an Symptomen, bevor eine Diagnose der Krankheit gestellt wurde. Und eine Empfehlung für ein bestimmtes Kopfschmerzmittel hilft dir auch nicht weiter.

Meine Empfehlung ist, erst einmal die eigene Perspektive zu verändern und den Kern der Geschichte zu suchen und zu finden. Ist der Schüler, aus deren Perspektive Du die Geschichte schreibst, der einzige und alleinige Protagonist? Bedeutet seine Perspektive, dass Du in Ich-Perspekte oder nur in der etwas distantzierteren Er-Perspektive geschrieben hat. Und wenn die Antwort ja lautet, müsste ich wissen, welche Rolle die fünf in der Geschichte spielen. Sind sie die Antagonisten des Protagonisten oder geht es nur um eine Nebenhandlung?

Wenn es nur eine Nebenhandlung ist und diese fünf Pappkameraden nur in drei aufeinanderfolgenden Szenen auftreten, warum sollte man sie dann aus einer solchen Nähe verfolgen, wie eine eigene Perspektive sie ermöglicht? In dem Fall würde ich Perspektive eines neutralen Beobachters vorschlagen.

Kursivschrift für die Kennzeichnung einer Perspektive wird Dir jeder Lektor rausstreichen. Das ist keine Lösung. Ansonsten ist alles möglich, was dir auch wieder mal nicht weiterhilft. Ich habe selber lange an dem Problem von Perspektive und Nähe herumgekaut. Es ist diffiziel und nicht leicht zu meistern. Eine gute Übersicht gibt der Schreibratgeber von Orson Scott Card. Er ist der einzige, den ich kenne, der dieses Thema einigermaßen umfassend thematisiert.

Wenn ich schon nicht Deine fragen beantworten konnte, konnte ich Dir vielleicht mit diesem schreibratgeber weiterhelfen.

Liebe Grüße
Trippelschritt

scura:
Wenn die fünf jetzt zum Beispiel AntagonistInnen wären fände ich einen Perspektivenwechsel sogar anregend und spannend. Das kann eine gute Tiefe geben.

Jetzt wäre aber auch die Frage ob du aus der ICH-Perspektiver schreiben willst oder Dritte Person?

Ich habe sogar schon mal ein Buch gelesen wo die Hauptprota in ICH geschrieben wurde und Nebenpersonen in Dritter Person (er/sie). Das war aber für meinen Geschmack höchst unelegant und hat mir weniger gefallen.

Und du könntest wunderbar damit spielen, dass man da ja dann als LeserIn immer einen gewissen Wissensvorsprung hat...

kass:

--- Zitat ---Da ich im Moment aber nicht genug Handlung zwischen Aussetzung und Rückkehr schieben kann, würde ich gerne den Weg der 5 zurück zu den anderen beschreiben.
--- Ende Zitat ---

Ich mach an solchen Stellen gerne einen Zeitsprung. Dafür eignet sich auch schön eine Unterteilung in Abschnitte. Also beispielsweise: Teil 1: Kapitel 1, 2, 3, 4, 5 .... Dann Teil 2: Kapitel 9,10,11,12, ...

Also wenn es dir irgendwie unstimmig vorkommt, aus der Sicht des einen oder anderen der 5 Querulanten zu schreiben, du andererseits nicht Seiten füllen möchtest, in denen in deinem plot nicht viel los ist, dann könntest du halt auch einfach diese Zeit überspringen.

Oder auch, wie schon vorgeschlagen, ein bisschen herumprobieren. Meistens merkt man ja beim Schreiben, ob sich das gut anfühlt, oder ob es sich zäh schreibt und nicht so recht werden will.

Viel Erfolg!

LG
Kass

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