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Fantasy- Beginn: Nachtwesen

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Oldlady:
Hallo zusammen,
es ist ziemlich ruhig hier ...  Röstgut!  :diablo:

Ich stelle mal den Beginn meines neuen Fantasy-Projekts rein (zur Zeit habe ich keine Lust mehr auf Krimis).

 Abgesehen vom Lesegefühl und Gesamteindruck interessiert mich folgendes:

1). Für wie alt haltet Ihr die Protagonistin?
2). Konntet Ihr das Geschehen im Action-Teil nachvollziehen? Ist es gut vorstellbar, so in Richtung Film?
3). Welche Fragen drängen sich dem Leser nach diesem Einstieg auf?

Der Sand war warm unter Jandras nackten Füßen, es roch nach Salz und Tang. Im Licht der sinkenden Sonne schimmerte das Meer wie gehämmerte Bronze.
Weit draußen, mitten im Wasser, standen Berge schwarz gegen den flammenden Himmel.
Eine Insel.
Jandra starrte sie an. Kniff die Augen zusammen. Sie war immer noch da.
„Jaandra! Jaandra!“
Die Stimme ihrer Schwester klang schrill.
Jandra wandte sich um. Elma rannte mit schlenkernden Zöpfen auf sie zu.
"Guck mal, Elma! Eine Insel!" Jandra zeigte mit dem Finger in die Richtung. "Eine große Insel mit Bergen! Die war vorher nicht da!"
Ihre Schwester schaute kurz aufs Meer. "Blödsinn." Sie keuchte vom Laufen. "Das ist nur eine Wolke. Und jetzt komm, es wird bald dunkel."
„Ich will aber nicht! Diese Insel ... “ 
Elma holte aus, Jandra duckte sich, die Ohrfeige ging ins Leere, sie hüpfte weg, außer Reichweite. Natürlich wusste Elma, dass sie keine Chance hatte, Jandra zu erwischen, wenn sie davonlief. Sie weinte fast. "Bitte ... wenn du nicht rechtzeitig daheim bist, dann – bitte!"
Jandra stieß einen Seufzer aus. "Ist ja gut." 
Sie trabten nebeneinander über den Sand. „Was passiert denn, wenn man im Dunkeln draußen ist? Warum ist das so gefährlich?"
"Halt den Mund, Jandra! Du weißt genau, dass man nicht darüber reden darf."
"Warum nicht?"
"Das verstehst du nicht. Du bist zu klein.“
„Immer bin ich zu klein!“
„Nur so lange, bis du groß bist.“
Vom Ufer führte ein Pfad landeinwärts zu einer Hütte, die sich unter Pinien duckte und von einem kleinen Gemüsegarten umgeben war. Aus einem offenen Schuppen wehte der Geruch von geräuchertem Fisch.
Elma hastete durch die offene Tür, knallte mit der Stirn gegen den Rahmen und stöhnte auf.
Jandra kicherte. „Wenigstens bin ich zu klein, mir den Kopf anzustoßen.“
Natürlich erzählte sie ihren Eltern von der Insel.
"Das hast du dir eingebildet", sagte Vater.
Mutter zog sie in ihre Arme. "Ich habe mir Sorgen gemacht. Bitte komm nie, nie wieder so spät nach Hause."
Am nächsten Morgen sollte Jandra im Garten helfen, aber sie lief, so schnell sie konnte, zu der etwas abgelegenen Bucht, an der sie gestern Nachmittag gespielt hatte.
Die Insel war verschwunden.
Einige Monate später saß Jandra mit ihren Eltern und ihrer Schwester beim Abendessen. Sie löffelten ihre Fischsuppe und redeten über die Arbeiten, die jeder am nächsten Tag erledigen sollte. Alles war wie immer, immer gleich, immer langweilig.
Und doch … Irgendetwas stimmte heute nicht.
Jandras Augen wanderten über die vertrauten Gegenstände des Raumes: die Schlafmatten mit den Wolldecken, die Kleidertruhe, den blanken Tisch mit dem Suppentopf aus glasiertem Ton. Ihr Blick  blieb am Regal neben dem Herd hängen. Das Holzbrettchen, auf dem ihre Mutter immer Knoblauch hackte, wackelte. Vielleicht versteckte sich dort eine Maus … Und die an einer Schnur über der Kochstelle aufgereihten Trockenfische – sie tanzten! Jandra ließ ihren Löffel in die Suppe fallen, sie spritzte heiß in ihr Gesicht. Sie zeigte auf den Herd. „Schaut mal, die Fische!“
Alle wendeten den Kopf in die Richtung.
Lautes Rumpeln, Jandra fuhr zusammen. Ein Zittern stieg über ihre Füße und Knie empor und wurde immer stärker.
Elma stieß einen spitzen Schrei aus, Mutter schlug die Hände vors Gesicht. Krümel rieselten von der Decke herab auf Jandras Schultern, der Boden unter ihr zuckte, ihr Stuhl kippte, sie sprang auf und hielt sich an der Tischkante fest.
Die Wände bebten, im Putz sprangen Risse auf und verzweigten sich. Der Suppentopf hüpfte vom Tisch, Brühe schwappte heraus, er zerschellte am Boden.
Alle schrien durcheinander und duckten sich vor Tellern und Körben, die aus dem Regal flogen. Mutter sprang über rollende Kohlköpfe, rutschte in der Suppenlache aus, fing sich, packte Jandra und zog sie nach hinten zu den Schlaflagern, wo schon Vater und Elma kauerten.
Jandra schmiegte sich an ihre Mutter. Die Eltern murmelten Gebete. 
Die Wellenbewegungen des Bodens verebbten, es wurde still bis auf das Rauschen der Pinien und ein fernes Grummeln wie von einem abziehenden Gewitter. 
Jandra stand auf, auch Vater rapppelte sich hoch und betrachtete das Chaos. „Ich glaube, es ist vorbei. Unser Haus steht noch. Die große Göttin hat uns geholfen. Ich werde ihr ein Opfer bringen, fünfzig Räucherfische – “
„Ich halte das nicht mehr aus!“, kreischte Mutter plötzlich los. „Immer diese Angst – die da draußen – sie hätten uns -“ Sie wischte sich den Staub aus den Augen und fuhr ruhiger fort: „Wir sollten nach Narakasta gehen, dort gibt es keine Erdbeben.“
Vater kickte einen Kohlkopf mit dem Fuß fort. „Wir hätten keine Arbeit und keinen Platz zum Wohnen. Wir müssten betteln oder stehlen.“
Mutter schluchzte auf. „Ich will nicht so weiterleben!“
Vaters schmales, von der Sonne gedörrtes Gesicht sah müde aus. „Wir können es nicht ändern. Das letzte Beben ist lange her, da hat Jandra gerade laufen gelernt. Vielleicht haben wir nun wieder viele Jahre lang Ruhe vor ihnen.“
Jandra konnte sich nicht mehr zurückhalten. „Was machen sie? Was passiert, wenn man nachts rausgeht oder das Haus einstürzt?“
Auf Vaters Stirn erschien eine steile Falte. „Kein Wort mehr!“
„Wie sehen sie aus?“
Die Hand ihres Vaters schoss vor, er schlug sie so hart auf die Wange, dass ihr Kopf zur Seite flog. Jandra heulte los.
„Frag nie wieder, sonst – “
Donnergrollen verschluckte seine Stimme, wurde immer lauter, es dröhnte in den Ohren. Der Boden rollte unter Jandras Füßen weg. Vater stand mit gespreizten Beinen da wie ein Seemann auf einem schwankenden Boot. Von der Wand hinter der Schlafstelle platzte der Putz und fiel in großen Scherben herab, darunter wurde mit Lehm gefülltes Weidengeflecht sichtbar.
Das Getöse ließ nach, aber die Hütte vibrierte, knackte und quietschte. In der Mauer hinter den Schlafmatten erschien ein Riss, er verzweigte sich blitzschnell, wurde breiter, ein Spalt klaffte.  
Mutter sprang auf, packte Elmas Bluse und versuchte, sie von der Wand wegzuziehen, Vater stürzte herbei, umschlang ihre Taille mit beiden Händen und zerrte wie verrückt – vergeblich. Elma schrie gellend und wand sich wie ein Aal in einer Fischreuse.
Aus dem Riss ragte ein schwarzer Arm, um den ein rötliches Licht flackerte, eine Krallenhand hatte Elmas Handgelenk gepackt.
Jandra hüpfte über einen umgefallenen Hocker, rannte zum Regal, schnappte sich das große Fischmesser, lief um das tobende Menschenknäuel herum und stach wild auf den Arm des Ungeheuers ein. Ein zischender Laut, Elma fiel nach vorne und schlug mit dem Bauch auf den Boden.
Der Arm war verschwunden. 
Jandra starrte auf den Riss und umklammterte das Messer. 
War die Kreatur jetzt fort? War sie verletzt? Oder hatte sie aufgegeben, weil sie zu groß war, um sich durch den Riss zu schieben?
Die Eltern schleiften Elma von der Wand weg und drehten sie auf den Rücken. Sie lag da als wäre sie tot.
„Elma – Elma, wie geht es dir – Elma!“
Keine Antwort.
Jandra hielt noch immer das Messer in der Hand – vielleicht kam das Krallending ja wieder – und sah zu, wie ihre Eltern den Körper ihrer Schwester abtasteten.
„Sie atmet!“, flüsterte Mutter. 
„Sieht nicht so aus, als wäre sie schwer verletzt“, sagte Vater. "Nur ein paar Schnitte, wo … es sie festgehalten hat."
Er schüttelte Elma, schrie sie an. Keine Reaktion. Mutter begann zu weinen, zog eine Decke vom Lager und bettete Elma darauf.
Dann hockten alle in der Mitte des Raumes und warteten. Niemand wagte sich in die Nähe des Spalts.
Es wurde immer dunkler. Im Herd glimmte nur noch ein halb verkohlter Klotz, die Gegenstände wurden zu schwarzen Schatten, die Gesichter zu bleichen Flecken.
Das Holz lagerte draußen vor dem Haus. 
Bald saßen sie in völliger Finsternis da und lauschten.
Manchmal hörte Jandra ein seltsames Geräusch, ein hech-hech-hech, und ein Schleifen und Kratzen draußen an der Hausmauer. Dann wurde ihr gleichzeitig heiß und kalt, und sie drückte sich an ihre Mutter. 
Die Nacht schien ewig zu dauern.
Als durch die schmale Lücke zwischen den geschlossenen Fensterläden ein Sonnenstrahl fiel, lachte Jandra. „Ich habe es verjagt!“
„Dumme Gans!“, sagte ihre Mutter. „Das bildest du dir ein. Die gute Göttin schützte unser Haus.“

LaHallia:
Hi Oldlady,

Zuerst mal die Details.


--- Zitat ---Jandra starrte sie an. Kniff die Augen zusammen. Sie war immer noch da.
--- Ende Zitat ---
Bezieht sich das "Sie war immer noch da" auf die Insel? Ist für mich gerade nicht ganz so klar.


--- Zitat ---„Jaandra! Jaandra!“
Die Stimme ihrer Schwester klang schrill.
--- Ende Zitat ---
Durch die neue Zeile, ist es auch hier für mich zuerst nicht ganz klar, ob der Dialog von der Schwester gesprochen wird.


--- Zitat ---Sie weinte fast. "Bitte ... wenn du nicht rechtzeitig daheim bist, dann – bitte!"
--- Ende Zitat ---
Es würde mich interessieren, was denn so schreckliches passiert, wenn sie zu spät nach Hause kommen? Hier wäre mMn ein guter Einstieg, um einen/beide Charaktere genauer zu charakterisieren; oder ihren Hintergrund etwas zu beleuchten.


--- Zitat ---"Halt den Mund, Jandra! Du weißt genau, dass man nicht darüber reden darf."
--- Ende Zitat ---
Ah, ok. Ich hatte den Eindruck, dass es um die Eltern und oder eine Bestrafung geht, wenn sie zu spät nach Hause kommen. Jetzt verstehe ich, dass es mit der Umwelt zu tun hat.


--- Zitat ---Jandra kicherte. „Wenigstens bin ich zu klein, mir den Kopf anzustoßen.“
Natürlich erzählte sie ihren Eltern von der Insel.
"Das hast du dir eingebildet", sagte Vater.
--- Ende Zitat ---
Das kommt etwas abrupt. Also von: sie stößt sich den Kopf an und erzählt dann von der Insel. Wo? Wann? sind sie schon im Haus? Essen sie? Wie sind die Eltern so? Wie schauen sie aus und wie schaut die Hütte aus; wie ist ihr Umfeld?


--- Zitat ---Mutter zog sie in ihre Arme.
--- Ende Zitat ---

Mein persönlicher Geschmackt ist, dass ich es nicht mag, wenn Mutter/Vater/Mama/Papa als Name benutzt werden. Mutter ist eine Bezeichnung, wie Lehrer, oder Müllmann. Da gehört entweder ein Artikel vorne dran oder der Name der Mutter. Man sagt auch nicht: Müllmann ging auf unser Haus zu.
Ist vielleicht bei euch in Deutschland anders, weil ich das sehr oft lese. Mag sogar korrekt sein. Persönlich empfinde ich es als störend.



--- Zitat ---"Ich habe mir Sorgen gemacht. Bitte komm nie, nie wieder so spät nach Hause."
Am nächsten Morgen sollte Jandra im Garten helfen, aber sie lief, so schnell sie konnte, zu der etwas abgelegenen Bucht, an der sie gestern Nachmittag gespielt hatte.
Die Insel war verschwunden.
Einige Monate später saß Jandra mit ihren Eltern und ihrer Schwester beim Abendessen. Sie löffelten ihre Fischsuppe und redeten über die Arbeiten, die jeder am nächsten Tag erledigen sollte. Alles war wie immer, immer gleich, immer langweilig.
Und doch … Irgendetwas stimmte heute nicht.
--- Ende Zitat ---
Das geht mir alles viel zu schnell. Du überspringst in wenigen Sätzen Tage und Monate. Und das ganz zu Beginn des Textes.
Warum nicht mit dem Tag beginne, wo alles so komisch ist - Erinnerung an die Insel - und dann wirklich bei diesem einen Tag bleiben. Das würde es mir leichter machen, mich in die Geschichte reinzufinden.


--- Zitat ---Jandra stand auf, auch Vater rapppelte sich hoch und betrachtete das Chaos. „Ich glaube, es ist vorbei. Unser Haus steht noch. Die große Göttin hat uns geholfen. Ich werde ihr ein Opfer bringen, fünfzig Räucherfische – “
„Ich halte das nicht mehr aus!“, kreischte Mutter plötzlich los. „Immer diese Angst – die da draußen – sie hätten uns -“
--- Ende Zitat ---
Das geht mir auch viel zu schnell. Es gab ein Erdbeben, zumindest glauben die Kinder das. Die Eltern wissen, dass es was anderes ist. Dann wird der Göttin was versprochen und die Mutter kreischt herum. Da sind aber keine Gefühle, nichts, wo man als Leser mitfühlen könnte, keine Reflektion.
"Immer diese Angst" zum Beispiel, davon merkt man nichts. Du überfliegst in wenigen Sätzen einen sehr großen Zeitraum, hältst dann hier an, weil das Erdbeben wichtig ist und da fehlt mir als Leser halt einfach ein Charakter, eine Umgebung, irgendwas, mit dem ich mich identifizieren könnte.


--- Zitat ---Mutter schluchzte auf. „Ich will nicht so weiterleben!“
Vaters schmales, von der Sonne gedörrtes Gesicht sah müde aus. „Wir können es nicht ändern. Das letzte Beben ist lange her, da hat Jandra gerade laufen gelernt. Vielleicht haben wir nun wieder viele Jahre lang Ruhe vor ihnen.“
--- Ende Zitat ---
Dann ist die Mutter aber eine ziemlich hysterische Dame, oder? Weil wenn das letzte Beben vor vielen Jahren war, dann kann sie nicht "immer" in Angst leben. Sowas vergisst man. Die Münchner werden wieder im EKZ einkaufen, als hätte es nie einen Anschlag gegeben; die Londoner werden sich auch nicht permanent über die Schulter schauen, ob irgendwo ein Messerstecher lauert... solche Sachen vergisst man, man fühlt sich wieder sicher.

Ok. Zu deinen Fragen:

--- Zitat ---1). Für wie alt haltet Ihr die Protagonistin?
--- Ende Zitat ---
Jandra so um die zehn. Elma um die sechs. (Ich weiß, dass Elma wohl älter sein sollte, aber allein nur die Beschreibung der "schlenkernden Zöpfe" und Verben wie hüpfen, traben, knallen... lassen die Charaktere extrem kindlich auf mich wirken.


--- Zitat ---2). Konntet Ihr das Geschehen im Action-Teil nachvollziehen? Ist es gut vorstellbar, so in Richtung Film?
--- Ende Zitat ---
Meinst du das Erdbeben?
Du hast alles, was das Setting betrifft den ganzen Text hindurch sehr schön und anschaulich beschrieben. Aber die Gefühle bleiben für mich völlig auf der strecke.


--- Zitat ---3). Welche Fragen drängen sich dem Leser nach diesem Einstieg auf?
--- Ende Zitat ---
Ich nutze diese Frage für mein Fazit:
Ich komme überhaupt nicht in den Text rein weil du so viel Zeit überfliegst. Ich habe keine Vorstellungen von den Charakteren, ich weiß im Grunde nicht einmal wie alt sie sind, wie sie aussehen, wie sie leben, was sie fühlen; nichts. Ab dem Erdbeben wird es besser. Daher wäre für mich eine Überlegung, damit anzufangen. Diese Insel, die plötzlich da ist, ist zwar sehr schön und interessant, aber sie hat nicht offensichtlich mit dem Erdbeben oder irgendetwas zu tun, das in dieser Szene vorkommt. Also ich sehe keinen Sinn, dass du genau damit anfangen musst. Von dem Stück, das ich gelesen habe, könnte sie genauso gut auch in 3, 4 Seiten vorkommen.

Ich bin jemand, ich brauch als erstes einen Charakter, etwas Persönliches. Das fehlt mir hier komplett.
Alle wirken sehr emotionslos, getrieben nur davon, dass es einen Plot abzuhandeln gilt. Ich mag deine Texte eigentlich sehr, aber dieser hier kommt mir ein bisschen lieblos vor. Wie die Eltern sprechen und handeln. Da geht mehr.
Gut gefallen haben mit deine Beschreibungen der Umgebung, und als die Kreatur den Arm durch den Riss in der Mauer gesteckt hat.

Vermutlich soll es ein Kinder oder Jugendbuch werden, oder?

Liebe Grüße,
LaHallia

Ryek Darkener:
Hallo Oldlady,

zuerst zu den Fragen.

1). Für wie alt haltet Ihr die Protagonistin?
Ich würde Jandra auf etwa 8-10 Jahre schätzen.

2). Konntet Ihr das Geschehen im Action-Teil nachvollziehen? Ist es gut vorstellbar, so in Richtung Film?
Insgesamt lässt sich der Action-Teil gut nachvollziehen.

3). Welche Fragen drängen sich dem Leser nach diesem Einstieg auf?
Worum geht es eigentlich? :diablo:

Um präziser zu werden: Der Einstiegstext enthält eine Menge offener Fragen. Was er ja auch soll. Aber als Leser frage ich mich, ob alle diese offenen Fragen schon an dieser Stelle notwendig sind. Wir haben

- eine Insel, die in der Abenddämmerung auftaucht und dann verschwindet
- das Nachtausgehverbot (Klassiker)
- eine Gegend, in der die Erde bebt, aber nicht völlig klar ist, ob es sich dabei um Erdbeben handelt
- eine unbekannte, möglicherweise monströse Kreatur, die aufgrund der Beschreibung des Armes nicht einzuordnen ist
- ängstliche Eltern und eine große Schwester, die mehr zu wissen zu scheinen, was aber eventuell auch nur geglaubtes Wissen sein kann

In der Action-Szene wirkt Jandra überraschend routiniert, ganz anders als im anderen Text, die Eltern hilflos. Deshalb wirkt es insgesamt gewollt. Wenn die Erwachsenen aus (guten) Gründen dort leben, aber sich nicht mit den dortigen Gegebenheiten beschäftigen, wirken sie darüber hinaus auch dumm - heißt typisch menschlich. :devgrin: Das gibt dem Text einen sozialkritischen Touch, den bestimmt nicht jeder mag.

Der Anfang scheint keinen Bezug zur Action-Szene zu haben und auch sonst der Geschichte nicht zu dienen.
Ich will nicht die Diskussion führen, ob man den Leser bereits nach zwei Sätzen in die Geschichte ziehen will oder ob ein gemächlicher Anfang, der den Leser in die Geschichte einführt, das bessere Stilmittel ist. Aber ich habe den Eindruck, dass hier beides auf einmal versucht wird. Und das klappt für mich nicht. Die Geschichte könnte genauso gut "einige Monate später" anfangen. Wobei dieser Satzanfang dann natürlich überflüssig wäre. :biggrin:

LG
Ryek

Viskey:
Hi, Oldlady!


--- Zitat von: Oldlady am 24 February 2018, 11:05:14 ---1). Für wie alt haltet Ihr die Protagonistin?
2). Konntet Ihr das Geschehen im Action-Teil nachvollziehen? Ist es gut vorstellbar, so in Richtung Film?
3). Welche Fragen drängen sich dem Leser nach diesem Einstieg auf?

--- Ende Zitat ---

1) Ohne die explizite Frage am Anfang ... hätte ich darüber nicht nachgedacht und Jandra Anfang zwanzig geschätzt. Elma, aufgrund der schlenkernden Zöpfe auf vielleicht zehn. Weil Zöpfe für mich eine Mädchenfrisur sind, nicht etwas, as man als erwachsene Frau trägt. Nach dem weiterlesen würde ich diese Altersangaben eher umdrehen, bzw. Elma Ende Teenager-Alter ansiedeln.
2) Welchen Actionteil meinst du?  :hehe:  Aber ja, ich konnte dem durchaus folgen.
3) Fragen? Ganz ehrlich, die erste war: "Och nö, muss das mit der guten Göttin jetzt wirklich sein?" Ansonsten stellte sich natürlich sehr schnell die Frage, wieso man denn nachts nicht draußen sein soll ...
Nachdem ich den gesamten Text gelesen habe, frage ich mich, was das für Wesen sind, die da herumstreifen, und wieso sie von einer offenbar sehr einfachen Mauer aufgehalten werden können. Wenn ich wirklich so ein böses Wesen bin, kann doch ein Fenster, eine Tür, kein großes Hindernis darstellen.
Und wie wollen sie von hier in eine Stadt ziehen, wenn sie sich nach dem Dunkelwerden irgendwo nach drinnen verkriechen müssen?

Du wolltest ja Fragen ...  :hehe:

lg Viskey

merin:
Hallo Oldlady,

na dann mal ran. Ich warne schon mal vor - ich habe viel zu meckern.


--- Zitat ---Der Sand war warm unter Jandras nackten Füßen, es roch nach Salz und Tang. Im Licht der sinkenden Sonne schimmerte das Meer wie gehämmerte Bronze.
Weit draußen, mitten im Wasser, standen Berge schwarz gegen den flammenden Himmel.
Eine Insel.
--- Ende Zitat ---

Mir ist das zu süßlich. Es tut sinnlich, aber es ist es nicht. "Gehämmerte Bronze" klingt erstmal gut (gut nicht für mich, ich finde es kitschig), aber es macht kein Bild. Und dann noch der "flammende Himmel". Möchtest Du wirklich diese Sprache? Ich würde dafür plädieren, viel weniger dick aufzutragen und dafür aber genauer hinzuschauen.


--- Zitat ---Sie trabten nebeneinander über den Sand. „Was passiert denn, wenn man im Dunkeln draußen ist? Warum ist das so gefährlich?"
"Halt den Mund, Jandra! Du weißt genau, dass man nicht darüber reden darf."
"Warum nicht?"
--- Ende Zitat ---

Diese Szene ist mir zu gewollt. Es ist klar, ich als Leserin soll etwas mitgeteilt bekommen, was eigentlich alle schon wissen. Das merke ich leider schon beim zweiten Satz und die folgenden Sätze machen es nicht besser. Auch weil ich gar nichts erfahre, außer: Es gibt eine Bedrohung.

Problem auch: Bislang hatte ich eine Prota im jugendlichen Alter vor mir. Nun ist sie plötzlich "zu klein" also vielleicht so 5?


--- Zitat ---Vom Ufer führte ein Pfad landeinwärts zu einer Hütte, die sich unter Pinien duckte und von einem kleinen Gemüsegarten umgeben war. Aus einem offenen Schuppen wehte der Geruch von geräuchertem Fisch.
--- Ende Zitat ---

Wieder eine Beschreibung, die unsinnlich ist und in mir keine Bilder weckt. So knappe Beschreibungen funktionieren bei Regionen, die ich kenne, wo mein Hirn den Rest ergänzt. In einer Fantasywelt funktionieren sie für mich nicht.


--- Zitat ---Elma hastete durch die offene Tür, knallte mit der Stirn gegen den Rahmen und stöhnte auf.
Jandra kicherte. „Wenigstens bin ich zu klein, mir den Kopf anzustoßen.“
Natürlich erzählte sie ihren Eltern von der Insel.
"Das hast du dir eingebildet", sagte Vater.
--- Ende Zitat ---

Warum der schnelle Szenenwechsel? Und warum überhaupt die Sache mit dem angestoßenen Kopf? Mir kommt das zu unvermittelt und mir ist nicht klar, warum Du das zeigst. Danach kommt wieder ein unvermittelter Wechsel zur Mutter, die dann auch noch stereotyp das Kind knuddelt, wo der Vater rational ist.


--- Zitat ---Am nächsten Morgen sollte Jandra im Garten helfen, aber sie lief, so schnell sie konnte, zu der etwas abgelegenen Bucht, an der sie gestern Nachmittag gespielt hatte.
Die Insel war verschwunden.
--- Ende Zitat ---

Auch hier: Entweder lass sie einfach zur Bucht laufen, oder zeig mir was: Wie sie sich wegschleicht, wie der Weg ist... aber so halb gezeigt, fängt es mich nicht ein.

Dann kommt die Erdbebenszene. Ich weiß beim wackelnden Brett schon was kommt und wundere mich, wieso niemand was merkt. Die folgenden Beschreibungen wirken auf mich unfreiwillig komisch, wie aneinandergereiht und irgendwie ohne passende Emotionalität. Hier wird für mich auch deutlich, dass die Perspektive unklar ist. Die Position der Erzählerin bleibt mir schleierhaft. Leider ist sie auch sehr weit von der Prota weg, so dass Du bis jetzt bei mir kein Interesse wecken konntest.


--- Zitat ---„Ich halte das nicht mehr aus!“, kreischte Mutter plötzlich los. „Immer diese Angst – die da draußen – sie hätten uns -“ Sie wischte sich den Staub aus den Augen und fuhr ruhiger fort: „Wir sollten nach Narakasta gehen, dort gibt es keine Erdbeben.“
--- Ende Zitat ---

Okay, die Eltern kennen also Erdbeben. Hätten Sie dann nicht eher etwas merken müssen? Mir stößt es auch auf, dass die Mutter so hysterisch ist und der Vater so ruhig. Da sie sonst noch nicht charakterisiert sind, wirken sie auf mich wie Abziehbilder. Leider ist auch die Prota für mich nicht plastisch.


--- Zitat ---Vaters schmales, von der Sonne gedörrtes Gesicht sah müde aus. „Wir können es nicht ändern. Das letzte Beben ist lange her, da hat Jandra gerade laufen gelernt. Vielleicht haben wir nun wieder viele Jahre lang Ruhe vor ihnen.“
Jandra konnte sich nicht mehr zurückhalten. „Was machen sie? Was passiert, wenn man nachts rausgeht oder das Haus einstürzt?“
Auf Vaters Stirn erschien eine steile Falte. „Kein Wort mehr!“
--- Ende Zitat ---

Auch hier ist für mich ein nicht nachvollziehbarer Wechsel: Wie kommt Jandra auf "sie"? Und wieso tickt der Vater so aus? Der Zusammenhang zwischen Wasauchimmer und Erbeben sollte nachvollziehbar werden.


--- Zitat ---Mutter sprang auf, packte Elmas Bluse und versuchte, sie von der Wand wegzuziehen, Vater stürzte herbei, umschlang ihre Taille mit beiden Händen und zerrte wie verrückt – vergeblich. Elma schrie gellend und wand sich wie ein Aal in einer Fischreuse.
Aus dem Riss ragte ein schwarzer Arm, um den ein rötliches Licht flackerte, eine Krallenhand hatte Elmas Handgelenk gepackt.
Jandra hüpfte über einen umgefallenen Hocker, rannte zum Regal, schnappte sich das große Fischmesser, lief um das tobende Menschenknäuel herum und stach wild auf den Arm des Ungeheuers ein. Ein zischender Laut, Elma fiel nach vorne und schlug mit dem Bauch auf den Boden.
--- Ende Zitat ---

Auch diese Beschreibung wirkt wieder unfreiwillig komisch. Teilweise durch unpassende Worte (Scherben für Putz, der ja eher bröselt als klirrt, hüpfen für springen), und im zitierten Abschnitt auch, weil ich nicht nachvollziehen kann, was passiert. Warum will die Mutter Elma von der Wand wegziehen? "Zerrte wie verrückt" kenne ich nur als witzige Beschreibung, sie wirkt hier fehl am Platze. Und dann der "schwarze Arm". Mir stößt der einerseits auf, weil ich das bildhaft tendenziell rassistisch finde, andererseits ist die Beschreibung kindlich, naiv. Ich kann den Text dadurch nicht ernst nehmen. Auch "Ungeheuer" ist für mich so ein kindliches Wort.

Warum fällt Elma nach vorn?

Mir ist klar, dass in dieser Szene Jandras Heldentum eingeführt wird, aber es ist mir zu einfach gestrickt.


--- Zitat ---Jandra starrte auf den Riss und umklammterte das Messer. 
War die Kreatur jetzt fort? War sie verletzt? Oder hatte sie aufgegeben, weil sie zu groß war, um sich durch den Riss zu schieben?
Die Eltern schleiften Elma von der Wand weg und drehten sie auf den Rücken. Sie lag da als wäre sie tot.
„Elma – Elma, wie geht es dir – Elma!“
--- Ende Zitat ---

Wie geht es Dir? Das wirkt sehr unpassend.

Und: Wieso wird Jandra so ignoriert? Wieso holen die niemanden? Wohnen die isoliert? Gibt es keine Ärzte? Heilerinnen? Immerhin gibt es Putz, da sollte es auch Heilerinnen geben, oder?


--- Zitat ---Es wurde immer dunkler. Im Herd glimmte nur noch ein halb verkohlter Klotz, die Gegenstände wurden zu schwarzen Schatten, die Gesichter zu bleichen Flecken.
Das Holz lagerte draußen vor dem Haus. 
--- Ende Zitat ---

"glomm" ist gebräuchlicher, ich kannte "glimmte" gar nicht. Und warum erzählst Du mir was vom Holz? Ich wüsste ja sehr viel lieber, wieso das Vieh nun weg ist.

Das Ende ist eher unsympathisch. Die Familie wirkt seltsam beziehungslos, grob miteinander und als lebten sie nebeneinander her. Die Figuren sind leider sehr blass. Ich hätte daher, wenn es nicht Dein Text gewesen wäre, schon sehr bald abgebrochen.


--- Zitat ---1). Für wie alt haltet Ihr die Protagonistin?
2). Konntet Ihr das Geschehen im Action-Teil nachvollziehen? Ist es gut vorstellbar, so in Richtung Film?
3). Welche Fragen drängen sich dem Leser nach diesem Einstieg auf?
--- Ende Zitat ---

1. Das schwankt im Text stark. Anfangs dachte ich: 14, 15. Da denkt man so kitschig. Dann als die Schwester kommt: 4 oder 5. Und dann im Haus wieder so 12. Das passt für mich nicht zusammen.
2. Nein, leider nicht
3. Was ist das für eine Welt?

Für mich fehlt da ganz viel Grundlage: Welche Sprache möchtest Du? Welche Perspektive? Inhaltlich muss ich wenigstens eine Idee von der Welt bekommen und zumindest ausreichend Interesse für die Prota entwickeln, um weiterlesen zu wollen. Dazu müsste ich eine Idee haben, wer sie ist und wo sie lebt.

So weit erstmal...
lg merin

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