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Perspektive

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Beatrice:
Hallo liebe Federteufel, bitte verzeiht, wenn die Frage schonmal aufkam, aber die Beiträge hier sind ja schon etwas älter...was ust eure Meinung Erzählung aus der 1. Person, also der klassische Ich Erzähler? Ich finde ja, das man da näher am Charakter dran ist und ich kann innere Vorgänge da ernster nehmen. Es gibt aber auch Meinungen, die diese Perspektive strikt ablehnen. Wie ist bei euch da so das Stimmungsbild? Lg Bea

merin:
Ich liebe die erste Person als Perspektive. Ich verwende sie oft in Kurzgeschichten. Mein erster Roman (Das Geflecht) hat eine Ich-Hauptperspektive. In "Etomi", das ich gerade korrigiere, gibt es keine Ich-Perspektive. Im Geflecht wieder die Hauptperspektive. Das Projekt danach ("Headhunter") hat bislang nur eine Ich-Perspektive, die dann hoffentlich den gesamten Roman trägt. Das hat für mich und meine Protas den unschätzbaren Vorteil, dass ich bei genderqueeren Personen die Pronomenfrage nicht habe.

Letztlich ist es wohl so, dass es Leute gibt, die keine Texte in der ersten Person lesen mögen. Ich habe aber noch nie von jemandem gehört, der die dritte Person verweigert. Darum sind Texte in der dritten Person wohl prinzipiell besser verkäuflich. Aber für mich ist es wichtiger, was ich brauche, um den Text schreiben zu können. Reich werde ich vom Schreiben eh nicht.

diffusSchall:
Ich mag auch die 1. Person als Perspektive.
Dabei ergibt sich bei mir fast schon automatisch eine gewisse Lässigkeit im Stil, weil ich der Geschichte die Charakterfarbe des Protas deutlicher mitgeben kann.
Hier gibt´s im Rostfundus die Geschichte "Houston, wir haben ein Frettchen", wo ich das gemacht habe.

Mein aktuelles Novellenprojekt schreibe ich auch in der 1. Person. Das ist eine ziemliche Herausforderung, weil ich da eine Menge Schmerzbewältigung drin habe. Aber ich merke auch, dass es dabei hilft, ganz nah an der Prota zu sein. Weil das Thema genau das fordert.

Ich arbeite gerade den Plot für einen Future-Noir-Roman aus, der ganz wunderbar in der 1. Person funktionieren würde. Da habe ich mich aber noch nicht festgelegt, weil ich vor der Aufgabe einen ganzen Roman in dieser Perspektive zu schreiben Respekt habe. Aber da das bei der Novelle zur Zeit gut funktioniert...

LieGrü - Frank

merin:
Was ich wichtig finde: Man kann auch in der 3. Person ganz nah am Prota sein. Und ich habe auch schon einige (meiner Meinung nach schlechte) Texte gelesen, in denen eine 1. Person-Perspektive nicht nah dran war. Die Ich-Perspektive hat natürlich den gravierenden Nachteil, dass man nichts erzählen kann, was die erzählende Person nicht weiß. Aber ich spiele ja sehr gern mit unzuverlässigen Erzähler*innen ...

diffusSchall:

--- Zitat von: merin am 17 April 2023, 15:51:52 ---Die Ich-Perspektive hat natürlich den gravierenden Nachteil, dass man nichts erzählen kann, was die erzählende Person nicht weiß.
--- Ende Zitat ---

Ich sehe das gar nicht als Nachteil. Damit kann man ja ganz wunderbar Twists verstecken. Eben weil man leichter den Hasen aus dem Hut zaubern kann, ohne den Leser zu verlieren. Der/die Prota konnte es halt nicht wissen. Auch das schrittweise sichtbar machen von Fakten geht damit gut.
Man muss sich jedoch an die Regeln der Perspektive halten. Aber das muss man z.B. beim personalen Erzähler in der 3. Person auch.

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