Teufelsrost > Höllenfenster

Die Bärin

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merin:
Hi Lionel,


--- Zitat ---Der Sommerwind trieb die Wolken nach Osten, die im Mondlicht leuchteten.
--- Ende Zitat ---

Ich stocke schon bei diesem ersten Satz. Der Bezug ist komisch und ich würde ihn so sortieren, dass zusammen steht, was zusammen gehört: "Der Sommerwind trieb die Wolken, die im Mondlicht leuchteten, nach Osten".

Ja, besser.


--- Zitat ---Damals, als er hier oben gestanden hatte, blies der Nordwind kalt. Die Eiche, die auf der Lichtung stand, hatte kahl aus dem gefrorenen Schnee herausgeragt. Auf den dicken Ästen hatte er gewacht und gefroren. In diesem verdammten Winter hatte er nur vom Frühling und Fressen geträumt. Zehn Jahre war es her. Doch mit der Erinnerung an die eisigen Winden kehrte der Schmerz zurück. Er blickte nach unten. Dort unten zwischen den Steinen hatten sie Tarum zurückgelassen, der verletzt gewesen war. Als sie von der Jagd zurückkehrte, fanden sie seinen zerfetzten Kadaver. Im rot gefärbten Schnee waren die Eingeweide bereits geforen. Er ballte die Faust. Tarum war ein guter Wolf gewesen.
--- Ende Zitat ---

Da stimmen die Zeitformen nicht. Rein ins PQP, raus aus', PQP. Das funzt nicht. Wenn es nur diese kurze Rückblende sein soll, dann würde ich die paar Sätze im PQP (Plusquamperfekt) bleiben. Dann ist im nächsten Absatz wieder klar, dass es im Jetzt weiter geht. "Damals, als er hier oben gestanden hatte, hatte der Nordwind kalt geblasen." Da musst du den ganzen Absatz nochmal durchgehen.
Schade finde ich auch, das sich nicht weiß, wer oder was er ist. Ich finde, der Name muss viel früher vorkommen.


--- Zitat ---Das Brüllen drang aus dem Wald. Äste knackten, sie bewegte sich schnell in seine Richtung.
--- Ende Zitat ---

Hier bin ich irritiert. Wer ist sie? Und erst habe ich gelesen "sie bewegten sich schnell" und dachte, es gehe um die Äste. Ich würde auch das umformulieren:
"Brüllen drang aus dem Wald. Das Knacken brechender Äste zeigte deutlich: Die Bärin bewegte sich schnell in seine Richtung."

Ich dachte erst, du hättest hier einen Perspektivwechsel drin. Aber es ist wohl nur ein Perspektivfehler: Du willst aus Lionels Sicht beschreiben, wie er die Wölfin wahrnimmt, oder?

Leider muss ich sagen: Das holpert für mich alles. So sehr, dass ich nicht in den Text komme. Du setzt Artikel an Stellen, wo sie für mich nicht hingehören und bildest die Sätze so, dass sie für mich nicht flüssig zu lesen sind. Außerdem springst du thematisch hin und her. Ich korrigiere mal beispielhaft einen Absatz:


--- Zitat ---Die Bärin brach durch das Dickicht, und richtete sich brüllend auf und kreiste mit ihren Tatzen. Vögel schreckten auf. Er blickte nach unten, auf den schmalen Spalt zwischen den Felsen. Er zog die Kurzschwerter. Vor dem Tod fürchtete er sich nicht. Das Schicksal wollte nicht, dass er starb. Er hatte Giftanschläge, den Galgen und seine Mutter überlebt.
--- Ende Zitat ---

"Kreiste mit ihren Tatzen" - darunter kann ich mir nichts vorstellen. Es ergibt kein Bild.
Dann schrecken die Vögel doch zu spät auf, die müssen ja aufschrecken, während die Bärin rennt.
Und dann ist die Kameraführung zu wackelig: Bärin, Vögel, er. Dadurch wird nicht klar, was in welcher Reihenfolge passiert und wer wo ist. Wer ist er? Und wo ist der Spalt? Und was für einen Sinn ergibt es, sich nicht vor dem Tod zu fürchten, wenn man nicht sterben kann? Die Aufzählung am Ende des Absatzes finde ich witzig.

Das Problem bleibt auch weiter bestehen. Dadurch verstehe ich die Handlung nicht. Den Kampf verstehe ich nicht. Ich verstehe nicht, wer wo steht und was tut. Und so geht es mir auch weiterhin. Ich fühle mich nicht gut durch den Text geführt. Du erklärst Dinge, die besser gezeigt werden sollten (den Traum), machst merkwürdige Sprünge (vom Körper des Protas zum Pferd, zum Schlaf) und verwendest teilweise Wörter, die nicht gut beschreiben, was gemeint ist "das Fußgelenk brannte" - aber es brennt nicht. Du willst eine Art von Schmerz beschreiben, oder?

Mein Rat zur Überarbeitung wäre der, nochmal genau zu lesen und zu schauen: Was passiert zuerst? Stell dir die Sachen als Film vor, dann passiert es dir nicht, dass der Blick zu sehr hastet, sondern du musst Kamerafahrten machen. Insgesamt ist es besser, mit der Aufmerksamkeit bei einem Punkt zu bleiben, also ein Punkt pro Szene. Schau genau: Was willst du beschreiben? Passen die Wörter dazu? Und passen die Zeitformen? Da gibt es immer mal wieder Fehler.

Ich hoffe, das wirkt jetzt nicht zu schulmeisternd, aber das ist das, was mir an Hilfreichem anfällt.

Liebe Grüße
merin

Lionel Eschenbach:
Danke für die Rückmeldungen. Darf ich korrigierte Texte hier einstellen?

An diejenigen, die meine erste Version hingebungsvoll geröstet haben, vielen Dank. Könntet ihr - auch wenn noch viele Ungereimtheiten in dieser überarbeiteten Version stecken, durch ein +, -, o (für gleichbleibend schlecht) anzeigen, ob es so besser sein könnte. Der Text ist zudem gekürzt.  Also keine erneute Röstung, sondern nur eine Tendenz anzeigen. Wäre nett.

L.



Im Mondlicht leuchteten die Wolken. Der Sommerwind trieb sie nach Osten. Am Horizont erhob sich dunkel das Gebirge. Er trat an den Rand des Felsens und blickte nach unten. Vor zehn Jahren hatte er hier oben gestanden. Damals hatte der Schnee die Bäume bedeckt und der Nordwind die feinen Eiskristalle durch den Wald gewirbelt. In diesem verdammten Winter hatte er nur vom Frühling und Fressen geträumt. Am Rande der Lichtung stand die Eiche, auf der er geforen hatte.

Doch mit der Erinnerung an diesen Winter kehrte der Schmerz zurück. Dort unten zwischen den Steinen hatten sie den verletzten Tarum zurückgelassen. Als sie von der Jagd zurückgekehrt waren, hatten sie seinen zerfetzten Kadaver gefunden. Das Blut war bereits geforen gewesen. Er ballte die Faust. Tarum war ein guter Wolf gewesen. 

Das Brüllen drang aus dem Wald. Äste knackten, sie bewegte sich schnell in seine Richtung. Sie war so nahe, dass er ihre bösartigen Gedanken spüren konnte. Seit drei Tagen verhöhnte er sie, lockte sie immer weiter durch den Wald. Er wollte, dass sie hier starb, wo sie getötet hatte. Er hätte ihr verziehen, wenn sie aus Hunger getötet hätte. Alle hatten Hunger gehabt in diesem Winter. Fressen war der einzige Gedanke gewesen, der sie gewärmt hatte. Sie aber hatte aus Lust getötet. Die Bärin brach durch das Dickicht und richtete sich brüllend auf und kreiste mit ihren Tatzen. Er zog die Kurzschwerter. Vor dem Tod fürchtete er sich nicht. Das Schicksal wollte nicht, dass er starb. Er hatte Giftanschläge, den Galgen und seine Mutter überlebt.  Mochte die Bärin stärker sein, er war entschlossener. Er beschwor seine Kräfte, drang in ihren Kopf ein. Sie sollte wissen, warum sie hier sterben sollte. Sie brüllte.
Er sprang herunter, seine Schulter streiften den kalten Stein. Sie stürmte auf ihn zu. In Lionel breitete sich eine Ruhe aus und er starrte in ihre mordlustigen Augen. Sie hatte sich nicht geändert.
Er roch ihren stinkenden Atem und wich zurück. Die Bärin donnerte gegen die Felsen. Sie war zu wuchtig, um sich durch den Spalt zu zwängen. Eine Tatze schlug nach ihm und verfehlte seine Brust. Er sprang vor. Das Schwert traf sie am Kopf. Das Tier brüllte und schreckte zurück. Er setzte nach, die Klinge bohrte sich in ihren Lauf. Sie wirbelte herum, als er versuchte, an ihre Seite zu kommen. Die Tatze erwischte ihn. Lionel stöhnte auf, eine  Fleischwunde klaffte in seinem Bein. Mit zusammengebissenen Zähnen sprang er auf einen Stein, sie verfehlte ihn. Wieder traf er sie. Sie schnappte nach ihm, er sprang weiter. Keinen Moment zu spät schwang er sich den Ast der Eiche hinauf. Ihr Maul verfehlte ihn knapp, sie richtete sich auf. Ihr Kopf reichte bis zum Ast und sie schnappte nach seinem Fuß. Lionel sprang hinter ihr herab. Mit aller Kraft stieß er die beiden Schwerter in ihre Flanke. Eine Klinge konnte er nicht schnell genug herausziehen. Er verlor das Gleichgewicht, als sie sich drehte. Er landete hart auf dem Rücken. Sie stürzte sich auf ihn. Ein hässliches Knacken und ein Schmerz durchzuckte ihn. Sie hatte seinen Fuß erwischt. Doch sie brüllte noch lauter, das Schwert drang tief in sie ein. Sie zögerte kurz, aber lange genug, dass er sich wegdrehen und aufstehen konnte. Den Schmerz ignorierte er, nutzte die Eiche als Schutz. Wieder und wieder traf er sie. Das Brüllen wurde leiser. Er musste eine große Ader erwischt haben. Das Fell war voller Blut. Als er ihren Hals erneut erwischte, sackte sie zusammen. Lionel beendete es. Sie war tot.

Er humpelte über die Lichtung, kniete vor einer jungen Eiche und berührte den Stamm. »Ich habe mein Wort gehalten. Sie ist tot.« Er löste das Messer aus dem Gürtel und ritzte den Namen Tarum in die Borke. Hier hatten sie ihn begraben und den Baum gepflanzt. Wenn ein Samen über dem Grab gepflanzt wird, dieser gedieh, glaubten die Menschen, der Tote würde mit den Königen auf ewig am Berg Patras leben. Er glaubte das nicht, und doch hoffte er. »Möge der Baum ewig wachsen und über dich wachen, Tarum.«
Als er den Lagerplatz erreichte, brannte sein Fußgelenk. In zwei Tagen würde er wieder ohne Schmerzen gehen können. Er hatte selbst ein gebrochenes Genick überlebt. Sein Körper wollte nicht, dass er starb. Die Fleischwunde, die ihm die Bärin zugefügt hatte, war bereits verschlossen.

Sein Pferd richtete den Kopf auf und stellte die Ohren auf. »Prabos, fürchte dich nicht, es ist erledigt.« Der Hengst entspannte sich und zerrte nicht mehr an den Zügeln.

Aus der Satteltasche holte er eine Decke und setzte sich an einen Baum. Er holte tief Luft, roch die Fichten. Über die Jahre war dieser Ort sein Zuhause gewesen. Trotz der Entbehrungen, dem Hunger und der Einsamkeit, hatte er die Wälder geliebt. Alles war damals besser gewesen, als im Palast seiner Mutter zu leben. Doch das Gefühl der Freiheit war verschwunden, das er damals hier empfunden hatte. Der Zirkus war heute seine Heimat. Dort wurde er geschätzt und nicht gejagt. Plötzlich erinnerte er sich wieder an den Traum letzter Nacht. Ein Mann mit grünen Augen hatte ihn gejagt. Vor Wochen hatten diese Träume angefangen, als er mit dem Zirkus nach Krassus gezogen waren. Unsinn, nur ein Traum, mahnte er sich selber. Träume sollten keine Macht über ihn haben.


merin:
Sorry, die Regel lautet: Neuer Text, neuer Thread.

Ich mache hier zu, auch damit niemand mehr den ersten Text röstet - ich habe mir ja offenbar die Mühe gemacht, zu einem Zeitpunkt, an dem schon eine neue Version stand.

Ich würde dir eh raten: Lass die neue Version abhängen, schau nochmal mit Abstand drüber. Und wenn die Woche um ist, stell sie ein, in den Schnellimbiss, wenn du nur eine kurze Rückmeldung magst, oder eben wieder hier.

 :closed:

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