28 March 2024, 21:32:26

Autor Thema: Kampfszene - Die Verschmelzung  (Gelesen 3232 mal)

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Lionel Eschenbach

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Kampfszene - Die Verschmelzung
« am: 11 April 2021, 14:37:40 »
Seid gegrüsst.

ich hatte ja bereits letzte Woche ein Kampfszene eingestellt. Hier nun eine andere. Diese Szene befindet sich im letzten Drittel meines Buches. Für das Verständnis ist es nicht wichtig, wer die beiden Figuren sind. Der Leser hat beide durch die Geschichte begleitet.

Ich glaube, es braucht hier keine weitere Vorerklärungen. Der Leser weiß bereits, dass Rachid Körper kontrollieren kann.

Kampfszenen sollen spannend sein. Hier hätte ich gerne eine Rückmeldung, ob sie es ist. Und könnte der Kampf länger sein, wie die beiden Geistformen mit einander kämpfen?
Und -wie immer - wo stockt der Gedanke beim Lesen.

Und @merin, ich werde es diemal nicht gleich überarbeiten :)

Mod-Info von merin: Triggerwarnung: Der Text enthält eine Folterszene.
__________________________________

Sein Herz schlug schneller. Er würde einen neuen Körper übernehmen. Das erregte ihn. Das Opfer war ein gebildeter Magister. All das Wissen würde er übernehmen. Und wie er gehört hatte, sprach dieser Todd Grubenbauer viele Sprachen. Eine nützliche Fähigkeit, die er zu seinen hinzufügen würde. Wenn er den Geist erst einmal besiegt hatte, würde er nie wieder einen Übersetzer brauchen.

Seine Hände zitterten, als er die Kapuze zurückschlug und in die leere Gasse einbog. Er klopfte die Parole. Franz öffnete das Lagertor. Rachid eilte vorbei an den Säcken und Fässern. Die Treppe führte tief nach unten. Kein Schrei konnte nach draußen dringen. Der muffige Gang lag im Dunkeln. Nur unter einer Tür flackerte ein roter Lichtschein. Er drückte die Klinke. Die Luft war stickig und roch rußig. In den Halterungen brannten die Fackeln. Die Schatten seiner Männer zuckten an den Wänden.
Auf dem Holztisch lag das Opfer seiner Begierde. An Händen und Beinen gefesselt. Die Brust war übersät mit Brandflecken und offenen Wunden, aus denen das Blut tropfte. Den Geruch von verbranntem Fleisch zog er genussvoll ein. Er hielt seine Finger an den Hals, der Puls war kaum zu spüren. Das Opfer war an der Schwelle des Todes. Nur dann ließ sich der Geist besiegen.
»Er ist für euch bereit«, grinste Khar, der mit einer Zange die brennenden Kohle von der Brust des Magisters nahm. Rudolf bückte sich und reichte ihm die Schale mit Blut. Rachid roch daran. Für ihn roch jedes Blut anders.

»Geht«, befahl er. Seine Männer gehorchten. Für den Kampf, der nun folgte, bevorzugte er, alleine zu sein. Gierig setzte er die Schale an den Mund. Er trank das Blut. Als hätte er kochendes Wasser getrunken, fing sein Rachen an zu brennen. Die Schale fiel auf den Steinboden. Sein Magen zuckte. Das hatte er noch nie gespürt. Schweiß rann ihm von der Stirn.

Der Kampf würde nicht lang dauern, daran würde auch sein Unwohlsein nichts ändern. Auf dem Tisch lag kein Rhodanier und kein Yolote. So oft hatte er es bei diesen Rassen versucht. Ihr Geist kämpfte bis zu letzt und starb lieber mit dem Körper, als sich übernehmen zu lassen. Dieser Magister war ein normaler Mensch, damit hatte er nie Probleme gehabt.

Er öffnete seinen Geist, ließ ihn aus seinem Körper fahren. In dieser Geistform wirkten die Farben greller. Die Fackeln und die glühenden Kohlen tauchten den Lagerraum in ein gleißendes rotes Licht. Selbst das Blut auf dem Boden schien wie Feuer zu brennen. Wie ein Raubtier seine Beute umkreiste, schwebte er um den Magister. Da war wieder das Gefühl, das etwas nicht stimmte. Eine rote Aura hüllte den Körper ein. So etwas hatte er noch nie gesehen. Er schwebte tiefer. Ein Schmerz zuckte durch seinen Geist, als er in den Körper eindringen wollte. Rachid wurde zornig, zuckte ein ums andermal vor. Es gelang ihm nicht, immer wieder wurde er zurückgestoßen.
Dann spürte er etwas, was ihn verharren ließ. Er glaubte, er hatte schon einmal Kontakt zu diesem Geist. Auch das konnte nicht sein, nie hatte ein Opfer überlebt, wenn er ihn nicht übernehmen konnte. Aber das Gefühl von etwas Vertrautem nahm er wahr. Erneut stürzte sich sein Geist auf den Körper, er brachte alle seine Kräfte auf.

Einen solchen Widerstand hatte er noch nie gespürt. Das konnte nicht sein, der Körper war doch fast tot. Rachid hörte eine Stimme in sich. Der fremde Geist sprach zu ihm. Du bekommst mich nicht.

Innerlich schrie Rachid auf und zuckte zurück. Der fremde Geist griff  an. Es fühlte sich an, als ob er mit Lava übergossen würde. Der Schmerz war unerträglich und er wich bis an die Decke zurück. Er sah den ohnmächtigen Körper des Magisters, aus dem sich etwas löste. Die rötliche Aura wurde stärker, breitete sich aus, als wolle sie den Körper beschützen.

Er stürzte herab, er hatte nie verloren. Sein Geist vermischte sich mit der roten Aura. Weiche, du bist zu schwach, verhöhnte der Geist ihn. Der Raum knisterte und Blitze schlugen in die Wand, die sich aus der Aura lösten. Ein Eimer fing Feuer. Steine brachen aus der Wand. Die Fackeln erloschen, als hätte ein Sturm sie ausgepustet. Nur die Kohlen wurden angefeuert, strahlten heller wie kleine Sonnen. Von oben sah er, wie sein eigener Körper an die Wand geschleudert wurde. Er wurde zornig und griff wieder an.
Die Zeit schien stehen zu bleiben, er hätte nicht sagen können, wie lange der Kampf tobte, aber er vermochte nicht, den fremden Geist zu besiegen. Seine eigenen Kräfte wurden schwächer, bis sie so schwach waren, dass er wieder in seinen Körper zurückgezogen wurde. Er schlug die Augen auf, sein ganzer Körper brannte. Die Beine zitterten. Er zog sich an einem Regal hoch. Ein Messer lag darauf, er nahm es, trat an den Tisch und holte aus. Wenn er schon den Geist nicht besiegen konnte, sollte dieser Körper sterben. Die Klinge zielte auf das Herz des Magisters. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.


« Letzte Änderung: 14 April 2021, 19:00:32 von merin »

Paul

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #1 am: 12 April 2021, 17:40:05 »
Lieber Lionel

Ich glaube, ich habe bisher noch keinen Text von dir geröstet, darum eine kurze Vorbemerkung: nimm dir von meinen Anmerkungen, was du davon brauchen kannst, den Rest lege weg. Umgekehrt versuche ich dir, eine möglichst offene, breite Rückmeldung zu geben.

Mein Erstleseeindruck:

Der Einstieg fiel mir schwer. Das ist sicher auch ein stückweit der Tatsache geschuldet, dass der Text aus dem Zusammenhang gerissen nun plötzlich für sich allein steht, es hat aber - so denke ich - auch etwas mit deiner Sprache zu tun, die bei mir beim Lesen nicht ins Fließen kam, sondern immer wieder stockte, als ob jeder Satz am Ende abbremst, bevor dann wieder ein neuer Satz anfängt, der die Geschichte wieder beschleunigt, um dann am Ende aber wieder abgebremst zu werden. Kurzum: irgendwie stimmten für mich die Übergänge von einem Satz zum nächsten nicht 100 % zig.  (Mehr dazu unter Sprache). Auch nach dem Einstieg ging es für mich ähnlich holprig weiter. Die Szene, in der dein Protagonist das Lager betritt, lässt bei mir kein Bild entstehen. Ich weiß nicht wo sich was befindet, noch kommt bei mir Atmosphäre auf. Auch dies ist, in der Mitte des Romans, vielleicht nicht bei jeder Szene nötig, trotzdem war es für mich etwas karg in seiner Schilderung - und wie gesagt, ungenau in der räumlichen Zuordnung. Auch beim weiteren Lesen ging es mir so, dass sich die Bilder nicht so sehr in meinem Kopf festsetzten. Zwar konnte ich mir den Tisch mit dem Opfer gut vorstellen, trotzdem blieb es für mich in vielen Bereichen bei "Behauptungen" (vgl. unten: Don´t tell it, show it). Der Kampf lief beim Lesen dann deutlich flüssiger. Hier konnte ich mir mehr vorstellen, was geschah. Trotzdem nahm er mich nicht so richtig mit. Dies lag meines Erachtens daran, dass du auch hier viel von einer "Außenperspektive" aus erzählst, so dass vieles im "Behauptungsmodus" daher kommt, aber nicht erzählt ist.

Sprache

Irgendwie blieb ich beim Lesen immer wieder "hängen".

Zitat
Sein Herz schlug schneller. Er würde einen neuen Körper übernehmen. Bis hierhin läuft noch alles rundDas erregte ihn. Hier stockt es für mich zum ersten Mal: "Das" erregte ihn. Was ist dieses "Das"? Ich finde es zum einen sprachlich ungenau und würde mir schon aus diesem Grund an dieser Stelle etwas anderes wünschen, und ich finde es zum anderen zu sehr durch einen "Außenblick" betrachtet (auch das "erregte ihn"), von daher wünschte ich mir an dieser Stelle etwas deutlich KronkreteresDas Opfer war ein gebildeter Magister. Auch dieser Satz klingt sehr weit weg, als würde dein Protagonist sein Opfer kaum kennen, obwohl doch später der Name fällt All das Wissen würde er übernehmen. Auch hier wieder: "All sein Wissen": du setzt das Allgemeine als Überschrift nach vorne, während du das Konkrete, das, was deinen Protagonisten anzieht, nach hinten setzt, so verpufft für mich die WirkungUnd wie er gehört hatte, sprach dieser Todd Grubenbauer viele Sprachen. Diesen Satz würde ich nach vorne schieben, denn hier kommt das "Begehren" deiner Hauptfigur zur Sprache.Eine nützliche Fähigkeit, die er zu seinen hinzufügen würde. Wenn er den Geist erst einmal besiegt hatte, würde er nie wieder einen Übersetzer brauchen.Auch diese Begründung wirkt seltsam unbeteiligt, wie auf der Info-Ebene, wo bleibt der innere Jubel, die Freude,...

Fazit: Ich würde mir hier mehr Konkretes wünschen, anstatt "Überschriftensätze", dazu mehr innere Beteiligung deines Protagonisten, anstatt einer "Chronik", die nur von Außen beschreibt.


Fehlende räumliche Zuordnung

Zitat
Seine Hände zitterten, als er die Kapuze zurückschlug und in die leere Gasse einbog. Dein Prota ist also in einer leeren Gasse Er klopfte die Parole. Wo klopft er die Parole? In die leere Gasse? An eine Haustür? ... dazu: Es ist ein "Überschriftensatz", warum nicht konkret: Er kam am Ende der Gasse zu der Tür seines Lagers. Er klopfte dreimal lang, einmal kurz. Am Tor öffnete sich eine Luke. ...Franz öffnete das Lagertor. Aha, denke ich: es gibt also ein Lager. Aber wie sieht es aus? Es kann ja nicht ein Feldlager mitten in der Pampa sein, sondern muss sich in der Stadt befinden: ist es also ein soldatisches Lager, ein ... Lager,...?Rachid eilte vorbei an den Säcken und Fässern. Wo stehen die Säcke und Fässer? Bin ich in einem Innenhof, oder in einem Zimmer?Die Treppe führte tief nach unten. Wo kommt die Treppe auf einmal her?Kein Schrei konnte nach draußen dringen. Der muffige Gang lag im Dunkeln. Ich vermute einmal, ich bin die Treppe nach unten gegangen, auch wenn ich mir da vom Text her nicht sicher bin.Nur unter einer Tür flackerte ein roter Lichtschein. Aha, da ist am Ende des Ganges wohl eine TürEr drückte die Klinke. Die Luft war stickig und roch rußig.Die Luft bei der Tür? Oder vor der Tür? Oder doch hinter der Tür in dem Raum dahinter? In den Halterungen Welche Halterungen?brannten die Warum die Fackeln? Kenne ich die bereits?Fackeln. Die Schatten seiner Männer zuckten an den Wänden.Warum zucken die Schatten? Wegen der Fackeln oder weil die Männer sich bewegen?

Fazit: Es täte dem Abschnitt gut, wenn du versuchen würdest, die Gasse mit den Augen deines Protagonisten zu betreten und dann zu beschreiben, was du siehst und was du machst. Versuche dabei die Reihenfolge einzuhalten, so dass ich die wichtigen Sachen erfahre, dazu ein paar andere, die Atmosphäre schaffen. So, wie der Text bis jetzt geschrieben ist, kann ich deinem Protagonisten nur sehr schwer folgen, weil ích mir vieles mühsam selbst zusammenreimen muss, z.B. dass am Ende der Gasse eine Lagertür ist.

Don´t tell it, show it:

Zitat
Den Geruch von verbranntem Fleisch zog er genussvoll ein

Direkter wäre: Er zog die Luft durch die Nase hoch. Verbranntes Fleisch. Ein herrlicher Duft!

Zitat
Rachid hörte eine Stimme in sich. Der fremde Geist sprach zu ihm. Du bekommst mich nicht.

(Hier passt bei deinem Text für mich die zeitliche Zuordnung nicht: Bei dir: Rachid hörte eine Stimme in sich (=Behauptung). Der fremde Geist sprach zu ihm (=Erklärung der Behauptung) und dann erst: "Du bekommst mich nicht!" (ohne Anführungszeichen bei dir, mehr wie eine Ausführung der Erklärung als eine direkte Rede in seinem Kopf) So vergibst du viel Spannung.

Direkter wäre: "Du bekommst mich nicht!", gellend laut tönte die Stimme in seinem Kopf. Der fremde Geist sprach zu ihm! Wie konnte das sein? ...


Abschluss:

Es tut mir leid, dass ich deinen Text so stark auseinander genommen habe. Ich hoffe, es ist für dich ok.

Als Fazit würde ich dir mitgeben:

1) Die Szene ist vom Ablauf her stimmig
2) Bei einer Überarbreitung würde ich versuchen, mehr auf die räumlichen und zeitlichen Zuordnungen zu achten und ich würde insgesamt versuchen, näher an den Protagonisten heranzukommen (Aufgabe der Außenperspektive, mehr show it, anstatt nur zu behaupten, dass etwas so ist)

Dir weiter viel Spaß beim Schreiben

Paul  :)
« Letzte Änderung: 12 April 2021, 17:41:47 von Paul »
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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #2 am: 13 April 2021, 16:44:15 »
Hallo Lionel,

ich habe deine Geschichte gelesen und sie fesselt mich nur bedingt: Einerseits finde ich die Szene interessant, andererseits fehlt mir das "Knistern", die Spannung darin.

Deine Sätze sind oft kurz:
Zitat
Er klopfte die Parole. Franz öffnete das Lagertor. Rachid eilte vorbei an den Säcken und Fässern. Die Treppe führte tief nach unten. Kein Schrei konnte nach draußen dringen. Der muffige Gang lag im Dunkeln. Nur unter einer Tür flackerte ein roter Lichtschein. Er drückte die Klinke. Die Luft war stickig und roch rußig. In den Halterungen brannten die Fackeln. Die Schatten seiner Männer zuckten an den Wänden.

Irgendwie empfinde ich z.B. den obigen Absatz nicht homogen. Du beschreibst die Szenen von außen betrachtet und bist nur bedingt bei der Prota. Ich kann nicht mitempfinden. Was beschreibst du hier? Ich stelle dir die Frage ganz bewusst.

Ich lese, das Rachid eilt, eine Treppe hinuntergeht. Dass kein Schrei nach draußen dringen kann. Dass der Gang im Dunklen liegt, usw.

Lass mich in die Geschichte schlüpfen.
z.B.:

Er drückte die Klinke. Stickige Luft schlug ihm entgegen. Sie war angefüllt von dem Ruß der Fackeln, die in den Halterungen stecken. Das brennende Feuer ließ die Schatten seiner Männer, wie tanzende Spuckgestalten erscheinen.

Zitat
»Geht«, befahl er. Seine Männer gehorchten. Für den Kampf, der nun folgte, bevorzugte er, alleine zu sein. Gierig setzte er die Schale an den Mund. Er trank das Blut. Als hätte er kochendes Wasser getrunken, fing sein Rachen an zu brennen. Die Schale fiel auf den Steinboden. Sein Magen zuckte. Das hatte er noch nie gespürt. Schweiß rann ihm von der Stirn.

"Geht!", befahl er seinen Männern. Rachid blickte auf sein Opfer. Jetzt war es soweit. Er führte die Schale zum Mund und trank gierig das Blut.  Es brannte wie kochendenes Wasser. Rachid griff an seinen Hals, während die Schale auf den Steinboden fiel. Bei Donner und Blitz! Der Magier musste einen besonderen Geist haben. Rachid krümmte sich und Schweiß tropfte von seiner Stirn.

LG Paradieseule


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Paradieseule

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #3 am: 13 April 2021, 19:31:44 »
Hallo Lionel,

vielleicht hilft Dir dieser Tipp:
Stell Dir vor, wie Du Rachid bist. Wie die klopfst, die Treppen gehtst, den muffeligen Gang riechst usw. Beschreib, was du (als Rachid) wahrnimmst.
LG Paradieseule
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merin

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #4 am: 14 April 2021, 18:59:23 »
Hallo Lionel,

na dann mal rein ins (Kampf)Getümmel. Zuerst, wie immer, die Gedanken beim Lesen und die Erbslein, der Gesamteindruck dann zum Schluss.

Zitat
Sein Herz schlug schneller. Er würde einen neuen Körper übernehmen. Das erregte ihn. Das Opfer war ein gebildeter Magister. All das Wissen würde er übernehmen. Und wie er gehört hatte, sprach dieser Todd Grubenbauer viele Sprachen. Eine nützliche Fähigkeit, die er zu seinen hinzufügen würde. Wenn er den Geist erst einmal besiegt hatte, würde er nie wieder einen Übersetzer brauchen.

Ich habe das drei Mal gelesen und frage mich, warum da die Erklärung ist: "Das erregte ihn." Was ist damit gemeint? Das, was dann kommt: das Wissen, die Sprachen? Oder etwas anderes? Ich würde diesen Satz mit der Erregung einfach streichen. Dann ist es klarer und mehr gezeigt.

Zitat
Seine Hände zitterten, als er die Kapuze zurückschlug und in die leere Gasse einbog. Er klopfte die Parole. Franz öffnete das Lagertor. Rachid eilte vorbei an den Säcken und Fässern. Die Treppe führte tief nach unten. Kein Schrei konnte nach draußen dringen. Der muffige Gang lag im Dunkeln. Nur unter einer Tür flackerte ein roter Lichtschein. Er drückte die Klinke. Die Luft war stickig und roch rußig. In den Halterungen brannten die Fackeln. Die Schatten seiner Männer zuckten an den Wänden.

Mhm, da stolpere ich so hindurch. Die abgehackten Sätze passen nicht ganz zum Gezeigten, in mir entsteht kein Bild. Ich frage mich auch, wie man eine Parole klopft. Ist eine Parole nicht immer ein Satz? Und dann wundere ich mich über die Schatten - weil mir so lange nicht klar ist, ob er da einbricht oder nach Hause kommt. Ich würde so in die Richtung überarbeiten:

Zitat
Rachids Hände zitterten, als er die Kapuze zurückschlug und in die leere Gasse einbog. Er klopfte den Rhythmus, Franz öffnete das Lagertor. Rachid eilte an Säcken und Fässern vorbei zur Treppe, stieg tief hinab. Der muffige Gang lag im Dunkeln. Kein Schrei konnte nach draußen dringen. Ein guter Ort für seine Pläne. Rachid folgte dem Gang bis zu einer Tür, unter der ein roter Lichtschein flackerte. Im Zimmer war die Luft stickig und rußig. In den Halterungen brannten Fackeln, die die Schatten seiner Männer zuckend an die Wände warfen.

Also: Mehr beschreiben, die Satzlänge auch mal variieren. Und die Reihenfolge der Dinge beachten: Wo kommt er zuerst lang, was passiert dann?

Die folgende Beschreibung ist ekelhaft. Das soll sie wahrscheinlich sein, aber für mich ist sie zu generisch, sie zeigt zu wenig über Rachid, außer, dass er ein sadistisches Arschloch ist. Das ist für meinen Geschmack zu klischeehaft. Warum "Opfer seiner Begierde"? Warum nicht einfach den Namen des Opfers nennen? Für meinen Geschmack muss es genussvoll, statt genüsslich heißen. Und warum nicht: "Genüsslich sog er den Duft verbrannten Fleisches ein" statt andersrum.
Dann hast du Wortwiederholungen, hier ist es "Blut". Und dann rutschst du aus der Perspektive: "Für ihn roch jedes Blut anders." Besser wäre es, an Rachid dran zu bleiben: "Jedes Blut roch anders. Dieses hier hatte einen leichten Minzduft ..." Tauch ein in ihn. Lass uns teilhaben.

Ich höre jetzt auf mit der Detailröstung, weil ich in fast jedem Satz etwas zu bemängeln hätte. Der Text liest sich für mich holprig und ich finde ihn auch nicht wirklich röstgeeignet, weil zu viel Gewalt vorkommt. Da würde ich dich bitten, in Zukunft drauf zu achten. Das finde ich doch sehr grenzwertig.
Inhaltlich haut es für mich auch nicht ganz hin: Rachid trinkt das Blut, etwas ist komisch und wird benannt, aber es juckt ihn nicht. Warum?

Zitat
Er öffnete seinen Geist, ließ ihn aus seinem Körper fahren.

Das Bild stimmt nicht. Etwas öffnen ist etwas anders als etwas rausfahren lassen.

Den Kampf selbst finde ich leider uninteressant. Er kommt nicht überraschend und ist perspektivisch unklar. Du hast hier einen Erzähler, der über den Kämpfenden zu schweben scheint, vorher bist du aber näher an Rachid dran. Für meinen Geschmack müsste klarer sein, ob du einen allwissenden Erzähler hast oder einen personalen.
Ich verstehe den Kampf auch nicht. Du behauptest mehrfach, Rachid werde wütend. Aber wieso und was das mit ihm macht, erfahre ich nicht. Da gibt es Geister und Auren und Körper und ich verstehe vom Weltenbau her nicht, wie die zusammenhängen und kämpfen. Ich kann dadurch nicht nachvollziehen, was passiert.
Nicht zuletzt ist Rachid mir enorm unsympathisch. Ich will, dass der Magister gewinnt, aber der bleibt noch blasser als Rachid. Dadurch kann der Text mich nicht packen.

Insgesamt muss ich leider sagen, dass der Text mich nicht überzeugt. Es gibt eine Menge Gewalt, von der ich nicht weiß, wozu sie gut sein soll. Es gibt einen zutiefst unsympathisches Protagonisten, dem ich nicht folgen mag. Sprachlich holpert es und inhaltlich ist es nicht wirklich verständlich. Der Kampf müsste meiner Meinung nach nicht länger sein, aber spannender. Ich müsste Rachids Überraschung spüren. Seinen Hochmut: "Wer wagt es, sich mir entgegen zu setzen?" Sein Ringen. Dazu muss meines Erachtens der Weltenbau klarer sein, also das, was er da macht. Wie funktioniert das?

Ui, das ist eine harte Rückmeldung. Ich hoffe, sie hilft dir weiter und du kannst etwas davon rausnehmen. Ich werde eine Triggerwarnung in den ersten Post einfügen, wenn ich gewusst hätte, dass mich Folter erwartet, hätte ich den Text nicht gelesen. Ich bitte dich darum, explizite Gewalt das nächste Mal wegzulassen, die Kampfszene hätten wir auch mit späterem Einstieg rösten können.

Liebe Grüße
merin
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

Lionel Eschenbach

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #5 am: 14 April 2021, 19:23:36 »
Danke, hat mir wie immer geholfen. 

Sehr konstruktive Kritik. Manches muss ich noch mal durchdenken.

@Merin. Ja, diese Szene soll auch ekelhaft sein. Rachid ist der Antagonist, sein Opfer der Protagonist, der die Folter überlebt :) Wie gesagt, ich siedele meinen Roman im High Fantasy Genre an

Erstmals sollte hier gezeigt werden, was die besonderen Fähigkeiten sind. Das Rachid diese Fähigkeiten hat, weiß der Leser schon.

Vielleicht geht es euch auch so, wenn wir an unseren Texten arbeiten. Wir haben eine Idee und schreiben sie auf. Dann lesen wir das, was wir geschrieben haben, immer und immer wieder und irgendwann hört es sich vermeintlich gut an. "Er klopft die Parole." Für mich ganz logisch. Er klopft z.B. dreimal lang, einmal kurz. Das denke ich wahrscheinlich immer mit, wenn ich die Szene lese. Es fällt mir schlicht nicht mehr auf, dass der Leser diesen Bezug nicht hat.

Ich verstehe immer besser, dass das, was ich schreibe und dabei denke, nicht beim Leser so rüber kommt. Daher sind die Röstungen auch so wichtig, besonders wenn - wie in meinem Fall - der Roman nun die 600 Seiten überschritten hat.

Da ich aus Freude schreibe, habe ich mir auch überlegt, mir einen freien Lektor zu suchen, ohne wird es nicht gehen, wie mir die Röstungen zeigen..

Gerade auch was Paradiesvogel gesagt hat, stimmt. Ich visualisieren schon im Kopf, wie ich es mir vorstelle. Aber auch hier gelingt es noch nicht, meine Bilder mit den Worten zu koppeln. Ich versuche oft, mir die Szenen als Kameramann vorzustellen. Gelingt aber noch nicht. Bzw. ich finde noch nicht die richtigen Worte.

Eines meiner Lieblingszitate ist von Lessing.

Es sei, daß noch durch keinen Streit die Wahrheit ausgemacht worden, so hat dennoch die Wahrheit bei jedem Streit gewonnen. Der Streit hat den Geist der Prüfung genährt, hat Vorurteil und Ansehen in einer beständigen Erschütterung erhalten; kurz. hat die geschminkte Unwahrheit verhindert, sich an die Stelle der Wahrheit zu setzen.


Ersetzt mal Streit durch Röstung :)




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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #6 am: 14 April 2021, 19:40:52 »
Zitat
@Merin. Ja, diese Szene soll auch ekelhaft sein. Rachid ist der Antagonist, sein Opfer der Protagonist, der die Folter überlebt :) Wie gesagt, ich siedele meinen Roman im High Fantasy Genre an

Und aus welcher Perspektive soll das erzählt werden?
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

Paul

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #7 am: 14 April 2021, 20:14:19 »
Lieber Lionel

Das, was du beschreibst, kenne ich auch von mir.

Zitat
Ich verstehe immer besser, dass das, was ich schreibe und dabei denke, nicht beim Leser so rüber kommt. ... Da ich aus Freude schreibe ...

Wenn ich selbst eine Geschichte schreibe, bin ich wie in einem "flow". Die Geschichte ist wie ein Film, der in meinem Kopf abläuft, während ich die Fäden in der Hand halte und die Richtung bestimme. Doch dann, wenn die Geschichte geschrieben ist - und sie nach zwei, drei Monaten abgelegen ist, kommt der ernüchternde Moment der Wahrheit und ich erkenne beim erneuten Lesen, dass dieser flow nicht mehr funktioniert. Weil die Worte nicht die passenden Bilder auslösen, weil die Beschreibungen fehlen, weil, weil weil...

Trotzdem ist das Schreiben selbst eine Freude. Und der Rest ist Übung - und Lernen. Ob ein Lektor bei einem Roman von 600 Seiten die richtige Wahl ist, weiß ich nicht (könnte sehr teuer werden). Ich selbst fahre gerade zweigleisig. Ich schreibe Kurzgeschichten - um verschiedene Techniken beim Schreiben zu üben - und überbeite dann wieder den Roman, an dem ich schreibe und versuche dort, das Gelernte unterzubringen.

Von daher mein Tipp: Probier mal eine "kleine Form" aus, eine Beschreibung, eine Kurzgeschichte, eine ...
Meine Erfahrung ist: manche Lernfortschritte sind hier einfacher, weil man nicht immer das große Ganze des Romans vor Augen hat.

Paul  :)

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Lionel Eschenbach

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #8 am: 14 April 2021, 21:20:03 »
@Merin.

 Am Kapitelanfang steht immer der Name der Figur, aus dessen Sicht ich schreibe. Hier Rachid. Insgesamt bekommen nur sechs Personen ihren POV. Und doch, wenn ich so Fantasy lese, ist es immer eine Gratwanderung, wie dicht ich den Erzähler am Charakter lasse. Mal dichter, mal weiter entfernt. Mal spürt man mehr den Erzähler, mal mehr die Figur. Letztlich habe ich noch nicht meine Balance gefunden.

So überlege ich oft, schreibe ich nur ER, weil in der Regel ist damit gemeint, es ist derjenige, der am Kaptilanfang gemeint ist. Allerdings, sind andere männliche Figuren in der Szene, verwirrte es häufiger, wenn mit ER eben die andere Figur gemeint ist.  :) Und bei der letzten Röstung, die Bärin, habe ich nur deshalb ein weibliches Tier genommen, damit es in den kurzen Sätzen zu keiner Verwirrung mit dem ER kommt :)

Aber um deine Frage zu beantworten, aus der Perspektive von Rachid. :)

P.S. @Paul. Ich bin manchmal im flow, aber das ist nicht immer der Fall. Oft ist es mühselig und ja ich habe schon einige Kurzgeschichten geschrieben. Aber es ist einfach meine Leidenschaft, an diesen Roman zu arbeiten. Mal abgesehen von der Sprache, kämpfe ich mit ganz vielen Dämonen gleichzeitig. Alleine der Plot, die Verwebungen der Stränge. Und und und. Da ist die Sprache, die wir ja hier in den Röstungen in den Vordergrund stellen, nur ein Problem unter vielen. Mit dem, was ich kann, will ich eben meinen Todd, meinen Lionel, meinen Rachid zum Leben bringen. Ich will mir meine Geschichte erzählen. Das ist mein Ziel. Wenn mein Ziel sein sollte, davon leben zu wollen, dann würde ich mit Kurzgeschichten beginnen. Und nicht genug damit, dass ich schon bei sechshundert Seiten bin. Normseiten, 758. Meine Konzeption geht von 4 Bänden aus. :) Letztlich macht mir das Freude, selbst wenn der erste Teil nie fertig wird. Ein Freundin von mir schreibt auch, ihr erster Roman ist seit drei Jahren fertig. Selbstverlag über Amazon. Ca. 200 verkaufte Exemplare, vielleicht werden es bei mir 201 :) Von daher, bin ich grundentspannt.

« Letzte Änderung: 14 April 2021, 21:28:52 von Lionel Eschenbach »

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #9 am: 14 April 2021, 21:45:51 »
Ich würde nicht sagen, dass die Sprache hier der Schwerpunkt ist. Ich schau schon auch auf den Szenenaufbau, Perspektive, Plot usw. Und wenn du dich klar für personale Perspektive entschieden hast, dann solltest du das auf jeden Fall klarer durchziehen und die Szene auch aus Rachids Sicht schreiben. Ihm eine eigene Perspektive zu geben, ergibt ja vor allem Sinn, wenn du ihn uns näher bringen willst. Das geschieht aber hier mE noch zu wenig, weil er fern bleibt (ein Problem, das ich gut kenne, ich muss mich immer so Stück für Stück an meine Protas ranschreiben).
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

Paradieseule

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #10 am: 15 April 2021, 08:59:58 »
Hallo Lionel,

Zitat
Gerade auch was Paradiesvogel gesagt hat, stimmt. Ich visualisieren schon im Kopf, wie ich es mir vorstelle. Aber auch hier gelingt es noch nicht, meine Bilder mit den Worten zu koppeln. Ich versuche oft, mir die Szenen als Kameramann vorzustellen. Gelingt aber noch nicht. Bzw. ich finde noch nicht die richtigen Worte.

Ja, du beschreibst als Kameramann: Der muffige Gang lag im Dunkeln. Nur unter einer Tür flackerte ein roter Lichtschein. ... Er klopfte die Paraole.
Das klingt alles nach Drehbuch. Du visualisiert im Kopf, wie Du es dir vorstelltst.
Aber du bist nicht in der Prota. Schließe die Augen und sag: ich bin Rachid. Gleich werde ich den Magier übernehmen.  .... Was fühlst du, wenn du die Treppen hinuntergehst? Was siehst du? Was denkst du? Das beschreib.

LG Paradieseule

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #11 am: 15 April 2021, 09:28:43 »
Ich hätte ja auch gern ein Lektorat für meinen Text. Und verstehe total, dass du dir das auch wünschst. Allerdings denke ich auch, dass es besser ist, wenn du dich vorher noch etwas mehr an den Idealzustand heranarbeitest. Dann hat die Lektorin mehr, mit dem sie arbeiten kann. Sie hat es dann auch leichter, deine Figuren zu verstehen. Und du hast auch mehr gelernt.  :cheer:
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

Paul

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #12 am: 16 April 2021, 13:26:54 »
Lieber Lionel

Es kommt im Leben immer auf die Haltung an. Deine Haltung gegenüber deinem Hobby gefällt mir.

Zitat
Von daher, bin ich grundentspannt.

Trotzdem klingen da bei dir auch ein paar Dämonen mit an. Die Frage ist, wie gehst du mit diesen Dämonen auf Dauer um?

Für mich ist Schreiben auch ein Hobby. Trotzdem habe ich natürlich einen gewissen Ehrgeiz. Auch freut es mich, wenn ich bei mir einen Lernfortschritt feststelle (und andere sagen, die Geschichte, der Abschnitt, ... war schön zu lesen). Von daher tut es uns allen gut, wenn wir uns beim Schreiben entwickeln. Die Frage ist, an welcher Stelle und wie? Die Sprache finde ich dabei bei dir nicht das Hauptproblem. Es ist eher die Art der Beschreibung, die mir als Manko auffällt. Du bist in gewisser Weise in deiner Figur drin und du siehst die Welt auch durch ihre Augen, aber zu gibst mir als Leser von dem, was du siehst, immer nur jedes fünfte Bild mit. So feheln mir die Zwischenbilder ( und ich weiß nicht, wo kommt die Treppe her - oder die Tür?). Auch hast du dich bis jetzt noch nicht getraut, für deine Figuren eine "innere Stimme" zu entwickeln (ein Thema, an dem ich im Moment immer wieder arbeite). Innere Stimme heißt für mich, dass du einzelne Gedanken deines Protagonisten im "Orginalton" deines Protagonisten aufschreibst, anstatt "über" ihn zu schreiben - und diese "Gedankenfetzen" danach mit den Handlungen, Dialogen und dem, was dein Protagonist sieht zu verknüpfen. So ensteht eine ganz andere Art von Text. Einer, der viel näher an den Protagonisten dran ist. Sicher, nicht jeder muss so schreiben. Manche nähern sich ihren Figuren nur von außen. Aber dies bleibt eben sehr distanziert. Von daher zwei Tipps von mir: Versuche deine "Kamerafahrten" anders zu gestalten, so dass ich als Leser mitfahren kann - und nicht dauernd von einem Bild zum anderen springen muss - und probiere mal die "innere Stimme" als Stilmittel aus. Es könnte für dich spannend sein.

 ;) Paul
"Es ist besser, einige der Fragen zu kennen, als alle Antworten." (James Thurber)

Lionel Eschenbach

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #13 am: 17 April 2021, 15:12:38 »
@paul

Wir lassen uns hier nicht rösten, weil wir Freude daran haben, zerpflückt zu werden. Hey, seien wir ehrlich, wir wollen lesen, wie gelungen das ist, was wir hier reinstellen. Und wenn wir bejubelt werden, sehen wir uns schon kurz davor, ein Verlag zu finden, der unseren Roman oder Geschichte veröffentlicht. Dann die Heerscharen an Leser, die uns hochleben lassen. Wer von uns träumt davon nicht? Ich muss aber die Realität insoweit zur Kenntnis nehmen, dass von 1000 eingereichten Manuskripten 999 abgelehnt werden. Also ich hätte nix gegen 1000000 verkauften Büchern, aber selbst wenn nicht, werde ich nicht Trübsal blasen. Und doch will ich meinen Roman fertig bekommen. Im ersten Schritt will ich fertig werden. Und hier helfen mir die Röstungen, mir zu versichern, dass es noch eine Diskrepanz zwischen Autor und Leser gibt 😂

Paul

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #14 am: 19 April 2021, 17:21:21 »
Lieber Lionel

Das mit den "Größenphantasien" kenne ich auch von mir - wie wohl so gut wie jeder, der oder die etwas schreibt. Wenn wir schreiben träumen wir (bewusst oder unbewusst) immer auch davon, dass wir das, was wir in unserem Innersten fühlen und entwerfen mit anderen teilen können - und dafür Anerkennung bekommen. Realistischerweise funktioniert das meist nicht in der von uns gewünschten Form. Da fehlt es an der Qualität des von uns Geschriebenen, da fehlt es manchmal auch an der Freude der Leser und Leserinnen sich auf etwas "Fremdes" einzulassen. Damit müssen wir leben. Trotzdem macht es mir - neben dem einen oder anderem Schmerz - durchaus Freude geröstet zu werden. Weil ich durch das Rösten etwas lerne. Und diese Freude dazuzulernen finde ich wertvoller, als der Schmerz darüber, dass ein Text nicht so toll ist, wie ich es zuerst vielleicht geglaubt habe. Denn diesen Schmerz spüre ich meist auch ganz allein, wenn ich den Text zwei bis drei Monate abhängen lasse und ihn mir dann wieder ansehe. Da merke ich, dass es nicht stimmt. Nur fehlen mir da die Ideen, woran es liegt. Von daher: ja, es tut manchmal weh. Aber es hat auch etwas.

Paul ;)
« Letzte Änderung: 19 April 2021, 17:51:13 von Paul »
"Es ist besser, einige der Fragen zu kennen, als alle Antworten." (James Thurber)

Lionel Eschenbach

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #15 am: 04 May 2021, 21:01:40 »
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LaHallia

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Re: Kampfszene - Die Verschmelzung
« Antwort #16 am: 04 May 2021, 21:06:28 »
 :closed:
Sie müssen erzählerische Risiken eingehen. Vor allem aber: niemals versuchen, den anderen zu gefallen. Sie müssen so hoch zielen, dass Sie ganz tief fallen können. Dann vielleicht haben Sie Erfolg. (Frank Schätzing)