Teufelsrost > Höllenfenster

Der Wächter des Hauses

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Paul:
Lieber Lionel

Hier ist ja nur der Schnellimbiss - darum keine Röstung aber dafür eine Rückmeldung zu deiner Frage:

Ja, der Text ist sehr viel näher an deinem Protagonisten. Er lässt den Leser, die Leserin in die Gefühlswelt deines Protagonisten eintauchen. Diese Gefühlswelt ist sehr dicht beschrieben - mit Schuldgefühlen und Kindheitserinnerungen. Auch sprachlich ist der Text sehr viel dichter erzählt - mit vielfältigen Beschreibungen, welche die Welt hinter der Geschichte lebendig werden lässt. Darüber hinaus hast du mit dem Gartenzwerg eine "Kunstfigur" in der Geschichte erschaffen, die ihr eine ganz eigene Note gibt - und die auf der emotionalen Ebene ein Bild für das "Verlorene" schafft.

Paul

Lionel Eschenbach:
Danke Paul, aber es sind eben nicht 600 Seiten mit verschiedenen Handlungssträngen, Perspektiven und und und. Und nur an einem kürzen Text zu arbeiten, der in sich geschlossen ist, fällt mir natürlich leichter. Selbst wenn es in dem Text noch viel zu rösten gäbe.

Aber es ist der helle Wahnsinn, wollte ich diese Dichte Seite um Seite in meinem Roman erzielen. Aber hey, ich liebe Herausforderungen :)

L.

Paul:
Lieber Lionel

Ich kenne das von meinem Romanprojekt. Trotzdem arbeite ich immer wieder daran, "bildhaft" zu schreiben. Z.B. indem ich immer wenn eine Figur zum ersten Mal auftaucht, eine Beschreibung dieser Figur mache, oder indem ich jeden neuen Ort versuche so zu beschreiben, dass man ihn sich vorstellen kann, ohne gleich einen ganzen "Roman" daraus zu machen. Dabei gewinnt im Moment in meinem Roman die innere Stimme immer mehr Raum. So wird der Gedankenstrom des Protagonisten - seine innere Gefühlswelt - der Anker, der die Leserinnen und Leser an der Stange hält, so dass es nicht mehr so auffällt, wenn nicht jeder Baum einzeln erwähnt wird. Aber es ist ein Abwägen. Und eine innere Erzählstimme ist einfacher zu gestalten, wenn es nur einen Protagonisten gibt. Bei mehreren Hauptfiguren brauchst du mehrere klar unterscheidbare Stimmen. Das ist eine deutlich größere Herausforderung. Ich bin im Moment schon hoffnungslos mit meiner einen Stimme überfordert. Trotzdem ist es immer wieder schön, wenn die Welt, durch die die Protagonisten gehen, einen eigenen Glanz hat - und so auf besondere Weise sichtbar wird.

Paul

trillian:
Lieber Lionel,

nur auf die Schnelle: (Ist ja auch der Schnellimbiss  :biggrin:)

Die Geschichte gefällt mir gut. Ist rund und liest sich flüssig. Ich finde sie berührend und die Nähe zum Prota ist da.

LG
trillian

merin:
Lieber Lionel,

nun habe ich mir auch Zeit für deine Geschichte genommen. Das ist ja der Schnellimbiss, daher gehe ich nicht so sehr in die Tiefe.
Die Geschichte ist näher am Prota als die letzten Texte, die du auf den Rost geworfen hast. Trotzdem fehlt mir da noch ganz viel. Vielleicht liegt das auch an meinen Therapeutinnenblick, Elternbeziehungen sind ja sozusagen Kern meines Metiers.
Ich finde es hakt einerseits sprachlich, da gibt es viele Fehler (bügte statt bückte bspw. aber auch noch viele andere und ganz oft PQP, wo einfache Vergangenheit hingehört), andererseits aber auch inhaltlich. Protanähe heißt ja, dass wir nicht nur eine generische Vorstellung bekommen (aha Trauer nach Tod der Mutter und Konfrontation mit der eigenen Vergänglichkeit) - sondern dass wir eine genaue Idee haben, was diese Trauer im besonderen ausmacht. Mir wird nicht ausreichend klar, welche Beziehung der Prota zu seiner Mutter hat. Warum ist er denn nicht gekommen? Ich nehme an, da gab es eine Ambivalenz, die aber im Text nicht einmal angedeutet ist.
Auch einige Bilder sind für mich nicht rund. Warum gibt es ein Problem, wenn ein Krankenzimmer auf einen Garten rausgeht? Die Mutter wird als fordernd beschrieben - nun fordert er genauso von seinen Kindern. Eine Auseinandersetzung mit der Schwierigkeit solcher Forderungen findet nicht statt. Muss auch nicht, aber ich finde es ungünstig, wenn das Gefühl entsteht, der Autor habe es nicht durchdacht und es handle sich nicht um ein Problem des Protas. Dieser Text gibt mir dieses Gefühl. Auch die Kindheitsbilder sind für meinen Geschmack teilweise nicht rund. Warum war er denn so aggressiv auf den Gartenzwerg? Was hat er an dem abgehandelt? Und was für ein Zwerg ist das eigentlich? Gartenzwerge gibt es in vielen Varianten und obwohl der hier so zentral ist, habe ich keinerlei Bild von ihm. Das fehlt mir.
Und dann der Zwerg an sich. Warum wird er als Mensch dargestellt? Das erschließt sich mir nicht. "So behandelt man keine Menschen" - als Satz einer Frau, die wahrscheinlich den Holocaust miterlebt hat. Den Krieg. Die von ihrem Sohn etwas fordert, ihn vielleicht als Kind geschlagen hat. Eine Frau, die sich nicht traut zu sagen "Ich fühle mich von dir schlecht behandelt" gegenüber einem Sohn, der sich nicht traut, ihr dasselbe zu sagen? Ist das das eigentliche Thema?
Ich habe die Fantasie, dass eigentlich am Zwerg die Beziehung zur Mutter abgehandelt wird, aber das ist für meinen Geschmack nicht durchgängig genug der Fall. Er könnte auch für ein Spiegelbild des Prota stehen, aber auch das ist nicht wirklich angelegt. Er könnte auch für ein Kind stehen, den Jungen, der der Prota einmal war. Das ist gar nicht angelegt.

Die Stärke der Geschichte finde ich den emotionalen Gehalt. Es kommt Wehmut bei mir an, auch Schuldgefühle. Allerdings scheinen mir die eher auf die eigene Vergänglichkeit bezogen als auf die Mutter. Ein interessanter Kern der Geschichte (er trauert um sein eigenes Sterben, nicht um den Verlust einer Mutter, die er schon lange verlassen hat) - aber es bräuchte noch etwas Arbeit, um den herauszuschälen. Wahrscheinlich nicht nur Schreibarbeit ...
Es gibt auch einige schöne Bilder, der Gartenzwerg im Laub - das mag ich. Auch das steht ja für Vergänglichkeit. Aber wie gesagt, insgesamt bleibt mir der Text zu vage, zu unklar, zu wenig in die Tiefe durchdacht.

So weit ...
merin

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