28 March 2024, 12:01:43

Autor Thema: Mehrband-Fahrplan  (Gelesen 9485 mal)

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June

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Mehrband-Fahrplan
« am: 28 April 2021, 14:26:26 »
Hallo zusammen räusper,  :rotwerd:

ich hätte nie gedacht, dass ich mal so eine Frage stellen muss … aber ich habe da für die Münchner Schreiberlinge eine Idee gehabt, die sich superschnell derart vergrößert hat, dass ich es für deren Antho vergessen kann.
Da ich gerade im Debüt stecke, welches unter ganz anderen Umständen entstand, wollte ich mal fragen, ob hier irgendwer sein Wissen mit mir teilen mag, wie man das mit mehreren Bänden handled.
Sprich, plottet man die Outlines von allen oder schreibt man die nach und nach oder macht man sich da Listen … Wie behält man bei so etwas den Überblick? ExcelTabellen sind nicht so mein Ding, Trello geht aber ich wüsste nicht, wie man so ein Projekt da effektiv in Listen quetscht.

Hat schon mal jemand eine Trilogie geschrieben und würde mir ein paar Tipps verraten, dass ich Stolperfallen wie “in Band 2 taucht was auf, was in Band 3 vergessen, aber in 1 angeteasert wurde” umgehen kann? Welche Ordnungssysteme nutzt ihr?
Schreibprogramme sind bei mir vorerst raus. Ich besitze alle -außer Patchwork- und ich benutze aktuell keins.
Es(also der Fahrplan) muss schnell, einfach und effektiv sein.

Ja, ich verlange womöglich zu viel  :-[, aber ich hoffe, irgendjemand kann mir schon mal auf die Sprünge helfen.

Ganz liebe Grüße von June
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Lionel Eschenbach

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #1 am: 28 April 2021, 15:17:20 »
Am Ende musst du dir selber helfen!

Ich arbeite im Coaching, allerdings nicht für Leute, die schreiben lernen wollen :)

Ich glaube weiter, du weißt alles, du musst nur dein verschüttetes Wissen an die Oberfläche holen.

Du hast sicherlich viel im Internet recherchiert, du besitzt vielleicht sogar Bücher über das Schreiben. Du kämpfst täglich mit deinen Szenen und dem  eigenen Text usw.


Und wenn du ehrlich bist, weißt du schon, was so allgemein die Probleme sind, das hast du in deiner Email angedeutet.


Konkret darf ich dir nicht helfen, weil ich selber NOCH nie eine Triologie veröffentlicht habe. Vielleicht gibt es hier jemanden, der soweit bereit ist.


Ich kann nur sagen, dass es fast unmöglich ist, sagen wir drei Bände gleichzeitig zu konzipieren. Es mag Leute geben, die es hinbekommen. Aber gefühlt sind das die wenigen Plotter-Typen, die jede Szene bereits durchdenken, in Excel-Listen festhalten. Und wenn selbst der letzte Name schon eingetragen wurden, schreiben sie einfach einen Band nach den anderen. Glückwunsch, wer das kann. Ich kann es nicht.

Die meisten, die schreiben, sind eher Mischtypen. Bisschen Plotten, bisschen kreativ drauflosschreiben, um zu sehen, wohin die Reise führt.  Ich kann für mich sagen, dass führt ja alleine schon in einem Buch zu riesigen Probleme. So erinnere ich mich daran, dass ich eine Szene geschrieben habe, sie floss einfach durch meine Finger auf den Bildschirm. NUR. Diese Szene hätte alles verändert. So habe ich sie wieder gelöscht, weil ich hätte wiederum andere Szenen umschreiben müssen.

Wenn du also schreibst, du eine tolle Idee hast, musst du nicht nur berücksichtigen welchen Auswirkung diese neuen Szene auf deinen ersten Band hat, sondern auch noch wie sie sich auf die anderen auswirkt.

Ich glaube, dass bekommen wohl nur die wenigsten hin.

Ich denke, der sichersten Weg ist, ob nun mit der Schneeflockenmethode oder anderen Theorien zur Strukturierung von Romanen, grobe Pfeiler abzustecken.

Also das Grobraster sollte stehen. Die groben Handlungsstränge stehen. Das Finale steht.
(Witzigerweise, denke ich in meinem Projekt immer vom Ende her, und frage mich dann immer, wie komme ich dahin.)
Die wichtigsten Figuren stehen. Die Konfliktlinien stehen. Vielleicht steht auch schon der groben Plotrahmen der einzelnen Bände.

Und wenn du die Pfähle in den Sand gerammt hast, dein Claim abgesteckt hast, dann hast du einen groben Halt, wie es in Band 2 und 3 weitergeht.

Und selbst dann kann es zu einem Fiasko werden.

Einige sagen, dass George R. Martin NIE mit seinem Roman "A Song of Ice and Fire" fertigwerden wird. Zwei Bände stehen noch aus, die sogar schon einen Namen haben.     The Winds of Winter,    A Dream of Spring

Einige sagen aber auch, er kann nie damit in zwei Bänden fertig werden, weil er so viele Handlungsstränge, so viele offenen Enden hat, dass er wohl noch fünf  Bände schreiben könnte, um die Geschichte befriedigend zu beenden. Hier hat sich möglicherweise selbst ein  Profi überhoben. Und mit Sicherheit hat er NICHT alle Bände detailliert geplant.

Mein Tipp. Plotte so viel wie du kannst, aber bewahre dir eine kreative Ader, auch neue Einfälle zuzulassen.



P.S. Hier Auszug aus Wiki zu GRRM. Und er ist ein Vollprofi, der seit 30 Jahren schreibt und zig Millionen damit verdient hat.

Aber....

Ursprünglich sollte die Saga drei Bände umfassen. Da die Geschichte während des Schreibprozesses anwuchs, stieg die Zahl der geplanten Nachfolgewerke sukzessive an. Mittlerweile plant Martin, die Handlung in sieben Bänden abzuschließen.

Nachdem die ersten drei Bände der Serie in kürzeren Abständen erschienen waren, benötigte Martin für den vierten Band, A Feast for Crows, ungefähr fünf Jahre. Trotz seiner Versicherung im Jahr 2005, der fünfte Band der Buchreihe sei schon fast fertiggestellt, erschien A Dance with Dragons erst am 12. Juli 2011. Martin erklärte die lange Verzögerung mit Komplikationen bei der Zusammenführung der zunehmend komplexen Handlungsstränge.
« Letzte Änderung: 28 April 2021, 15:30:11 von Lionel Eschenbach »

windigo

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #2 am: 29 April 2021, 00:15:40 »
Bei einer Trilogie kannst du dir, wie Lionel geschrieben hat, wirklich nur selber helfen.

Vielleicht ziehst du deine Lieblingstrilogie zur Hilfe heran. Abschauen ist ja nicht nachmachen.
Persönlich finde ich die besten Trilogien die, die aus einem Guss sind. Mein Favorit ist Tad Williams im Bereich Fantasy. Meist wurden aus seinen 3 Bänden 4. Aber es war stimmig und ehrlich. Zwanghaft auf 3 Bände hinzuarbeiten bringt nichts. Ich hatte mal die Gelegenheit für ein langes Gespräch bei einem Treffen und dort hat er dies auch so gesagt.
Empfehlen kann ich dir mit dem Anfang und Ende zu beginnen. Oft scheitern Trilogien am Ende. Zum einen weil der Autor sich verzettelt und zum anderen weil deine Leser zu hohe Erwartungen haben. Als Beispiel kann ich dir da Robert Jordan`s Rad der Zeit Zyklus nennen. Dieses Monster an Literatur hätte nie ein gutes Ende haben können, bin ich der Meinung.
Oder Patrick Rothfuss Der Name des Windes. Abschlußband 3 lässt schon Jahre auf sich warten. Da wette ich, dass der nicht gut wird, wenn er dann mal erscheint. Als Ziel empfiehlt es sich ein Band pro Jahr herauszubringen. Harry Potter ist auch so ein Beispiel. Trotz des Megaerfolges, waren die letzen Bände eher schwach geschrieben, im Vergleich zu den Anfängen. Da wurde falsch geplant.
Auch eine Empfehlung ist, mit so wenigen Hauptcharaktern wie möglich auszukommen. Jede Figur, die du anfbaust, braucht Raum und ein Ende.
Niemand schüttelt eine Trilogie aus dem Ärmel. Jede Info sollte irgendwo notiert sein, damit deine Welt glaubhaft bleibt. Du gehst mit den Menschen, die deine Trilogie lesen einen Teufelspakt ein. Du bekommst treue Leser, aber irgendeiner findet deine Fehler. Schau dir mal die Community um den Herrn der Ringe an. Man kann von Tolkien halten, was man will, aber diese Welt und Geschichte ist die Essenz einer jahrzentelangen Arbeit. Da gibt es kaum Fehler. Kritikpunkte ohne Ende, aber Fehler findet man nur schwer. Im englischen gibt es noch die History of Middle-Earth. 12 Bände mit Material, die zeigen, was wirklich an Arbeit im Herrn der Ringe steckte. Das hat Herr Tolkien alles mit einer Zettelordnung realisiert.
Tad Williams hat auch den Hinweis gegeben, dass man ersteinmal ein Buch fertig schreiben und veröffentlichen sollte. Das Hat auch bei Tolkien geklappt. Eine Trilogie ist eine Arbeit, wo du mehrere Jahre dransitzt und erst am Ende siehst du, ob alles funktioniert. Ein Buch schaffst du in ein oder zwei Jahren. Persönlich kann ich niemanden empfehlen mit einer Trilogie anzufangen. Trilogie schreiben ist wie Profisport. Ohne Training wird das nichts. Auch Harry Potter hat Vorlauf gebraucht und da stecken viele Jahre Vorbereitung drin.
Das soll dich nicht entmutigen. Ich will dir nur zeigen, was dich erwartet. Du schreibst ja nicht nur eine Trilogie, sondern auch viel Beiwerk. Meist ist das, was Beiwerk ist noch doppelt oder dreimal so viel, wie du letztendlich veröffentlichst.

Viskey

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #3 am: 29 April 2021, 12:27:03 »
Hey June!

Ich bin ein Mehrband-Schreiber, und ich weiß in etwa, was pro Band passieren wird. - Du sicherlich auch, sonst könntest du ja nicht sagen, dass es ein Mehrbänder werden wird.  ;)

Ich selbst arbeite gern mit Excel, vor allem, um die verschiedenen Erzählstränge unter Kontrolle zu behalten, damit ich weiß, wann welcher Strang "an die Oberfläche" muss bzw. kann.

Ich hab einen Grobplan pro Buch. Keine Trilogie, sondern Pentalogie ... davon dafür zwei.

Ich nehm mal zur Abwechslung nicht die - in der Hölle bereits berühmt-berüchtigte - Pentalogie, die ich mit Mooncat zusammen schreibe, sondern meine eigene.

1. Band: Der Vampir wird erschaffen
2. Band: Der Vampirjäger wird erschaffen
3. Band: Die fast ausgerotteten Vampire vermehren sich wieder
4. Band: Das Personal für das grandiose Finale wird zusammengetrommelt
5. Band: Finale

Was dann jeweils genau in den Büchern passiert, ist Detailplanung, die auch noch nicht für alle Bücher steht. Ich weiß aber jeweils, was am Ende eines Bandes an Plotpunkten stehen muss, damit das nächste starten kann.
Und während ich dann einen nachfolgenden Band schreibe, kommen mir immer wieder auch Ideen für die Bände davor. Die notiere ich mir dann, damit ich sie in der Überarbeitung einarbeiten kann. Und ja, es gibt viele Überarbeitungsgänge, weil jeweils neue Ideen dazukommen oder alte ersetzen.

Es ist immens viel Arbeit, einen Mehrbänder zu schreiben, aber wenn die Geschichte so groß ist, dass sie in nur einem Buch nicht Platz hat, hat man keine große Wahl. Dann müssen es eben mehr sein.

Der wichtigste Tipp, den ich dir geben kann: Notizen, Notizen, Notizen. Zu allem. Besser eine Notiz zu viel als eine zu wenig.

"There is no such thing as bad work, just unfinished work." - Eric Idle

June

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #4 am: 29 April 2021, 15:38:35 »
Hallo Ihr Lieben,

das sind tolle Antworten! Ganz lieben Dank  :). Ich versuche mal, drauf einzugehen - also was ich empfinde.

@Lionel, du bist der Realist, ich sehe, der Teufel auf meiner Schulter bist du :D Denn vieles von dem was du schreibst, sind exakt meine Ängste. Zumal ich mich schwer tue, ein einziges Buch zu schreiben  - okay, wie wir wissen geht es, sonst hätte ich im Herbst kein Debüt, aber es ist wirklich grenzwertig für mich.

@Windigo ja, das Abgucken ist ein guter Einwurf, leider sagt der Inhalt einer Trilogie aber wirklich wenig über die Arbeitsweise des Autoren aus, worauf ich eigentlich raus wollte. Ich denke auch, dass ich vom Typ her lieber parallel schreiben sollte, um den Überblick zu behalten und wenn sich in A was ändert, das sofort in B oder C einfügen zu können ... weil und jetzt komme ich zu

 @Viskey
Zettelwirtschaft, ernsthaft? ;) Das würd mich fertig machen. Dann doch Trello. Irgendein Sammelsystem von Ideen + Charakteren finden ... dauert aber auch. Grobplan finde ich gut, vor allem das mit dem Ende. Da ist was dran, mein NaNoBuch von 2018 hat über 50K Wörter aber kein Ende :D weil ich da nicht geplottet hab und irgendwie ... äh ja. Lassen wir das.

Ich denke, der Knackpunkt kam von @Lionel
Zitat
Wenn du also schreibst, du eine tolle Idee hast, musst du nicht nur berücksichtigen welchen Auswirkung diese neuen Szene auf deinen ersten Band hat, sondern auch noch wie sie sich auf die anderen auswirkt.

Und das würde ich gern irgendwie arbeitstechnich strukturiert angehen wollen.

Zitat
Und während ich dann einen nachfolgenden Band schreibe, kommen mir immer wieder auch Ideen für die Bände davor. Die notiere ich mir dann, damit ich sie in der Überarbeitung einarbeiten kann. Und ja, es gibt viele Überarbeitungsgänge, weil jeweils neue Ideen dazukommen oder alte ersetzen.

Das hier verstehe ich nicht ganz @Viskey, Ideen für die Bände davor? Sind die dann nicht schon erschienen? Oder hab ich nen Knoten im Hirn :D Das kann bei der Thematik durchaus sein.
Gibt es da Templates bei Excel? Für die Erzählstränge oder darf ich einen Blick auf deine Tabelle - ohne Inhalt, nur der Aufbau, versteht sich - werfen? Nur um eine Idee zu kriegen, wie man so was aufbauen könnte. <3

Ich danke euch sehr für eure Insights.
LG, June  :hallo:
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Lionel Eschenbach

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #5 am: 29 April 2021, 16:24:48 »

Viskey

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #6 am: 29 April 2021, 17:50:32 »
Zettelwirtschaft, ernsthaft? ;) Das würd mich fertig machen. Dann doch Trello
Da steht nirgends Zettel ... ich hab extra Notizen geschrieben. Wie du die für dich machst, archivierst und organisierst ist ganz dir überlassen. Das Ikönnen Zettel sein, oder Notizbücher (farbcodiert oder nicht), Hefte, Mappen, diverse Programme, direkt als Kommentar im Text ...
Du hast alle Freiheiten. Womit auch immer du am besten zurechtkommst, verwende das.

Zitat
. Irgendein Sammelsystem von Ideen + Charakteren finden ... dauert aber auch. Grobplan finde ich gut, vor allem das mit dem Ende. Da ist was dran, mein NaNoBuch von 2018 hat über 50K Wörter aber kein Ende :D weil ich da nicht geplottet hab und irgendwie ... äh ja. Lassen wir das.
Sagen wir mal so ... Ich kenne das. Mein erster NaNo war auch so ein Ding, 55k, schöne Teile, nette Entwicklung ... aber ich hab mir nie darüber Gedanken gemacht, wie das alles enden soll. Und es hat bis heute nicht geendet.  :devgrin:

Zitat
Ich denke, der Knackpunkt kam von @Lionel
Zitat
Wenn du also schreibst, du eine tolle Idee hast, musst du nicht nur berücksichtigen welchen Auswirkung diese neuen Szene auf deinen ersten Band hat, sondern auch noch wie sie sich auf die anderen auswirkt.

Das unterschreibe ich so ... und das ist auch genau der Punkt, wo ich mit meinen Notizen komme. Wenn du eine Szene schreibst und merkst "Moment, wenn ich das jetzt so mache, dann stimmt XY im ersten Buch nicht mehr", dann solltest du dir eine Notiz dazu machen, damit du beim (nächsten) Überarbeitungsgang diesen Punkt anpassen kannst. Oder, alternativ, du schreibst besagte Szene anders.
Anfangs sind das noch ziemliche Schnitzer, die man da ausbessern muss, aber je länger man arbeitet, umso leichter werden die Anpassungen.
Zum einen, weil man halt seine Geschichte und Welt immer besser kennenlernt, zum anderen, weil man auch einfach schreibtechnische Übung bekommt.



Zitat
Das hier verstehe ich nicht ganz @Viskey, Ideen für die Bände davor? Sind die dann nicht schon erschienen? Oder hab ich nen Knoten im Hirn :D Das kann bei der Thematik durchaus sein.
Meine Bücher sind noch nicht erschienen ... aus genau diesem Grund. Weil jeder weitere Band auswirkungen haben kann auf die davor - und erfahrungsgemäß auch hat. Solange ich noch nichts veröffentlicht habe, kann ich jederzeit einfach zwei Bücher vorspringen und eine Szene anpassen, einfügen, streichen ... je nachdem, was ich brauche, um das ganze stimmig zu machen. Dazu kommt, dass ich auch um einiges besser schreibe als damals, als ich damit angefangen habe. Auch stilistisch macht es für mich Sinn, mit dem Veröffentlichen zu warten, bis ich alles beisammen habe. Mein Anspruch ist, dass man alle 2000 Seiten in einem Rutsch durchlesen kann, ohne Schwankungen in der Qualität zu haben. Ein Punkt, der mir bei HP immer wieder auffällt. In vielerlei Hinsicht halte ich den dritten Band für am gelungensten. Davor hat Rowling noch gelernt, danach stand sie unter Zeitdruck und konnte nicht so sorgfältig arbeiten, wie sie es eigentlich gekonnt hätte.

Zur Tabelle: Nein, Template gibt's da meines Wissens nicht. Ich hab einfach eine ganz normale Tabelle. Als Spaltentitel trage ich die wichtigsten Figuren ein, die Zeilen sind dann die Szenen, wie sie der Reihe nach im Buch passieren. - Teils als Dokumentation von dem, was ich bereits geschrieben habe, zum Teil als Planung für kommende Szenen. Und vor allem auch, wie gesagt, für die Abstimmung der diversen Handlungsfäden.

Wenn mehrere meiner Figuren an der selben Szene beteiligt sind, steht diese in Kürzestzusammenfassung auch in jeder betroffenen Spalte.

GesMarcusAmelie
Geht mit Marcus nach RomGeht mit Ges nach RomBleibt im Pisa und ist neidig
Trifft eine MagierinGeht Kaffee trinkenIst in Pisa und immer noch neidig

So in etwa schaut das dann aus bei mir. Wobei ich zB in der ersten Szene (=Zeile) schreiben würde, wie Ges und MArcus sich auf den Weg machen und Amelie ihnen neidig hinterherwinkt, weil sie auch gern nach Rom gehen würde, aber aus diversen Gründen geht das halt nicht.
Bei der zweiten Zeile schreibe ich nur den interessanten teil als Szene, nämlich das Treffen mit der Magierin. Dass Marcus Kaffee trinkt, ist in der Geschichte uninteressant und steht da nur als Notiz von mir an mich.

DAs ist jetzt natürlich ein ganz einfaches, banales Beispiel. Für so etwas bräucht's keine Tabelle, die ich chronologisch durchordnen kann. Aber wenn du mal - wie bei der anderen Pentalogie - eine Weltenretterin hast und ca drei Gegenspieler und dann noch einen Evil Overlord, und alle spinnen ihren eigenen Handlungsfaden, dann wird das für mich absolut notwendig, um da den Überblick zu behalten. Wer tut gerade was, wie wirkt sich das auf die Gesamtsituation - und damit auf die anderen HAndlungsstränge - aus?

Wie gesagt, so ein Mehrbänder ist keine leichte Aufgabe, aber ich finde, es lohnt sich absolut.


NAchtrag: Mag sein, dass es Autorensoftware gibt, die da Templates und Hilfsmittel anbieten. Da ich bis heute keine verwende, sondern einfach nur Word, kann ich dazu aber nichts sagen.
« Letzte Änderung: 29 April 2021, 17:53:59 von Viskey »
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Lionel Eschenbach

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #7 am: 29 April 2021, 18:06:44 »
Wie gesagt, mein Lieblingssatz heute.

Theorie ist immer einfach.

Hier mal ein Link zu einer Plot-Software.

Am Ende ist es Wumpe, ob wir es mit Zetteln, mit Word, mit Excel, mit dem lieben Herrgott, oder mit StoryIT machen. Ich z.B. bevorzuge immer noch Karteikarten. Hach, wie sah mein Tisch aus, gespickt mit kleinen Zetteln. Unterschiedliche Farben für unterschiedliche Charaktere. Schieb, schieb, schieb, scheiße geht nicht, schieb, schieb schieb. Ah, könnte gehen. Uff. Foto und dann in Papyrus die grobe  Szenenfolge eingetippt.


https://storyit.de/

Have fun.

eska

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #8 am: 29 April 2021, 18:44:30 »
Die einzige Plot-Software, die ich mal ausprobiert habe, ist BeemGee. Gibt/Gab eine kostenlose Version mit eingeschränkten Funktionen. War nicht meines, könnte aber vielleicht passen.


Ansonsten finde ich das Planen vom Ende her sehr wichtig, weil du ja eine lange, zusammenhängende Geschichte auf ein Ende hin erzählen willst. Der Tipp, alle Elemente, die man dafür braucht, zu sammeln und sinnvoll über die Geschichte zu verteilen, stammt ursprünglich von Viskey (Plottipps beim Berlin-Treffen).

eska

Viskey

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #9 am: 29 April 2021, 21:49:15 »
@Lionel
Ich setze Hoffnungen auf meine Korkwand, die ich hoffentlich dewmnächst mal haben werde. Wenn ich mein Büro endlich mal ausbaue, wird eine Wand zur gänze mit Kork tapeziert, bis ich eine einzige, große Pinwand habe. Und dann Karteikarten und Nadeln ... Oh, ich freu mich schon drauf ...!

@eska
Und ich dachte noch, das klingt aber vertraut ... :cheer:
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June

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #10 am: 30 April 2021, 11:05:19 »
Zitat
Wenn ich mein Büro endlich mal ausbaue, wird eine Wand zur gänze mit Kork tapeziert, bis ich eine einzige, große Pinwand habe

Das klingt als wöllte man das haben :D
Ich seh das manchmal in Polizeiserien bzw zuletzt in "Dogs of Berlin", wie die ganze Wände verpinnen und dann denke ich mir immer - ahhhhhhhh, Platz ist von Vorteil :D Da kann man dann auch mal zurücktreten und sieht von Weitem evtl Zusammenhänge ... äh ja.

Bemgee kenne ich, allerdings weiß ich gar nicht, ob das noch for free ist. Gehe gleich mal googeln :)

Nachtrag: "FREE kostenlos. Keine Exportfunktion, keine Detailansichten, keine Strukturmarker, keine Story-Attribute, weniger Figurenattribute, weniger Plotattribute, keine Projektversionen, usw." Ansonsten 96 Euro im Jahr ...
« Letzte Änderung: 30 April 2021, 11:08:26 von June »
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Paul

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #11 am: 30 April 2021, 11:21:30 »
Liebe June

Ich weiß nicht, ob es hilfreich ist (ich glaube eher nicht, aber weil es eine so schöne Software ist, werfe ich sie trotzdem kurz in den Raum):

Es gibt den "Zettelkasten" - ein System, das wohl von Niklas Luhmann benutzt wurde, um verschiedene Notizen zu archivieren. Das Programm selbst geht auf den Zettelkasten zurück, der neben Luhmann auch von dem Philosophen Hegel benutzt wurde. Ich habe mir das Programm von Heise-Download heruntergeladen. Es ist kostenlos. Ich nutze es lediglich als Sammlung für Kurzgeschichten und Aphorismen (ist so ein Faible von mir). Es ist möglich, zu jedem "Text", den man einstellt, Stichwörter einzugeben, so dass man ihn einfacher wieder findet. Und, und da wird es spannend, man kann die Texte miteinander verlinken (was ich bisher nie gemacht habe). Durch das Verlinken könnte es vielleicht auch für dein Romanprojekt spannend sein. Denn es lassen sich dort viele Texte einstellen (z.B. Szenen), die sich untereinander beliebig verbinden lassen. Es ist also besser als eine Zettelwand. Aber ob es dir hilft, weiß ich natürlich nicht.

Paul
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June

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #12 am: 30 April 2021, 11:34:09 »
Lieber Paul,

vielen Dank für den Tipp, schaue ich mir gleich mal an.  :)

LG, June
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merin

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #13 am: 30 April 2021, 14:37:08 »
Wie kommt es nur, dass ich diesen Thread übersehen habe? Er wird mir immer noch nicht als neu angezeigt.  :schnief: Wie auch immer, er passt zu meinem aktuellen Problem: Ich überlege nämlich, ob mein aktuelles Projekt (Etomi) nicht statt ein 900 Normseiten-Wälzer besser gesplittet wäre. Und ob nun so oder so, auch ich habe das Problem, dass ich viele Infos organisieren muss. Ich habe es im Scrivener organisiert, dort gibt es Möglichkeiten, zu Orten, Personen und Handlungssträngen eigene Dateien zu machen. Trotzdem bleibt es eine Frage, wie ich das gut organisiere, weil es ja haufenweise kleine Nebenschnipsel gibt, versteckte oder offene Hinweise, Fragen, die bei den Lesenden geweckt werden und nach Antwort suchen usw. Kurz hatte ich die Idee, diese Fragen in einer eigenen Tabelle zu sammeln, aber schon einen Tag später fand ich das nicht hilfreich. Aber was nun hilfreich ist? Kein Ahnung. Wahrscheinlich arbeitet da auch jede Person anders.
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

June

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Re: Mehrband-Fahrplan
« Antwort #14 am: 30 April 2021, 14:48:35 »
Hallo merin,

hab mich ehrlich schon gewundert, dass du noch nichts dazu gesagt hast, weil du ja sehr aktiv hier bist, also das ist kein Vorwurf, es fiel mir nur auf <3

However, du hast den umgekehrten Fall: etwas Geschriebenes und mehr oder wengier Fertiges in eine ansprechende Form bringen. Ich möchte das umgehen, indem ich mich gleich richtig organisiere. Leider ist das schwerer als gedacht. Vor allem für Leute, die Stories mit maximal 30 Normseiten haben. Aber ich gebe nicht auf! Von Bemgee kann man sich immerhin Struktur abschauen, auch als Nichtpremium. Evtl. kann man daraus eine Excel-Tabelle oder ein Trello baun. Ist nur die Frage, ob die Zeit des Herrichtens lohnt oder ob man nicht lieber gleich schreibt. :biggrin:

@Paul
Habe mir den Zettelkasten runtergeladen. Wenn das so funktioniert, wie ich mir das denke, kann ich damit 1 Mio Ideen generieren :D in 4 Wochen oder so. Aber obs speziell für den Mehrbänder oder für mich "zum Schreiben" taugt, muss ich rausfinden. Ich habe ein paar Youtubes gesichtet und bin schwer beeindruckt, was der Erfinder damit angestellt hat. 600 Paper veröffentlicht, grandios.  :o
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