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Feuersturm: Artemisias Opfer

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Paul:
Hallo LaHallia

Ich versuchs mal mit der Röstung, obwohl ich für Geburten nicht unbedingt der Fachmann bin. Doch war ich immerhin bei der Geburt meiner Tochter dabei (bei der Geburt meines Sohnes lag ich dagegen mit Fieber im Bett).

Nun denn:

Der Erstleseeindruck

Der Text ist ein einziger Gedankenstrom, der sich schnell und flüssig liest. Einzig die vielen Namen verwirren mich und ich frage mich, ob es sie wirklich alle in dieser Häufung braucht. Insgesamt bleibt aber alles auch leicht diffus. Wer befindet sich wo? Da ist ein Pferd. Da sind danach die Hebammen. Zuerst denke ich, sie hat ihr Kind schon verloren, dann erfahre ich, sie verliert es erst später bei den Hebammen. Kurzum: es bleibt ein wenig verwirrend im Ablauf, was auf der einen Seite zu ihren panischen Gedanken passt, in denen sich alles ineinander verschränkt, auf der anderen Seite aber natürlich auch das Lesen erschwert.

Was mir fehlt

Neben einer eindeutigeren räumlichen und zeitlichen Zuordnung der unterschiedlichen Szenen in deinem Text vor allem zwei Dinge:

1) Der Moment, an dem sie begreift, dass ihr Kind tot ist.

Ich könnte mir vorstellen, dass ich die Relevanz besser begreifen würde (außer du hast es in den Szenen davor schon ausführlich erzählt), welche Hoffnung sie mit ihrem Kind verbindet. Doch auch wenn du es schon erzählt hast, braucht es in dem Moment, in dem sie spürt, dass sich in ihrem Bauch etwas verändert hat, mehr Gedanken und Emotionen dazu. Bei dir weiß ich nicht, woher die Prota ihre Ahnung hat. Ist es nur, weil sie es den Göttern das Angebot dazu gemacht hat? Dann müssten bei dir mehr Ängste kommen, aber noch keine Gewissheit. Oder weiß sie es? Dann würde ich gern wissen, woher. Was fühlt sich in ihrem Bauch anders an. Zieht er sich zusammen? Ist plötzlich alles schwer? Fehlt die Bewegung des Kindes, weil es schon so groß ist? Oder ist es ein langsames Anwachsen ihrer Ängste, das sich nach und nach in eine Sicherheit verwandelt? Gib mir hier mehr.

2) Die Beschreibung der Tot-Geburt selbst (die bei dir so gut wie entfällt)

Ich glaube, hier brauchst du noch mehr Recherche, um eine genauere Vorstellung davon zu bekommen. Wie alt ist das Kind? Am Anfang (erste Monate) merken es viele Frauen oft kaum, wenn ihr Kind abgeht. Da ist nur ein Blutfluss. Und danach kommen Krämpfe. Und die Nachgeburt.

Wenn das Kind im Bauch schon älter ist, sieht eine Geburt ganz anders aus. Sie dauert auf jeden Fall länger. Sie ist blutiger. Und mit mehr Schmerzen verbunden. Und dort, wo sonst das Glück kommen könnte, ein lebendiges Kind in den Händen zu halten, kommt der Abgrund, dass es tot ist. Will sie es sehen? Kann sie es sehen? Verstecken es die Hebammen?

Wie es auch ist, auch hier wünschte ich mir mehr. So bleibt die Geburt mehr eine Behauptung, als dass ich sie als Leser miterlebe.

Nun zu deinen Fragen:

- kann ich das so bringen?

Mir ist die Geschichte - angesichts der Tragik einer Totgeburt - deutlich zu flach erzählt. Du beschreibst für mich das Gerüst. Aber es fehlen mir noch wesentliche Punkte.

- ist es nachvollziehbar, wie schrecklich die Situation ist?

Nicht so richtig. Neben der Schilderung der Geburt und ihrer Schrecken könnten auch noch mehr innerer Schrecken der Protagonistin dazukommen. Schuldgefühle (Was habe ich nur getan?), Hoffnungen (Zumindest lebt mein Mann!), Zweifel (Und wenn auch er tot ist?) Das ganze Auf und ab. Für mich holst du aus der Szene noch nicht das heraus, was in ihr steckt.

- worauf sollte ich beim Überarbeiten besonders achten?

vgl. ganz oben:
Ort und Zeit besser zuordnen
Frage klären: woher weiß sie, dass ihr Kind tot ist
Die Geburt selbst detaillierter schildern

- ich weiß, dass es wahrscheinlich eher nicht möglich ist kurz nach einer Geburt herumzugehen, aber ich wollte ihren Mann mit einbauen, weil er definitiv der herzlichere Mensch von beiden ist und irgendwas Nettes sollte doch passieren, habe ich mir gedacht; Lösung für dieses Problem ist mir aber noch keine eingefallen.

Im Krankenhaus wird man in einen Rollstuhl gesetzt oder gleich im Bett hin und her gefahren. Was hältst du von einer Sänfte, in der sie getragen wird, weil sie so schwach ist (immerhin ist die die zukünftige Königin)?

Ich hoffe, du kannst mit meinen Gedanken etwas anfangen. Viel Glück beim Bearbeiten.

Paul ::)

Paul:
PS: (Ich habe die Röstungen der anderen jetzt gelesen)

Dass sie mit ihrem Kind keine großen Hoffnungen verbindet, kann ja sein. Trotzdem hat sie Gefühle zu ihm. Entweder negative, weil sie die Schwangerschaft einfach nur nervt. Oder weil sie Angst hat, hinterher in eine passive Mutterrolle gedrängt zu werden? Oder positive Gefühle, dass sie sich trotzdem irgendwie auf das Kind freut, weil es spannend ist, dass da ein neues Leben in ihr heranwächst. Auf jeden Fall ohne Gefühle geht das kaum.

Und: auch wenn sie durch den Blitzeinschlag innerlich weiß, dass ihr Opfer angenommen wurde, muss sie dies erst einmal "verarbeiten". Was heißt es für sie, wenn das Kind tot ist? Dann muss sie es tot auf die Welt bringen. Hatte sie dazu die Kraft? Würde sie es durchstehen, wenn sie schon im vorhinein wusste, dass das Kind am Ende tot sein würde?... Auch hier könnte ich mir mehr Gedanken zum Kind vorstellen, als ich sie bei dir bis jetzt finden konnte.

Paul  ::)

LaHallia:
Hallo Paul,

vielen Dank für deine Röstung.


--- Zitat ---Einzig die vielen Namen verwirren mich und ich frage mich, ob es sie wirklich alle in dieser Häufung braucht. Insgesamt bleibt aber alles auch leicht diffus. Wer befindet sich wo?
--- Ende Zitat ---
Nachdem es das letzte Kapitel des Romans ist sind alle Namen sehr bekannt. Dass das aus dem Kontext heraus verwirrend ist verstehe ich natürlich.
Ja, an der Orientierung muss ich arbeiten (wer, wo, was), damit hatten alle Probleme.


--- Zitat ---1) Der Moment, an dem sie begreift, dass ihr Kind tot ist.
--- Ende Zitat ---
Das begreift sie zwei Szenen davor. Nachdem ich eure Röstungen gelesen habe, habe ich aber auch diesem Moment sicher nicht genug Zeit gegeben.


--- Zitat ---Wie es auch ist, auch hier wünschte ich mir mehr. So bleibt die Geburt mehr eine Behauptung, als dass ich sie als Leser miterlebe.
--- Ende Zitat ---
Ich werde mich bemühen. Hatte die allergrößten Hemmungen die Geburt an sich zu beschreiben, weil ich selbst kinderlos bin und wahrscheinlich keine Recherche der Welt mir ein angemessenes Bild davon geben könnte.
Das Kind ist auf alle Fälle eine Frühgeburt im 6. oder 7. Monat (das weiß sie selbst nicht so genau, ich habe mich in der Mitte eingependelt). Und was ich noch einbauen werde ist, dass eine Geburt in der Antike ja eine ziemlich gefährliche Sache war und nachdem ich den gesamten Text über Wert darauf gelegt habe Artemisia keinem klassischen Schönheitsideal zu unterwerden, sondern sie klapperdürr und recht androgyn gebaut ist, hat sie ziemliche Angst vor der Geburt. Die Gefahren sind ihr bekannt, und ich denke sie könnte eine Art Erleichterung empfinden, dass eine Frühgeburt sie einem geringeren Risiko aussetzt, dass das Kind zB zu groß ist.


--- Zitat ---Was hältst du von einer Sänfte, in der sie getragen wird, weil sie so schwach ist (immerhin ist die die zukünftige Königin)?
--- Ende Zitat ---
Ich denke mittlerweile, dass ich diesen Teil komplett ändern werde. Den habe ich rein aus dramaturgischen Gründen so geschrieben und das war nicht richtig. Ich denke nicht, dass vor 2500 Jahren einem Vater eine tote Frühgeburt und dann auch noch ein Mädchen gezeigt worden wäre. Man hätte es ihm wohl eher einfach nur gesagt. Nicht einmal Artemisia persönlich.


--- Zitat ---ss sie mit ihrem Kind keine großen Hoffnungen verbindet, kann ja sein. Trotzdem hat sie Gefühle zu ihm.
--- Ende Zitat ---
Ich muss gestehen, die Schwangerschaft wird recht wenig behandelt. Sowohl auf körperlicher, als auch auf emotionaler Ebene. Das einzige das ich drinnen habe ist, dass Kinder ihren Status verbessern. Erziehen würde Artemisia sie ja nicht selbst. Das ist sicherlich ein Punkt den ich im gesamten Text noch überarbeiten muss. Denn du hast natürlich absolut Recht: sie schleppt das Kind 24/7 mit sich herum, selbst wenn sie es nicht liebt und nicht mit ihm redet oder es auch nicht hasst, muss sie sich trotzdem in irgendeiner Art und Weise damit auseinandersetzen.

 :daaanke:
Liebe Grüße

merin:
Paul hat eine wichtige Frage aufgebracht: Wie weiß sie, dass das Kind tot ist, und wie reagiert sie darauf? Sie ahnt es vielleicht, aber wissen kann sie es eigentlich nicht. Sie kann noch hoffen. Vielleicht würde es die Dramatik der Szene wirklich noch etwas erhöhen, wenn du zeigst, wie sie hofft - und dann sehen muss, dass es wirklich so ist, wie befürchtet. Das sollte sie erschüttern - und dann kannst du ja noch ein paar Tage später zeigen, wie sie aufrecht annimmt, was passieren musste.

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