29 March 2024, 15:57:02

Autor Thema: Eine Handvoll brauner Erde_4  (Gelesen 907 mal)

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tlt

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Eine Handvoll brauner Erde_4
« am: 09 November 2022, 11:51:43 »
Hallo,
ich geb zu, ich hab die Geschichte ein wenig aus den Augen verloren. Sch... Corona. Aber nach den vielen guten Inputs fände ich es schade, wenn sie total unter den Tisch fällt.
Was mich gewundert hat, dass niemand bisher meinte, die Geschichte stünde in der falschen Rubrik. Bisher gab es ja kaum was "Fantastisches". Ändert sich jetzt und ist leider wieder lang. Fragen wieder am Schluss.

4. Traumträger

Die drei blickten nach oben.
„Ich hab keine Ahnung von Sternbildern“, sagte Nick. „Aber das, was da oben rumflimmert ist nicht das, was man sonst zu sehen kriegt.“
Die anderen stimmten und. Und einen Mond, wie ihn sich Elli gewünscht hatte, konnten sie ebenfalls nicht ausmachen. Der wird also kein Licht spenden. Dennoch hatte Nick das Gefühl, dass am Himmel das tiefe Schwarz von einem eher dunkelblauen Schimmer abgelöst wurde. Fast, als würde jeden Augenblick die Sonne aufgehen. Aber es war keine Morgendämmerung, denn die leichte Helligkeit zeichnete sich nicht am Horizont ab, sondern verteilte sich gleichmäßig über das gesamte Firmament. Nick behielt diese Beobachtung erstmal für sich.
Hinter ihnen in der Ferne schien es ein paar Hügel zu geben, an deren Fuß ein dichtes Nebelband lag. Und kein Zweifel, da war sich Nick sicher, der Nebel bewegte sich – und zwar in ihre Richtung. Elli und André hatten das auch bemerkt und das war ihnen doch zu unheimlich. In den Nebel wollten sie nicht hineinkommen. Rechts von ihnen baute sich ein Wald auf und beschlossen in Richtung der Bäume zu gehen. Vielleicht gaben die ein wenig Schutz.

Sie waren sich einig, dass das hier ein absoluter Albtraum war und dass sie zusammenbleiben mussten. Außerdem waren alle drei der Meinung, dass Chris, sollten sie hier jemals herauskommen, diese Geschichte bitter bereuen würde.
„Es wird mir eine Freude sein“, fauchte Elli, „für ein paar Minuten meine guten Manieren zu vergessen.“

Schweigend liefen sie durch die undefinierbare Landschaft. Nichts an ihr ließ sich greifen, alles schien wie eine Kulisse für ein Theaterstück, minimalistisch und total fokussiert auf die Darsteller. Nick gefiel das nicht, denn die Darsteller waren sie und sie kannten weder das Drehbuch noch ihre Rolle in dem Stück. Und außer ihnen und ihrer Angst gab es hier nichts als diese Landschaft, die „nein“ sagte, jedes Mal, wenn sie einen Schritt taten. Eine Landschaft, die nichts anderes zu wollen schien, als sie loszuwerden. Und dann gab es noch diesen Wald, auf den sie langsam zuliefen. Sie hatten es nicht eilig. Auf jeden Fall nicht eiliger als der Nebel, der hinter ihnen herkroch wie ein altersschwacher Hund.

„Hört ihr diese Stille?“ Elli flüsterte, als könnten laute Worte irgendetwas wecken. Etwas Unheimliches, das jetzt noch schlief in der Dunkelheit und nur darauf wartete aufzuwachen und sie zum Frühstück zu verspeisen.
Die Stille war wirklich einmalig. Nichts war zu hören außer ihren eigenen Geräuschen: das Rascheln von Nicks Jacke, das Kratzen von Ellis Fingernägeln auf ihrer Jeans, die schnellen, kurzen Atemzüge von André …
„Sind wir tot?“ Elli sprach etwas an, was Nick auch schon gedacht hatte. Was auch immer das war auf dem Friedhof in dieser Gruft – irgendetwas ist schief gegangen, der Stoß von Chris hatte sie nicht einfach unsanft eine flache Treppe hinunter schlittern lassen, er hatte sie in den Tod gerissen. Und jetzt standen sie hier, im Vorhof zur Hölle. Das Wartezimmer des Himmels konnte es auf jeden Fall nicht sein. Wenn, dann hätte Gott eine seltsame Art von Humor.
„Wenn wir nicht tot, dann sterben wir auf jeden Fall hier.“ André sprach das so aus, als hätte ihm irgendwer gerade einen Zettel zugesteckt: >Wenn Sie das hier lesen, dann werden Sie sterben.<
„Wir schaffen das. Wir kommen hier wieder raus“, sagte Nick auf einmal und konzentrierte sich darauf, dass seine Stimme nicht zittrig klang. Ich liebe solche aus der Luft gegriffenen Lügen, dachte er. Er schluckte trocken und dachte an den Schokopudding, mit dem André Elli gefüttert hatte. Chance verpasst. Und dann dachte er ans Sterben. An Tod und Himmel und Hölle. Verdammt noch mal, mit Geschichten darüber beschäftige ich mich in der Schule in Literatur, darüber will ich mir jetzt und hier keine Gedanken machen. Vor allem deshalb, weil ich selbst darin gar nicht vorkommen will.

Der Nebel hatte aufgeholt und war nun keine zehn Meter mehr hinter ihnen. Er schien dicht wie Watte und Nick hatte das Gefühl, als sei der Nebel mehr ein lebendiges Wesen denn harmloser Wasserdampf. Sie gingen etwas schneller, immer einen bangen Blick nach hinten. Schließlich hatten sie den Wald fast erreicht. Aus der Nähe wirkte er wie eine bizarre, abweisend schwarze Wand. Sie konnten keine Bäume ausmachen, nur ab und zu ragte ein dürrer Ast in den dunkelblauen Himmel. Links und rechts von ihnen war nun hohes Gestrüpp, sogar Gras schien es zu geben.

„Psst!“ Elli blieb stehen und packte die anderen an den Jackenärmeln. „Ich hör was. Als ob jemand spricht.“

Sie lauschten in den Wald hinein. Da war wirklich etwas zu hören. So, als wäre Leon da irgendwo und würde jemanden zutexten. Nick atmete innerlich erleichtert auf. Jetzt war es ihm klar, die anderen haben sich einen Scherz erlaubt. Die sind jetzt irgendwo da vorne, haben noch ein paar Bier dabei und lachen sich kaputt. Die haben eine voll krasse Nummer mit uns abgezogen und wir sind nominiert für den Goldenen Vollpfosten des neuen Jahres. Aber dann stutzte er. Das hörte sich so an, als wären da viele Leons, die drauflos plappern. Sie gingen wieder langsamer, und je näher sie kamen, desto mehr Stimmen waren zu hören. Erst ein paar Dutzend, dann hunderte.

Elli blieb stehen. „Ich geh nicht in diesen Wald“, sagte sie mit einer Bestimmtheit, die keine Widerrede zuließ. „Ich spüre das, das ist gefährlich.“
„Ich hör nichts und ich spür nichts“, André flüsterte vor Angst. Das wurmte ihn sofort. Er wusste, dass die anderen seine Angst greifen konnten und musste etwas dagegen tun. Gegen den Verlust seiner Stellung als Winner. Gegen das Gefühl, dass Elli in seinen Händen zu einem nassen Ast wurde, der ihm langsam entglitt. Und etwas gegen die Angst, die ihn von innen heraus auffraß.

„Verdammt, Laus! Was hast du uns da eingebrockt?“, sagte er so laut, dass er über seine eigene Stimme erschrak.
Bevor Nick einen Entschluss treffen konnte, ob er nun antwortet oder nicht, trat etwas aus dem Schwarz des Waldes. „Chris?“, fragte Nick, der hätte mit seinem ranzigen Mantel eine ähnliche Silhouette abgegeben. Elli wollte sich schon auf ihn stürzen, damit sie als Erste bei ihm war, um ihn sehr kräftig dorthin zu treten, wo es am meisten weh tun würde. Aber gerade als sie den ersten Schritt getan hatte, sah sie, dass es nicht Chris war. Es war überhaupt kein Mensch. Es war ein aufrecht gehender Käfer, gut zwei Meter groß, aber nur, wenn man die Fühler abzog.

Nick spürte, wie seine Knie nachgaben und er wollte weglaufen. Einfach weg von hier, rein in den Nebel, der würde sie verstecken. Aber die Beine gehorchten ihm nicht.
Der Käfer trat auf sie zu, schaute die drei der Reihe nach an und blieb dann vor Nick stehen: „Laus? Warum nennt er dich Laus? Du bist doch ein Mensch, oder?“
Nick öffnete den Mund und bewegte die Lippen. Sein Kopf produzierte im Zehntelsekundentakt Antworten, freundliche Antworten, bissige Antworten, irgendwelche Sätze, die möglicherweise geeignet sein könnten, ihr Leben um ein paar Sekunden zu verlängern. Denn, dass es hier für sie zu Ende ging, daran hatte Nick keinen Zweifel. Und die anderen beiden wohl auch nicht.

Der große Käfer legte den Kopf schräg: „Du verstehst mich doch, oder?“
Eine Mischung aus Stammeln, Husten und Schlucken war alles, was Nick antworten konnte. Der Käfer deutete das wohl als ein Ja. „Also, was ist mit diesem Laus?“
Nicks Mund war so trocken wie die Muffins seiner Schwester, die er immer probieren musste. Seine Lippen klebten aneinander, als wäre er tagelang durch die Wüste geirrt und kurz vor dem Verdursten. Schließlich antwortete leise: „Ich heiße eigentlich Niclas, das kommt von Nikolaus. Die meisten nennen mich Nick, ein paar aber auch Laus. Und du, wie heißt du?“
„Aha“, meinte der Käfer. „Also ein Mensch. Gut. Er machte eine kurze Pause. „Ich habe keine Namen. Wir haben alle keine Namen. Menschen brauchen das, wir nicht. Bei uns läuft das anders, aber das ist zu kompliziert für Warmblütler. Ist auch egal.“

Der Käfer fragte Elli und André, ob sie ihn hören könnten. Beide antworteten nicht. Sie standen nur da, den Mund leicht offen, die Augen panisch nach einem Fluchtweg suchend.
„Hm, verstehe. Die beiden verstehen nichts. Aber immerhin einer, das ist ja schon mal was.“
„Ich hab das Feuerzeug gefunden“, sagte André plötzlich und lachte wie ein Gecko. „Ich hatte noch eines in meiner Tasche. Jetzt haben wir Licht. Und Feuer, dann haut das Ding sicher ab.“
Er streckte die Hand aus in Richtung des Käfers und das Zündrad schrappte laut wie ein Mühlstein, aber André zitterte so sehr, dass er die Flamme nicht anbekam.
„Licht?“, fragte der Käfer. „Kein Problem.“
Er hob einen seiner dünnen Arme und schon waren zwei schwache Lichter zu erkennen, die rasch näherkamen und nun über ihnen schwebten.
„Glühwürmchen, was sonst?“, murmelte Nick. Allerdings waren diese so groß wie Schwäne. Im weichen, blauen Licht der lebenden Lampions erwachte die Landschaft um sie herum zum Leben. Das Gras war kein Gras, die Büsche waren keine Büsche, die Bäume keine Bäume. Alles um sie herum bestand aus Insekten, kleine und große und riesige. Auch der Wald hinter ihnen. Der Felsbrocken vor ihnen war in Wirklichkeit eine monströse Assel. Das, was sie für einen abgestorbenen Baum gehalten hatten, eine gewaltige Gottesanbeterin, die ihre tödlichen Fangarme in den blauen Nachthimmel streckte. Und was der Weidenstrunk, zu dem die eigentlich hatten laufen wollen, in Wirklichkeit war, das wollte Nick jetzt gar nicht mehr wissen.

Der Käfer lachte: „Ich hab ein paar Freunde mitgebracht. Los, begrüßt unsere Gästen.“
Ein Klirren und Schaben erfüllte den Raum um sie herum, als wenn hundert Straßenbahnen gleichzeitig um die Kurve bei der Hauptpost fahren, als ob tausend Lehrer mit Kreide auf Tafeln kratzen, als ob Millionen Flaschen zu Bruch gegangen sind und ein paar Riesen auf den Scherben Schlittschuh laufen.
Nick sah, wie André einknickte und langsam auf den Boden fiel. Eine dicke Raupe schaffte es nicht schnell genug wegzukriechen. Andrés Oberkörper fiel wie auf ein weiches Kissen und die Raupe wand sich laut zeternd unter ihm hervor.
„Hosenscheißer, was?“, bemerkte der Käfer. „Egal. Der hilft uns eh nicht weiter. Bringt ihn weg.“
Eine Ameise, so groß wie ein Dackel, packte ihn, hob ihn spielerisch leicht auf den flachen Rücken einer Blattwanze mit den Ausmaßen eines Wohnzimmertisches und beide trabten ab.
„Sie auch“, befahl der Käfer und deutete auf Elli.
„Nein!“, schrien Elli und Nick gleichzeitig und Elli klammerte sich an Nicks Arm.
„Sie versteht nichts, sie stört nur“, meinte der Käfer hörbar genervt.
„Was passiert mit ihm?“ Nick deutet in die Richtung, in die sie André geschleppt hatten.
„Ah …“, der Käfer winkte ab. „Besser, du kümmerst dich nicht um ihn.“
Nick dachte an die Ameise und daran, was sie vor Jahren in Biologie gelernt hatten. Dass Insekten, vor allem wohl Ameisen, gemessen an ihrer Körpergröße unheimliche Kräfte haben. Eine Ameise in seiner Größe könnte einen Pkw locker in die Luft stemmen. So gesehen war die Antwort mehr ein Befehl denn ein Rat.
„Aber jetzt zur Sache.“ Mit seinen im Verhältnis viel zu  kurzen und zu dünnen Beinen wanderte er nervös vor Nick und Elli hin und her. „Also, wir haben da ein Problem. Habt ihr vielleicht schon bemerkt. Nein, wahrscheinlich hattet ihr ja momentan eure eigenen Probleme. Unser Problem ist, dass sich unsere Welt auflöst. Oder besser: Sie hat sich schon aufgelöst. Sie ist weg. Es ist nichts mehr da. Und das heißt, wir brauchen eine neue.“

Der Käfer stieß Nick mit einer seiner Vorderkrallen an. „Dabei musst du uns helfen.“
Nick schluckte trocken. „Warum ist eure Welt verschwunden? Ich kann doch keine Welt herzaubern. Wie sollte das gehen? Und warum gerade ich?“
„Puh, so viele Fragen auf einmal. Also, dann versuche ich sie mal zu beantworten. Warum unsere Welt verschwunden ist, weiß ich auch nicht sicher. Das macht sie hin und wieder. Dann brauchen wir eine neue. Schnell. Wie man eine neue Welt erschafft? Ganz einfach, man träumt sie. Bei uns gibt es da so einen Spruch: >Mit Träumen schafft man Welten<. Allerdings haben wir damit ein Problem, also mit den Träumen. Wir können das nicht. Deshalb mussten wir einen Traumträger einladen. Und der bist du.“
„Traumträger? Ich bin kein Traumträger.“
„Aber du kannst doch träumen?“, fragte der Käfer unsicher.
„Ja, natürlich kann ich das. Aber von den Träumen bleibt nichts. Die sind nur im Kopf, die erschaffen nichts. Darin kann man nicht leben.“
„Mach dir da mal keine Gedanken. Träum du unsere Welt, wir leben darin, das passt dann schon.“

Ein Traum. Nick musste lachen. Na klar, das war es! Er träumt das alles hier. Es war nur ein böser Traum. Vielleicht hatte Chris, dieser gottverdammte Idiot, ihnen irgendwas in die Bowle geschüttet. Er hatte doch etwas von der restlichen Bowle getrunken? Ganz sicher war er sich nicht. Aber er war sich sicher – das war ein Traum, mehr nicht. Ein schrecklicher Traum und wenn er daraus aufwacht, dann wird er sich erst einmal … Ihm fiel nichts ein, was er machen würde. Chris suchen und ihm in den Hintern treten. Nein, das nicht. Er würde auf den Friedhof gehen, diese Gruft suchen und irgendein geiles Graffiti draufsprühen. Als Zeichen, dass es nur ein Traum war und dass er keine Angst hatte.


Fragen:

Ist der Übergang von der realen Welt in die fantastische nachvollziehbar?
(Für alle, die die übrigen Teile kennen): Ist die "reale" Hinführung zu lang für die Handlung, die nun folgt?
Könnt Ihr Euch die "Welt" unter der Gruft vorstellen?
Sind die Reaktionen der Personen nachvollziehbar?
Geh ich zu respektlos mit André um?
Erbsen etc. wie immer gerne.

Vielen Dank tlt
Ich bin zu alt für das alles.

Kerla

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Re: Eine Handvoll brauner Erde_4
« Antwort #1 am: 09 November 2022, 22:48:40 »
Guten Abend tit,

ich widme mich einmal dem Anfang und der Frage, ob der Übergang in die phantastische Welt nachvollziehbar ist:

Zitat
4. Traumträger
Ein schönes Wort. Es macht mich neugierig, da ich nicht genau weiß, was oder wer es ist. Der erste Wortbestandteil Traum, gibt es mir schon einen lockenden Wink ins Phantastische. Ich bin gespannt.

Zitat
Die drei blickten nach oben.
„Ich hab keine Ahnung von Sternbildern“, sagte Nick. „Aber das, was da oben rumflimmert -Komma- ist nicht das, was man sonst zu sehen kriegt.“
Die anderen stimmten und zu. Und einen Mond, wie ihn sich Elli gewünscht hatte, konnten sie ebenfalls nicht ausmachen. Der wird würde also kein Licht spenden. Dennoch hatte Nick das Gefühl-passt m.E. nicht zu der starken visuellen Wahrnehmung-, dass am Himmel das tiefe Schwarz von einem eher -Füllwort, das das genaue "dunkelblau" schwächt- dunkelblauen Schimmer abgelöst wurde. Fast, - Komma streichen- als würde jeden Augenblick die Sonne aufgehen.
Aber es war keine Morgendämmerung, -Punkt- Denn die leichte Helligkeit zeichnete sich nicht am Horizont ab, sondern verteilte sich gleichmäßig über das gesamte Firmament. Nick behielt diese Beobachtung erstmal für sich.
Diese Naturbeschreibung bleibt mir zu beschreibend - ich vermute, dass wir hier dem Phänomen beiwohnen, das uns gleich in die phantastische Welt geleiten soll. Dies bewirkt es bei mir noch nicht. Vielleicht kannst Du noch mehr durch Nicks Augen sehen. Was sieht er?

Zitat
Hinter ihnen in der Ferne schien es ein paar Hügel zu geben, an deren Fuß ein dichtes Nebelband lag. Und kein Zweifel, da war sich Nick sicher, der Nebel bewegte sich – und zwar in ihre Richtung. Elli und André hatten das auch bemerkt und das war ihnen doch zu unheimlich. In den Nebel wollten sie nicht hineinkommen. Rechts von ihnen baute sich ein Wald auf und  -sie- beschlossen in Richtung der Bäume zu gehen. Vielleicht gaben die ein wenig Schutz.

Auch hier bleibt es mir zu beschreibend - zwei Beispiele dafür:
„Der Nebel bewegte sich“ - statt "sich bewegen" kannst Du vielleicht ein Wort wählen, das schon jetzt mehr Grusel erzeugt, oder ein Bild dazu „ der Nebel kroch auf sie zu“ (wie..)“ ... so wie du es weiter unten ja auch tust.
 
"das war ihnen doch zu unheimlich" - auch hier kann man mehr durch die Figuren "Elli und André" zeigen.

Vielleicht solltest Du auch die Landschaft hier noch stärker einbeziehen, indem Du das Gruselige, das Fremde die/den Leser*in durch die Augen der Figuren sehen lässt. 


Zitat
Sie waren sich einig, dass das hier ein absoluter Albtraum war und dass sie zusammenbleiben mussten.
An dieser Stelle hast Du mich als Leserin nicht mehr im Bann. Hier möchte ich sehen, dass sie sich einig sind (z.B.wörtliche Rede der Figuren, Verhalten der Figuren) und den Albtraum in düsteren Farben gemalt bekommen oder auch die Panik der Figuren wegen des Nebels und des merkwürdigen Wetter.

Zitat
Sie waren sich einig, dass das hier ein absoluter Albtraum war und dass sie zusammenbleiben mussten. Außerdem waren alle drei der Meinung, dass Chris, sollten sie hier jemals herauskommen, diese Geschichte bitter bereuen würde.
„Es wird mir eine Freude sein“, fauchte Elli, „für ein paar Minuten meine guten Manieren zu vergessen.“

Schweigend liefen sie durch die undefinierbare Landschaft.
Wie sind sie in die undefinierbare Landschaft gekommen oder was ist geschehen, dass die Landschaft undefinierbar wurde? Hier bin ich nicht mitgekommen. Vielleicht können Deine drei Figuren den Übergang sichtbarer machen, indem Du ihnen mehr Zeit gibst, zu zeigen, was um sie anders wird und wie es sich anfühlt.

Viel lebendiger wirken deine Szenen unten auf mich, in denen die Figuren miteinander interagieren.

Ich hoffe, ich habe jetzt den Grill nicht zu heiß eingestellt und bleibe gespannt, was Traumträger Nick erträumen wird.

Nächtliche Grüße
Kerla




Cecilie H

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Re: Eine Handvoll brauner Erde_4
« Antwort #2 am: 09 November 2022, 23:32:35 »
hallo tlt,

Danke für die Fortsetzung. Mir ist aufgefallen, dass sie sich abgrenzt vom III. Teil. Der war beschwingter. Der aktuelle Teil ist mehr eine Erzählung mit einer Botschaft.
Dennoch gut.
Ich habe einige Anmerkungen.
LG Cecilie


4. Traumträger

Die drei blickten nach oben.
„Ich hab keine Ahnung von Sternbildern“, sagte Nick. „Aber das, was da oben rumflimmert , Komma ist nicht das, was man sonst zu sehen kriegt.“
Die anderen stimmten und? Meinst Du zu?

Und einen Mond, wie ihn sich Elli gewünscht hatte, konnten sie ebenfalls nicht ausmachen. Der wird also kein Licht spenden. Dennoch hatte Nick das Gefühl, dass am Himmel das tiefe Schwarz

das tiefe Schwarz am Himmel – würde ich umstellen

von einem eher dunkelblauen Schimmer abgelöst wurde. Fast, als würde jeden Augenblick die Sonne aufgehen. Aber es war keine Morgendämmerung, denn die leichte Helligkeit zeichnete sich nicht am Horizont ab, sondern verteilte sich gleichmäßig über das gesamte Firmament. Nick behielt diese Beobachtung erstmal für sich.
Hinter ihnen in der Ferne schien es ein paar Hügel zu geben, an deren Fuß ein dichtes Nebelband lag. Und kein Zweifel, da war sich Nick sicher, der Nebel bewegte sich – und zwar in ihre Richtung. Elli und André hatten das auch bemerkt und das war ihnen doch zu unheimlich. In den Nebel wollten sie nicht hineinkommen. Rechts von ihnen baute sich ein Wald auf und fehlt hier ein sie?

beschlossen in Richtung ´, (Komma) der Bäume zu gehen. Vielleicht gaben die ein wenig Schutz.

Ich bin irritiert. Ich denke, der Schluss des letzten Teils war, dass die drei in der Gruft eingeschlossen waren – ohne Licht? Sind sie jetzt doch draußen? Sie  sie immer noch in der Gruft und da ist ein Himmel, Weite, Licht und ein Wald? War die Silvesterpfannkuchen mit Chris´Hanfmehl angereichert ?
Irgendwie wirkt das unglaubwürdig. Du hattest beim dritten Teil so schöne spritzige Wortspielerein, die vermisse ich ein wenig.



Sie waren sich einig, dass das hier ein absoluter Albtraum war und dass sie zusammenbleiben mussten. Außerdem waren alle drei der Meinung, dass Chris, sollten sie hier jemals herauskommen, diese Geschichte bitter bereuen würde.
„Es wird mir eine Freude sein“, fauchte Elli, „für ein paar Minuten meine guten Manieren zu vergessen.“

Schweigend liefen sie durch die undefinierbare Landschaft. Nichts an ihr ließ sich greifen, alles schien wie eine Kulisse für ein Theaterstück, minimalistisch und total fokussiert auf die Darsteller. Nick gefiel das nicht, denn die Darsteller waren sie und sie kannten weder das Drehbuch noch ihre Rolle in dem Stück. Und außer ihnen und ihrer Angst gab es hier nichts als diese Landschaft, die „nein“ sagte, jedes Mal, wenn sie einen Schritt taten. Eine Landschaft, die nichts anderes zu wollen schien, als sie loszuwerden. Und dann gab es noch diesen Wald, auf den sie langsam zuliefen. Sie hatten es nicht eilig.
Zuliefen und nicht eilig haben passen nicht zueinander, besser vielleicht: zugingen

Auf jeden Fall nicht eiliger als der Nebel, der hinter ihnen herkroch wie ein altersschwacher Hund.

„Hört ihr diese Stille?“ Elli flüsterte, als könnten laute Worte irgendetwas wecken. Etwas Unheimliches, das jetzt noch schlief in der Dunkelheit
Für eine bessere Flüssigkeit fände ich besser: in der Dunkelheit schlief

und nur darauf wartete aufzuwachen und sie zum Frühstück zu verspeisen.
Die Stille war wirklich einmalig. Nichts war zu hören außer ihren eigenen Geräuschen: das Rascheln von Nicks Jacke, das Kratzen von Ellis Fingernägeln auf ihrer Jeans, die schnellen, kurzen Atemzüge von André …
auf oder an der Jeans?

„Sind wir tot?“ Elli sprach etwas an, was Nick auch schon gedacht hatte. Was auch immer das war auf dem Friedhof in dieser Gruft
m.E. besser: Was auch immer das auf dem Friedhof war

– irgendetwas ist schief gegangen, der Stoß von Chris hatte sie nicht einfach unsanft eine flache Treppe hinunter schlittern lassen, er hatte sie in den Tod gerissen. Und jetzt standen sie hier, im Vorhof zur Hölle. Das Wartezimmer des Himmels konnte es auf jeden Fall nicht sein. Wenn, dann hätte Gott eine seltsame Art von Humor.
„Wenn wir nicht tot sind?
, dann sterben wir auf jeden Fall hier.“ André sprach das so aus, als hätte ihm irgendwer gerade einen Zettel zugesteckt: >Wenn Sie das hier lesen, dann werden Sie sterben.<
„Wir schaffen das. Wir kommen hier wieder raus“, sagte Nick auf einmal und konzentrierte sich darauf, dass seine Stimme nicht zittrig klang. Ich liebe solche aus der Luft gegriffenen Lügen, dachte er. Er schluckte trocken und dachte an den Schokopudding, mit dem André Elli gefüttert hatte. Chance verpasst. Und dann dachte er ans Sterben. An Tod und Himmel und Hölle. Verdammt noch mal, mit Geschichten darüber beschäftige ich mich in der Schule in Literatur, darüber will ich mir jetzt und hier keine Gedanken machen. Vor allem deshalb, weil ich selbst darin gar nicht vorkommen will.

Der Nebel hatte aufgeholt und war nun keine zehn Meter mehr hinter ihnen. Er schien dicht wie Watte und Nick hatte das Gefühl, als sei der Nebel mehr ein lebendiges Wesen denn harmloser Wasserdampf. Sie gingen etwas schneller, immer einen bangen Blick nach hinten. Schließlich hatten sie den Wald fast erreicht. Aus der Nähe wirkte er wie eine bizarre, abweisend schwarze Wand. Sie konnten keine Bäume ausmachen, nur ab und zu ragte ein dürrer Ast in den dunkelblauen Himmel. Links und rechts von ihnen war nun hohes Gestrüpp, sogar Gras schien es zu geben.

„Psst!“ Elli blieb stehen und packte die anderen an den Jackenärmeln. „Ich hör was. Als ob jemand spricht.“

Sie lauschten in den Wald hinein. Da war wirklich etwas zu hören. So, als wäre Leon da irgendwo und würde jemanden zutexten. Nick atmete innerlich erleichtert auf. Jetzt war es ihm klar, die anderen haben sich einen Scherz erlaubt. Die sind jetzt irgendwo da vorne, haben noch ein paar Bier dabei und lachen sich kaputt. Die haben eine voll krasse Nummer mit uns abgezogen und wir sind nominiert für den Goldenen Vollpfosten des neuen Jahres. Aber dann stutzte er. Das hörte sich so an, als wären da viele Leons, die drauflos plappern.
Plapperten ?

Sie gingen wieder langsamer
Warum?

, und je näher sie kamen, desto mehr Stimmen waren zu hören. Erst ein paar Dutzend, dann hunderte.

Elli blieb stehen. „Ich geh nicht in diesen Wald“, sagte sie mit einer Bestimmtheit, die keine Widerrede zuließ. „Ich spüre das, das ist gefährlich.“
2 x das, vielleicht: Ich spüre das! Es ist gefährlich!

„Ich hör nichts und ich spür nichts“, André flüsterte vor Angst. Das wurmte ihn sofort. Er
Hier ist unklar, wer gemeint ist. Du meinst Nick, oder? Am besten:
Das wurmte Nick sofort. Er ...


wusste, dass die anderen seine Angst greifen konnten und musste etwas dagegen tun. Gegen den Verlust seiner Stellung als Winner. Gegen das Gefühl, dass Elli in seinen Händen zu einem nassen Ast wurde,
Der Vergleich hinkt. Ich finde das  Bild nicht schön. Keine Frau will mit einem morschen, dicken Ast verglichen werden. Ich weiß aber, was Du meinen könntest. Vielleicht sucht Du etwas anderes, z.B. etwas Kostbares, z.B. eine Ming-Vase, ein Flakon, ....?

der ihm langsam entglitt. Und etwas gegen die Angst, die ihn von innen heraus auffraß.

Heraus ist m.E. überflüssig. Es würde sich besser lesen, finde ich.

„Verdammt, Laus! Was hast du uns da eingebrockt?“, sagte er so laut, dass er über seine eigene Stimme erschrak.
Bevor Nick einen Entschluss treffen konnte, ob er nun antwortet oder nicht, trat etwas aus dem Schwarz des Waldes. „Chris?“, fragte Nick, der hätte mit seinem ranzigen Mantel eine ähnliche Silhouette abgegeben.
Der Satz war schwierig zu verstehen. Ich würde zum besseren Verständnis ihn teilen:
Chris?“, fragte Nick. Chris hätte mit seinem ranzigen Mantel eine ähnliche Silhouette abgegeben.



 Elli wollte sich schon auf ihn stürzen (Warum?), damit sie als Erste bei ihm war, um ihn sehr kräftig dorthin zu treten, wo es am meisten weh tun würde.


Der Satz klingt etwas holprig. Vielleicht stärker ihren Wunsch herausarbeiten und etwas abändern:
Elli wollte sich wütend auf ihn stürzen. Sie wollte die Erste sein, um ihn sehr kräftig dorthin zu treten, wo es am meisten weh tun würde.



Aber gerade als sie den ersten Schritt getan hatte, sah sie, dass es nicht Chris war. Es war überhaupt kein Mensch. Es war ein aufrecht gehender Käfer, gut zwei Meter groß, aber nur, wenn man die Fühler abzog.

Das verstehe ich nicht. Wieso „man“?  und „abzog“?
... aber nur, wenn er seine Fühler einzog


Nick spürte, wie seine Knie nachgaben und er wollte weglaufen.
Kausalität und Chronologie stimmen nicht:
Nick wollte weglaufen, er spürte, wie seine Knie nachgaben.


Einfach weg von hier, rein in den Nebel, der würde sie verstecken. Aber die Beine gehorchten ihm nicht.

Und nun würde ich die nicht gehorsamen Beine hinterherschicken und den Satz umstellen:
Einfach weg von hier! Aber die Beine gehorchten ihm nicht. Rein in den Nebel, der würde sie verstecken.



Der Käfer trat auf sie zu,
das klingt nicht dramatisch. Da kommt so ein komisches Insekt und kommt freundlich auf sie zugestiefelt. Das könntest Du dramatischer gestalten.
schaute die drei der Reihe nach an
Was machen die drei? Zittern sie, nahe der Ohnmacht. Das klingt so friedlich.


und blieb dann vor Nick stehen: „Laus? Warum nennt er dich Laus? Du bist doch ein Mensch, oder?“
Nick öffnete den Mund und bewegte die Lippen. Sein Kopf produzierte im Zehntelsekundentakt Antworten, freundliche Antworten, bissige Antworten, irgendwelche Sätze, die möglicherweise geeignet sein könnten, ihr Leben um ein paar Sekunden zu verlängern. Denn, dass es hier für sie zu Ende ging, daran hatte Nick keinen Zweifel. Und die anderen beiden wohl auch nicht.
Du beschreibst Nicks Angst plastisch. Aber nicht den Käfer. Wie sieht er aus? Gefährlich, furchteinflössend? – wenn Nick derartige Gedanken kommen?

Der große Käfer legte den Kopf schräg: „Du verstehst mich doch, oder?“
Eine Mischung aus Stammeln, Husten und Schlucken war alles, was Nick antworten konnte. Der Käfer deutete das wohl als ein Ja. „Also, was ist mit diesem Laus?“
Nicks Mund war so trocken wie die Muffins seiner Schwester, die er immer probieren musste.
Also eigentlich sind Muffins oberlecker. Was ist falsch an Backkünsten? Verwechselt sie Salz und Zucker?

Seine Lippen klebten aneinander, als wäre er tagelang durch die Wüste geirrt und kurz vor dem Verdursten. Schließlich antwortete leise: „Ich heiße eigentlich Niclas, das kommt von Nikolaus. Die meisten nennen mich Nick, ein paar aber auch Laus. Und du, wie heißt du?“
„Aha“, meinte der Käfer. „Also ein Mensch. Gut.
Hier fehlt das Anführungszeichen am Satzende.

Er machte eine kurze Pause. „Ich habe keine Namen. Wir haben alle keine Namen. Menschen brauchen das, wir nicht. Bei uns läuft das anders, aber das ist zu kompliziert für Warmblütler. Ist auch egal.“

Warmblüter  :biggrin:



Der Käfer fragte Elli und André, ob sie ihn hören könnten. Beide antworteten nicht. Sie
Der Satz: Beide antworteten nicht ist m.E. unnötig. Ich würde ihn streichen. Der nächste Satz erklärt ja alles, es würde sich flüssiger lesen.

standen nur da, den Mund leicht offen, die Augen panisch nach einem Fluchtweg suchend.
„Hm, verstehe. Die beiden verstehen nichts.
2 x verstehen
Aber immerhin einer, das ist ja schon mal was.“
„Ich hab das Feuerzeug gefunden“, sagte André plötzlich und lachte wie ein Gecko. „Ich hatte noch eines in meiner Tasche. Jetzt haben wir Licht. Und Feuer, dann haut das Ding sicher ab.“

Das sagt er in Gegenwart zum Riesenkäfer? Da ist er mutig! Oder flüstert er das leise zu Nick?



Er streckte die Hand aus in Richtung des Käfers und das Zündrad schrappte laut wie ein Mühlstein, aber André zitterte so sehr, dass er die Flamme nicht anbekam.
„Licht?“, fragte der Käfer. „Kein Problem.“
Er hob einen seiner dünnen Arme und schon waren zwei schwache Lichter zu erkennen, die rasch näherkamen und nun über ihnen schwebten.
 „Glühwürmchen, was sonst?“, murmelte Nick. Allerdings waren diese so groß wie Schwäne.
Wie wäre es mit Ärmchen? Dünne Arme klingt mickrig im Verhältnis zum riesigen Käfer. Den Größenvergleich würde ich eher einbauen, :

Er hob seine dünnen Ärmchen und schon waren zwei schwache Lichter zu erkennen, die rasch näherkamen, sie hatten die Größe von Schwänen und schwebten und nun über ihnen.
 „Glühwürmchen, was sonst?“, murmelte Nick. „Riesenkäfer und Riesenglühwürmchen. Na, toll!“


 Im weichen, blauen Licht der lebenden Lampions

Was meinst Du? Welche Lampions?


erwachte die Landschaft um sie herum zum Leben. Das Gras war kein Gras, die Büsche waren keine Büsche, die Bäume keine Bäume. Alles um sie herum bestand aus Insekten, kleine und große und riesige. Auch der Wald hinter ihnen. Der Felsbrocken vor ihnen war in Wirklichkeit eine monströse Assel. Das, was sie für einen abgestorbenen Baum gehalten hatten, eine gewaltige Gottesanbeterin, die ihre tödlichen Fangarme in den blauen Nachthimmel streckte. Und was der Weidenstrunk, zu dem die eigentlich hatten laufen wollen, in Wirklichkeit war, das wollte Nick jetzt gar nicht mehr wissen.

Puh, gräßliches Bild, das ist Dir wirklich gelungen!  :devgrin:

Der Käfer lachte: „Ich hab ein paar Freunde mitgebracht. Los, begrüßt unsere Gästen.“
Ein Klirren und Schaben erfüllte den Raum um sie herum, als wenn hundert Straßenbahnen gleichzeitig um die Kurve bei der Hauptpost fahren, als ob tausend Lehrer mit Kreide auf Tafeln kratzen, als ob Millionen Flaschen zu Bruch gegangen sind und ein paar Riesen auf den Scherben Schlittschuh laufen.
Nick sah, wie André einknickte und langsam auf den Boden fiel. Eine dicke Raupe schaffte es nicht schnell genug wegzukriechen. Andrés Oberkörper fiel wie auf ein weiches Kissen und die Raupe wand sich laut zeternd unter ihm hervor.
„Hosenscheißer, was?“, bemerkte der Käfer. „Egal. Der hilft uns eh nicht weiter. Bringt ihn weg.“
Eine Ameise, so groß wie ein Dackel, packte ihn, hob ihn spielerisch leicht auf den flachen Rücken einer Blattwanze mit den Ausmaßen eines Wohnzimmertisches und beide trabten ab.
„Sie auch“, befahl der Käfer und deutete auf Elli.

Warum ist der Käfer feindselig?

„Nein!“, schrien Elli und Nick gleichzeitig und Elli klammerte sich an Nicks Arm.
„Sie versteht nichts, sie stört nur“, meinte der Käfer hörbar genervt.
„Was passiert mit ihm?“ Nick deutet in die Richtung, in die sie André geschleppt hatten.
„Ah …“, der Käfer winkte ab. „Besser, du kümmerst dich nicht um ihn.“
Nick dachte an die Ameise und daran, was sie vor Jahren in Biologie gelernt hatten. Dass Insekten, vor allem wohl Ameisen, gemessen an ihrer Körpergröße unheimliche Kräfte haben. Eine Ameise in seiner Größe könnte einen Pkw locker in die Luft stemmen. So gesehen war die Antwort mehr ein Befehl denn ein Rat.
„Aber jetzt zur Sache.“ Mit seinen im Verhältnis viel zu  kurzen und zu dünnen Beinen wanderte er nervös vor Nick und Elli hin und her.

Der Käfer ist nervös? Das ist unglaubwürdig. Der große mächtige Käfer, der Befehle verteilt. Vielleicht etwas ändern in: wanderte er geschäftig vor ....


„Also, wir haben da ein Problem. Habt ihr vielleicht schon bemerkt. Nein, wahrscheinlich hattet ihr ja momentan eure eigenen Probleme. Unser Problem ist, dass sich unsere Welt auflöst. Oder besser: Sie hat sich schon aufgelöst. Sie ist weg. Es ist nichts mehr da. Und das heißt, wir brauchen eine neue.“

Ah, jetzt kommt die Botschaft der Geschichte. :)

Der Käfer stieß Nick mit einer seiner Vorderkrallen an. „Dabei musst du uns helfen.“
Nick schluckte trocken. „Warum ist eure Welt verschwunden? Ich kann doch keine Welt herzaubern. Wie sollte das gehen? Und warum gerade ich?“
„Puh, so viele Fragen auf einmal. Also, dann versuche ich sie mal zu beantworten. Warum unsere Welt verschwunden ist, weiß ich auch nicht sicher. Das macht sie hin und wieder. Dann brauchen wir eine neue. Schnell. Wie man eine neue Welt erschafft? Ganz einfach, man träumt sie. Bei uns gibt es da so einen Spruch: >Mit Träumen schafft man Welten<. Allerdings haben wir damit ein Problem, also mit den Träumen. Wir können das nicht. Deshalb mussten wir einen Traumträger einladen. Und der bist du.“
„Traumträger? Ich bin kein Traumträger.“
„Aber du kannst doch träumen?“, fragte der Käfer unsicher.

Der Käfer wirkt blass skizziert, trotz seiner  Schwärze. Bitte beschreibe ihn ab und zu. Hat er ein plattes Gesicht? Eckig? Ich stelle mir einen Hirschhornkäfer vor.


„Ja, natürlich kann ich das. Aber von den Träumen bleibt nichts. Die sind nur im Kopf, die erschaffen nichts. Darin kann man nicht leben.“
„Mach dir da mal keine Gedanken. Träum du unsere Welt, wir leben darin, das passt dann schon.“

Ein Traum. Nick musste lachen. Na klar, das war es! Er träumt das alles hier. Es war nur ein böser Traum. Vielleicht hatte Chris, dieser gottverdammte Idiot, ihnen irgendwas in die Bowle geschüttet. Er hatte doch etwas von der restlichen Bowle getrunken? Ganz sicher war er sich nicht. Aber er war sich sicher – das war ein Traum, mehr nicht. Ein schrecklicher Traum und wenn er daraus aufwacht, dann wird er sich erst einmal … Ihm fiel nichts ein, was er machen würde. Chris suchen und ihm in den Hintern treten. Nein, das nicht. Er würde auf den Friedhof gehen, diese Gruft suchen und irgendein geiles Graffiti draufsprühen. Als Zeichen, dass es nur ein Traum war und dass er keine Angst hatte.


Fragen:

Ist der Übergang von der realen Welt in die fantastische nachvollziehbar?
Bedingt. Der Wald und der Himmel waren mir anfänglich zu konfus – klar, war ja nur Fantasie. Villeicht sanftere Übergänge: Die Decke der Gruft hatte plötzlich Sterne? Oder waren das verirrte Glühwürmchen. Dann hättest du auch einen Hinweis auf die späteren Glühwürmschen. Der Mond? Vielleicht vermuten die drei eine Art Grubenlampe und folgen ihr? Der Wald – das  müßte auch ne Erklärung her. Weil die  Gruft an sich ja nicht so lang ist. Vielleicht vermuten sie, dass die Gruften untereinander verbunden sind, also die Friedhofsfläche ausmachen. Viellicht könntest du auch vorher schon mal ein Insekt einbauen? Im Haus – das fürchtet sich jemand vor dem Krabbelkäfer. Auf dem Friedhof dann ein anderer Käfer und irgend jemand sagt, ups, dieses Exemplar ist aber selten oder so.
(Für alle, die die übrigen Teile kennen): Ist die "reale" Hinführung zu lang für die Handlung, die nun folgt?

Könnt Ihr Euch die "Welt" unter der Gruft vorstellen? Bedingt.

Sind die Reaktionen der Personen nachvollziehbar? Ja, aber ich würde mir wünschen, dass Du ihre Angst noch stärker darstellst. Auch Elli – was macht sie, als der Käfer mit Nick redet? Klammt sie sich schlotternd an Nick? Schaut sie feindselig zum Käfer?


Geh ich zu respektlos mit André um? Weiß nicht, ich kenne Teil I und II nicht. Ist der ein „Guter“ oder ein „Böser“ (ha, ha). Sein absehbarer Tod durch Ameisensäure ist schon starker Tobak. Wie siehst du ihn, was möchtest du erreichen? Soll Nick die Elli bekommen? Und wie?

Erbsen etc. wie immer gerne. Feingeschrotet. Sorry. LG Cecilie

Cecilie H

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Re: Eine Handvoll brauner Erde_4
« Antwort #3 am: 10 November 2022, 13:38:21 »
Nachtrag:

Lieber tlt,

ich habe über Deine Geschichte noch mal nachgedacht -auch wenn ich sie ziemlich gerupft habe - bitte entschuldige.
Schreibe weiter! Überarbeite sie. Sie hat Potential! Sie ist so herrlich, hat nur noch ein paar Ecken und Kanten.
Ich werde mir Teil I und II raussuchen, damit ich das ganze Große sehe.

Wie gesagt: ich würde Dir empfehlen, in Teil III schon mal einen Einstieg anzudeuten (Käfer im Haus), damit Nick so eher auf seine crazy Phantastareien kommt. Die Waldgeschichte eventuell zu kürzen, komprimieren (im Verhältnis zu den anderen Dingen wirkt sie länger). Vielleicht auch noch stärker zu verdeutlichen, dass sie liegen und nicht aufstehen können und schläfrig werden(?) (Traum im Traum)
Herzlich Cecilie

Juni

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Re: Eine Handvoll brauner Erde_4
« Antwort #4 am: 11 November 2022, 20:06:49 »
Hallo tlt 😊

Teil 3 hatte ich bereits einmal gelesen, fand ihn sehr spannend, und freue mich nun darüber, dass es einen Teil 4 gibt.
Dann wollen wir mal…

Die drei blickten nach oben.
„Ich hab keine Ahnung von Sternbildern“, sagte Nick. „Aber das, was da oben rumflimmert ist nicht das, was man sonst zu sehen kriegt.“
…zu sehen bekommt.
Klingt irgendwie flüssiger, und einen Ticken ehrfürchtiger, finde ich.
Das mit der Ehrfurcht passt nicht so ganz zum sonstigen Setting, und eben deshalb finde ich, dass es passt.

Zitat
Aber es war keine Morgendämmerung, denn die leichte Helligkeit zeichnete sich nicht am Horizont ab, sondern verteilte sich gleichmäßig über das gesamte Firmament.
Spannend
Nachdem ich bis zum Ende gelesen habe: Ich verstehe nicht, was es damit auf sich hat. Nicht, dass ich das unbedingt müsste, ich wollte es nur anmerken.

Zitat
Nick behielt diese Beobachtung erstmal für sich.
Wieso?

Zitat
Hinter ihnen in der Ferne schien es ein paar Hügel zu geben, an deren Fuß ein dichtes Nebelband lag. Und kein Zweifel, da war sich Nick sicher, der Nebel bewegte sich – und zwar in ihre Richtung.
Noch spannender, und unheimlich

Zitat
„Es wird mir eine Freude sein“, fauchte Elli, „für ein paar Minuten meine guten Manieren zu vergessen.“
Viel, viel, viiiiel zu milde. Ich finde, da müsste Angst und Wut rein, ansonsten würde ich es raus nehmen.

Zitat
Schweigend liefen sie durch die undefinierbare Landschaft. Nichts an ihr ließ sich greifen, alles schien wie eine Kulisse für ein Theaterstück, minimalistisch und total fokussiert auf die Darsteller. Nick gefiel das nicht, denn die Darsteller waren sie und sie kannten weder das Drehbuch noch ihre Rolle in dem Stück.
Hier fehlen mir die bildlichen Details. Ich weiß nicht, wie ich mir minimalistisch und total fokussiert vorstellen soll. Wirken die Bäume wie aus Pappe, die Eule auf dem Ast wie ausgestopft, und die Steine wie mit Harz überstrichenes Styropor?
Ansonsten gefällt mir dennoch der zweite Satz.
Er gefällt mir umso mehr, seit ich zu Ende gelesen habe.

Zitat
Und außer ihnen und ihrer Angst gab es hier nichts als diese Landschaft, die „nein“ sagte, jedes Mal, wenn sie einen Schritt taten. Eine Landschaft, die nichts anderes zu wollen schien, als sie loszuwerden.
Ich finde es so schade, dass ich das nicht verstehe und nicht greifen kann

Zitat
Und dann gab es noch diesen Wald, auf den sie langsam zuliefen. Sie hatten es nicht eilig. Auf jeden Fall nicht eiliger als der Nebel, der hinter ihnen herkroch wie ein altersschwacher Hund.
Wohl ein altersschwacher Hund, der nicht an Ehrgeiz verloren hat...

Zitat
„Hört ihr diese Stille?“
Ab hier bis zur nächsten Bemerkung habe ich gebannt durchgelesen.

Zitat
Verdammt noch mal, mit Geschichten darüber beschäftige ich mich in der Schule in Literatur, darüber will ich mir jetzt und hier keine Gedanken machen. Vor allem deshalb, weil ich selbst darin gar nicht vorkommen will.
Hier findet ein Perspektivwechsel statt. Mal ganz blöd gefragt – darf man das so?
Von Personal in die Ich-Sicht? Ich frage mich nebenbei, wer es einem schon verbieten will, aber dann fällt mir ein, dass es ja extra dafür Regeln gibt.

Zitat
Der Nebel hatte aufgeholt und war nun keine zehn Meter mehr hinter ihnen.
‚Lauft!‘, würde ich ihnen gerne sagen. Das lässt die für mein Verständnis zu kalt, sie müssten doch jetzt versuchen zu laufen…

Zitat
Schließlich hatten sie den Wald fast erreicht. Aus der Nähe wirkte er wie eine bizarre, abweisend schwarze Wand. Sie konnten keine Bäume ausmachen, nur ab und zu ragte ein dürrer Ast in den dunkelblauen Himmel.
Oh, in meiner Vorstellung waren sie bereits viiiel dichter dran gewesen. Zwischendurch war ich mir sogar unsicher, ob sie nicht längst drin wären. Vielleicht zur besseren Vorstellung vorne etwas anmerken wie: Der Wald war ein Fußballfeld entfernt.

Zitat
Allerdings waren diese so groß wie Schwäne.
Dann kann das Flattern ihrer Flügel kaum geräuschlos sein, ich stelle es mir sogar relativ laut vor und so windig wie einen Ventilator.
Die Proportionen von Insekten können eigentlich auch nicht einfach hochskaliert werden, ohne, dass dies Einfluss auf ihre Eigenschaften hat… aber egal. Diese Form von Logik ist hier fehl am Platz, oder?

Zitat
Im weichen, blauen Licht der lebenden Lampions erwachte die Landschaft um sie herum zum Leben. Das Gras war kein Gras, die Büsche waren keine Büsche, die Bäume keine Bäume. Alles um sie herum bestand aus Insekten, kleine und große und riesige.
Oha! Jetzt wird’s richtig unheimlich!!! Und ich verstehe nun das mit der Kulisse…
Uah, eigentlich ekle ich mich nicht vor Insekten, egal wie groß und haarig sie sind. Eigentlich! Aber jetzt läuft es mir echt kalt den Rücken herunter.

Zitat
Oder besser: Sie hat sich schon aufgelöst. Sie ist weg. Es ist nichts mehr da. Und das heißt, wir brauchen eine neue.“
Wenn die drei Protas so witzig drauf sind, kann der Käfer das nicht auch. (Wobei ich ihn durchaus symphytisch finde - noch?)
Ich finde, der Käfer müsste das Problem seiner Welt viel ernsthafter schildern, sonst ist das zu viel und driftet dann doch zu sehr ins Absurde – aus meiner Sicht.

Oder sind die Charaktere gar nicht so witzig, und es kommt nur mir so vor?



Fragen:

Zitat
Ist der Übergang von der realen Welt in die fantastische nachvollziehbar?
Sie fielen hinein. Was gibt es da noch nachzuvollziehen? Oder meinst du den Nebel …? Falls ja, habe ich das Auftauchen der Insekten damit nicht übereingebracht.

Zitat
(Für alle, die die übrigen Teile kennen): Ist die "reale" Hinführung zu lang für die Handlung, die nun folgt?
Auch wenn ich nur Teil 3 kenne, beantworte ich das auch: Ich vermisse keinen Vorlauf. Aber ich weiß auch nicht, welche zuvor mittgeteilten Informationen später noch relevant sein werden.

Zitat
Könnt Ihr Euch die "Welt" unter der Gruft vorstellen?
Ja. Sie besteht aus Insekten.

Zitat
Sind die Reaktionen der Personen nachvollziehbar?
Es geht. Ich hätte mich anders verhalten – aber das ist mir auch egal. Ich mag den Text.

Zitat
Geh ich zu respektlos mit André um?
Ja.

Mir wird manchmal gesagt, ich wäre zu flapsig. Vielleicht stimmt das – aber es ist nie respektlos gemeint oder so. So bin ich einfach.  :rotwerd:

Wie du sicher bereits mitbekommen hast, gefällt mir die Geschichte insgesamt sehr gut!
Ich hoffe du kannst mit meinen Kommentaren etwas anfangen.

Liebe Grüße


EDIT: Ich möchte mich Cecilie an dieser Stelle anschließen - ich wollte etwas ähnliches anmerken, habe es aber nicht formuliert bekommen, sie dafür aber ziemlich treffend:

wusste, dass die anderen seine Angst greifen konnten und musste etwas dagegen tun. Gegen den Verlust seiner Stellung als Winner. Gegen das Gefühl, dass Elli in seinen Händen zu einem nassen Ast wurde,
Der Vergleich hinkt. Ich finde das  Bild nicht schön. Keine Frau will mit einem morschen, dicken Ast verglichen werden. Ich weiß aber, was Du meinen könntest. Vielleicht sucht Du etwas anderes, z.B. etwas Kostbares, z.B. eine Ming-Vase, ein Flakon, ....?
« Letzte Änderung: 11 November 2022, 20:20:59 von Juni »

merin

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Re: Eine Handvoll brauner Erde_4
« Antwort #5 am: 12 November 2022, 13:36:52 »
Hi tlt,

her mit dem Gäbelsche. So. Und ja, ich hab mich schon gefragt, wo endlich das Fantastische kommt. Aber mit dem Sturz war das ja dann klar.

Zitat
Die drei blickten nach oben.
„Ich hab keine Ahnung von Sternbildern“, sagte Nick. „Aber das, was da oben rumflimmert ist nicht das, was man sonst zu sehen kriegt.“

Das ist super. Das hookt mich gleich.

Und dann falle ich raus:
Zitat
Die anderen stimmten und. Und einen Mond, wie ihn sich Elli gewünscht hatte, konnten sie ebenfalls nicht ausmachen. Der wird also kein Licht spenden. Dennoch hatte Nick das Gefühl, dass am Himmel das tiefe Schwarz von einem eher dunkelblauen Schimmer abgelöst wurde. Fast, als würde jeden Augenblick die Sonne aufgehen. Aber es war keine Morgendämmerung, denn die leichte Helligkeit zeichnete sich nicht am Horizont ab, sondern verteilte sich gleichmäßig über das gesamte Firmament. Nick behielt diese Beobachtung erstmal für sich.

Ich will jetzt wissen, was nickt sieht. Gleich sofort. Und dann verstehe ich nicht: Er macht die anderen darauf aufmerksam, behält es aber für sich? Wie geht das zusammen? Sprachlich würde ich hier etwas straffen, inhaltlich auf das, was anders ist als normaler Himmel, eingehen:

Zitat
Der Himmel war nicht Schwarz, sondern schimmerte dunkelblau. Fast, als würde jeden Augenblick die Sonne aufgehen. Aber es war keine Morgendämmerung, denn die leichte Helligkeit zeichnete sich nicht am Horizont ab, sondern verteilte sich gleichmäßig über das gesamte Firmament.

Oben sind auch grammatikalische Fehler, die habe ich hier mal rausgemacht (du hattest mal Konjunktiv und mal nicht.)

Insgesamt: Wenn du perspektisch bei Nick bleibst, musst du uns nicht immer sagen, dass er sich sicher ist:

Zitat
Hinter ihnen in der Ferne zeichneten sich ein paar Hügel ab, an deren Fuß ein dichtes Nebelband lag. Der Nebel bewegte sich – und zwar in ihre Richtung.

Ich würde hier noch ein bissel Beschreibung einbauen: fließt der Nebel auf sie zu? Wabert er?

Und hier nimmst du mE unnötig Tempo raus, in dem du erklärst, statt szenisch zu bleiben:

Zitat
Elli und André hatten das auch bemerkt und das war ihnen doch zu unheimlich. In den Nebel wollten sie nicht hineinkommen. Rechts von ihnen baute sich ein Wald auf und beschlossen in Richtung der Bäume zu gehen. Vielleicht gaben die ein wenig Schutz.

Wie weiß er, dass sie es auch bemerkt haben? Dass es ihnen unheimlich ist? Zeig uns, wie sie die Entscheidung treffen. Und müssten sie nicht erstaunt sein, dass sie da unten in der Gruft so weit sehen können?

Zitat
Sie waren sich einig, dass das hier ein absoluter Albtraum war und dass sie zusammenbleiben mussten. Außerdem waren alle drei der Meinung, dass Chris, sollten sie hier jemals herauskommen, diese Geschichte bitter bereuen würde.
„Es wird mir eine Freude sein“, fauchte Elli, „für ein paar Minuten meine guten Manieren zu vergessen.“

Auch hier: zeig es uns. Mach eine kleine Szene draus und reichere die Atmosphäre an. Wie kalt es ist. Wie beängstigend. Und warum. Behaupte nicht, dass es ein Albtraum ist, sondern zeig es uns!

Zitat
Schweigend liefen sie durch die undefinierbare Landschaft. Nichts an ihr ließ sich greifen, alles schien wie eine Kulisse für ein Theaterstück, minimalistisch und total fokussiert auf die Darsteller. Nick gefiel das nicht, denn die Darsteller waren sie und sie kannten weder das Drehbuch noch ihre Rolle in dem Stück. Und außer ihnen und ihrer Angst gab es hier nichts als diese Landschaft, die „nein“ sagte, jedes Mal, wenn sie einen Schritt taten. Eine Landschaft, die nichts anderes zu wollen schien, als sie loszuwerden. Und dann gab es noch diesen Wald, auf den sie langsam zuliefen. Sie hatten es nicht eilig. Auf jeden Fall nicht eiliger als der Nebel, der hinter ihnen herkroch wie ein altersschwacher Hund.

Hmm. Ich bekomme leider kein Bild. Theaterkulissen sind ja meist sehr definiert - oder meinst du moderne Kulissen: drei Quader, ein Vorhang? Zeig es mir! Wie sagt die Landschaft nein? Und warum, um Himmels Willen, haben sie es nicht eilig? Das Bild im letzten Satz finde ich super! Sehr stark!

Zitat
„Hört ihr diese Stille?“ Elli flüsterte, als könnten laute Worte irgendetwas wecken. Etwas Unheimliches, das jetzt noch schlief in der Dunkelheit und nur darauf wartete aufzuwachen und sie zum Frühstück zu verspeisen.
Die Stille war wirklich einmalig. Nichts war zu hören außer ihren eigenen Geräuschen: das dem Rascheln von Nicks Jacke, das dem Kratzen von Ellis Fingernägeln auf ihrer Jeans, dieden  schnellen, kurzen Atemzügen von André …
„Sind wir tot?“ Elli sprach etwas an, was Nick auch schon gedacht hatte. Was auch immer das war auf dem Friedhof in dieser Gruft – irgendetwas ist war schief gegangen, der Stoß von Chris hatte sie nicht einfach unsanft eine flache Treppe hinunter schlittern lassen, er hatte sie in den Tod gerissen. Und jetzt standen sie hier, im Vorhof zur Hölle. Das Wartezimmer des Himmels konnte es auf jeden Fall nicht sein. Wenn, dann hätte Gott eine seltsame Art von Humor.

Ich würde die erklärenden Sätze streichen. Und ich hab mal die Grammatik richtig gebogen. Fälle und Zeitformen.  ;)

Zitat
„Wenn wir nicht tot, dann sterben wir auf jeden Fall hier.“ André sprach das so aus, als hätte ihm irgendwer gerade einen Zettel zugesteckt: >Wenn Sie das hier lesen, dann werden Sie sterben.<

Da fehlt ein "sind". Ansonsten ist das witzig und gruselig. Gefällt mir.

Zitat
„Wir schaffen das. Wir kommen hier wieder raus“, sagte Nick auf einmal und konzentrierte sich darauf, dass seine Stimme nicht zittrig klang. Ich liebe solche aus der Luft gegriffenen Lügen, dachte er. Er schluckte trocken und dachte an den Schokopudding, mit dem André Elli gefüttert hatte. Chance verpasst. Und dann dachte er ans Sterben. An Tod und Himmel und Hölle. Verdammt noch mal, mit Geschichten darüber beschäftige ich mich in der Schule in Literatur, darüber will ich mir jetzt und hier keine Gedanken machen. Vor allem deshalb, weil ich selbst darin gar nicht vorkommen will.

Ich würde die Gedankenrede kursiv setzen. Und: Ich verstehe überhaupt nicht, warum er das sagt. Und ich wüsste, wenn ich schon Gedankenrede habe, gern genau, woran er denkt.

Zitat
Der Nebel hatte aufgeholt und war nun keine zehn Meter mehr hinter ihnen. Er schien dicht wie Watte und Nick hatte das Gefühl, als sei der Nebel mehr ein lebendiges Wesen denn als harmloser Wasserdampf. Sie gingen etwas schneller, immer einen bangen Blick nach hinten. Schließlich hatten sie den Wald fast erreicht. Aus der Nähe wirkte er wie eine bizarre, abweisend schwarze Wand. Sie konnten keine Bäume ausmachen, nur ab und zu ragte ein dürrer Ast in den dunkelblauen Himmel. Links und rechts von ihnen war nun hohes Gestrüpp, sogar Gras schien es zu geben.

Ganz davon abgesehen, dass da das Verb fehlt, verstehe ich den eingefärbten Satz nicht. Wieso rennen die nicht? Oder drehen sich um und sagen: Okay, wir stellen uns dem Zeug?
"Schließlich hatten sie den Wald fast erreicht." Schließlich klingt nach erreicht. Aber fast? Besser wäre: "Endlich standen sie vor dem Wald". Die folgende Beschreibung kann ich nicht zu einem Bild zusammenbringen. Entweder ist es eine Wand (solide) oder es ragt etwas draus hervor und es ist gestrüppig. Aber beides gleichzeitig geht für mich nicht.

Ich schick das mal ab, muss kurz Pause machen. Der Rest kommt gleich.
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

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Re: Eine Handvoll brauner Erde_4
« Antwort #6 am: 12 November 2022, 14:07:31 »
So. Teil 2:

Zitat
„Psst!“ Elli blieb stehen und packte die anderen an den Jackenärmeln. „Ich hör was. Als ob jemand spricht.“


Das klingt etwas unbeholfen. Vorschlag:

„Psst!“ Elli blieb stehen und packte xy am Jackenärmel. „Da spricht jemand.“

Denn viele Jackenärmel zu packen, ist schon schwierig. Dann ist die Frage der Perspektive. Willst du ins Allwissende gehen, dann stimmt die Mehrzahl. Oder bleibst du bei Nick? Dann Einzahl. Da es mit Nick weitergeht, würde ich hier gleich bei ihm bleiben.

Zitat
Sie lauschten in den Wald hinein. Da war wirklich etwas zu hören. So, als wäre Leon da irgendwo und würde jemanden zutexten. Nick atmete innerlich erleichtert auf. Jetzt war es ihm klar, die anderen hatten sich einen Scherz erlaubt. Die sind jetzt waren irgendwo da vorne, hatten noch ein paar Bier dabei und lachten sich kaputt. Die haben eine voll krasse Nummer mit uns abgezogen und wir sind nominiert für den Goldenen Vollpfosten des neuen Jahres. Aber dann stutzte er. Das hörte sich so an, als wären da Er hörte viele Leons, die drauflos plappern. Sie gingen wieder langsamer, und je näher sie kamen, desto mehr Stimmen waren zu hören. Erst ein paar Dutzend, dann hunderte.

Kann man innerlich aufatmen? "Erleichert aufatmen" ist auf jeden Fall doppelt gemoppelt. Und dann mal wieder deine persönliche Nemesis: Zeitformen. Du hast hier eine Verschachtelung von Konjunktiv und Vergangenheit. Ich würde hinter "auf" einen Doppelpunkt setzen und dann direkt weitermachen.
Das Pinke hat einen falschen Bezug, das "sie" bezieht sich grammatikalisch auf die vielen Leons. Warum nicht bei Nick bleiben?

Zitat
Elli blieb stehen. „Ich geh nicht in diesen Wald“, sagte sie mit einer Bestimmtheit, die keine Widerrede zuließ. „Ich spüre das, das ist gefährlich.“

Warum erklären, was gut gezeigt ist? Setz ein ! dahinter und fertig ist der Lack.

Zitat
„Ich hör nichts und ich spür nichts“, André flüsterte vor Angst. Das wurmte ihn sofort. Er wusste, dass die anderen seine Angst greifen konnten und musste etwas dagegen tun. Gegen den Verlust seiner Stellung als Winner. Gegen das Gefühl, dass Elli in seinen Händen zu einem nassen Ast wurde, der ihm langsam entglitt. Und etwas gegen die Angst, die ihn von innen heraus auffraß.

Hmm. Hier fliege ich raus. Und zwar weil der Perspektivwechsel für mich völlig überraschend kommt. Und dann, weil du uns Dinge erklärst, die besser gezeigt wären. Angst kann man natürlich nicht greifen, schon gar nicht fremde Angst. Das ist für mich ein schiefes Bild. Dagegen ist das mit dem Ast zwar auch schief, aber trotzdem irgendwie stimmig und auch noch nicht abgegriffen. Leider ist die auffressende Angst dann wieder sehr abgegriffen. Würde ich daher ersetzen.

Zitat
„Verdammt, Laus! Was hast du uns da eingebrockt?“, sagte er so laut, dass er über seine eigene Stimme erschrak.
Bevor Nick einen Entschluss treffen konnte, ob er nun antwortet oder nicht, trat etwas aus dem Schwarz des Waldes.

Hier wechselt die Perspektive wieder. Und wieder wirft mich das raus. Warum nicht die ganze Zeit bei Nick bleiben und den die Angst von André spüren lassen?

Die folgende Beschreibung wirkt auf mich etwas peinlich. Ich würde dir raten, nah bei Nick zu bleiben und zu beschreiben, was er sieht. Ist es wirklich glaubwürdig, dass Elli und er einen Käfer für einen Menschen halten?
Insgesamt wirkt die gesamte Szene mit dem Käfer für mich wie eine Parodie. Und zwar eine, die unfreiwillig komisch ist. Ich knobele noch, woher das kommt. Ich glaube, weil bisher alles sehr ernst war und nun kann ich es nicht mehr ernst nehmen. Die Angst der Menschen ist einfach so unglaubwürdig beschrieben. Wieso sollten sie davon ausgehen, dass der Käfer sie tötet?

Zitat
Er streckte die Hand aus in Richtung des Käfers  aus und das Zündrad schrappte laut wie ein Mühlstein, aber André zitterte so sehr, dass er die Flamme nicht anbekam.

Die ganze Aktion wirkt auf mich auch wie Slapstick, aber dazu ist sie nicht absurd genug.

Zitat
„Glühwürmchen, was sonst?“, murmelte Nick. Allerdings waren diese so groß wie Schwäne. Im weichen, blauen Licht der lebenden Lampions erwachte die Landschaft um sie herum zum Leben. Das Gras war kein Gras, die Büsche waren keine Büsche, die Bäume keine Bäume. Alles um sie herum bestand aus Insekten, kleine und große und riesige. Auch der Wald hinter ihnen. Der Felsbrocken vor ihnen war in Wirklichkeit eine monströse Assel. Das, was sie für einen abgestorbenen Baum gehalten hatten, eine gewaltige Gottesanbeterin, die ihre tödlichen Fangarme in den blauen Nachthimmel streckte. Und was der Weidenstrunk, zu dem die eigentlich hatten laufen wollen, in Wirklichkeit war, das wollte Nick jetzt gar nicht mehr wissen.

Auch das hier ist irgendwie uneindeutig. Die Beschreibung ist an vielen Stellen vage und ich schwanke, sie witzig, gruselig oder einfach nur absurd zu finden.

Zitat
Der Käfer lachte: „Ich hab ein paar Freunde mitgebracht. Los, begrüßt unsere Gästen.“
Ein Klirren und Schaben erfüllte den Raum um sie herum, als wenn hundert Straßenbahnen gleichzeitig um die Kurve bei der Hauptpost fahren, als ob tausend Lehrer mit Kreide auf Tafeln kratzen, als ob Millionen Flaschen zu Bruch gegangen sind und ein paar Riesen auf den Scherben Schlittschuh laufen.

Schöne Bilder, aber zu viele für meinen Geschmack.

Leider ist das gesamte Gespräch mit den Käfern für mich unfreiwillig komisch. Nicks Reaktionen wirken alle irgendwie unpassend, aber auch nicht so absurd, dass es gewollt wirkt. Ich weiß nun überhaupt nicht mehr, wo du mit diesem Text hinwillst, er zerfällt für mich in zwei Teile, die nicht zusammenpassen. Und das halte ich für ein großes Problem. Entweder braucht es von Beginn an ein komisches Element. Oder auch zum Schluss keins. Und dann habe ich nachhaltig Schwierigkeiten mit den perspektivischen Unklarheiten.

Eine Sache allgemein noch: Du verwendest Begriffe wie "Idiot" und so. Das ist ableistisch bzw. saneistisch. Wenn du das willst, okay. Aber ich will es zumindest anmerken.

Zu deinen Fragen:

Ist der Übergang von der realen Welt in die fantastische nachvollziehbar? Ja
(Für alle, die die übrigen Teile kennen): Ist die "reale" Hinführung zu lang für die Handlung, die nun folgt? Ja und das halte ich für eine Schwierigkeit. Die Dinge, die du am Anfang gut angelegt hast, werden hier nicht aufgegriffen. Das ist unbefriedigend für mich.
Könnt Ihr Euch die "Welt" unter der Gruft vorstellen? Ja, ansatzweise
Sind die Reaktionen der Personen nachvollziehbar? Nein, großenteils nicht.
Geh ich zu respektlos mit André um? Nein. Aber André bleibt zu blass. Nick auch. Alle eigentlich.

So, fertig. Bin gespannt, was du dazu meinst.

LG
merin
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

Paul

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Re: Eine Handvoll brauner Erde_4
« Antwort #7 am: 12 November 2022, 17:47:07 »
Hallo Tlt

Schön dass die Geschichte weitergeht. Wie immer zuerst ein Erstleseeindruck:

Ich habe mir zuvor das Ende des dritten Teils durchgelesen und fand den Übergang hin zu den Sternen (noch) sehr flüssig. Die werden zwar nicht erklärt, aber es funktioniert, weil du es erzählst. Kurz danach bin ich allerdings aus der Geschichte rausgeflogen.

Du erzählst, dass Nick zuerst noch das "Firmament" beobachtet. Dann machst du wie folgt weiter:

Zitat
Hinter ihnen in der Ferne schien es ein paar Hügel zu geben, an deren Fuß ein dichtes Nebelband lag. Und kein Zweifel, da war sich Nick sicher, der Nebel bewegte sich – und zwar in ihre Richtung. Elli und André hatten das auch bemerkt und das war ihnen doch zu unheimlich. In den Nebel wollten sie nicht hineinkommen. Rechts von ihnen baute sich ein Wald auf und beschlossen in Richtung der Bäume zu gehen. Vielleicht gaben die ein wenig Schutz.

Das geht mir dann doch zu schnell. Wenn Nick zuerst den "Himmel" bemerkt, ist das noch irgendwie nachvollziehbar (es könnten ja auch Glühwürmchen auf der Höhlendecke sein). Aber wenn dann aufeinmal "Hügel" auftauchen, geht das nicht mehr. Da musst du m. E. mehr machen. Emotional und erzählerisch, z.B.: Nick sah sich um und erschrak. Die Höhlenwände, die zuvor noch dunkel und fest waren, schienen auf einmal zurückzuweichen. Statt einem dunklen Schwarz war nun ein grau zu sehen, wie ein Nebel,...  mitten darin erschienen Hügel ...

Dann könnte ich dir folgen. Da könnte ich mit Nick staunen, mit ihm Angst haben, mit ihm in den Nebel hineingehen.

Beim weiteren Lesen der Geschichte ging es mir ähnlich. Für mich hat die Geschichte an der Sprache verloren, da fehlte das Spielerische. Es fehlte mir die Nähe zum Prota - seine Gefühlswelt ist oft nicht zu spüren - und die fremde Welt, die sich mit viel Freude und Liebe schildern ließe, blieb eigentümlich blass (und das lag nicht am Nebel, ein solcher Nebel kann wabern, kann sich um die Beine schlingen, kann ...). Insgesamt hatte ich beim Lesen des Mittelteils den Eindruck, dass sich hier auch vieles kürzen ließe.

Am Ende fand ich die gefühlsmäßigen Zuordnungen zu Eli und André nicht immer sehr überzeugend dargestellt. So wie es aussieht, hat Nick als Einziger "Kontakt" zu dem Käfer (Bitte, schildere mir genauer, wie er aussieht. Ein Käfer, wie schön, da glitzert und funkelt alles, ...), dieser Kontakt wird im Gespräch m.E. aber eher umständlich erzählt (so hat mich die "Laus" nicht überzeugt). Auch fehlt mir hier wieder das Staunen von Nick: Hoppla, ich kann den Käfer verstehen. Wie auch Hoppla, die anderen verstehen ihn scheinbar nicht. Kurzum, auch hier blieb ich immer wieder hängen.

Den anschließenden "turnaround", dass Nick als Träumer auftreten soll, um die unterirdische Welt zu retten, finde ich genial. Da hast du mich wieder gepackt. Auf dem Weg dahin hätte ich gern mehr gestaunt und wäre gern mehr in Nicks Haut gewesen.

Nun zu deinen Fragen:

Ist der Übergang von der realen Welt in die fantastische nachvollziehbar?

Wie heißt es bei Radio Eriwan: im Prinzip ja. Die erste Kurve klappt (Firmament), bei der zweiten Kurve wurde es für mich zu sehr "Behauptung" und zu wenig erzählt.

(Für alle, die die übrigen Teile kennen): Ist die "reale" Hinführung zu lang für die Handlung, die nun folgt?

Die ersten Teile der Geschichte überzeugen durch ihre Sprache und ihre Nähe zu den Protas. Wenn du beides hier durchhältst, wäre die fantastische Handlung für mich kein Problem. So fällt sie für mich aus der bisherigen Geschichte heraus.

Könnt Ihr Euch die "Welt" unter der Gruft vorstellen?

M. E. verschenkst du viel Potential bei der Beschreibung dieser Welt. Lass Nick ein wenig mehr im Nebel herumstapfen, lass ihn mehr denken, Ängste haben (wo trete ich jetzt bloß drauf?) und gib dem Antagonisten, Herrn Käfer, einen schillernden, glitzernden, funkelnden Körper, der mir in die Augen sticht.

Sind die Reaktionen der Personen nachvollziehbar?

Es fiel mir schwer, ihnen zu folgen. Sie blieben für mich blass. Da gab es keine Konflikte, die ausgetragen wurden, fast alles spielte sich nur bei Nick ab, der aber seltsam unbeteiligt wahrnimmt, was um ihn herum geschieht.

Geh ich zu respektlos mit André um?

Die Frage ist, was passiert mit ihm, wenn er von der Ameise abtransportiert wurde? Oder anders gefragt, wie endet die Geschichte? Ende sie so, dass der Leser / die Leserin am Ende nicht weiß, ob Nick alles nur geträumt hat - taucht André also wieder auf (vielleicht auch, weil Nick ihn neu träumt und damit seine Eifersucht gegen Nick überwindet - und dafür Eli bekommt)? Oder endet alles in einer Katastrophe, bei der am Ende Nick und Eli halbtot aus der Gruft herauswanken (kurzum: wird es eine Horrorgeschichte)? Als Horrorgeschichte finde ich, dass das Entsetzen fehlt, wenn André von den Ameisen "beseitigt" wird. Als Traumgeschichte finde ich, dass alles möglich ist. Nick will in seinem Traum seinen Rivalen loswerden, also kommt eine Ameise und beseitigt ihn, doch dann träumt er weiter und er muss sich seinen dunklen Gefühlen stellen ... also, da wäre noch viel Spannung möglich.

Erbsen etc. wie immer gerne.

Eine kleine Erbse zum Schluss (meine Zeit zum Rösten läuft gerade ab)

Zitat
Die anderen stimmten und.

Ich vermute, es sollte heißen: Die anderen stimmten zu.

 ;) Paul




« Letzte Änderung: 12 November 2022, 17:56:22 von Paul »
"Es ist besser, einige der Fragen zu kennen, als alle Antworten." (James Thurber)

tlt

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Re: Eine Handvoll brauner Erde_4
« Antwort #8 am: 13 November 2022, 10:46:47 »
Hallo alle,

vielen Dank schon einmal für die umfassenden Rückmeldungen. Ich konnte bisher leider nur mal kurz draufschauen, habe aber schon gesehen, dass das viele sehr gute Anregungen dabei sind. Leider bin ich diese und nächste Woche mit Arbeit vollgesch… und habe dazu noch ein paar kleine Katastrophen abzuarbeiten, die ebenfalls gierig die Zeit auffressen. Danach werde ich mich an die Röstungen machen – sorry, dass es etwas länger dauert.

Viele Grüße
tlt
Ich bin zu alt für das alles.

merin

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Re: Eine Handvoll brauner Erde_4
« Antwort #9 am: 13 November 2022, 11:39:24 »
Mach dir keinen Stress! Das liegt ja hier warm und sicher. Einigermaßen.  :devevil:
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

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Re: Eine Handvoll brauner Erde_4
« Antwort #10 am: 17 November 2022, 13:44:29 »
Hallo tlt,

mir ist da noch etwas eingefallen!

Und zwar ... spielt sich ja im Hintergrund ein Konkurrenzkampf zwischen Nick und Andre um Ellis Aufmerksamkeit ab.
Aktuell hatte Andre die Nase vorne, bis er umkippt und abgeschleppt wird - ich finde das fies und böse, aber es passt zu der Geschichte. Also, Andre ist weg, wo hingegen Nick die lebensrettende Gabe besitzt.
Somit hat Nick nun gewonnen, Elli hängt sich an ihn.

Hm ... ich würde früh in der Geschichte einbringen, dass Elli gerade nur besonders nachrichtig mit Andre ist, weil seine Oma verstorben ist, oder so. In Wahrheit schwärmt sie aber von vornherein für Nick, was nur der Leser bemerkt.

Oder ... Andre wird zwar abgeschleppt, aber nicht entsorgt. Sie sehen ihn wieder, und Elli entscheidet sich im Verlauf für Nick, weil er ... eine Eigenschaft besitzt, die Elli wichtig ist, und die sie bei Andre nicht erkennt. Oder was auch immer.


Liebe Grüße