10 November 2024, 20:23:46

Autor Thema: Romanbeginn  (Gelesen 1312 mal)

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Kika10

  • Federkiel
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Romanbeginn
« am: 02 March 2023, 14:18:24 »
Ihr Lieben!  Dies soll ein "Psycho" werden (kein Psychothriller - nur ein milder Psycho).  Vorläufiger Titel "Frauke" .  Über Eindrücke und Vorschläge würde ich mich sehr freuen. Vielen lieben Dank schonmal vorweg!

 

Während Frauke den Koffer packte, in emsig-geschäftigem Treiben herumraschelte, Schranktüren öffnete und Schubladen aufzog, telefonierte ihre Mitbewohnerin Hilde nebenan leise mit ihrem Geliebten, Herrn Jorberg, Fraukes Violinprofessor, der die Sommerferien auch heuer mit seiner Familie würde verbringen müssen. Hilde standen  drei  einsame Monate bevor.

   Im letzten Jahr hatte sie sich in den Sommerferien gar nicht recht auf die angestrebte Vervollkommnung ihres Klavierspiels konzentrieren können und sich stattdessen die ganze Zeit  gefühlt, wie  die in einen Spind gesperrte Hälfte eines „Etwas“ , das es womöglich nur in ihrer Fantasie gab. Eine Hälfte, die der Professor im Oktober wie selbstverständlich wieder zur Hand genommen hatte, als sei nichts gewesen. 

 Interessiert schmiegte Frauke das Ohr ans Schlüsselloch.

    Hinter der Tür tönte ein Ausschnitt einer Ballade, von der Frauke lediglich die Oberstimme zu hören bekam, solcherart, als lausche man einem schmerzerfüllten Klavierstück von Brahms, das vorerst  zu Übungszwecken nur mit der rechten Hand zusammengefingert wird. 

    Dies war beileibe nicht das erste mal, daß sich Fraukes Ohr wie ein Saugnapf ans Schlüsselloch sog, bevor es mit einem leisen, eher fühl- denn hörbaren Plopp wieder abgezogen wurde, um auch das Auge zum Zuge kommen zu lassen. Die belauschten Telefonate wurden meist in Rondoform abgehalten und das leidige Thema drehte sich im Kreise: „Du hast gesagt, daß du mit Erdmute vernünftig reden wirst! Vernümbfdich – hast du gesagt. Ich hab´s doch noch im Ohr!“

   Dem Rondothema folgten Worte in zweierlei Gefühlsschattierungen: Beschwichtigend, wie anzunehmen, und bockig-jeremiadelig.

Es war immer das Gleiche.

  Hilde war in einem Schraubstock der Gefühle eingeklemmt, aus dem es kein Entrinnen mehr gab.

   Nun hatte sie wieder ihre so sorgsam vorgeprobten Worte angebracht:  Ewig mache sie dieses Spielchen nicht mehr mit. Sie sei ihr Leben als Konkubine leid - und wie lange soll sich dieses „vernümbfdje Gespräch“ von dem doch immer wieder die Rede ist, denn noch hinziehen?  Hilde saß im Schneidersitz auf dem Boden, das Gesicht tränenüberströmt. Die vom Quell des Schmerz´ benetzten Lippen bebten leicht.

   Frauke rieb sich innerlich die Hände, während sie an den Professor dachte.

   Die Lippen einer Dame schienen Professor Jorberg eher dazu gedacht, mit einem  Kuß  verschlossen zu werden, auf daß ihnen nicht allzu viele törichte Worte entweichen. Und auch wenn er dererlei mit einem leisen Augenzwinkern zu denken pflegte, so dachte er es  eben doch.

        Unabhängig voneinander erschien Hilde und Frauke das Semesterende als warmes Wannenbad, das zu verlassen man nun genötigt war.

  Die verbliebene Zeit schrumpft.

Der Knöchel eines gebogenen Zeigefingers klopft hart an die Türe:

„Mach mal!“ bellt eine unfreundliche Stimme.

   Man könnte etliche Beispiele heranziehen, um die Gefühle der beiden Musikstudentinnen in Form äquivalenter Szenen zu beschreiben, sollte sich jedoch zügeln. Ein letztes Bild, um dem Leser das Empfinden von Frauke und Hilde zu vermitteln, kann ich mir dennoch nicht verkneifen:

   Das vergangene Semester darf man sich als Spinnweb vorstellen, das - kaum zuende gesponnen - bereits von einem Staubsaugerrohr hinweggesaugt zu werden droht. Aus Erfahrung klug wußte man, daß man im Oktober Mühe haben würde, dort anzuknüpfen, wovon man sich nun notgedrungen entfernen musste. Nach diesen neunzig Tagen wäre die Welt eine andere: Man selber fülliger und hässlicher, ER, dem man entgegengeschmachtet hat, von der Sonne unvorteilhaft gebräunt, ebenfalls hässlicher und fülliger, und die alte Vertrautheit, wenn überhaupt, wird sich nur zögerlich einstellen.

I

Frauke

Montag, 2. Juli 1990

 Soeben hatte Frauke Geigenkasten und Rucksack auf der Gepäckschiene über dem Kopf eines Senioren verstaut und gedachte nun den schlanken Kriminalroman zur Hand zu nehmen, den sie zehn Minuten zuvor in der Bahnhofsbuchhandlung geklaut hatte.

  „Ist das eine Gitarre?“ interessierte sich eine alte Dame.

   Wie der Schnabel eines Vögleins war ein mit feinem Aderngeflecht durchsetztes violettes Näschen fragend auf Frauke gerichtet.

   „Nein - eine Geige!“ antwortete Frauke scheinbar  artig.

   „Da gibt es ja gewiss Unterformen?“

   Das Schnäblein, umrahmt von einem welken, mit törichtem Ausdruck überzogenen Gesicht, bohrte sich in aufdringlichem Interesse in Fraukes Blickfeld und Privatleben.     

   „Natürlich!“ lachte Frauke, „Unterformen gibt es doch von so quasi allem, oder? Eine Unterform des Menschen ist beispielsweise der Affe, und eine Unterform des Affen wiederum der Zwergaffe - beispielsweise in Form eines Schlüsselanhängers, den man als Treueprämie erhalten hat.“

   Sie zog ihren Schlüsselbund hervor an dem ein lächelnder kleiner Zwergaffe befestigt war, und klapperte in leicht gönnerhafter Belustigung damit herum.

   Mit einem solch ausufernd üppigen Schwall an Worten und Wortesworten auf eine kleine Frage hin hatte die alte Dame gar nicht gerechnet. Sie war es gewohnt angeschwiegen zu werden (von Ehemann Walter), oder aber einsilbige (von Enkel Torben) oder gar patzige Antworten zu bekommen (von Sohn Klaus und Schwiegertochter Karen).

   Dies, was hier kursiv zu lesen steht, zog Frauke durchs Hirn. Frauke hatte die Gewohnheit, blitzschnell allerlei über ihre Mitmenschen zusammenzumutmaßen und sich hernach nur höchst ungern von diesem Zusammengemutmaßten zu trennen. 

  Die Geige in Fraukes Kasten war in vieler Hinsicht tatsächlich eine Unterform. Als Frauke vier Jahre zuvor in die entgegengesetzte Richtung gereist war, befand sich im selben Kasten eine gänzlich andere Violine. Ein sündhaft teures italienisches Instrument,    das der mittlerweile verstorbene Onkel Helmut seiner Nichte als Leihgabe für die Dauer ihres Studiums zur Verfügung gestellt hatte.

  Die Eisenbahn, in ihrem Vorwärtsdrall zunächst alt, eingerostet und schnaufend wirkend, schien sich zu straffen und nahm an Fahrt auf. Die Reise führte in die Vergangenheit, und auch die Eisenbahn schien sich selber durch einen Jungbrunnen zu jagen.

   „Spielen Sie schon lange?“

   Frauke bog und knetete den gestohlenen schlanken Roman unschlüssig in Händen. Wieder stand sie an einer Weggabelung und war gezwungen, sich zu entscheiden, welcher Weg wohl einzuschlagen sei?  Zwei Möglichkeiten standen zur Auswahl:

   Möglichkeit A: Nach einer einsilbigen Antwort („Ja“) das Buch zu öffnen und loszulesen, oder aber B dies simple Frage-Antwortspiel in eine Bekanntschaft münden zu lassen, die vielleicht nicht ohne Reiz wäre. Worte vom verstorbenen Onkel Helmut traten ihr in den Sinn: „Ob Glück oder Unglück – das wird die Zukunft zeigen.“

  An dieser Stelle muß leider so allmählich eingeflochten werden, daß Frauke an zwei äußerst befremdlichen charakterlichen Eigenschaften krankte.

  Doch wo viel Schatten, da viel Licht, und  von Letzterem sei zunächst berichtet: Da war zum einen Fraukes liebenswertes, gewinnendes Wesen. Ihre Freundlichkeit und Zugewandtheit. Eine besondere Fürsorglichkeit gegenüber Alten, Schwachen und Gebeugten. Hervorzuheben wäre auch ihre Gemütlichkeit, die sie wohltuend von den hektischen Vorwärtsstreblingen und Ehrgeizlingen der Musikhochschule abhob, auch wenn sich böse Zungen über Fraukes Neigung herumzusitzen, Kaffee zu trinken und „es sich gut gehen zu lassen“ zuweilen spöttische Bemerkungen erlaubten. 

   Um Fraukes Schattenseiten angemessen zu beschreiben, müsste man jedoch ein wenig ausholen:

   Der berühmte Hit „Flieg nicht so hoch, mein kleiner Freund!“ schien ihr Leitmotto,  hochtrabende Pläne und Ziele der Kommilitonen mit giftgefüllten Pfeilen in Form ironisierter Höflichkeiten, unter deren Oberfläche blanker Hohn brodelte, zum Zerplatzen zu bringen. Nicht anders, als ein boshafter Mensch, der seine glühende Zigarette kurz an einen wunderschönen Luftballon drückt, der von einem frohen Kind stolz an der Leine in die Höhe gehalten wird.

   Frauke fügte anderen gern kleine Bosheiten zu und redete sich ein, dies geschähe zu deren Besten, wenn es mal als „gute Tat“ deklariert werden darf, andere davor zu bewahren „abzuheben“, und vor einem tiefen Fall zu schützen. 

   Andererseits könnten begütigende Zungen die nun folgenden weiteren Eigenschaften zu Fraukes Gunsten auslegen:

    Frauke verharrte nicht gerne in Sackgassen oberflächlichen Schmalspurgeplappers. Ihr war es von je her ein nicht niederzuknüppelndes Bedürfnis, Gesprächen schon bald eine scharfe Wendung zu verpassen und ihr Gegenüber zu einem Wortduell herauszufordern, wobei sie sich gelegentlich gar als Anwältin einer Meinung versuchte, die der ihrigen diametral entgegenlief.

   Meinungsgleichklang, von anderen als wohltuend und verbindend empfunden, tönte in Fraukes Sinnen hohl wie Quintparallelen.

   Sicherlich frägt sich der Leser auch bereits, warum Frauke den Roman in der Bahnhofsbuchhandlung  gestohlen hat, statt ihn ordnungsgemäß zu bezahlen? Wobei wir nun schon bei der zweiten ihrer zweifelhaften Charaktereigenheiten wären: Der dreiste Diebstahl geschah weniger aus Bosheit - das auch - aber hauptsächlich, weil sich in ihrem Inneren eine fest einge1rastete  Geldausgabensperre befand. Vergleichbar mit der Nahrungsaufnahmssperre eines magersüchtigen Frauenzimmers.  Geizig war Frauke jedoch keinesfalls - und schon gar nicht mit ihrer Zeit. Es handelte sich ganz einfach um eine Blockade. Eine Unfähigkeit. Und aus dieser ratlos stimmenden Erklärung erwächst sich alsbald die nächste Frage: Wie kann es angehen, daß Frauke hier in dieser Geschichte in der Eisenbahn sitzt? Handelt es sich bei ihr womöglich um eine Schwarzfahrerin, die seelenruhig ihrem Unglück entgegenfährt? Nein, und ob oder wie sie ihrem Unglück entgegenfuhr wird sich zeigen.

   Im zusammengequetschten roten Rucksack über dem Haupt des Senioren, von dem zu Buchbeginn schon einmal kurz die Rede war, befand sich die Fahrkarte, die Fraukes Mutter, verbunden mit ein paar dürrwörtigen Zeilen geschickt hatte.

  Frauke fuhr zur Beerdigung ihres Vaters, der betrunken Auto gefahren und dabei verunfallt war, und zu diesem traurigen Anlass wünschte die Mutter eine musikalische Einlage in der Kirche. Zu Ehren des Verblichenen sollte Frauke Onkel Helmuts Violine erklingen lassen.     

 „Wie meinen Sie das jetzt?“

   Über den Sonnenschein in Fraukes Gesicht glitt ein graues Wölkchen. Mit leicht vibrierendem Haupt  wandte sie sich ihrem Gegenüber zu – solcherart als habe die alte Dame etwas höchst Irritierendes von sich gegeben.

   „Na, ich meine - haben Sie schon sehr früh mit dem Geigenspiel begonnen?“

Cimglett

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Re: Romanbeginn
« Antwort #1 am: 02 March 2023, 23:03:00 »
Hallo Kika10! Stell dich doch erstmal in der Teufelsliste vor, bevor du uns mit deinen Werken überschwemmst. :) Und hier im Forum gilt meines Wissens immer noch die Regel: Erst andere Beiträge rösten, bevor du selbst einen Text auf den Rost wirfst!

LG Cimglett

merin

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Re: Romanbeginn
« Antwort #2 am: 03 March 2023, 16:30:35 »
Hallo Kika,

ich stimme Cimglett zu: Du bist hier gleich in mehrere Fettnäpfe getreten:

1. Du hast die nötigen 6 Beiträge nicht gesammelt
2. Du hast das falsche Forum verwendet und damit den Text nicht einem Genre zugeordnet
3. Du hast nicht Hallo gesagt (das ist keine Regel, aber es ist trotzdem nett, es zu tun).

Ich werde diesen Beitrag schließen und auf den Rost verschieben (da du Psycho sagst, mache ich "Pulsbeschleuniger" draus, falls das nicht passt, verschiebe ich ihn dann weiter). Ich mache ihn wieder auf, wenn du deine sechs Beiträge gesammelt hast.

Bitte stelle dich doch im entsprechenden Unterforum ("Teufelsliste") vor und beteilige dich erst etwas, um zu zeigen, dass du etwas beitragen magst. Dann beschäftigen wir uns auch gern mit deinem Text.
Solltest du Hilfe im Forum brauchen, ist das Forumforum, wo du gepostet hattest, das richtige, um Fragen zu stellen.

Viele Grüße und viel Spaß beim Eingewöhnen
merin (für das Modteam)
« Letzte Änderung: 03 March 2023, 16:32:18 von merin »
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.