Teufelszeug > virtueller Schreibratgeber
Schreiben lernen - Handwerk polieren
merin:
Heute habe ich Writing Excuses 18.49 gehört "Giving your Story A Voice". Inzwischen weiß ich ja schon, dass Kowal immer einfache Kategoriesysteme anbietet. Hier ist das etwas zu der Stimme eines Textes auf verschiedenen Ebenen, was für mich so wenig eingängig war, dass ich es vergessen habe. Aber was ich mitgenommen habe und was ja auch einleuchtend (und nicht neu für mich) ist: Es gibt Dinge, die wir durch Handwerkszeug bewusst wählen und ändern können, wie Perspektive und Genre, und dann noch Dinge, die wir kaum beeinflussen können, wie unsere je eigene Erzählstimme. Schreibenlernen heißt immer, diese eigene Stimme zu finden und zu trainieren und dabei nicht davor zurückzuschrecken, im Text sichtbar zu werden. Diese Angst vor dem Sichtbarwerden, das kenne ich durchaus.
Die Hosts des Podcasts sprechen außerdem darüber, wie sich die Stimmen der Figuren mit unserer je eigenen Erzählstimme überlagern und wie mensch daran arbeiten kann, diese Stimmen zu perfektionieren. Welche Vergleiche wählt eine Figur, wie spricht sie mit wem, wie unterscheidet sich Gedachtes von Gesagtem? Erin Roberts erzählt davon, wie sie Aufnahmen von Sprecher*innen eines bestimmten Dialekts angehört hat, um in einer Kurzgeschichte den richtigen Ton zu treffen. Dabei geht es nicht darum, den Dialekt oder Akzent zu persiflieren (was verletzend sein kann für die Personen, die ihn sprechen), sondern etwas im Sprachfluss, dem Tempo oder Wortschatz zu finden, was sich gut umsetzen lässt. Ich kenne ehrlich gesagt keine Person, die sich für eine Kurzgeschichte so viel Arbeit gemacht hat. Und habe so eine weitere Antwort auf die Frage gefunden, warum ich so wenige wirklich gute deutsche phantastische KGs finde.
Die Autor*innen berichten außerdem davon, dass sie bestimmte Musik hören oder Autor*innen lesen, um vor dem Schreiben in die richtige Stimmung zu kommen. Als Hausaufgabe schlagen sie vor, im Café oder einem Podcast einer Person zuzuhören und einen Dialog zu schreiben, in dem die Art dieser Person, zu sprechen, eingefangen ist.
Wow, das halte ich für eine schwierige Übung. Aber vielleicht sollte ich es mal probieren.
merin:
Heute habe ich Folge 18.43: Worldbuilding in Miniature gehört. Es geht um Weltenbau in Kurzgeschichten. Was ich mitgenommen habe:
- ein Weltenbauelement, das mehr als zwei Sätze Erklärung braucht, sollte wahrscheinlich verworfen werden
- nicht alle Figuren haben dasselbe Wissen über die Welt
- es gibt Weltenbau, der Verzierung ist, und Weltenbau, der zentral ist. Genaues Wissen brauche ich als Autorens nur über die zentralen Dinge. Wenn eine Verzierung mehr als einmal erwähnt wird, wird sie zentral und ich kreiere die Erwartung, dass damit etwas passiert
- eine Anfangsmöglichkeit für eine Geschichtenidee ist ein Satz "Was wäre wenn ..." und die Frage, wer dann leidet.
Hausaufgabe:
Nimm ein umfassendes Weltenbaukonzept und daraus ein oder zwei ikonische Elemente. Schreibe eine Szene, in der dieses Element eine Schlüsselrolle spielt.
Lartaigh:
Hey merin,
kein inhaltlicher Beitrag, aber ich lese hier immer fleißig, wenn du zusammenfasst und freue mich drüber. Danke!
VG
Lartaigh
merin:
Das ist gut zu wissen. Ich habe mich nämlich schon gefragt, ob das überhaupt für irgendwen interessant ist, was ich hier tue.
Mimesis:
Ich möchte mich ebenfalls für deine Zusammenfassungen und Reflexionen bedanken, merin. Du bringst vielschichtige Gedanken ein.
Beim Thema "Weltenbau" stimme ich den Podcastern übrigens nicht ganz zu: Für das Werk sind am Ende nur die zentralen Elemente wichtig, das stimmt. Ich würde aber argumentieren, dass wir Autor:innen beim Weltenbasteln selbst auch von den Verzierungen profitieren.
Ich bastel ja keine Fantasy-/SciFi-Welten, aber auch Realwelt-Settings verlangen einen sorgfältigen Aufbau. Beispielsweise habe ich für mein aktuelles Projekt eine Jahrzehnte überspannende Liste von Schulklassen erstellt. Aus Podcast-Sicht wahrscheinlich größtenteils Verzierung, da die ganzen Kinder, die ich mir dafür ausgedacht habe, nie eine Rolle in der Geschichte selbst spielen werden, auch ihre Familien nicht. Aber für mich war es sehr wichtig, diese Liste zu entwickeln, weil ich darüber die soziale Dynamik in dem Ort, über den ich schreibe, durchblicken und weiterentwickeln konnte.
Das heißt: Manchmal führt der Weg zum Zentrum über die Verzierung.
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