19 April 2024, 08:00:44

Autor Thema: Wie entsteht Spannung?  (Gelesen 24099 mal)

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merin

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Wie entsteht Spannung?
« am: 11 January 2014, 19:08:42 »
Da es in der CARGO-Röstung aufkam, würde ich dazu anregen, es hier weiter zu diskutieren. :biggrin:
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

Haramis

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #1 am: 11 January 2014, 23:26:44 »
Durch ungelöste Fragen, die sich durch den Roman ziehen. Der Leser möchte früher oder später die Auflösung wissen und bleibt am Ball.

Uli

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #2 am: 11 January 2014, 23:35:23 »
Ehrlich? Ich habe nicht die geringste Ahnung.

Dafür weiß ich recht gut, was Spannung zerstört: Dummheiten aller Art, vor allem solche von Seiten des Anthas, Polizisten, die in den Krankenstand gehören und unglücklich verliebte Pathologinen. Gähn.
Übertroffen wird das von prophezeiten ErlöserInnen mit übersenilen Kräften und einer Bestimmung ... ach, die Liste ist lang.

Damit ich 'Spannung' empfinde, muß mich das interessieren, und damit mein Interesse geweckt wird, muß ich zumindest erahnen, daß die Sache nicht 08-15 zusammengebaut ist.

Oh: Unterhaltend kann so ein Normschreib-Roman ja trotzdem sein, keine Frage ...

Mooncat

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #3 am: 12 January 2014, 00:40:15 »
Das mit der Dummheit unterschreib ich. Nichts ist so ablöschend wie Charas, die sich einfach nur völlig dumm verhalten. Oder absehbar. Oder ewig herumsinnieren an etwas völlig uninteressantem anstatt sich um die wirklichen Probleme zu kümmern.

Schlussendlich ist es aber auch Geschmackssache. Für mich sind z.b. Beschreibungen ein totaler Killer. Egal wie schön und toll was vielleicht beschrieben ist, wenn es zu viel ist tötet es für mich jede Spannung. Warum ich die Verfilmungen von Stieg Larsen, Tolkien und Martin auch um Längen besser finde als diese endlosen Niedergüssen an Beschreibungen in den Büchern. Wo jetzt viele hier den Kopf schütteln werden und lauthals protestieren werden. Genau so wie ich protestieren würde, wenn sie einige der Romane, die ich nicht aus der Hand legen kann, selbst wenn ich sie zum xten Mal lese, auseinander nehmen würden. Das hier soll auch nicht Anstein zur Diskussion sein. Nur verdeutlichen, wie du hier keine generelle Antwort erwarten kannst. Was dem einen ein Hook ist, ist dem anderen ein Ablöscher.

Aber einige Elemente können wir vielleicht zusammentragen, die helfen, einen guten Spannungsbogen aufzubauen und zu tragen:

Generell sind Fragen sicher schon einmal ein guter Ansatz. Wobei auch da, einige Antworten müssen zwischendurch schon kommen, denn wenn ich gar nichts bekomme, bin ich auch schnell frustriert und verliere das Interesse.

Interesse wecken - auch ein wichtiger Faktor. Nur, wie langsam bekannt sein sollte, die Interessen der Menschen sind sehr verschieden. Dein Interesse wird vielleicht durch Alltag und Babies und was weiss ich geweckt. Damit kann man mich jagen. Gib mir einen Vampir, oder einen Serienkiller, oder einen Alien oder einen Elfen und ich bin grundsätzlich schon mal interessiert.

Tempo - für mich muss ein Buch Tempo haben. Wobei die einen den Trott vorziehen, die anderen wiederum den fünften Gang. Ich z.B. muss Action haben. Irgendetwas muss passieren, bitte gern gleich von Anfang an.

Konflikt - so ziemlich jeder wird dir sagen, das wichtigste ist auch, dass du Konfliktpotential hast, das sich möglichst schnell abzeichnet. Eigentlich würde ich da liebend gerne widersprechen. Leider aber muss ich feststellen, dass ein bisschen Salz selbst im FriedeFreudeEierKuchen nicht fehlen sollte. Schön dabei wäre es, Klischees zu vermeiden. Was fast unmöglich ist, heutzutage. Also musst du halt wissen, wie du mit den Klischees umgehen willst. Vielleicht sogar spielen kannst.

Humor - ja, auch das gehört für mich zur Spannung dazu. Und ist es noch so traurig, zwischendurch muss ich auch mal lachen können. Ist auch ein wunderbares Mittel, um Spannungswellen weiterzutragen. Zumindest für mich.

Logik - und ist deine Geschichte noch so verrückt, wenn sie nicht nachvollziehbar bleibt und zumindest halbwegs logisch ist (wobei das ruhig der Logik deiner Welt folgen kann, sie muss einfach erkennbar und verständlich sein), ist Hopfen und Malz verloren.

Charaktere - sollten einnehmend sein und so aufgebaut sein, dass die Leser sich etwas darum scheren, was mit den Charas passiert. Gelingt es dir, einnehmende, spannende Charaktere und Beziehungen aufzubauen, ist die halbe Arbeit schon getan. Fehlen sie, ist alles andere egal.

So. Andere haben sicher auch noch den einen oder anderen Faktor anzufügen. Oder sind gar nicht meiner Meinung. Mal sehen ...
« Letzte Änderung: 12 January 2014, 00:41:55 von Mooncat »
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Viskey

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #4 am: 12 January 2014, 01:06:13 »
Ich glaube, der wichtigste Punkt ist: Verbundenheit mit den handelnden Figuren. Egal, was passiert, wenn ich kein Interesse an den Beteiligten habe, ist es mir wurscht, ob gleich um die Ecke der wilde Axtmörder steht und der jungen Mutter mit ihren drei kleinen Kindern auflauert, oder ob Omma Hedwig jetzt die Millionenfrage beantworten wird können oder nicht.

Auch ganz wichtig: Immer wieder mal ruhige Passagen einstreuen. Wenn dauernd was los ist, bekomme ich Stress, und dann tu ich die Geschichte weg. Weil das ist dann nicht mehr spannend, sondern einfach nur anstrengend.
"There is no such thing as bad work, just unfinished work." - Eric Idle

Fabian

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #5 am: 12 January 2014, 02:28:15 »
Neulich habe ich ein Buch gelesen, einen echten Schinken, 1100 Seiten schwer.

In dem Roman geht es um ein paar Jahre in einer großen Zeit, die Dinge entwickeln sich, am Anfang sind sie so, am Ende anders, aber all das ist den meisten Lesern schon bekannt, bevor sie die erste Seite überhaupt gelesen haben.

Viele Figuren treten auf (das Personenverzeichnis umfasst gut 4 Seiten mit ca. 160 Namen, auch die sind dem Leser zu einem großen Teil bereits bekannt, bevor er mit dem Lesen beginnt),

Es gibt keinen Helden und keinen Schurken, aber es geschehen kleine Heldentaten  und große Verbrechen.

Die Geschichte geht ihren bekannten Gang, die Charaktere entwickeln sich, sie verwandeln sich, sie beschäftigen sich mit kleinen und mit großen Dingen, sie gehen von einem Zustand in einen anderen über, aber die Geschichte führt uns vom Pfad des Bekannten nicht weg, es gibt für uns keine überraschenden Wendungen.

Das Ende ist das Ende, von dem wir schon wussten, von Anfang an - und ich habe diesem - bekannten - Ende entgegen gefiebert und konnte das Buch kaum aus der Hand legen.

Jetzt soll ich mich fragen: "wie entsteht Spannung?", und ich muss zu meiner Schande gestehen, ich weiß es nicht, ich weiß nicht einmal, ob es in der Absicht der Autorin gelegen hat, Spannung zu erzeugen.

Ich fürchte, ich hätte das Buch ganz anders lesen müssen, um die Frage beantworten zu können - und das wäre dann wahrscheinlich kein spannendes Leseerlebnis geworden. Wenn ich es recht bedenke, hätte ich mich wahrscheinlich sogar aufspalten müssen, in einen Teil, der sich fesseln läßt, und in einen anderen Teil, der sich dabei introspektiv beobachtet und mitschreibt. Diesen Gedanken verfolge ich heute abend lieber nicht weiter.

Trippelschritt

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #6 am: 12 January 2014, 09:04:19 »
Spannung entsteht durch Erwartung und Hinauszögern eines Ereignisses.
Während bei einer Überraschung alls normal ist, und dann etwas Unerwartetes passiert, basiert Spannung auf Dingen, die nicht der Normalität entsprechen. Also auf Vorboten.

Grundvoraussetzung für jede Spannung ist, dass der Leser bereits in die Geschichte eingetaucht ist. Gelingt das dem Schreiber nicht, braucht er über Spannung nicht nachzudenken. Ebenso haben viele Spannungselementen etwas mit den Figuren zu tun. Je wichtiger die Figur für den Leser, desto größer die Spannung, die sich entwickeln lässt. Es muss also ein Band entstehen zwischen Figur und Leser.

Die Möglichkeiten, Spannung aufzubauen sind vielfältig und umfassen fast alle Bereiche des Schreibens.
Wer sich für einzelne Möglichkeiten interessiert, kann einiges nachlesen in:

Francois Truffaut: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? Heyne München, 2009

Das ganze Buch ein einziges Interview. Ich kann es nur empfehlen.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Wer bin ich, wer war ich, wer werde ich sein?

Windstoß

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #7 am: 12 January 2014, 18:08:44 »
Die klassische Spannung entsteht bei mir, wenn ich mit dem Prota mitfiebere, wenn ich eine Beziehung zu ihm habe und unbedingt wissen will, wie es weitergeht/ausgeht.
oder
Wenn die Welt, das Setting, der Plot interessante Fragen aufwerfen und das eigene Denken, die eigene Fantasie anregen.

Seit ich selber schreibe, achte ich allerdings viel mehr auf den Autor, auf die Schreibweise, die Vorgehensweise, die Ausgestaltung der Geschichte. Spannung entsteht so bei Brüchen und Wendungen, unvorhergesehenen Perspektivwechseln oder Ortsveränderungen - wo ich sage: Wow, was machte der Autor denn jetzt, wie geht das weiter oder wie kommt er da wieder raus?

Grundvoraussetzung für jede Spannung ist, dass der Leser bereits in die Geschichte eingetaucht ist. Gelingt das dem Schreiber nicht, braucht er über Spannung nicht nachzudenken.
Das ist genau der Punkt, Trippelschritt.   :)
Die Frage, die sich anschließt lautet also: Wie ziehe ich den Leser in die Geschichte?

Parzifal

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #8 am: 12 January 2014, 18:15:58 »
Zitat
Die Frage, die sich anschließt lautet also: Wie ziehe ich den Leser in die Geschichte?

Antwort: Mit Spannung! :klug:
Wobei wir wieder bei der Frage wären: Wie wird sie erzeugt?  :watchout:

Edit: Ich würde gerne etwas Konkretes dazu sagen. Aber diese Begriffsverwirrung, die hier betrieben wird, und dieses Zusammenwerfen von Schubladen (die nicht zusammen gehören) schreckt mich ab. Charakterentwicklung hat nichts (oder nur indirekt) mit Spannung zu tun. Um Spannung zu erzeugen, gibt es ganz klare handwerkliche Techniken, die greifbar und anwendbar sind (muss ich auch noch dran arbeiten) Ich habe so das Gefühl, dass dieser Punkt wenig Anerkennung findet - oder bin ich da auf dem Holzweg? ;)
« Letzte Änderung: 12 January 2014, 18:21:36 von Parzifal »

Uli

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #9 am: 12 January 2014, 18:34:25 »
ja:

damit du deine Techniken ausspielen kannst, musst du mich erstmal dazu bewegen, so weit zu lesen, daß die funktionieren. Und wenn du mit einer nervenzerfetzenden Szene anfängst (Variante 34567) gähne ich höchstens ...

Windstoß

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #10 am: 12 January 2014, 18:36:35 »
Zitat
Die Frage, die sich anschließt lautet also: Wie ziehe ich den Leser in die Geschichte?

Antwort: Mit Spannung! :klug:
Das ist eine Methode, aber nicht jede Geschichte muss so beginnen.
Ich verstehe Trippelschritt so, dass der Leser - auf welche Art auch immer - in der Geschichte drin sein muss, weil er sonst gar keine Spannung empfindet, selbst wenn der Autor versucht hat, diese hineinzuschreiben. Selbst wenn die spannende Stelle - für sich genommen - auch wirklich spannend ist, nützt das nichts mehr, weil das beim Leser nicht ankommt.

Parzifal

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #11 am: 12 January 2014, 18:43:36 »
@ Uli
Man kann die Spannung ja auch allmählich aufbauen.  ;)

Zitat
Das ist eine Methode, aber nicht jede Geschichte muss so beginnen.
Ich verstehe Trippelschritt so, dass der Leser - auf welche Art auch immer - in der Geschichte drin sein muss, weil er sonst gar keine Spannung empfindet, selbst wenn der Autor versucht hat, diese hineinzuschreiben. Selbst wenn die spannende Stelle - für sich genommen - auch wirklich spannend ist, nützt das nichts mehr, weil das beim Leser nicht ankommt.

Wenn die Stelle beim Leser nicht ankommt, dann ist sie nicht spannend. Spannung ist eine dermaßen zwingende Energie, dass sie garantiert immer ankommt. Das "wo" in der Geschichte kann auf vielfältige Art geschehen. Viel interessanter finde ich das "wie" erzeuge ich sie.

1. Ein kontroverser Dialog z.B. kann Spannung erzeugen. Dabei ist (für die Spannung) primär die Kontroverse (nicht die Protas) wichtig. Kontroverse, zwischen wem auch immer, ist spannend.
2. Der Autor stellt etwas in den Raum, was erst nach und nach offensichtlich wird - auch das kann
Spannung erzeugen.
3. Eine gefährliche Situation entsteht, die so oder so ausgehen kann. Der Autor schiebt die Auflösung derselben hinaus und erzeugt Spannung.

Desweiteren gibt es eine kurzzeitige Spannung, die nur eine Szene lang dauern kann. Oder permanente Spannung, die einen ganzen Roman lang unterschwellig vorhanden ist. Beispiel wäre "Der Schakal" von Frederick Forsyth. Wird der Killer das Attentat ausführen können oder nicht? Permanente Spannung, die über das ganze Buch vorhanden ist.

Jetzt hab ich doch was gesagt, hm ...  :rotwerd: 
Edit: Vielleicht erzeuge ich, durch meine kontroverse Meinung, ja auch ein bisschen Spannung in diesem Thread! :cheer:
« Letzte Änderung: 12 January 2014, 19:02:38 von Parzifal »

Fabian

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #12 am: 12 January 2014, 18:51:47 »
Zitat
Die Frage, die sich anschließt lautet also: Wie ziehe ich den Leser in die Geschichte?

Antwort: Mit Spannung! :klug:
Wobei wir wieder bei der Frage wären: Wie wird sie erzeugt?  :watchout:

Die beiden Fragen wie entsteht / womit erzeugt man Spannung lassen sich wohl nicht voneinander trennen.

Der Autor kann alles mögliche beim Schreiben berücksichtigen und einbauen - die Spannung (oder Langeweile) selbst entsteht doch erst beim Leser, denke ich.

Also sollte man beide Aspekte im Zusammenhang sehen und gemeinsam ins Auge fassen: die Wirkung beim Leser und die Methoden und Fertigkeiten der Autoren.
In Bezug auf den ersten Punkt - vielleicht können in dieser Hinsicht Informationen, wie sie sich möglicherweise in Verlagen ansammeln, hilfreich sein, oder eine entsprechende Kommunikation Autor-Leser auf den einschlägigen Publikums-Plattformen.
Zum zweiten Punkt steht uns ja das Original-Material zur Analyse zur Verfügung.

Bateman

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #13 am: 12 January 2014, 19:07:38 »
Zitat
Antwort: Mit Spannung!

Spannung ist ein ERGEBNIS und keine METHODE!

Wo wird hier Begriffsverwirrung betrieben?

Zitat
Charakterentwicklung hat nichts (oder nur indirekt) mit Spannung zu tun.

Genau da bist du auf dem Holzweg. Charaktere sind erstmal die Grundlage von allem. Ohne dass ich mich für Figuren interessiere, fiebere ich auch nicht mit ihnen mit.

Du gehst den ganzen Aspekt der Spannung für mich zu technisch an.

Ein Dialog zwischen zwei Figuren ist nur dann spannend, wenn ich weiß, was der Gegenstand des Dialoges den beiden Figuren bedeutet.
Eine gefährliche Situation erzeugt erst dann Spannung, wenn ich um das Leben (oder was auch immer) meiner heiß geliebten Figur fürchte.
Auch das Geheimnis, das nach und nach gelüftet wird, erzeugt nur dann Spannung, wenn das Geheimnis unmittelbare Auswirkungen auf das Schicksal meiner Figur hat. Nach und nach das Geheimnis um das Heilmittel von Krebs zu enthüllen ist nicht spannend, wenn mein Prota nicht eben daran erkrankt ist (blödes Beispiel, ich weiß. Mir fällt grad nichts besseres ein  :biggrin:)

Parzifal

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #14 am: 12 January 2014, 19:16:50 »
Ist das nicht spannend? (Punkt 1 meiner Liste: Kontroverser Dialog)  :diablo:

Alles schön und recht, was du da sagst, Bateman, bezweifle ich ja nicht.
Mich interessiert an Spannung aber in erster Linie, mit welchen Mitteln ich sie erzeuge (ganz allgemein und isoliert betrachtet) ohne dass ich gleich wieder über die Wichtigkeit von Figuren palavern muss. Auch wenn du meine Ansicht nicht teilst - weißt du, was ich meine? ;)
« Letzte Änderung: 12 January 2014, 19:19:18 von Parzifal »

Uli

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #15 am: 12 January 2014, 19:22:31 »
ähm, nein: Ein kontroverser Dialog ist für sich genommen keineswegs spannend: Da muß irgendwas dazukommen.

Mich interessiert das Thema nicht? Und die Beteiligten auch nicht? Dann können die kontrovers sein, wie sie wollen ich gähne (wie jeden Tag, wenn die Kontroverse mal wieder von FCB vs BVB oder Daimler vs BMW handelt.

eine künstlich verlängerte Situation? Da blätter ich gelangweilt um, oder murmele ,Seitenschinder' und schmeiße das Buch weg.

Und ja, genau: Auf Seite fünd gerät der titelhels sowas von in Gefahr ... GÄääähhhhn ...

Du musst mich immer erst interessieren, bevor du auch nur den Hauch einer Chance auf  Spannung hast.

Parzifal

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #16 am: 12 January 2014, 19:30:03 »
Mit geht es nicht um spezielle Situationen in einer Geschichte, sondern rein um die Spannung an sich. Wie erzeuge ich sie - ganz allgemein gesprochen. Wie sie dann speziell in einer Geschichte angewendet wird (darum geht es dir hauptsächlich, Uli) ist wieder eine andere Sache.  ;)



Bateman

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #17 am: 12 January 2014, 19:37:19 »
Zitat
weißt du, was ich meine?
OK, ja, verstehe ich. Die Diskussion hab ich ja nicht angestoßen :)

Also wenn wir uns einig sind über die Grundlage (Figuren! Setting! usw.), was du zuvor bestritten hast, dann können wir uns weitergehend über Spannungsmechanismen unterhalten.

Ich war im letzten Sommer bei einem Workshop von Andreas Eschbach zum Thema Spannung. Und was er zu sagen hatte, war im Grunde ganz simpel. Wie das ganze Thema: In der Theorie ganz simpel, sehr schwer zu meistern.

Er sagte das, was wir uns auch alle denken können: Neugierig machen.

Das geht zum Beispiel mit Vorausdeutungen - die nicht immer in Form von "In einer Woche würde er sterben" kommen müssen. Man kann auch subtile Andeutungen im Text streuen, aus denen der Leser sich seine Ahnungen selbst zusammen puzzeln kann.

Chekhovs Gun ist ein Beispiel dafür. Auch ein Mittel, mit dem man vorsichtig sein muss, da es inzwischen zum Klischee geworden ist. Wenn irgendwo eine Waffe auftaucht, weiß der Leser mittlerweile, dass sie irgendwann eingesetzt wird.

Eschbachs Tipp dazu: Die Waffe zuvor für etwas Banales einsetzen, zum Beispiel um eine Ratte zu töten. Der Leser denkt, die Waffe ist abgehakt und kann wieder mitfiebern, wie in einer bestimmten Situation die Rettung kommen soll.

Ein tolles Beispiel von Chekhovs Gun (ohne Ratte) ist der Heizofen in Stephen Kings "Shining".

Ein weiteres Mittel, um Spannung aufzubauen, nannte Eschbach "Kognitive Dissonanz" und meinte damit: Am Anfang der Geschichte, möglicherweise sogar im ersten Satz, eine Verwirrung im Leser stiften, etwas scheinbar Unmögliches, oder einen überaus seltsamen Umstand beschreiben.

Das machst du, Parzifal,  zum Beispiel im allerersten Abschnitt deiner auf dem Rost liegenden Geschichte sehr gut.

Parzifal

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #18 am: 12 January 2014, 19:47:45 »
Zitat
Also wenn wir uns einig sind über die Grundlage (Figuren! Setting! usw.), was du zuvor bestritten hast, dann können wir uns weitergehend über Spannungsmechanismen unterhalten.

Das bestreite ich natürlich nicht.
Spannungsmechanismen - nach dem Ausdruck hab ich gesucht!  ;)

Zitat
Ich war im letzten Sommer bei einem Workshop von Andreas Eschbach zum Thema Spannung. Und was er zu sagen hatte, war im Grunde ganz simpel. Wie das ganze Thema: In der Theorie ganz simpel, sehr schwer zu meistern. Er sagte das, was wir uns auch alle denken können: Neugierig machen.

Das geht zum Beispiel mit Vorausdeutungen - die nicht immer in Form von "In einer Woche würde er sterben" kommen müssen. Man kann auch subtile Andeutungen im Text streuen, aus denen der Leser sich seine Ahnungen selbst zusammen puzzeln kann.

Chekhovs Gun ist ein Beispiel dafür. Auch ein Mittel, mit dem man vorsichtig sein muss, da es inzwischen zum Klischee geworden ist. Wenn irgendwo eine Waffe auftaucht, weiß der Leser mittlerweile, dass sie irgendwann eingesetzt wird.

Eschbachs Tipp dazu: Die Waffe zuvor für etwas Banales einsetzen, zum Beispiel um eine Ratte zu töten. Der Leser denkt, die Waffe ist abgehakt und kann wieder mitfiebern, wie in einer bestimmten Situation die Rettung kommen soll.

Ein tolles Beispiel von Chekhovs Gun (ohne Ratte) ist der Heizofen in Stephen Kings "Shining".

Ein weiteres Mittel, um Spannung aufzubauen, nannte Eschbach "Kognitive Dissonanz" und meinte damit: Am Anfang der Geschichte, möglicherweise sogar im ersten Satz, eine Verwirrung im Leser stiften, etwas scheinbar Unmögliches, oder einen überaus seltsamen Umstand beschreiben.

Ja, ja - genau das meine ich! :biggrin:
Interessant, die Sache mit dem Gewehr.

Zitat
Das machst du, Parzifal,  zum Beispiel im allerersten Abschnitt deiner auf dem Rost liegenden Geschichte sehr gut.

Oh, noch ein Lob obendrauf - Danke! :cheer:

P.S. Hast mir den Abend gerettet!  :dops:
« Letzte Änderung: 12 January 2014, 19:56:20 von Parzifal »

Uli

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #19 am: 12 January 2014, 20:03:08 »
Mit geht es nicht um spezielle Situationen in einer Geschichte, sondern rein um die Spannung an sich. Wie erzeuge ich sie - ganz allgemein gesprochen. Wie sie dann speziell in einer Geschichte angewendet wird (darum geht es dir hauptsächlich, Uli) ist wieder eine andere Sache.  ;)

an sich schon, nur: In dieser Diskussion geht es (auch) darum, wie man die Spannung erstmal an den Mann bringt - die Techniken allein reichen da eben leider nicht. Weil: Spannung an sich gibt es nicht. Es gibt kein Ding, das aus sich heraus spannend ist, es ist immer Vorarbeit notwendig.
Wie man dann die Spannung pflegt und erhöht ist Sache der Techniken, klar - aber 'erzeugen' fängt eben vorher an.

Trallala

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #20 am: 12 January 2014, 20:08:34 »
Warum habe ich eigentlich das Gefühl, dass es hier schon lange nicht mehr um Spannung geht, sondern um - bestenfalls - Missverständnisse oder -schlimmstenfalls - Rechthaberei?

T!

Uli

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #21 am: 12 January 2014, 20:10:29 »
weil das in Online-Diskussionen eine gewisse Tradition hat?


immerhin, ich habe in sechs Jahren Federfeuer keinen einzigen Fall von Godwin in Erinnerung, was bedeutet: Das läuft recht gut ...

Sirius

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #22 am: 12 January 2014, 20:11:49 »
warum soll ein Schreiber denn heraus bekommen, wie Spannung erzeugt wird?
Schreibe deinen Text so hin, wie du meinst, dass er spannend ist.
Gebe ihm einen objektiven Leser.
Wenn er ihn spannend findet und sogar noch sagen kann, warum, dann ist der Text gut.
Wenn der Leser ihn spannungslos oder langweilig findet, hast du irgendwo einen oder mehrere Fehler gemacht - dann gehe auf die Suche und schreibe den Text um.

Viskey

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #23 am: 12 January 2014, 20:37:55 »
Gebe ihm einen objektiven Leser.
GIB. Der Imperativ von geben ist GIB. GEBE ist die erste Person Präsens singular (oder gerne auch Konjunktiv Präsens, das überlass ich mal dem eigenen Gutdünken. ;)


Zitat
Wenn er ihn spannend findet und sogar noch sagen kann, warum, dann ist der Text gut.
Wenn der Leser ihn spannungslos oder langweilig findet, hast du irgendwo einen oder mehrere Fehler gemacht - dann gehe auf die Suche und schreibe den Text um.

Und mit dieser Aussage schiebst du die Antwort auf den Leser ab. - Wieso soll ausgerechnet ein Leser, der sich nicht mit den Techniken des Schreibens beschäftigt, genauer beantworten, wie Spannung erzeugt wird, als ein Schreiber, der sich (mehr oder weniger) intensiv mit dieser und anderen Fragen auseinandersetzt?





Nebenbei finde ich die Frage, warum sich ein Schreiber mit dieser Frage beschäftigen soll, ziemlichprovokant. - Warum? Weil sich Schreiber, wenn sie ihre Schreibe ernst nehmen, nun mal fragen, warum und wie das Schreiben funktioniert. Wenn dem nicht so wäre, könnten wir unsere Röstungen auf "Das ist gut" und "das ist schlecht" beschränken. Und damit wäre ja nun wirklich niemandem geholfen, oder?

Viskey


EDIT: Trippelschritt war schneller als mein "nebenbei", und dann auch noch besser... :devgrin:
« Letzte Änderung: 12 January 2014, 20:43:31 von Viskey »
"There is no such thing as bad work, just unfinished work." - Eric Idle

Trippelschritt

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #24 am: 12 January 2014, 20:40:09 »
@ Sirius

Die Erzeugung von Spannung ist Handwerk.
Ein Autor sollte sein Handwerk verstehen.
Deshalb sollte ein zukünftiger Schreiber herausbekommen,
wie er Spannung erzeugen kann.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Wer bin ich, wer war ich, wer werde ich sein?

Bateman

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #25 am: 12 January 2014, 20:46:46 »
Mmh, schon wieder so ein Nebenschauplatz.
Können sich die, die schreiben "Wozu brauche ich [Threadtitel] überhaupt?" nicht einfach aus einem Thread fernhalten? (Ja, ich sage das bewusst mal so allgemein) Grmpf.

Pandora

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #26 am: 13 January 2014, 06:32:32 »
.
« Letzte Änderung: 11 November 2014, 10:22:35 von Pandora »

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #27 am: 13 January 2014, 07:56:01 »
Eschbachs Tipp dazu: Die Waffe zuvor für etwas Banales einsetzen, zum Beispiel um eine Ratte zu töten. Der Leser denkt, die Waffe ist abgehakt und kann wieder mitfiebern, wie in einer bestimmten Situation die Rettung kommen soll.
Hm, irgendwie ist das für mich gar keine Spannung. Wenn eine Waffe oder sonstwas, das eigentlich schon abgehakt war für den Leser, wieder auftaucht, dann ist das überraschend. Eine gute Idee (vielleicht), und manchmal schlimm, weil man oft genug genau weiß, was passiert.
Spannend wird es aber doch erst, wenn ich nicht weiß, was passiert. Wenn ich selbst im Dunkeln tappe und dann mitfiebere, weil ich wissen will, wie es weitergeht. Wenn ich dann von etwas überrascht werde, dann kann das durchaus interessant sein. Aber eben nicht spannend.
Mitfiebern, mitraten und die Spannung der Situation aufsaugen tu ich aber nur, wenn ich in die Geschichte eintauchen kann. Dazu muss ich mich zum Beispiel an den Ort versetzen (oder ihn mir sehr gut vorstellen) können, an dem das alles passiert. Oder ich muss mit (mindestens) einem der Protas eins werden. Muss mich einklinken können in seine Gedanken, Handlungen, Gefühle ... Dann baue ich meine Spannung selbst auf, indem ich die Geschichte weiterspinne. Dann kann ich gerne auch verwirrt werden oder überrascht durch eine Pistole, die noch einmal verwendet wird.
Richtig spannend wird es aber mM erst dann, wenn die Pistole, von der der Leser weiß, dass sie da ist, und mit der der Prota die Ratte erschossen hat und er sich damit jetzt den Bösewicht vom Hals schaffen könnte, eben nichts hilft, weil der Bösewicht die Pistole ebenfalls schon gesehen hat und die Patronen rausgenommen und der Gutewicht nun einen anderen Weg finden muss, wie er aus der Kacke wieder rauskommt. (Ich wollte einmal in meinem Leben so einen langen Satz schreiben :devgrin:).
Also, allein die Doppelnutzung, also das Abhaken einer Sache, macht für mich noch keine Spannung.
Ich bin zu alt für das alles.

Bateman

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #28 am: 13 January 2014, 08:51:28 »
Zitat
Also, allein die Doppelnutzung, also das Abhaken einer Sache, macht für mich noch keine Spannung.

Da hast du mich auch missverstanden. Ich wollte vordergründig auf Chekhovs gun hinaus. Also die Einführung eines wichtigen Gegenstandes früher in der Handlung, um eine Vorausdeutung zu schaffen (mal als Umkehrung seiner Theorie formuliert). Ein ganz klarer Spannungsmechanismus.

Nun ist aber Chekhovs gun inzwischen leider zum Klischee geworden. Das heißt, wenn der Leser clever genug ist, weiß er ab dem Moment der Vorausdeutung, was passiert. Aus dem Spannungsmechanismus wird ein Spannungskiller.

Um diesen Effekt zu umgehen, kann man die Waffe vorher für etwas anderes einsetzen. Da gehört dann natürlich mehr dazu, um wieder Spannung zu schaffen. Das hast du in deinem langen Satz (gratuliere!) sehr gut formuliert.

Ich glaube zusammenfassend bringt uns das auf einen weiteren Spannungsmechanismus:

Falsche Fährten legen.

Sirius

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #29 am: 13 January 2014, 09:04:10 »
Zitat

Die Erzeugung von Spannung ist Handwerk.
Ein Autor sollte sein Handwerk verstehen.
Deshalb sollte ein zukünftiger Schreiber herausbekommen,
wie er Spannung erzeugen kann.

Hallo Trippelschritt,

du hast das, was ich gerne wissen wollte, mit wenigen Sätzen erklärt.
Ich denke das ist so wie z. B. bei einem Tischler, der erst lernen muss, sein Handwerkszeug zu gebrauchen und was er mit dem vorgegebenen Material machen kann.
Erst dann ist er in der Lage, gute Arbeit zu leisten.

Vielen Dank Trippelschritt
Gruß
Sirius

Fox

  • Gast
Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #30 am: 13 January 2014, 09:06:25 »
Die Frage kann bei Chekovs Gewehr natürlich auch sein; auf wen wird es abgefeuert. Beispielsweise entbrannte diese Frage um das Rizin bei Breaking Bad. Ein Gift kann man leider nicht wirklich doppelt nutzen, selbst wenn es in diesem speziellen Beispiel genutzt wurde, um eine falsche Fährte zu legen (dass jemand anderes damit zu einem früheren Zeitpunkt vergiftet würde).

Cheers,
Fox

tlt

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #31 am: 13 January 2014, 09:18:15 »
Kann mal jemand einem Blöden (mir) in kurzen Worten erklären, was es mit Chekovs Gun auf sich hat? Hab mal Frau Google gefragt, aber die wollte mir nur ein Lied vorsingen.

Ein Gift kann man leider nicht wirklich doppelt nutzen, selbst wenn es in diesem speziellen Beispiel genutzt wurde, um eine falsche Fährte zu legen (dass jemand anderes damit zu einem früheren Zeitpunkt vergiftet würde).
Ich hatte letztens einen sehr schön geschriebenen Krimi (im Laufe der Woche fallen mir sicher auch Autor und Titel wieder ein), in dem Gift sehr gut als Spannungsmittel eingesetzt wurde. Es wurde gekauft ... und nichts passierte. Da denkt der Leser schon mal mit. Und dann wird es endlich ausgelegt ... und nichts passierte. Aber es war da. Der Leser wusste es und war sich sicher, dass es jetzt kommen musste. Oder wenigstens jetzt. Gut, aber im nächsten Kapitel. Aber jetzt doch ganz bestimmt. Hm, immer noch nicht. Vielleicht jetzt. Nein, dann muss es jetzt kommen. He he, Falle. Das Zeug vergiftet gar niemanden. ... Oder doch?  :cheer:
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Bateman

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #32 am: 13 January 2014, 09:40:05 »
Hey tlt,

das ist eine gute Beschreibung, wie Chekhovs gun irreführend eingesetzt werden kann.

Tante Wiki: http://en.wikipedia.org/wiki/Chekhov%27s_gun

In kurzen Worten, Chekhovs Theorie: "Wenn im ersten Akt eines Theaterstücks eine Waffe auftaucht, muss sie im dritten Akt abgefeuert werden."

EDIT: Eine kurze Anekdote dazu: Ich war letztens in einem Theaterstück etwas früher im Saal, während der Vorbereitungen. Einer der Darsteller versteckte etwas in einem Lampenschirm. Er stolperte und das Ding fiel herunter - eine Pistole. Da hatten wir einen ungewollten Effekt von Chekhovs gun. Hat das Stück dann aber auf eine ganz andere Weise spannend gemacht  :cheese:
« Letzte Änderung: 13 January 2014, 09:42:38 von Bateman »

Parzifal

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #33 am: 13 January 2014, 12:18:26 »
Hallo, liebe Mitgespannte!

Finde ich wirklich gut, dass wir inzwischen über die Spannungsmechanismen (ein von Bateman geklautes Wort ;)) reden. Ohne ihn hätte ich es vermutlich nicht geschafft, dass diese Diskussion sich in der Weise umdreht und auf den Punkt kommt - zumindest nicht auf den, der mir vorschwebte.
Nein, ich leuge den Zusammenhang nicht, innerhalb dem Spannung stattfindet. Natürlich braucht es dazu einen Plot mit lebendigen Charakteren, einer guten Geschichte, einem entsprechenden Setting etc. Aber man kann Spannungs-Mechanismen auch ganz abstrakt und für sich betrachten und sich fragen: Wie funktioniert dat Dingen nu eigentlich genau - wobei die Betonung auf "genau" liegt.
Was nützt es jemandem, der keine Ahnung hat, wenn man ihm sagt: Spannung musst du beim Schreiben erzeugen, mit deinen Figuren, deinem Setting und Pipapo! Ja, Moment mal, wird er dann vermutlich fragen: Wie genau mache ich das?  ;)

LG, Parzifal
« Letzte Änderung: 13 January 2014, 12:59:44 von Parzifal »

Viskey

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #34 am: 13 January 2014, 12:49:24 »
Spannung entsteht bei mir auch dann, wenn ich etwas lese, und mir da mindestens zwei mögliche Auflösungen einer Situation vorstellen kann. Dann will ich nämlich wissen, welche der zwei Möglichkeiten es wird, oder ob vielleicht gar eine dritte auftaucht, an die ich selber noch nicht gedacht habe.

zB: Held muss eine Aufgabe erledigen. Da hab ich grundsätzlich die Möglichkeit, dass er versagt, und die Möglichkeit, dass er Erfolg hat. - Ich gehe zwar grundsätzlich mal davon aus, dass der Held am Ende alles erledigt hat, was er so zu erledigen hat. Aber auf dem Weg dorthin können allerlei Rückschläge passieren. Welche und in welcher Ausprägung (also wie katastrophal schlimm) die sind, das weiß ich davor nicht, und das macht's spannend.
"There is no such thing as bad work, just unfinished work." - Eric Idle

Parzifal

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #35 am: 13 January 2014, 15:58:36 »
Hier noch ein Nachschlag für Spannungsliebende - die schönste Erklärung, die mir je untergekommen ist. Ich mache mir die Mühe und zitiere das Original von Sol Stein:

Zitat
Ziel des Romanautors ist es, den Leser bewusst in einen Zustand innerer Erregung zu versetzen, und in meinen Seminaren führe ich den Teilnehmern manchmal vor, wie man dies anstellt, Ohne Vorwarnung setze ich plötzlich eine strenge Miene auf, zeige mit dem Finger auf einen beliebigen Zuhörer in der ersten Reihe und fordere ihn im Befehlston auf: "Sie da! Stehen Sie mal auf!"
Einen Moment lang weiß der Angesprochene nicht, wie er sich verhalten soll. Das Publikum beobachtet die Vorgänge mit gespanntem Schweigen. "Stehen Sie auf!" befehle ich.
Der Angesprochene - mittlerweile hochrot im Gesicht - fragt sich, warum ich ihm befehle, aufzustehen.
"Stehen Sie auf", wiederhole ich. Die angespannte Atmosphäre im Saal hält so lange vor, bis der Betreffende reagiert. Wenn er sich schließlich von seinem Platz erhebt, ist die Spannung gebrochen ... sie hält so lange an wie die Befehlsverweigerung.

Wolte ich euch nicht vorenthalten.  ;)
« Letzte Änderung: 13 January 2014, 21:36:39 von Parzifal »

Leon

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #36 am: 13 January 2014, 16:14:52 »
Hallo Parzival,

das ist ein sehr gutes Beispiel! Habe mir gleich mal eine Kopie für mein eigenes Nachschlagewerkgezogen.

Mit dankenden Grüßen
Leon

vulture

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #37 am: 13 January 2014, 16:50:39 »
EDIT: Beitrag gelöscht, weil er nicht das aussagt, was ich eigentlich aussagen wollte.
« Letzte Änderung: 13 January 2014, 16:57:29 von vulture »

merin

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #38 am: 13 January 2014, 17:00:33 »
Hui, das geht ja los hier. Ich würde mich gern etwas näher über die Spannungsmechanismen austauschen. Ich glaube auch, dass es einige Tricks und Kniffe gibt, die man vor dem Hintergrund eines ordentlichen Settings und interessanter Figuren nutzen kann. Wenn ich mich recht erinnere, benennt Symille Knauss z.B. suspense als einen dieser Mechanismen. Ich habe mir das selbst übersetzt mit "Informationen stückweise geben" bzw. "Informationen über Ecken geben, so dass der Leser sich den Sachverhalt selbst erschließen muss, aber auch kann". Es geht also auch hier darum, Fragen aufzuwerfen.

@Partifal: Reichst Du bitte noch die Quelle des Zitats nach? Ich würde ja wenigstens gern wissen, wer da wo so schlau war.

Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

zag

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #39 am: 13 January 2014, 17:06:04 »
gelöscht, weil der Autor seinen Artikel zurückgenommen hat  :schnief:
« Letzte Änderung: 13 January 2014, 17:10:45 von zag »

Bateman

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #40 am: 13 January 2014, 17:14:39 »
Hey Merin,

da hast du aber die falsche Definition von Suspense. Suspense hat im Gegenteil sogar sehr viel mit Information zu tun und tritt dann auf, wenn der Leser mehr weiß als der Protagonist.

Das von vulture in seinem leider gelöschten ( :schnief:) Beitrag zitierte Beispiel von Hitchcock mit der Bombe unter dem Tisch ist nur deshalb spannend, weil der Leser weiß, dass die Bombe da ist, die Protagonisten aber nicht.

Trippelschritt

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #41 am: 13 January 2014, 19:26:37 »
Spannung lässt sich leicht mit etwas erreichen, dass so eigentlich nicht sein sollte.

Standardbeispiel: Die Katze lag seelenruhig auf der Schlafmatte des Hundes.

Oder ein ausgedachtes:
Darf ich mich vorstellen? Gregor. Ich bin ein merkwürdiger Mensch. Ich esse merkwürdige Dinge, denke merkwürdige Gedanken und praktiziere merkwürdigen Sex.

Ich denke, dass jetzt viele Leute neugierig sind, was der Gregor wohl für ein Typ ist.
Leider habe ich keine Geschichte für diese Vorstellung.
Aber we rmöchte ...

Liebe Grüße
Trippelschritt
Wer bin ich, wer war ich, wer werde ich sein?

merin

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #42 am: 13 January 2014, 20:11:59 »
Hey Merin,

da hast du aber die falsche Definition von Suspense. Suspense hat im Gegenteil sogar sehr viel mit Information zu tun und tritt dann auf, wenn der Leser mehr weiß als der Protagonist.

Da muss ich wohl nochmal nachlesen.
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

Parzifal

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #43 am: 13 January 2014, 21:32:37 »
Zitat
@Partifal: Reichst Du bitte noch die Quelle des Zitats nach? Ich würde ja wenigstens gern wissen, wer da wo so schlau war.

Aber nur für dich, Merin!  :diablo:

Das Zitat stammt von keinem Geringeren als Sol Stein. Er hat in seinem Buch "Über das Schreiben" den Mechanismen der Spannung zwei (in Zahlen: 2) bemerkenswerte Kapitel gewidmet. Wenn ich König von Deutschland wäre und den Untertanen Befehle erteilen könnte, müsste sie jeder Autor im Land lesen.  :cheer:

« Letzte Änderung: 13 January 2014, 21:34:50 von Parzifal »

merin

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #44 am: 14 January 2014, 20:48:26 »
Danke. Dann schick mir das Buch mal rüber, ja?
Ich röste zunächst immer, ohne andere Röstungen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei ist mein Ansatz der, eine qualifizierte Lesermeinung abzugeben, Euch also zu verraten, wie der Text auf mich wirkt und wie es mir beim Lesen geht und was ich gern anders hätte.

Parzifal

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #45 am: 14 January 2014, 21:58:31 »
Einscannen und per E-Mail?  :watchout:

tlt

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #46 am: 15 January 2014, 08:26:53 »
Das Zitat stammt von keinem Geringeren als Sol Stein. Er hat in seinem Buch "Über das Schreiben" den Mechanismen der Spannung zwei (in Zahlen: 2) bemerkenswerte Kapitel gewidmet. Wenn ich König von Deutschland wäre und den Untertanen Befehle erteilen könnte, müsste sie jeder Autor im Land lesen.  :cheer:
Hab gerade mal bei amazon geschaut, ganz schön happig mit 50 Eumel für das Buch. Und  "Aufzucht und Pflege eines Romans" (der Titel ist klasse) kostet schlappe 80.  :deveek: Muss ich mal mein Sparschwein fragen. Oder hast Du wirklich vor die beiden Kapitel einzuscannen  :biggrin:
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Trippelschritt

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #47 am: 15 January 2014, 12:39:44 »
Überraschend hohe Preise.
Ist das dieser Preistreiber gebrauchter Bücher? Namen vergessen.
Ich habe mein Exemplar bei 2001 Verlag gekauft. Gibt es das Buch da nicht mehr?

Liebe Grüße
Trippelschritt
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Parzifal

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #48 am: 15 January 2014, 13:50:32 »
Ich hab "Über das Schreiben" damals (vor ca. 6-8Jahren) bei Zweitausendeins in Frankfurt gekauft - meiner schlechten Erinnerung nach für ca. 25 - 30 Mark. Hab grad Google bemüht, die scheinen das nicht mehr im Programm zu haben. Wie auch immer: Empfehlenswert ist dieses Buch allemal, nicht nur wegen dem Thema Spannung. Neben Stephen Kings "Das Leben und das Schreiben" eines der besten Ratgeberbücher auf dem Markt. Ich habe zuhause ca. zehn Ratgeber rumstehen, die ich natürlich auch gelesen habe.  ;)
« Letzte Änderung: 15 January 2014, 13:58:52 von Parzifal »

Fox

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Re: Wie entsteht Spannung?
« Antwort #49 am: 15 January 2014, 14:00:47 »
Nach dieser kurzen Werbeunterbrechung kehren wir zurück zur Spannung. ;) Wobei man gern einen Thread über Schreibratgeber eröffnen kann, sowas ist nicht uninteressant.

Cheers,
Fox