Seiten:
Actions
  • #31 von Fox am 13 Jan 2014
  • Die Frage kann bei Chekovs Gewehr natürlich auch sein; auf wen wird es abgefeuert. Beispielsweise entbrannte diese Frage um das Rizin bei Breaking Bad. Ein Gift kann man leider nicht wirklich doppelt nutzen, selbst wenn es in diesem speziellen Beispiel genutzt wurde, um eine falsche Fährte zu legen (dass jemand anderes damit zu einem früheren Zeitpunkt vergiftet würde).

    Cheers,
    Fox
    • Fox
  • #32 von tlt am 13 Jan 2014
  • Kann mal jemand einem Blöden (mir) in kurzen Worten erklären, was es mit Chekovs Gun auf sich hat? Hab mal Frau Google gefragt, aber die wollte mir nur ein Lied vorsingen.

    Ein Gift kann man leider nicht wirklich doppelt nutzen, selbst wenn es in diesem speziellen Beispiel genutzt wurde, um eine falsche Fährte zu legen (dass jemand anderes damit zu einem früheren Zeitpunkt vergiftet würde).
    Ich hatte letztens einen sehr schön geschriebenen Krimi (im Laufe der Woche fallen mir sicher auch Autor und Titel wieder ein), in dem Gift sehr gut als Spannungsmittel eingesetzt wurde. Es wurde gekauft ... und nichts passierte. Da denkt der Leser schon mal mit. Und dann wird es endlich ausgelegt ... und nichts passierte. Aber es war da. Der Leser wusste es und war sich sicher, dass es jetzt kommen musste. Oder wenigstens jetzt. Gut, aber im nächsten Kapitel. Aber jetzt doch ganz bestimmt. Hm, immer noch nicht. Vielleicht jetzt. Nein, dann muss es jetzt kommen. He he, Falle. Das Zeug vergiftet gar niemanden. ... Oder doch?  :cheer:
  • #33 von Bateman am 13 Jan 2014
  • Hey tlt,

    das ist eine gute Beschreibung, wie Chekhovs gun irreführend eingesetzt werden kann.

    Tante Wiki: http://en.wikipedia.org/wiki/Chekhov%27s_gun

    In kurzen Worten, Chekhovs Theorie: "Wenn im ersten Akt eines Theaterstücks eine Waffe auftaucht, muss sie im dritten Akt abgefeuert werden."

    EDIT: Eine kurze Anekdote dazu: Ich war letztens in einem Theaterstück etwas früher im Saal, während der Vorbereitungen. Einer der Darsteller versteckte etwas in einem Lampenschirm. Er stolperte und das Ding fiel herunter - eine Pistole. Da hatten wir einen ungewollten Effekt von Chekhovs gun. Hat das Stück dann aber auf eine ganz andere Weise spannend gemacht  :cheese:
    • Bateman
  • #34 von Parzifal am 13 Jan 2014
  • Hallo, liebe Mitgespannte!

    Finde ich wirklich gut, dass wir inzwischen über die Spannungsmechanismen (ein von Bateman geklautes Wort ;)) reden. Ohne ihn hätte ich es vermutlich nicht geschafft, dass diese Diskussion sich in der Weise umdreht und auf den Punkt kommt - zumindest nicht auf den, der mir vorschwebte.
    Nein, ich leuge den Zusammenhang nicht, innerhalb dem Spannung stattfindet. Natürlich braucht es dazu einen Plot mit lebendigen Charakteren, einer guten Geschichte, einem entsprechenden Setting etc. Aber man kann Spannungs-Mechanismen auch ganz abstrakt und für sich betrachten und sich fragen: Wie funktioniert dat Dingen nu eigentlich genau - wobei die Betonung auf "genau" liegt.
    Was nützt es jemandem, der keine Ahnung hat, wenn man ihm sagt: Spannung musst du beim Schreiben erzeugen, mit deinen Figuren, deinem Setting und Pipapo! Ja, Moment mal, wird er dann vermutlich fragen: Wie genau mache ich das?  ;)

    LG, Parzifal
    • Parzifal
  • #35 von Viskey am 13 Jan 2014
  • Spannung entsteht bei mir auch dann, wenn ich etwas lese, und mir da mindestens zwei mögliche Auflösungen einer Situation vorstellen kann. Dann will ich nämlich wissen, welche der zwei Möglichkeiten es wird, oder ob vielleicht gar eine dritte auftaucht, an die ich selber noch nicht gedacht habe.

    zB: Held muss eine Aufgabe erledigen. Da hab ich grundsätzlich die Möglichkeit, dass er versagt, und die Möglichkeit, dass er Erfolg hat. - Ich gehe zwar grundsätzlich mal davon aus, dass der Held am Ende alles erledigt hat, was er so zu erledigen hat. Aber auf dem Weg dorthin können allerlei Rückschläge passieren. Welche und in welcher Ausprägung (also wie katastrophal schlimm) die sind, das weiß ich davor nicht, und das macht's spannend.
  • #36 von Parzifal am 13 Jan 2014
  • Hier noch ein Nachschlag für Spannungsliebende - die schönste Erklärung, die mir je untergekommen ist. Ich mache mir die Mühe und zitiere das Original von Sol Stein:

    Zitat
    Ziel des Romanautors ist es, den Leser bewusst in einen Zustand innerer Erregung zu versetzen, und in meinen Seminaren führe ich den Teilnehmern manchmal vor, wie man dies anstellt, Ohne Vorwarnung setze ich plötzlich eine strenge Miene auf, zeige mit dem Finger auf einen beliebigen Zuhörer in der ersten Reihe und fordere ihn im Befehlston auf: "Sie da! Stehen Sie mal auf!"
    Einen Moment lang weiß der Angesprochene nicht, wie er sich verhalten soll. Das Publikum beobachtet die Vorgänge mit gespanntem Schweigen. "Stehen Sie auf!" befehle ich.
    Der Angesprochene - mittlerweile hochrot im Gesicht - fragt sich, warum ich ihm befehle, aufzustehen.
    "Stehen Sie auf", wiederhole ich. Die angespannte Atmosphäre im Saal hält so lange vor, bis der Betreffende reagiert. Wenn er sich schließlich von seinem Platz erhebt, ist die Spannung gebrochen ... sie hält so lange an wie die Befehlsverweigerung.

    Wolte ich euch nicht vorenthalten.  ;)
    • Parzifal
  • #37 von Leon am 13 Jan 2014
  • Hallo Parzival,

    das ist ein sehr gutes Beispiel! Habe mir gleich mal eine Kopie für mein eigenes Nachschlagewerkgezogen.

    Mit dankenden Grüßen
    Leon
    • Leon
  • #38 von vulture am 13 Jan 2014
  • EDIT: Beitrag gelöscht, weil er nicht das aussagt, was ich eigentlich aussagen wollte.
  • #39 von merin am 13 Jan 2014
  • Hui, das geht ja los hier. Ich würde mich gern etwas näher über die Spannungsmechanismen austauschen. Ich glaube auch, dass es einige Tricks und Kniffe gibt, die man vor dem Hintergrund eines ordentlichen Settings und interessanter Figuren nutzen kann. Wenn ich mich recht erinnere, benennt Symille Knauss z.B. suspense als einen dieser Mechanismen. Ich habe mir das selbst übersetzt mit "Informationen stückweise geben" bzw. "Informationen über Ecken geben, so dass der Leser sich den Sachverhalt selbst erschließen muss, aber auch kann". Es geht also auch hier darum, Fragen aufzuwerfen.

    @Partifal: Reichst Du bitte noch die Quelle des Zitats nach? Ich würde ja wenigstens gern wissen, wer da wo so schlau war.

  • #40 von zag am 13 Jan 2014
  • gelöscht, weil der Autor seinen Artikel zurückgenommen hat  :schnief:
    • zag
  • #41 von Bateman am 13 Jan 2014
  • Hey Merin,

    da hast du aber die falsche Definition von Suspense. Suspense hat im Gegenteil sogar sehr viel mit Information zu tun und tritt dann auf, wenn der Leser mehr weiß als der Protagonist.

    Das von vulture in seinem leider gelöschten ( :schnief:) Beitrag zitierte Beispiel von Hitchcock mit der Bombe unter dem Tisch ist nur deshalb spannend, weil der Leser weiß, dass die Bombe da ist, die Protagonisten aber nicht.
    • Bateman
  • #42 von Trippelschritt am 13 Jan 2014
  • Spannung lässt sich leicht mit etwas erreichen, dass so eigentlich nicht sein sollte.

    Standardbeispiel: Die Katze lag seelenruhig auf der Schlafmatte des Hundes.

    Oder ein ausgedachtes:
    Darf ich mich vorstellen? Gregor. Ich bin ein merkwürdiger Mensch. Ich esse merkwürdige Dinge, denke merkwürdige Gedanken und praktiziere merkwürdigen Sex.

    Ich denke, dass jetzt viele Leute neugierig sind, was der Gregor wohl für ein Typ ist.
    Leider habe ich keine Geschichte für diese Vorstellung.
    Aber we rmöchte ...

    Liebe Grüße
    Trippelschritt
  • #43 von merin am 13 Jan 2014
  • Hey Merin,

    da hast du aber die falsche Definition von Suspense. Suspense hat im Gegenteil sogar sehr viel mit Information zu tun und tritt dann auf, wenn der Leser mehr weiß als der Protagonist.

    Da muss ich wohl nochmal nachlesen.
  • #44 von Parzifal am 13 Jan 2014
  • Zitat
    @Partifal: Reichst Du bitte noch die Quelle des Zitats nach? Ich würde ja wenigstens gern wissen, wer da wo so schlau war.

    Aber nur für dich, Merin!  :diablo:

    Das Zitat stammt von keinem Geringeren als Sol Stein. Er hat in seinem Buch "Über das Schreiben" den Mechanismen der Spannung zwei (in Zahlen: 2) bemerkenswerte Kapitel gewidmet. Wenn ich König von Deutschland wäre und den Untertanen Befehle erteilen könnte, müsste sie jeder Autor im Land lesen.  :cheer:

    • Parzifal
  • #45 von merin am 14 Jan 2014
  • Danke. Dann schick mir das Buch mal rüber, ja?
Seiten:
Actions