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Was lest ihr gerade? (2014)

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Ionasa:
Bin immer noch beim Spiel des Engels... hatte ja schon Schatten des Windes von Zafon gelesen und die Querverweise darauf sind echt klasse  :)
Aber bisher wirkt es eher "fantastisch" und ich hoffe, dass es doch bodenständiger werden wird, denn ich hab keine Fantasygeschichte erwartet ...  :confused:

zac:
Hi @Sirius

Zu der Frage, die Du im Oktober (bevor ich hier war) im folgenden Zitat gestellt hast, kann ich Dir genaue Auskunft geben:


--- Zitat von: Sirius am 04 October 2014, 15:05:13 ---ich lese z. Zt. "Das Mädchen, das den Himmel berührte" von Luca Di Fulvio.
 Es geht darin um die Ärzteschaft, die Stellung der Juden etc.
Handlungsort ist Venedig um 1600.

[...]

Doch etwas hat mich in diesem Buch verblüfft. Und zwar, dass die Juden in Venedig gelbe Hüte tragen mussten und nicht mit einem Schiff landen und von dort aus venezianischen Boden betreten durften.

Ich frage mich, ob das dichterische Freiheit ist oder ob es das tatsächlich gegeben hat.
Recherchen haben mir kein Ergebnis gebracht.
Weiß jemand von euch näheres darüber ?

--- Ende Zitat ---

Ja, Juden wurden seit dem frühen Mittelalter in vielen (heute sogenannt) europäischen Ländern gezwungen, gelbe Hüte als Merkmal ihrer Religions-/Volkszugehörigkeit zu tragen. Eine der (meines Wissens nach) ältesten bildlichen Darstellungen eines Juden mit solch einem spitzen gelben Hut befindet sich in der Liederhandschrift "Codex Manesse" (14. Jahrhundert). Sie gilt als literarischer + bildlicher Nachweis der Existenz des jüdischen Dichters Süßkind von Trimberg, der in der zweiten Hälfte des 13. Jhdt. in den Gebieten des heutigen Deutschland lebte. - (Friedrich Torberg, ein Wiener, hat zu Beginn des 20. Jhdt. einen Roman über Süßkind von Trimberg geschrieben.)

Weitere solche Bilder befinden sich in mittelalterlichen Pessach Haggadot = Lieder- und Gebetsbücher zu den acht aufeinander folgenden jüdischen Feiertagen im Frühjahr, genannt Pessach. An einer Stelle während der Feier am ersten Abend öffnet man die Haustüre und lädt (mit symbolisch erhobenem Glas Wein) den Propheten Elias ein + sagt dazu: "Heute können wir die Türe öffnen (und laut feiern) denn heute wird uns Elias sogar vor den Antisemiten schützen." - Im Mittelalter + bis in das 19. Jhdt. + im 20. Jhdt. bzw. Möchte-gern-tausendjährigen-Reich war das beileibe kein Scherz, sondern eine ernsthafte Gefahr. Und ich möchte lieber nicht wissen, wie oft Elias doch nicht zu Hilfe gekommen ist.
Quellen: neben den selbstverständlichen Artikeln in Wikipedia noch http://www.alemannia-judaica.de/trimberg_juedgeschichte.htm und die:
Enzyclopaedia Judaica, Artikel Antisemitismus im Mittelalter, Süßkind von Trimberg, u.a.

Schikanen, wie das Verbot, Venedig per Schiff zu betreten (ähm: Wie sollte man um 1600 sonst nach Venedig kommen? Gab es da überhaupt einen Landweg?) waren weit verbreitet. Das www ist voll von solchen Quellen - Just google it - oder bibliographiere in einer Uni-Bibliothek, wo deren Enzyclopaedia Judaica steht.

Die erste Erwähnung von Juden in meiner (deutschen) Geburtsstadt wurde im Jahr 1092 aufgeschrieben + lautet wortwörtlich so: ("behutsam" in aktuelles Deutsch übersetzt) - "Die Jüdin Hulda wurde im Main ersäuft [sic], weil sie sich nicht taufen hat lassen." -
Quelle: Rabbiner Salomon Bamberger: "Historische Berichte über die Juden der Stadt und des ehemaligen Fürstentums ..." [den genauen Ort lasse ich weg; wer es wissen will, darf den NSA fragen] Verlag von Josef Singer, Straßburg, 1900.

Es ging aber schon viel eher los:

Antisemitische Verbote + andere Schikanen begannen auf (heute) europäischem Boden bereits nach dem Nicäischen Konzil ( im Jahr 325 n.Chr.) unter der Regentschaft des oströmischen Kaisers Konstantin - nachdem dieser zum Christentum übergetreten war: Dieser verbot den (damals relativ zu heute gesehen noch häufigen) Übertritt zum Judentum unter Androhung der Todesstrafe. Durch Hinrichtung bestraft wurden sämtliche Beteiligten: der Proselyt = Übergetretene; der Rabbiner, der dies zuließ + der Jude/die Jüdin, die oder der den Proselyten dazu ermuntert hatte (zum Beispiel durch Heirat)
Quelle hierzu vor allem: Enzyclopaedia Judaica, Artikel "Kaiser Konstantin";
ebenso Haim Hillel Ben Sasson: "Geschichte des jüdischen Volkes. Von den Anfängen bis zur Gegenwart", München: C.H. Beck, 1995; u.a.

Noch Fragen? - Falls ja, gerne.

LG

zachi

Sirius:
hallo Zachi,

vielen Dank für deine ausführlichen Informationen.
Das Nicäische Konzil und den Übertritt von Kaiser Konstantin zum Christentum (er erhob ja seinerzeit das Christentum zur Staatsreligion) waren mir bekannt. Damit habe ich mich vor längerer Zeit intensiv beschäftigt. So wie ich es verstanden habe, war die Einführung des Christentums als Staatsreligion keine Sache des Glaubens, sondern ist eher als politischer Schachzug zu verstehen. Ich glaube, Konstantin hat sich ja erst auf dem Sterbebett taufen lassen (oder täusche ich mich da?)
Und vielen Dank auch für deinen link - er ist sehr interessant und füllt einige Wissenslücken bei mir.

liebe Grüße

Tika_death:
Was ich derzeit lese... Der Besucher von Sarah Waters
Hmmm, es spielt kurz nach dem 2. Weltkrieg, es geht um eine adlige Familie, die durch den Krieg ihr Vermögen verloren hat und um einen Arzt, dessen Mutter in dem Anwesen einst Dienstmädchen war.
Es gibt seltsame Ereignisse, die entweder dem Mystischen zuzuschreiben sind oder doch noch eine konventionelle Erklärung finden.
Alles in Allem ein interessantes Thema für eine Geschichte, aber...

Eines vorweg: Es dauert geschlagene 100 Seiten, bis endlich mal etwas passiert. Die Spannung wird an dieser Stelle derart plump aufgebaut, dass es eine Schande ist, doch das was geschieht hat es in sich, was mich einigermaßen über die missglückte Einleitung hinwegsehen lässt.

Ich habe nun ein drittel der Geschichte gelesen und ahne die konventionelle Erklärung voraus, eigentlich weiß ich auch schon, wer dahinter steckt und warum, da es an Subtilität missen lässt. Ich kann nur hoffen, dass der zaunpfeilerartig angelegte Hinweis mich auf eine falsche Fährte locken soll, somit lasse ich mich gerne überraschen.
Da es gut geschrieben ist - trotz der Längen, die augenscheinlich weniger der Geschichte sondern vielmehr dem Umfangs dienen sollen - scheue ich mich nicht es weiter zu lesen.
Was ich bisher gelernt habe, ist, dass ich definitiv zu straff schreibe und Längen hinzufügen sollte. Ein Buch braucht scheinbar nicht so viel Substanz, wie ich immer dachte um veröffentlicht zu werden. Längen verkaufen sich wohl auch ganz gut.

Nichts desto Trotz bin ich gespannt auf die Auflösung. Nicht, weil ich es vor Spannung nicht aushalten kann, sondern einfach um zu sehen, ob mich die Autorin eventuell doch noch zu Überraschen vermag.

Bisher kann ich über den Roman also sagen: solide, figurenzeichnerich gut, die Geschichte könnte mehr hergeben, mäßig spannend, hat aber was, sonst würde ich nicht weiter lesen...

Haramis:

--- Zitat von: Tika_death am 16 November 2014, 17:40:11 ---Was ich bisher gelernt habe, ist, dass ich definitiv zu straff schreibe und Längen hinzufügen sollte. Ein Buch braucht scheinbar nicht so viel Substanz, wie ich immer dachte um veröffentlicht zu werden. Längen verkaufen sich wohl auch ganz gut.

--- Ende Zitat ---
Ob das die Geschichte besser macht?  :gruebel: Ich mag Längen in Büchern nicht besonders und lege sie aus diesem Grund dann gerne beiseite, um sie nie wieder weiter zulesen ...  :dontknow:

EDIT: Tippfehler

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