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Realitätsflucht?

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Sirius:
oft wird gesagt, dass der heutige Zeitgeschmack bei Büchern  die Auseinandersetzung mit Mißständen zum Inhalt haben sollte.
Ernst zu nehmende Autoren seien "verpflichtet", diese Dinge aufzudecken und sich kritisch damit auseinander zu setzen. Wie z. B. Gewalttätigkeiten, heute immer häufiger auftretende seelische Krankheiten und deren Auswirkungen auf die Menschen, marode Zivilisation anzuprangern, Fehler im zwischenmenschlichen Zusammenleben aufzuzeigen etc.
Autoren, die sanfte, phantasievolle "märchenhafte" Erzählungen schrieben, würden Weltflucht betreiben und werden oft in der Fachwelt  "Märchentante" bzw. "Märchenonkel" genannt und geringschätzig als "Schreiberlinge" bezeichnet, die den Lesern eine heile Welt vorgaukeln.
Doch sind diese Autoren wirklich zweitklassig, nur weil sie versuchen, den Menschen etwas Schönes zu zeigen und zu erzählen -  sie auf eine Reise in eine Welt einladen, in der sie entspannen können und vielleicht sogar Kräfte tanken?
Was meint ihr dazu?

Bateman:
Wer tut das, Sirius? Du redest von "oft" und von "DER FachweltTM"
Kannst du dafür Beispiele nennen? Ich glaube nämlich nicht, dass es so ist.

Ansonsten glaube ich, dass Realitätsflucht etwas für Groschenhefte ist. Dass jeder anständige Unterhaltungsroman ein Thema transportiert, das den Leser auch zum Nachdenken anregt. Sonst würde er nämlich weniger gut unterhalten. Deshalb sind Groschenhefte oft langweilig. Sie haben nichts zu erzählen.

Uli:
nun ja ... es gibt in der sogenannten 'leichten Literatur' tatsächlich das reine 'schöne Welt'- Zeug. Und es gibt positive Schreibwerke, die vorzugsweise der Unterhaltung und Entspannung dienen, aber dennoch nicht die Realität leugnen. Seltener,mwohl auch, weil so etwas schwerer zu schreiben ist.


'Armes Mädchen vom Land trifft Graf (inkognito) und rettet irgendwas durch ihre Zuneigung' muss nicht ... unterklassig sein, ist es aber meist. Demhingegen ist Problemschieben durchaus nicht immer (nicht einmal meistens) 'höher' - da arbeiten oft nur andere Klischees.

Sprachgebrauch, gut konstruiertes Setting, anständige Geschichte (die nicht nach Strickmuster verläuft), gut gezeichnete Figuren - es kommt auf alle möglichen Dinge an. Aber das ist keineswegs an den Inhalt gebunden und nicht automatisch besser, nur, weil es etwas schwerer zu schreiben und zu lesen ist.

Uli:
Ähm ... Bateman, sorry: 'Groschenhefte' können gaaaaanz anders sein. Der  begriff umfasst halt die Publikationsform, und sonst (erstmal) nichts. Sicher, es gibt eine Masse 'Mädchenname'-Romane, aber eben auch (OK: wenige) ziemlich gute Sachen, die als 'Heftchen' veröffentlicht werden.

Sirius:
@ Batemann,

am letzten Wochenende habe ich einer Podiums-Diskussion zugehört, bei der Verleger, Journalist für Kultur, Buchhändler, Schriftsteller etc. zum Thema "Trend auf dem Büchermarkt" und "Realitätsflucht" gesprochen haben.
Diese Experten meinte ich  mit der Bezeichnung  "Fachwelt".

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