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Theorie / Re: Alternative Erzählstrukturen
« Letzter Beitrag von diffusSchall am 16 June 2023, 09:00:20 »
Für mich ist es schon wichtig, zu wissen, was Leser und Kritiker als progressiv ansehen, um eben genau das schreiben zu können.
...
Ich schreibe das, was mir selbst gefällt und habe bisher eben das Glück gehabt, das mein ureigener Geschmack wohl mainstreamig ist.

Die beiden Sätze stehen ja im Widerspruch zueinander.
Dann ist das eine Absichtserklärung, in Zukunft progressiv zu schreiben?

Die ganze Fragestellung von mir, gerade auch die von meinem Ursprungspost, rührt eben genau daher, dass ich so schreibe, wie du es in deinem zweiten Satz schilderst: Ich schreibe das, was mir gefällt. Auf eine Art und Weise, wie es sich für mich richtig anfühlt.
Ich werde das auch so beibehalten und nicht bewusst in eine Richtung rudern, nach dem Motto: Ich habe da eine Plotidee. Was muss ich tun, damit daraus progressive SF wird?
Deshalb stehe ich solchen Diskussionen, Ansätzen und Argumenten immer etwas ratlos gegenüber.

Ich schätze mich so ein, dass ich ein SciFi-Autor bin, der im Ursprung konservative Themen bevorzugt und einen konservativen Schreibstil pflegt. Das ist insofern spannend, dass konservativ nun wirklich nicht das Attribut ist, dass Leuten zu mir als erstes einfällt.    ;)
Ich führe meine Selbsteinschätzung auf mein Alter zurück (Baujahr 1968 und mit den großen SF-Klassikern sozialisiert) und bin zu einem nicht geringen Teil aus Eskapismus SF-begeistert. Daher teile ich die zeitgemäße Meinung nicht, dass gute Science Fiction immer progressiv sein muss. in dem Sinne, dass immer eine tragende Zukunftsvision darin stecken muss, die aktuelle Themen aufgreift und Lösungen anbietet, oder zumindest in Gedankenexperimenten Alternativen auslotet.
Aber weil ich mich eigentlich nicht als konservativen Menschen wahrnehmen, habe ich ich eine gewisse Übung darin und Freude dabei, abseits der Wege und über den Tellerrand zu schauen.
Das pflege ich auch beim Schreiben, weil es mich zufrieden stellt.
Aber ich würde mir niemals bewusst Gedanken darüber machen, wie ich meine Texte gestalten muss, um der Erwartung einer Leserschaft nach Progressivität zu entsprechen oder gar deren Innovationsgeilheit zu befriedigen.

LieGrü - Frank
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Theorie / Re: Alternative Erzählstrukturen
« Letzter Beitrag von Wildfee am 15 June 2023, 23:33:06 »
Um hier einmal einzufädeln: Was bringt euch die Beantwortung der Frage "Was ist wann wie progressiv?" als Autor*innen?
Ist das nicht eher eine Frage für Kritiker und Konsumenten/Leser?
Jein ;-) Ich war zuerst Leserin, dann Kritikerin und bin jetzt  Autorin. Für mich ist es schon wichtig, zu wissen, was Leser und Kritiker als progressiv ansehen, um eben genau das schreiben zu können.
Zudem kann ich erst dann progressiv schreiben, wenn ich genau weiss, welche Regeln/Strukturen ich dafür brechen/aufbrechen muss, das erschließt sich ja nicht unbedingt auf den ersten Blick und es ist sicherlich auch immer abhängig vom Zeitgeist.
 
Wobei ich gestehe, dass ich bei meinen bisherigen Storys auch keinen Gedanken daran verschwendet habe, inwieweit meine Texte progressiv sind oder nicht. Ich schreibe das, was mir selbst gefällt und habe bisher eben das Glück gehabt, das mein ureigener Geschmack wohl mainstreamig ist.
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Theorie / Re: Alternative Erzählstrukturen
« Letzter Beitrag von diffusSchall am 15 June 2023, 15:20:50 »
Um hier einmal einzufädeln: Was bringt euch die Beantwortung der Frage "Was ist wann wie progressiv?" als Autor*innen?
Ist das nicht eher eine Frage für Kritiker und Konsumenten/Leser?
Ich muss gestehen, dass mir persönlich das als Autor eher schnuppe ist. Wenn mir Struktur zu fade ist, dann breche ich sie auf. Wenn sich mir ein bewährtes Konzept als ausgelatschter Pfad darstellt, dann verlasse ich ihn. Ich denke dann nicht darüber nach, ob das progressiv ist oder nicht. Das können gerne andere beurteilen. Ich schreibe so, wie es für mich und die Geschichte am dienlichsten ist. Wenn das am Ende konservativ oder progressiv ist, so what?

Alternative Erzählstrukturen: Samuel R. Delany - Dhalgren
Der Roman ist bewusst so angelegt, dass die Geschichte im Kreis verläuft. Spannungsbögen sind zweitrangig und Erzählebenen beginnen und enden an mehr oder weniger beliebigen Stellen. Man kann irgendwo in dem Wälzer einsteigen und nach der letzte Buchseite mit der ersten "weiterlesen". Ausgefuchst konstruiert und strukturiert.
Progressiv würde ich das trotzdem nicht nennen, denn der Begriff impliziert Fortschritt und den habe ich nicht gesehen. Das Buch ist dadurch nach meinem Empfinden nicht besser geworden. Es gibt keine sich steigernde Dramaturgie und das Buch ist laaang. Es hat sein Faszinosum, aber es ist ne Challenge, das zu lesen. Dynamisch erzählen geht anders.
Progressiv im Sinne von "Die Literaturwelt erweiternd" lasse ich gelten. Meines Wissens ist Delany der erste SF-Autor, der ein Buch so angelegt hat.

Und auch da wieder die Frage: erzählen wir, wie wir träumen, oder träumen wir, wie wir erzählen?

Was war vorher da, das Huhn oder das Ei?    ;)
Ich bin davon überzeugt, dass sich beides bedingt und beeinflusst. Wir plotten und schreiben bewusst unsere Geschichten und gleichzeitig feilt das Unterbewusstsein, und damit unsere Träume, an beidem. Manchmal triggert uns eine Erfahrung, etwas, dass wir sehen und hören, unsere Initialidee, aus der wir die Geschichte entwickelt. Manchmal arbeitet das Unterbewusstsein daran und wir haben einen Geistesblitz und wissen nicht bewusst, wo der eigentlich herkommt. Wer wen final auslöst ist unterschiedlich.

Cheers - Frank
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Theorie / Re: Alternative Erzählstrukturen
« Letzter Beitrag von Viskey am 15 June 2023, 12:22:49 »
OK, wohl missverständlich ausgedrückt. Nicht der Ursprung des Erzählens an sich, da bin ich bei dir, merin. Die Welt ein Stück weit erklären, sich selbst darin verorten und finden ... klar. Aber das hat (noch) nichts mit der Form zu tun. Das ist das Ziel, nicht der Weg.

Der Weg wäre dann eben das "wie erzähle ich"? Irgendwo hat mal wer eine Studie gemacht und festgestellt, dass Träume und Filme ähnliche Stilmittel "anwenden", wie zB Zeitsprünge. - Ob das wirklich haltbar ist, bzw. was da was beeinflusst hat, keine Ahnung, zu lange her. Und natürlich kommt über die x Generationen die Kultur mit ins Spiel. Welche Versatzstücke kennt mein Publikum, welche Klischees, welche Konventionen? Auf die wird dann aufgebaut, womit sie gleichzeitig verfestigt werden.
Und auch da wieder die Frage: erzählen wir, wie wir träumen, oder träumen wir, wie wir erzählen?
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Ausschreibungen und Wettbewerbe / Re: Uschtrin Newsletter
« Letzter Beitrag von LaHallia am 13 June 2023, 22:05:30 »
Liebe Autorinnen und Autoren,

Sie haben sich für unseren kostenlosen E-Mail-Benachrichtigungsservice angemeldet und erhalten daher heute am 12. Juni 2023 Hinweise auf Literaturwettbewerbe und -stipendien.

Die hier genannten sowie weitere Ausschreibungen sind auf der »Autorenwelt« zu sehen, und zwar unter » Förderungen «.

Folgende Wettbewerbe (3) und Stipendien (2), die neu ausgeschrieben worden sind, finden Sie unter:
 
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Wettbewerbe (3)

(1)
Hamburger Literaturpreise 2023
= https://www.autorenwelt.de/verzeichnis/foerderungen/hamburger-literaturpreise-2023
In 8 Kategorien werden insgesamt 84.000 Euro vergeben. Bewerben können sich Autorinnen, Comiczeichner, Übersetzerinnen, die in Hamburg oder im Gebiet des Hamburger Verkehrsverbundes (Gebiet ABCD) ihren ersten Wohnsitz und Lebensmittelpunkt haben. Die Kategorien: 1. Kategorie „Buch des Jahres“ (keine Eigenbewerbung möglich), 2. Kategorie „Sachbuch des Jahres" (keine Eigenbewerbung möglich), 3. Kategorie „Roman“, 4. Kategorie „Erzählung“, 5. Kategorie „Lyrik, Drama, Experimentelles“, 6. Kategorie „Kinder- und Jugendbuch“, 7. Kategorie „Comic“, 8. Kategorie „Literarische Übersetzungen“. Dotierung: Die Preise der Kategorien 1 bis 7 sind mit jeweils 8.000 Euro, die Kategorie 8 mit 3x zu je 4.000 Euro dotiert. Bewerben bis zum 30. Juni 2023.

(2)
Frauen:zimmer
= https://www.autorenwelt.de/verzeichnis/foerderungen/frauenzimmer
»Die Ausschreibung richtet sich ausschließlich an FLINTA, d.h. an Personen, die sich als Frauen, Lesben, intersexuelle, nichtbinäre, trans- und agender Personen definieren und im Großraum Köln wohnen. Darüber hinaus gilt eine Altersbeschränkung von 18 bis einschließlich 30 Jahre.« In Kooperation mit dem Literaturhaus Köln wird eine Schreibwerkstatt ausgeschrieben, die vom 15.–17. September in Köln stattfindet. Für die 12 Teilnehmenden ist der Workshop kostenlos. Bewerben bis zum 15. Juli 2023.

(3)
Moerser Literaturpreis 2023
= https://www.autorenwelt.de/verzeichnis/foerderungen/moerser-literaturpreis-2023
Teilnehmen dürfen Autorinnen und Autoren (18-40 Jahre alt) aus der gesamten Region Niederrhein mit unveröffentlichten Prosatexten in deutscher Sprache zum Thema »Wider Willen«. Dotierung: 1. Preis 1.500 Euro, 2. Preis 1.000 Euro, 3. Preis 750 Euro. Einsenden bis zum 17. Juli 2023.
 
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https://www.autorenwelt.de/magazin/federwelt/archiv/federwelt-32023
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Stipendien (2)

(1)
FORUM FÜR DEN DIALOG DER KULTUREN Stipendien für Drehbuch- und Bühnenautoren
= https://www.autorenwelt.de/verzeichnis/foerderungen/forum-fuer-den-dialog-der-kulturen-stipendien-fuer-drehbuch-und
Einmonatiges Stipendium in der Villa Decius in Krakau für Autor*innen von Theaterstücken und Drehbüchern für Film, TV und Radio aus Polen und Deutschland. Zeitraum: entweder im September, Oktober oder November 2023. Dotierung: 3.250 Zloty brutto = ca. 730 Euro. Bewerben bis zum 15. Juni 2023.
Aus der Ausschreibung: »Bevorzugt werden Bewerbungen von Personen, die im Rahmen der Residenz an einem Text arbeiten möchten, der im weitesten Sinne die deutsch-polnischen Beziehungen zum Thema hat.«

(2)
Hessisches Literaturstipendium: Nouvelle-Aquitaine
= https://www.autorenwelt.de/verzeichnis/foerderungen/hessisches-literaturstipendium-nouvelle-aquitaine
Für die Bewerbung für das Hessische Literaturstipendium ist ein fester Wohnsitz in Hessen nicht Voraussetzung. Es muss jedoch ein deutlicher Lebensbezug zu Hessen bestehen (siehe Ausschreibung). 2023 läuft das Stipendium vom 4. September bis zum 27. Oktober. Der Aufenthaltsort für die erste Stipendienhälfte (4. September bis 2. Oktober) ist die Villa Valmont in Lormont bei Bordeaux. Vom 2. Oktober bis zum 27. Oktober erfolgt die Unterbringung in Zusammenarbeit mit Plumes de Léon in Saint-Léon-sur-Vézère (Dordogne). Dotierung: freie Unterkunft sowie 2.000 Euro pro Monat und bis zu maximal 500 Euro für die An- und Abreise. Bewerben bis zum 30. Juni 2023.
Aus der Ausschreibung: »Ziel ist es, die kulturellen Beziehungen zwischen der Nouvelle-Aquitaine und Hessen zu entwickeln und Schriftsteller*innen die Möglichkeit zu geben, ihren Wirkungskreis zu erweitern. Dabei soll auch die Literatur der jeweiligen Partnerregion einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Bewerbungen aus dem Bereich der Bande Dessinée (Comic / Graphic Novel) sind willkommen.«
 

Liebe Grüße und eine gute Woche!
Sandra Uschtrin vom Autorenwelt-Team
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Die Werke der Federteufel / Re: Veröffentlichungen in Printform
« Letzter Beitrag von Wildfee am 12 June 2023, 19:55:02 »
Darf ich auch?
Bislang habe ich nur Kurzgeschichten geschrieben, daher sind hier nur Anthologien aufgelistet.
Zuerst die ohneohrigen:
https://www.ohneohren.com/shop/Das-Dampfbein-schwingen-TASCHENBUCH-p286743379
Meine KG lautet "Die Liebe zur Musik"
https://www.ohneohren.com/shop/Hereinspaziert-TASCHENBUCH-p485755349
Hier heißt meine KG "Wir sind Wunder"

Beim Machandelverlag bin ich ebenfalls vertreten:
https://www.machandel-verlag.de/readerview/drachenlachen-2.html
mit "Drachenschnupfen"
https://www.machandel-verlag.de/readerview/drachenlachen-1.html
mit "Luce"

Einen Ausflug in die Funtasy gibt es hier:
https://leserattenverlag.de/shop/Anthologien/Waypoint-FiftyNine::36.html
"Queerdenker" (und nein, lange vor Corona geschrieben!)

Hier gibt es das kostenlose E-Zine Weltenportal
https://weltenportalmagazin.de/ausgaben-archiv/ausgabe-3/
Da gibt es "Von den Sternen" zu lesen

In https://www.verlag-torsten-low.com/de/Anthologien/Phantastik--gemischt-/generationen-hrsg-von-martin-witzgall-und-felix-woitkowski-storyolympiade-2019-2022.html
findet sich meine erste SciFi Story "Paradise Lost"
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Theorie / Re: Alternative Erzählstrukturen
« Letzter Beitrag von merin am 11 June 2023, 08:56:54 »
Ich glaube nicht, dass Träume die ursprüngliche Art des Geschichtenerzählens sind. Sondern dass Geschichtenerzählen die ursprüngliche Art von Geschichte ist. Historie. Das heißt, Geschichten haben etwas mit Identität und Herkunft zu tun und vielleicht wäre es dann progressiv, sich auf andere Aspekte davon zu berufen als eben die klassischen, von weißen Männern geschriebenen Geschichten. Das Problem ist, dass ich nicht so viel anderes kenne - also wirklich historisch.
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Theorie / Re: Alternative Erzählstrukturen
« Letzter Beitrag von Viskey am 11 June 2023, 07:42:30 »
Persönlich bin ich mit der Spannungsbogen-Geschichte durchaus zu frieden. Als Gegenbeispiel fällt mir "Briefe an ein nie geborenes Kind" ein. Autorin - keine Ahnung, es ist Jahre her, seit ich es gelesen habe. Es ist eine Erzählung, die eigentlich nur Gefühle erörtert, aber so gekonnt und so poetisch, dass ich heute noch manchmal daran denke, und immer wieder auch denke, ich müsste das mal wieder lesen ... Aber das Buch liegt am Dachboden irgendwo in irgendeiner Kiste ...
Jedenfalls ist es eine Stream of Consciousness-Geschichte. Für einen Roman wahrscheinlich auch zu kurz, und ich habe es fast als störend empfunden, als so etwas wie Plot kurz den Kopf hob.
Ich kann das Buch trotzdem nur empfehlen.

Wenn es jetzt wirklich darum geht, eine Geschichte zu erzählen, mit Plot und Entwicklungen und allem ... puh. Ich bin nicht sicher, ob das ohne Spannungsbogen geht. Vielleicht sollte man dazu Träume genauer ansehen? Wie träumen wir, was träumen wir? Wie lösen sich die Geschichten auf - wenn sie es denn tun?
Ich selber träume ja kaum mal was (bzw kann mich eben nicht erinnern), und wenn, dann sind es nur kurze Bilder oder Wörter,  aber andere Menschen träumen ja wohl wirklich ganze Geschichten, hab ich gehört.
Wenn Träume die ursprüngliche Art des Geschichtenerzählens ist ... Wie läuft das dann dort ab?
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Theorie / Re: Alternative Erzählstrukturen
« Letzter Beitrag von Wildfee am 10 June 2023, 17:50:28 »
Ich denke beim Abweichen von konventionellen Erzählstrukturen schon an Progressivität. Ich habe das Buch bisher noch nicht gelesen (warum eigentlich, frage ich mich grade), aber mir kommt Cloud Atlas in den Sinn. Der Film ist beim Publikum ziemlich durchgefallen, weil er zu ungewöhnlich, zu anders war und eben nicht der gängigen Struktur gefolgt ist.
Ebenso ungewöhnlich wäre es, ein Buch mitten im Höhepunkt enden zu lassen  :gruebel:
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Theorie / Re: Alternative Erzählstrukturen
« Letzter Beitrag von merin am 10 June 2023, 15:45:49 »
Hi Wildfee,

oh da hast du ein spannendes Thema begonnen, an dem ich auch seit einer Weile herumdenke. In meinem "Plotten wie die Amis"-Thread habe ich einiges dazu aufgeschrieben, was eine Geschichte ausmacht. Der Autor denkt aber nicht darüber nach, ob seine Sicht darauf vielleicht eurozentristisch ist.
Ich kenne einige der Ananse-Geschichten, die in Ghana sehr verbreitet sind. Die sind eigentlich immer so, dass der Spinnenmann Ananse Leute übertölpelt. Sie entsprechen sehr den hiesigen Schemen, allerdings sind sie möglicherweise auch stark von europäischen Erzähltraditionen beeinflusst. Ich habe mal versucht, mich mit der Akan-Tradition des Linguisten auseinanderzusetzen, allerdings sind die für mich so fremd, dass es enorm schwer ist, sie zu verstehen. Die Leute, mit denen ich darüber sprach, wollten oder konnten es mir nicht so erklären, dass ich es verstanden habe. Mein Gefühl war, dass diese Art des Sprechens sehr von Symbolik und Gleichnissen lebt - und von einer impliziten Hierarchie, die man verstehen muss.

Ich selbst fahre ja die Schiene, dass ich versuche, den Spannungsbogen recht klassisch aufzubauen, aber mich der Zuspitzung zu entziehen, die gerade so Mode ist. Für mich ist das progressiv genug.

Wenn ich mir ansehe, wer Spannung anders gemacht hat und wo das funktioniert, fallen mir mehrere Texte ein, die ich in letzter Zeit gelesen habe:
- Becky Chambers Monk & Robot, aber auch viel von den Wayfarer-Sachen. Es fällt mir enorm schwer zu verstehen, warum die Spannung dort funktioniert, darum kann ich da gar nicht viel Schlaues drüber sagen. Nur dass es funktioniert. Mein Gefühl ist: Solange die Charaktere stimmig sind und der Weltenbau sinnlich gezeigt wird, lese ich es gern.
- June Is: "Gefangen zwischen den Zeilen" - auch das funktioniert eher assoziativ. Mein Gefühl ist, es ist die Freude an den Einfällen, die mich da bei der Stange hält, ähnlich wie bei "Wo beginnt die Nacht" von Sven Haupt
- "Neongrau" von Aiki Mira hat zwar ein klassisches Spannungsmoment, aber es ist enorm unwichtig im gesamten Text, der eher von der Sprachgewalt und den kleinen Weltenbaudetails lebt. Allerdings habe ich mich da zwischendurch schon gelangweilt, muss ich zugeben.

Tja, ist ein anderer Spannungsaufbau schon progressiv? Ich würde behaupten: nein. Slice of life beispielsweise hat meist gar keine Spannung, es ist einfach nur die Faszination am Zusehen und Eintauchen, die uns da hält. Ob das dann progressiv ist, würde ich eher am Inhalt festmachen.

Liebe Grüße
merin
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