Federteufel

Teufelszeug => Theorie => Schreibmethoden => Thema gestartet von: merin am 23 May 2016, 09:34:52

Titel: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 23 May 2016, 09:34:52
Liebe Teufel,

ich wollte mich mal mit euch darüber austauschen, wie ihr eigentlich schreibt bzw. welche Art zu schreiben, eher zum Erfolg führt. Ich neige dazu, immer Teile zu schreiben und dann ewig an den Kapiteln herumzufeilen, dadurch wächst der Text in die Breite, aber nicht in die Länge. Wenn ich aber, ohne das zu tun, den Plot vorantreibe, also in die Länge schreibe, dann mache ich im schlimmsten Fall die selben Fehler immer wieder - was mehr Überarbeitungszeit bedeutet. Oder mache ich mir da etwas vor, weil ich Angst habe, dann vor einer grottenschlechten Rohfassung zu sitzen?
 Aktuell hänge ich, wie schon bei vielen Projekten zuvor, dabei, dass der Plot einfach nicht voranschreitet. Daher wollte ich mal die, die Romane fertig schreiben, befragen: Wie macht ihr das? Erstmal alles hinschreiben und dann weitersehen?
Und die, die auch nie fertig werden: Wo hängt ihr?

VG
merin
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Ginger am 23 May 2016, 10:53:32
Ich benutze die Nora Roberts Methode "I don't fiddle or edit or change while I'm going through that first draft.
" -> Ich schreibe und bearbeite dabei nicht.

Ich sehe das so:

In der Rohversion kann noch alles passieren. Selbst wenn ich einen 50 Notizbuchseiten langen Plot habe, wird das Buch am Ende doch anders. Zwar nicht viel, aber es gibt trotzdem Szenen, die mir erst später einfallen, die aber umbedingt reinmüssen. Und selbst ein aufgeschriebener Plot muss nicht immer Sinn geben, also ist das auch keine Garantie, dass mit der Story am Ende alles stimmt.

Ich sehe es schon fast als "Zeitverschwendung" zu viel Zeit mit Szenen zu verbringen, die am Ende in der tatsächlichen Bearbeitung vielleicht ganz anders werden. Das ist auch der Grund, weshalb ich RS und Grammatik etc. (Interpunktion !!!) erst in der 3. Bearbeitung richtig überprüfe. Wieso sollte ich das auch davor machen? Da verschwende ich Zeit um den Text nach RS - Fehlern zu durchsuchen und dann wird die Szene gestrichen. Ich kann den Text auch so lesen und bearbeiten, sodass der Inhalt stimmt.

Zitat
Erstmal alles hinschreiben und dann weitersehen?

Jein.

Ja - weil ich sogar richtig hässliche Sätze stehen lassen, mir aber denke, dass mir da bestimmt in der Überarbeitung etwas besseres einfällt. Und in dem Moment ist der Satz halt einfach der hässliche Platzhalter, der dann in der Überarbeitung eh der "Reinschrift etc." zum Opfer fällt. Ich möchte mich damit nicht so lange aufhalten, weil ich dadurch wertvolle Zeit verbrauche.

Nein - weil ich eben nicht einfach nur alles hinschreibe, sondern schon mit Prinzip und Plan arbeite. Ich weiß immer, wie es in meinem Buch weitergeht, weil ich das schon vor dem Aufschreiben alles aufgeschrieben habe. Deshalb bleibe ich auch nie "hängen". Selbst wenn mir zu der Szene nichts mehr einfällt, dort aber auf jeden Fall noch etwas fehlt, dann kann ich immer noch eine andere Szene in dem Buch schreiben, weil ich den Handlungsverlauf schon im Kopf habe. Das Buch, das ich aktuell schreibe, das hat den Anfang von seinem Ende und viele Mittelteile, während die andere Handlung zum Teil stockt, weil ich gerade einfach nicht die richtigen Worte finde. Und damit meine ich keine


- Und für mich macht sich diese Methode bezahlt.
Seit Januar 2015 habe ich 8 Bücher geschrieben. Also in der Rohfassung. Mit der Bearbeitung sieht es anders aus, da bin ich erst mit einem komplett fertig und mit dem anderen zu 75%. Der Rest muss noch überarbeitet werden, aber das lässt meine Zeit im Moment (noch) nicht zu.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 23 May 2016, 12:50:13
Länge schreiben, ohne dabei Breite zu schreiben - um bei deinen Worten zu bleiben - funktioniert für mich NICHT. Und zwar sowas von absolut überhaupt gar NICHT.

Das merke ich spätestens jeden NaNo, wenn ich in der zweiten Woche plötzlich vor dem Computer sitze und mir mühsam ein paar gequälte Wörter aus den Fingern sauge, und am Ende des Tages mit knappen 300 dasitze, statt den nötigen 1667.

Für mich ist die Überarbeitung (noch lange keine Reinschrift, wohlgemerkt!) während des Schreibens die halbe Inspiration zum weiterschreiben. Was am Ende rauskommt, ist immer noch eine ziemlich grobe (und teilweise echt unleserlich schlechte) Rohfassung, aber es steht "Ende" drunter. :cheer:

Und dann kommt der Punkt, an dem ich für normal hängen bleibe: Die Überarbeitung zur Endversion.  Da feile ich an Szenen, die mir schon gefallen, bis sie bis zum letzten I-Tüpfelchen perfekt sind ... und vor den problematischen Szenen drück ich mich. So kommt man natürlich nicht weiter.



@ Ginger

Über Rechtschreibfehler drüberzuschreiben könnte ich nie. Schon während des ersten Schreibens geh ich zurück, wenn ich mich vertippe. Das täte mir einfach in den Augen weh, das stehen zu lassen.  :deveek:
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 23 May 2016, 13:04:24
Ja, das geht mir ähnlich: Ich muss alles korrigieren, was ich sehe. Und überarbeite, um in den Text wieder reinzukommen. Aber Ginger schreibt eindeutig mehr Texte erstmal fertig. :gruebel:
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Ginger am 23 May 2016, 13:55:23
@Viskey

Ich spreche hier auch von Rechtschreibfehlern, die man nicht sofort "sieht". Sprich wenn nix rot unterkringelt ist.
Sondern zum Beispiel Worte, die es so auch gibt, aber in dem Satz keine Sinn machen weil zum Beispiel ein Buchstabe fehlt um das Wort zu sein, das es sein soll

Ja, ich schreibe mehr Texte erstmal fertig :) die Ideen müssen raus. Und ich möchte jetzt auch mal behaupten, dass die Rohfassung nicht komplett für den Eimer ist.
Ich sag mal so: Wenn ich Zeit habe, dann überarbeite ich ein Buch in 2 Wochen.
Das wären dann für ein Buch Ca. 2 Monate mit einer 2 Wochen Pause vor der Überarbeitung.
In 2 Monaten hätte ich aber niemals ein Buch geschrieben, wenn ich alles sofort korrigieren oder überprüfen würde
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 23 May 2016, 15:18:45
Naja, ich sehe die halt auch ohne rote Kringellinie ... Da kann ich nicht über meinen Schatten. :hehe:

Und ich glaube, wir reden hier von verschiedenen Arten "Überarbeiten".

Die Überarbeitung, die ich während des Schreibens vornehme, geht nicht so sehr in Richtung "wie schreib ich den Satz schöner", sondern in Richtung "Da fehlt noch eine Szene", oder ich bau die Szene lebhafter aus, ändere bisweilen auch die Richtung (statt streiten versöhnen sie sich), ganz selten tausche ich auch Figuren aus, weil ich beim ersten Anlauf an der falschen Künstlergarderobe geklopft hab.
Natürlich richte ich auch schiefe Sätze gerade - geht ja quasi in einem, wenn ich das Zeug eh grad les - aber es ist nicht der Fokus.
Ich brauche diese Stippvisiten in meiner eigenen Geschichte um das richtige Gefühl wieder zu bekommen. Wie gesagt, ich bin da meine eigene Muse, sozusagen. :devcool:

Ich glaube, was bei mir unter diese erste Parallelüberarbeitung fällt, ist das, was bei dir zwischen handschriftlichem Konzept und Ausarbeitung im Computer liegt.

Ich schreibe halt quasi Konzept und Ausarbeitung in einem, was zugegeben eine unökonomische Arbeitsweise ist. Drum hab ich mir ja jetzt auch ein Heft gekauft, um es für meinen Vampir mal mit deiner Methode auszuprobieren. Allerdings ist mir im Moment wieder mal die Pentalogie dazwischengekommen. Segestes muss also noch warten. Mal wieder. Der Arme. :streichel:
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Ginger am 23 May 2016, 15:38:06
Naja ich meine, wenn mir was gutes für eine Szene einfällt, dann schreibe ich die auch noch rein.
Letztens hat ein Hund super in die Situation gepasst, also habe ich einige Kapitel davor eine Hund ergänzt und den dann auch in alle Szenen nachgeschrieben. Vor der Bearbeitung.
Also ist Nicht so als würde ich das, was ich geschrieben habe, vor der Bearbeitung nie wieder ansehen. Ich gehe wahrscheinlich einfach nicht mehr so akribische darauf ein. Erst in der Bearbeitung dann ;)
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 23 May 2016, 15:59:28
Ich denke trotzdem, an das, was ich so mache, kommen deine Ergänzungen nicht heran. :biggrin:

Ich hab in der Erstversion manchmal Szenen, die aus 5 Absätzen bestehen. Wenn ich dann die "Parallelüberarbeitung" gemacht habe, hat die gleiche Szene 1 1/2 Seiten, und beinahe kein Wort ist stehen geblieben. Ich tippe auch bei jeder Überarbeitung alles neu. Zwar im gleichen Dokument, aber trotzdem neu. Nur da oder dort einen Satz einzufügen (oder ein Wort), ist mir zu zerfasert, da verliere ich den Faden der Szene. - Eine weitere unökonomische Angewohnheit, aber damit muss ich halt leben.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Ginger am 23 May 2016, 16:03:16
Ich glaube wir machen das ziemlich gleich, reden nur gerade völlig aneinander vorbei :)

Für mich ist die Rohversion erst fertig, wenn ich keine Szene mehr hinzufügen muss und wenn die Handlung in sich geschlossen ist. Es sei denn ich Dödel vergesse, dass ich mitten im Buch "da fällt dir schon noch was gutes ein" schreibe und 4-5 Kapitel überspringe ....

Ich glaube wir haben unterschiedliche Vorstellungen von Rohfassungen ... Oder so xD
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 23 May 2016, 18:33:57
Hm ... ein bisschen wahrscheinlich.

Für mich ist eine Rohfassung fertig, wenn ich "Ende" tippe.

Allerdings haben bis dorthin manche Teile des Buches schon drei oder mehr "Überarbeitungen" hinter sich. - Weil ich ja vieles doppelt und dreifach lese, um wieder ins richtige Gefühl reinzukommen. Und wenn mir dabei was auffällt - wieso sollte ich das auf später verschieben? Also mach ich's gleich. Vor allem, wenn es zB Erklärungen sind, die an späterer Stelle besser passen - Stellen, die ich noch nicht geschrieben hatte, als ich die Szene geschrieben habe, die ich gerade lese.

Insofern ist "Rohfassung" bei mir ein eher dehnbarer Begriff. ;)
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Mooncat am 23 May 2016, 18:39:25
Hmm. Früher habe ich erst viel überarbeitet, bevor ich weitergegangen bin. Mit dem Resultat, dass ich fast nicht zum Ziel gekommen bin, bzw. Ende. Und an Überarbeitung habe ich nicht wirklich etwas gespart.

Im Grunde mache ich es ähnlich wie Ginger. Erst einmal Rohfassung. Allerdings nicht ganz so konsequent wie sie. Wahrscheinlich hauptsächlich weil ich max. 2-3 Seiten Plot schreibe/fülle, bevor ich loslege und das allein die wichtigsten Geschehnisse sind. Keine Szenen, keine langen Charakterbögen, keine Szenenliste. Mich engt das zu sehr ein. Andere arbeiten so am besten.
Jedenfalls, wenn ich merke, dass eine Szene früher fehlt, die ich jetzt bräuchte, gehe ich zurück und füge sie ein. Was ich nicht kann, ist eine Szene einfach abzubrechen, weil ich nicht weiterweiss, und einfach zur nächsten zu springen. Da sich bei mir das meiste entwickelt, während ich schreibe, blockiert mich das zu sehr, weil ich nicht weiss, wie oder wo ich jetzt anknüpfen muss. Versucht habe ich es schon. Weil es manchmal EWIG geht, um über eine Stelle hinweg zu kommen. Aktuell bin ich an einer, an der nage ich schon seit einem Monat. Erst im plotting, dann um alles richtig aufgereiht zu bekommen und aktuell bin ich mir noch immer nicht sicher, mit welcher von 2-3 Optionen ich gehen will. Aber ich kann nicht weiter, weil je nach Option anders weiterfahren muss. Ergo ... ja ... Daher kann ich über solche Stellen nicht einfach hinwegspringen. Was zeitintensiver ist. Wobei es da auf das Projekt und die Geschichte ankommt. Den ersten Band Casey habe ich in 2 Monaten geschrieben, Synoro in 3 (wobei da noch das letzte Stück fehlt, da ich da auch an so einer Schlüsselszene hänge). Beide so 80-120k. Am aktuellen Band der Pentalogie arbeite ich an der Rohfassung seit November 14. Gut, etwa mit halbem Jahr bis 8 Mon Pause insgesamt dazwischen, aber ich bin in den letzten Szenen und bei 270k ... Und das meiste davon durchgeschrieben ...
Aber ich schreibe die Rohfassung ansonsten in einem Stück fertig, ohne zu überarbeiten. Wobei ich eine fehlende Szene/Information einfügen nicht als Überarbeiten ansehe. Mein Ziel ist es, eine Rohfassung vom ersten bis zum letzten Wort in der richtigen chronologischen Reihenfolge zu haben. Das brauche ich, um damit weiterarbeiten zu können. Andere sind da anders, ich weiss, aber das ist halt so eine Sache, die jeder für sich herausfinden muss.
Was ich nicht mache ist zurückgehen und Szenen streichen/überarbeiten/grundsätzlich ändern, weil ja, das spar ich mir für die Überarbeitung. Bei Rechtschreibung und Grammatik spare ich es mir auch. Was ich grad mal sehe beim Nachlesen oder nachträglichen Einfügen, ja. Aber nur was mich auf einer Skala von 1-10 etwa 8-12 stört. Den Rest lasse ich, weil ja, erstens raubt es mir zu viel Zeit, weil wenn ich erst einmal angefangen habe, ist es schwer aufzuhören, und zweitens, wie Ginger schon gesagt hat, Sinn macht es kaum, da eh vor dem Ende der Rohfassung noch nicht feststeht, was bleibt und was fliegt und was umformuliert werden muss. Das kann ich relativ easy.
Na ja, im Nano trenn ich fast immer die Wörter, bei denen ich sehe, dass ein Leerzeichen fehlt. Da geht es schliesslich noch um Worte ...  :devgrin:

Das Überarbeiten ist dann eine andere Sache. Ich hasse es. Brauche ewig, um mich dazu aufzuraffen, und komme dann meistens 1-30 Seiten max. bis mich die Motivation auch wieder verlässt. Der Vorteil meiner Rohversion ist, dass ich meistens relativ viel davon brauchen kann, vor allem an der Struktur muss ich kaum noch was ändern, meistens fehlt es hauptsächlich an der Formulierung und dem Reduzieren von Infodump und Wiederholungen. Wobei, da verrenne ich mich dann oft im Detail, zum Teil nicht unbedingt im positiven Sinne offenbar, glaubt man einigen Röstungen ...  :schnief:
Aber das ist eine andere Geschichte ...

Jedenfalls, ich würde auch empfehlen, erst einmal daran zu arbeiten, die Rohfassung fertig zu bekommen, bevor du ans Schleifen und Feilen gehst. Aber in welchem Detaillierungsgrad du deine Rohfassung brauchst, das ist etwas, das musst du selbst herausfinden. Was sind deine No-gos, was kannst du ruhen lassen bis du ordentlich überarbeitest?
Und wie gesagt, ich denke, es hängt auch etwas von der Geschichte ab. Einige lassen sich einfach runterschreiben. Andere sind so verwoben und laufen auf so vielen verschiedenen Ebenen ab, da brauchst du vielleicht mehr Zeit. Da kommt es darauf an, wie viel du ins Planning und Plotting gesteckt hast und wie eng du dich daran halten kannst.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Ginger am 23 May 2016, 19:05:55
Naja, es ist nicht so als würde ich einen Fehler beim durchlesen ignorieren. Aber ich mache mich eben nicht SO auf die Suche.

Ich halte mich wenn eher mit inhaltlichen Dingen auf und weniger mit "Stilistischen" etc.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 23 May 2016, 19:15:45
Mir hilft das Parallelüberarbeiten v.a. auch dabei, Doppelungen und Lücken zu vermeiden. Wenn ich nicht ständig zurückgehe, weiß ich nicht mehr ob ich bestimmte Details schon geschrieben hab oder nicht. Und dann kann es sein, dass etws eben doppelt drin steht oder sogar dreimal, und andere Dinge dafür fehlen.

Könnte man natürlich auch in der Überarbeitung nach dem "Ende" reparieren. Aber ich denke mir, es ist vergeudete Schreibzeit, wenn ich etwas doppelt schreibe, nur weil mein zerstreutes Hirn sich nicht dran erinnert.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Mooncat am 23 May 2016, 19:24:31
Ich halte mich wenn eher mit inhaltlichen Dingen auf und weniger mit "Stilistischen" etc.

Hach ja, das finde ich eine gute Kernaussage. Wenn, dann passe ich die Rohfassung, falls nötig, auch eher nur rein inhaltlich an.

Was ich auch tue, wenn ich merke, dass etwas vorher jetzt falsch ist oder ich nicht sicher bin, dass es schon erwähnt wurde oder umgekehrt, sicher bin, dass es schon steht, hier in einer späteren Szene aber mehr Sinn macht, dann notier ich mir das für die Überarbeitung. Habe meistenst zwei Kategorien: was fehlt noch & was muss geändert/gestrichen werden.
So habe ich es dann ein My leichter bei der Überarbeitung, weil ich die Liste hervorholen und gleich während der Überarbeitung vergleichen/abchecken kann ...
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Ginger am 23 May 2016, 19:26:34
Das ist der Vorteil, wenn man schnell schreibt :P Ich weiß immer, wenn ich etwas schonmal geschrieben habe, weil es mir total bekannt vorkommt :P

Richtig viele Wiederholungen habe ich eigentlich selten drinnen. Es kommt schon vor, deshalb schreibe ich nach der 3. Überarbeitung meines Romans auch nochmal lauter Einzelkeiten in Stichpunkten aus jedem Kapitel raus und vergleiche es mit den anderen Kapitel, aber sonst gelingt mir das (Gott sei Dank) eigentlich immer ganz in Ordnung :)

Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 23 May 2016, 20:13:21
Ja, ihr habt wohl recht. Ich muss mich disziplinieren. In meinen "Rohfassungen" ist selten ein Textstück, das weniger als 6 Mal überarbeitet wurde. Und so komm ich nicht voran. Was ich aushalten kann, stehenzulassen, weiß ich nicht. Es wird wohl Zeit, es auszuprobieren...
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Ginger am 23 May 2016, 20:15:19
Schau einfach nicht hin. Das Buch kann am Ende genauso gut, wenn nicht sogar besser werden, wenn du vielleicht nicht alles 6 Mal überarbeitest.

Wie lange arbeitest du schon an deinem Buch? Und wie lang wird dein Buch wohl (Also NS-Seiten?)

Stell dir mal vor du braucht ... 1 Jahr für 300 Seiten Buch. Und dann, nach einem Jahr merkst du, dass vieles in deinem Buch so gar nicht funktioniert. Oder du bekommst Rückmeldung von Testlesern, dass sie das und das nicht verstehen.

Dann hast du 6 Überarbeitungen auf eine gelöschte Szene verschwendet.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 23 May 2016, 21:09:39
Ja, ich weiß. Meine schlimmste Befürchtung ist, dass ich dann nicht in der Lage bin, es so umzuschreiben, dass es gut wird. So wie bei meinem letzten Projekt. Das habe ich in wenigen Monaten runtergeschrieben - Jahre liegen lassen, weil ich nicht weiterkam - dann zwei Mal überarbeitet - und nun liegt es wieder in der Schublade, weil es so nicht funktioniert. Der Plot ist meines Erachtens gut aber die Perspektive kann ich sprachlich nicht füllen.
Diesmal soll es anders werden - aber das hemmt mich ungemein. Aber kneifen bringt wohl auch nichts...
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 22 September 2016, 19:54:35
Huhu :)

Das Thema finde ich ja total spannend. Ich bin ja vom Bauchschreiber zum Planungsschreiber mutiert, sozusagen. Allerdings muss ich zugeben, dass ich als Bauchschreiber auch noch nicht einmal wusste, dass es so etwas wie Rohfassung überhaupt gibt. Ich war der Meinung, wenn das Buch geschrieben ist, ist es gut. Ja, typischer Anfängerfehler, aber wenn man vorher niemanden hatte, der den Text gegen liest und ihn selbst gut findet, dann lebt man eben in diesem Irrglauben.

Damals war es so, dass ich eben dadurch gar nicht im Text überarbeitet habe, während ich geschrieben habe. Eine Szene folgte auf die andere und das bis zum Ende. Ich muss sagen, dass ich damit schnell gefahren bin, weil ich damals noch keinen inneren Lektor hatte, der mich genervt hat. Das war definitiv ein super Vorteil.

Jetzt ist es aber so, dass ich weiß, dass kein Text von Anfang an gut ist, dass es ein Rohfassung gibt und dass niemand ums Überarbeiten herumkommt. Da ich aber meinen ersten Band meiner Romanreihe nun schon zum dritten Mal neu schreibe (neue Anfänge wegen Stil und neuen Ideen einbringen nicht mitgezählt), habe ich dummerweise den Anspruch an mich, dass er diesmal gleich gut sein soll, was ja aber völlig utopisch ist. Diesen Gedanken kriege ich dummerweise nur nicht weg, weshalb ich durchaus auch zurückgehe, wenn mir etwas nicht gefällt - wenn ich dann mal schreibe. Die meiste Zeit hindert mich dieser Gedanke ja gleich am Schreiben. Schreibe ich dann aber, dann ist es so, dass ich Rechtschreibfehler und Umformulierungen korrigiere/vornehme, wenn sie mir ins Auge fallen, aber ich gehe den Text jetzt nicht durch, um welche zu finden. Bin ich mit einer Szene aber unzufrieden, dann ändere ich sie gleich, wenn ich eine bessere Lösung für mich gefunden habe, weil ich etwas, was mir so gar nicht gefällt, nicht einfach so stehen lassen kann. Das hindert mich dann am Weiterschreiben. Wenn ich in schlechtes Gefühl bei etwas habe, ist es meist auch schlecht, deshalb ist es nicht schlimm für mich, das gleich zu ändern. Klar, an der geänderten Version muss ich später bestimmt auch noch mal herumwerkeln, aber ich habe dann die Hoffnung, dass sie dann nicht mehr ganz so viel Überarbeitungsgrund hat wie zuvor.

Zusammenfassend würde ich aber sagen, dass es nicht gut ist, zu oft in seinen Texten zurückzugehen. Man kann den Text nicht von Anfang an perfekt haben und schon gar nicht ohne Feedback. Finde ich zumindest für mich, weil ich mit meinem Schreiben gerade so dermaßen unsicher bin, dass ich so etwas brauche, um wieder herauszufinden, ob ich überhaupt gescheit schreiben kann. Paar Ausbesserungen und Veränderungen sind in Ordnung, wenn sie ein schlechtes Gefühl verursacht haben, aber den Text immer und immer wieder lesen, um dann noch mehr Sachen zu finden, ist eher kontraproduktiv und führt nur dazu, dass man letztlich nie ins gewünschte Ziel kommt.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 22 September 2016, 20:14:15
Zitat
aber den Text immer und immer wieder lesen, um dann noch mehr Sachen zu finden, ist eher kontraproduktiv und führt nur dazu, dass man letztlich nie ins gewünschte Ziel kommt.

Das ist ein wichtiger Punkt, finde ich. Einer, an dem ich auch gerade arbeite.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 22 September 2016, 20:17:53
Das heißt, das ist etwas, was du sonst eigentlich machst, dir aber abgewöhnen möchtest? Weißt du denn, warum du das immer wieder machst? Unsicherheit? Oder woran liegt das? Ich finde ja manchmal auch, dass einem der Text, wenn man ihn zig mal liest, irgendwann immer dümmer und dümmer vorkommt, zumindest wenn das recht zeitnah passiert, weil er dann auch ausgelutscht ist und einem dadurch so nichtssagend und langweilig erscheint und das wiederum führt dann dazu, dass man ihn erst recht ausbessern möchte. Irgendwie ein fieser Teufelskreis, was noch so ein Grund ist, weshalb man genau das nicht tun sollte.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 22 September 2016, 20:49:15
Bei mir ist es definitiv eine Vermeidung der Frage, wie es (im Plot) weiter gehen soll. Mir fällt es viel leichter, etwas Geschriebenes zu verändern als vor dem leeren Blatt zu sitzen. Da habe ich Hemmungen, immer wieder.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 22 September 2016, 20:56:14
Also bei mir ist es zum Teil Vermeiung der schwierigeren Szenen ... Um trotzdem wenigstens irgendwas zu tun, nehm ich mir die Kapitel vor, die eigentlich eh schon gut sind. (Wobei ich da trotzdem immer wieder Schnitzer finde, die mir bei den ersten 5 mal entgangen sind.)
Zum Teil ist es einfach Genuss. Ich mag, was ich schreibe und wie ich schreibe (no na, sonst würd ich ja auch nicht so schreiben), und von Zeit zu Zeit will ich mir dieses Vergnügen einfach gönnen, genau das zu lesen, was ich gerne lesen möchte, und in genau der Form, in der ich es lesen möchte. Kontraproduktiv ... sicher, aber leider auch einfach schön.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 22 September 2016, 21:03:32
@merin, verständlich, aber wäre dann die Planung nicht etwas für dich? Oder bist du eher der Bauchschreiber? Dann ist das natürlich schwieriger zu umgehen. Dann wäre es ja eher von Vorteil, wenn du dich dann, wenn du nicht weiter weißt, dran setzt, zu überlegen, wie es weitergehen könnte, anstatt dich quasi mit einer Überarbeitung von der Frage abzulenken. Was natürlich auch nicht so einfach ist, wenn man nicht der Planer ist und sich von zu genauen Vorstellungen eingeengt fühlt. Schwierig *grübel*

@Viskey, Schnitzer findet man immer. Irgendetwas ist einem immer durch die Lappen gegangen. So nervig es auch ist. Es gibt einfach keine perfekten Texte.
Dass du das tust, um schwierige Szenen zu vermeiden, kann ich gut verstehen. An die traut man sich ja einfach nicht so ran und dann hast du durch diese guten Kapitel ja auch noch eine wunderbare Ablenkungsmethode.
Das mit dem Genuss klingt aber sehr schön. Ist nur schade, dass das dann wieder dazu führt, dass du an den guten Kapiteln herumwerkelst und nicht weiter kommst. Vielleicht wäre es für dich auch eine Lösung, herauszufinden, was genau du an den Szenen so schwierig findest und wie du sie für dich einfacher machen kannst, auch wenn ich leider so gar keine Idee habe, wie man das anpacken soll.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 22 September 2016, 21:14:43
Zauberfeder Du hast genau meinen aktuellen Plan beschrieben. Ich versuche grad, mich zu bessern. :diablo:
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 22 September 2016, 21:29:42
Was ich an den Kapiteln so schwierig finde, ist leicht gesagt: Den Plot.  :devevil:

Ich schreibe irgendwie immer wieder politische Intrigen, obwohl ich die überhaupt nicht beherrsche. Trotzdem läuft früher oder später jede meiner Geschichten irgendwie darauf hinaus. Tja, und dann steh ich da und weiß nicht weiter. Die Figuren tun nicht, wie sie sollen, der Plot kommt nicht vom Fleck. Dabei weiß ich genau, wo die Geschichte am Ende hinsoll. Nur der Weg bleibt mir verschlossen.

In gewisser Weise schreib ich einfach das falsche Zeug. :wech:
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 22 September 2016, 21:39:08
@merin, das ist ja witzig^^ Ich wünsche dir viel Erfolg. Einfach ist das ja nicht und kostet viel Überwindung und Ausdauer und Ehrgeiz und so.

@Viskey, das ist richtig doof. Obwohl ich glaube, dass du daraus aus der Geschichte lernen kannst. Also aus unserer. Oder aus irgendwelchen Serien. Ich gucke sie nicht, könnte also nur ein Gerücht sein oder falsche Informationen meinerseits, aber sollen bei Game of Thrones nicht auch viele Intrigen gespielt werden. Wenn man das selbst nicht so gut kann, hilft ja eigentlich nur recherchieren, um zu schauen, wie Intrigen sonst so abgelaufen sind. Ich glaube, eine andere Lösung, als zu recherchieren, wenn man in so einem Fall nicht weiter weiß, gibt es nicht. Oder in die Charakter hineinhorchen. Manchmal verraten die ja auch, wie sie etwas machen. Ist nur nicht so sicher, diese Methode^^ Meistens sprechen sie ja auch nicht mit dem Autor und halten lieber den Mund.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 22 September 2016, 22:12:07
Zitat
Dabei weiß ich genau, wo die Geschichte am Ende hinsoll. Nur der Weg bleibt mir verschlossen.

Da bin ich ja beruhigt, dass es nicht nur mir so geht. Ich mein immerhin weiß ich nun dank Disziplin und teuflicher Hilfe genauer, wo es hin soll. Aber wie weiß ich nur sehr grob.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Pia am 22 September 2016, 22:34:14
Dabei weiß ich genau, wo die Geschichte am Ende hinsoll. Nur der Weg bleibt mir verschlossen.
Mir geht's ähnlich. Und für mich öffnet sich die Tür zum nächsten Abschnitt erst, wenn das, was davor steht, halbwegs stimmt. Also überarbeite ich so lange, bis es für mich passt, und dann geht's automatisch im Plot weiter.
Das Schwerste daran ist herauszufinden, was nicht passt. Meistens läuft's aber auf "extrem viel kürzen" hinaus ;).

Ja, ich überarbeite definitiv beim Schreiben. Trotzdem würde ich das, was am Schluss dabei rauskommt, immer noch Rohfassung nennen. Die Version wird dann auch noch mehrmals überarbeitet, bevor die Testleser drankommen. Und dann geht das Ganze, wenn man Pech hat, von vorne los ...
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 23 September 2016, 00:52:31
Game of Thrones ... tja. Da hab ich dreimal die erste Staffel angefangen ... ich bin kein einziges Mal zum Ende gekommen, weil mich die Serie schlicht und ergreifend langweilt. Ich konnte mich für keine einzige Figur erwärmen, keine davon konnte wirklich mein Interesse wecken, der Plot war mir grundsätzlich einfach zu gewalttätig, und für mich ist die Serie außerdem noch ein Paradebeispiel dafür, dass "Sex sells" keine universelle Gültigkeit hat.

Und ich weiß nicht, ob Intrige ein recherchierbares Thema ist. Das hat doch mehr mit den Figuren zu tun als mit dem Plot. Weil rein vom Plot her kann ich schon sagen: Jimmy wird jetzt Doppelagent und spioniert für die Russen, statt für die Amis. - Aber wie rechtfertige ich diesen Gesinnungswechsel? (Wenn wir mal davon ausgehen, dass Jimmy nicht dazu erpresst wird.) DA liegt für mich der Hund begraben. Das verstehe ich einfach nicht. DAs kann ich hundertmal für den Plot brauchen, ich versteh die nötigen Persönlichkeitsstrukturen dahinter nicht, weil sie mir selbst absolut fehlen.

Und ich glaube eben nicht, dass sich das recherchieren lässt. - Ich schaue zwar kein Game of Thrones, dafür aber The Americans, eine Serie, die ich nur allerwärmstens empfehlen kann. Zwei russische Agenten im Amerika der 80er Jahre. Die Serie ist vollgepackt mit Intrigen, Spionage, Mord, Anschlägen ... Total dicht erzählt, wenn du da eine Minute lang nicht aufpasst, hast du den Faden verloren. Und es geht nur um das, was ich selbst nicht kann: politische Ränke. Und obwohl ich die Serie schaue ... immer noch Fehlanzeige, wenn ich es selbst produzieren will.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Mondstern am 23 September 2016, 02:13:40
Nun ja, GoT ist zwar Fantays, aber sehr real umgesetzt. Eine Zeit, in der ich nicht leben wollte. Die TV-Serie ist schon super, die Bücher sind es noch mehr – aber natürlich Geschmackssache.
The Americans fand ich auch ganz toll gemacht. Leider kenn ich nur Staffel 1. Die anderen gibt’s ja nur auf Englisch und die sind mir ehrlich gesagt zu teuer.

Was "Sex sells" angeht, so erinnere ich mich, dass es da bei The Americans auch gut zur Sache geht.
Und wenn du was über politische Ränke und Komplotte lernen willst, bei GoT triffst du gleich auf mehrere Meister ihres Faches  8)

VG Mondstern
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 23 September 2016, 08:30:23
Das mit den inneren Motiven finde ich auch oft schwer. Dazu muss ich meine Figur in der Tiefe verstehen, dann läuft sie los und macht auf ihrem Weg das, was zum Plotziel führt. Bei mir kommt es aber auch vor, dass sie in eine andere Richtung läuft - und dann muss ich entweder die Prota umdenken oder umplotten.

Ich würde auch keine Intrigen recherchieren, sondern Persönlichkeiten. Aber klar, bei meinem Fach, mich interessiert auch mehr, was dahinter steckt. Ich würde also eher schauen, ob es Biografien gibt von Leuten, die solche Gesinnungswandel durchgemacht haben, und ob ich dort etwas über mögliche Persönlichkeitsstrukturen erfahre. Grob gesagt kann ich mir vorstellen, dass jemand seine Meinung ändert, weil er eh wie ein Blatt im Wind ist, weil etwas ihn zutiefst überzeugt, weil er nur sein eigenes Bestes sucht und das für den besten Weg hält oder weil es einen Zwang gibt. Und jede dieser Motivlagen braucht eine ganz andere Persönlichkeit.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 23 September 2016, 16:57:19
@Viskey, ich kenne mich mit Game of Thrones gar nicht aus. Ich gucke es nicht und gelesen habe ich es auch nicht. Ich habe nur gehört, dass dort scheinbar auch Intrigen vorkommen sollen.

Ah, okay, dann habe ich dich falsch verstanden. Ich dachte, du hast Schwierigkeiten damit, Intrigen umzusetzen, also Fäden zu spinnen, die erst später den Aha-Effekt erzielen, eben wie man politische Ränke und Komplotte schmiedet, wie Mondstern so schön gesagt hat.
Dir geht es aber eher um die Umstände, die einen Charakter dazu treiben, solche Dinge zu tun. Verstehe. Hmm, das ist noch mal schwierig, aber sicher nicht unmachbar. Dafür musst du deinen Charakter wohl nur gut kennen. Seine Ziele, Motive, Wünsche, Überzeugungen und so. Ich denke, das setzt einfach intensives Auseinandersetzen mit dem Charakter voraus, um zu schauen, warum er so handelt. Motive, die stark genug sind, gibt es immer wieder. Das zeigt ja schon unsere Geschichte. Irgendetwas treibt Menschen dazu, so zu handeln. Angst? Überzeugung? Zwickmühle? Erpressung? Glauben?
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 23 September 2016, 23:20:24
Naja, so ganz falsch hast du mich da gar nicht verstanden. Da ich mit der Motivation nicht auf gleich komme, kann ich auch die Fäden nicht spinnen, sondern nur höchst offensichtliche Seile verlegen. :devgrin:

Und "nur" die Figur kennenlernen... tja, das ist eben der Knackpunkt. Ich kann mir noch eher vorstellen, wie es ist, unter Wasser zu atmen, als Freunde, Familie, Heimatland etc. zu hintergehen.

Und da mir das fehlt, fehlen mir auch die dazugehörigen manipulativen "Spinnennetze", mit einem Faden hier und einem Faden dort. Sicher kannman sich da über die Zeit Strategien zurechtlegen und ein Muster entwickeln, das man halt abarbeitet. Aber natürlich kommt das bei mir nie. Damit muss ich wohl leben. Und wenn ich mal was anderes schreiben würde als Intrigen, wäre das auch gar kein Problem... Aber offenbar mag ich's schwierig.  :devgrin:
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 24 September 2016, 08:56:56
Ja, ergibt Sinn. Das eine kann nicht ohne das andere existieren, aber dann wäre dein Problem ja immer noch erst einmal der Charakter. Das andere wäre dann der zweite Schritt, obwohl ich das auch schwer finde. Ich würde wahrscheinlich auch eher offensichtliche Seile (ich mag die Darstellung^^) legen.

Ich glaube nicht, dass das bei dir nie kommen würde. Nur weil du dir die Beweggründe jetzt noch nicht vorstellen kannst, heißt es ja nicht, dass du das nicht irgendwann kannst. Ich finde solche Sachen auch schwer vorstellbar, weil es eben etwas ist, was gegen unsere Moral verstößt und man selbst so etwas nicht tun würde, aber ich glaube, in verzweifelten Situationen sind Menschen durchaus zu so etwas fähig. Man muss quasi 'nur' genug Abgründe schaffen, damit sie so handeln. Nimm deinen Charakter und schau, was ihn dazu treiben würde. Meistens sind es ja starke Gefühle. Welches starke Gefühl würde ihn dazu bringen, sich gegen seiner Natur zu verhalten? Angst? tiefe Enttäuschung? usw.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: kass am 24 September 2016, 10:30:16
Hi Merin,

Oh ja, das ist ein spannendes Thema!

Ich hab ja immer den Eindruck, dass ich Pläne schmieden kann wie ich will, das wird sowieso nichts, die Geschichte entwickelt eh ihre Eigendynamik. Und ich vermute, dass es keine Rolle spielt, von welcher Seite man da ran geht, es gibt immer die Momente, wo die Geschichte hakt. Jedenfalls probiere ich gerade aus, wie es ist, (fast) ohne plot zu schreiben und es in Erzählabschnitte zu unterteilen.

Den ersten Erzählabschnitt überarbeite und überarbeite ich bis ich der Meinung bin, dass es im Prinzip so zum Lektor kann. Bin noch nicht ganz durch damit, weil es mir wie Viskey ging: Da fehlt eine Szene, die mir nicht gelingen will. Das hatte ich schon am Anfang. Da fehlte eine Szene zwischen Victoria und Zora. Mehrere Leute haben mir gesagt, dass da ein Gespräch zwischen den beiden hin gehört. Also Gespräch geschrieben. Langweilig. Neues Gespräch geschrieben. Wieder langweilig. Zwei Wochen im Hinterkopf gegrübelt. Gespräch gestrichen, weil immer noch langweilig. Andere Szene geschrieben. Gut. Hat aber den folgenden plot durcheinander gebracht. Also plot anpassen.

Ich weiß noch, wie furchtbar anstrengend ich es fand, ein ganzes Buch zu überarbeiten, Nebenfiguren und ganze Handlungsstränge rauszuschmeißen, plot verändern, um dann den Anschluss an die eigentliche Geschichte zu finden. Fehlen jetzt Informationen? Wird jetzt irgendwo zuviel vorweggenommen? Ist irgendwo noch eine Andeutung auf etwas drin, was ich jetzt rausgeschmissen habe? Hab ich den Spannungsbau vermurkst oder verbessert? Die reinste Hirnakrobatik!

Das will ich unbedingt für die Zukunft vermeiden. Spannung lebt ja davon, was man dem Leser wann verrät. Und wenn ich nun einfach durchschreiben würde, um dann am Ende festzustellen, dass da ja am Anfang was fehlt und dann Szenen einbaue, in denen dann aber wiederum Dinge aufgeworfen werden, die wesentlich zum Spannungsaufbau beigetragen haben, ja dann hab ich ein echtes Problem. Will sagen, im Moment mag ich es, so in Abschnitten vorzugehen, um ein festes Fundament zu haben, auf dem die folgenden Abschnitte aufbauen, auch wenn ich gerade mal wieder an einem Punkt angelangt bin, wo es hakt. Ich weiß aber, es hat keinen Sinn, etwas einzubauen, wovor ich mich sträube. Also muss ich warten, bis mir eine andere Szene einfällt, die ich einbauen kann, um den Übergang zum nächsten Kapitel zu glätten. Im Moment lenke ich mich mit Kurzgeschichten ab, finde es eine gute Übung im Szenen-Ausdenken. Hoffentlich inspiriert mich das und lässt mein Hirn aus den vorgetretenen Pfaden ausbrechen und eine gute Idee für eine andere Szene liefern, als das, was da gefühlt rein muss, ich aber nicht schreiben will.

Ach, es ist beruhigend, dass es nicht nur mir so geht.

Für mein erstes Buch, wo ich die Wände mit Karten und Truppenbewegungen und Pfeilen und Plänen nur so gepflastert hatte, brauchte ich gute drei Jahre, aber es war ja auch mein erstes. Beim zweiten habe ich mehr aus dem Bauch heraus geschrieben, habe dann auch erst mal geguckt, dass ich bestimmte Handlungsbögen abschließe, bevor ich mich an den nächsten gemacht habe, und das Buch hatte ich innerhalb von 2 Monaten fertig (nun ist es auch nur etwa ein Drittel des ersten Buches, aber trotzdem empfand ich das als schnell).

Mal schauen, wie es mir in der Zukunft damit so ergehen wird.

Zitat
Bei mir ist es definitiv eine Vermeidung der Frage, wie es (im Plot) weiter gehen soll. Mir fällt es viel leichter, etwas Geschriebenes zu verändern als vor dem leeren Blatt zu sitzen. Da habe ich Hemmungen, immer wieder.

Na klar ist das leichter! Aber es ist doch so viel schöner, wenn einem eine gute Szene einfällt! Da darf man ruhig Stunden, Tage und Wochen mit verbringen. Und weil das so wichtig ist, habe ich noch nie verstanden, was in so manchem Schreibratgeber drin steht: nämlich, dass man sich jeden Tag abends eine Stunde hinsetzen soll, um zu schreiben.

Ja was denn? Irgendeinen Murks? Na klar kommen viele Ideen beim Schreiben, aber ich brauche doch zumindest einen Ansatz, der Taug haben könnte, um loslegen zu können.

Soviel von meiner Seite. Lass uns wissen, wie es dir ergeht.

LG
Kass



Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 24 September 2016, 11:51:28
@kass, huhu :)

Wie muss ich mir denn Erzählabschnitte vorstellen? Ich kenne nur Szenen und Kapitel, deswegen sagt mir der Begriff so gar nichts. Wie lang ist denn so ein Erzählabschnitt ungefähr oder wo ist da die Grenze?

Vielleicht bist du ja einfach eher der Bauchschreiber. War ich früher auch. Bin ich aber nicht mehr, denn ich musste feststellen, dass ich durch das Bauchschreiben nur Logik- und Plotfehler einbaue, weil ich ja eben noch gar nicht weiß, wo ich genau hin will und dann lässt sich z.B. so ein Spannungsbogen, von dem du sprichst, gar nicht aufbauen, weil ich vorher ja gar nicht weiß, wo ich hin will. Auch weil du sagtest, du fandest es anstrengend, ein ganzes Buch zu überarbeiten. Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, dass es für mich viel anstrengender ist, ein bauchgeschriebenes Werk anzupassen, da eben alles so umzugestalten, dass es inhaltlich passt. Ums Überarbeiten wirst du ja letztlich nie herum kommen, egal ob du jetzt ein Werk schreibst, dass du vorher geplant hast oder nicht.
Du überarbeitest also quasi schon die Rohfassung, habe ich das richtig verstanden? Auch eine Methode. Nur wäre mir das zu riskant, wenn ich das bei einem bauchgeschriebenen Werk so machen würde, eben weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass sich da bei mir Logikfehler und so reinschleichen, zumal es für mich auch schwer wäre, das zu überarbeiten, wenn ich ja noch gar nicht genau weiß, wohin ich eigentlich mit der Geschichte will. Wie machst du das? Das würde mich wirklich interessieren, weil ich selbst so überhaupt nicht mehr arbeiten könnte.

Ja, das stimmt. In Schreibratgebern raten sie dir immer, jeden Tag zu schreiben, egal was. Damit kann ich allerdings auch nicht anfangen. Sie meinen halt, dass man da eine gewisse Routine hineinkriegt und das dann regelmäßig macht und so eben regelmäßig an seinen Texten schreibt. Ist für mich aber auch nichts, weil ich nicht einfach irgendetwas schreibe und es sinnlos finde, das zu tun. Wieso soll ich mir irgendwelche überflüssigen Sachen aus den Fingern saugen? Bringt mir nichts. Da schreibe ich lieber eine Zeit lang gar nicht, als irgendeinen Murks zu schreiben, mit dem ich weder zufrieden sein noch etwas damit anfangen kann.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 24 September 2016, 14:32:58
Ich komme mit der Disziplin tatsächlich weiter. Weil ich vieles unbewusst schreibe. Da sagt der Chef was zum Angestellten, was erst im Nachhinein Sinn ergibt und den Angestellten dazu bringt, den Chef zu hintergehen. Das war mir nicht bewusst, als ich es geschrieben habe. Ich kann mir das nicht rein kognitiv ausdenken. So arbeite ich nicht. Ich muss assoziativ sein, mir Raum nehmen. Den denke ich manchmal eher aus, als dass ich schreibe, aber ich arbeite am Text. Und selbst, wenn eine Szene entsteht, die ich später verwerfe, bringt sie mich meinem Text näher. Mal sehen, wie ich in sechs Monaten drüber denke, aber gerade finde ich das hilfreich. Es gibt mir das Gefühl, dass es voran geht.

Täglich schreiben schaffe ich nicht, aber wenn ich drei oder vier Mal pro Woche eine Stunde schreibe (aus der dann mitunter zwei werden), bin ich schon gut dabei. JedeR muss halt suchen, was für ihn/sie passt.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 24 September 2016, 14:57:03
Sowas könnte ich mir auch nie im Leben vorher überlegen. Ich glaube, für sowas bin ich beim Schreiben nicht durchdacht genug bzw. würde mich wohl auch zu sehr einengen. Ein bisschen Freiraum beim Schreiben ist nicht schlecht und ganz Gespräche planen, damit so etwas entsteht, kann ich nicht. Sowas würde sich bei mir auch beim Schreiben ergeben.
Und klar, jeder Satz, den du schreibst, bringt dich deiner Geschichte näher, selbst wenn er letztlich für die Mülltonne ist. Genauso sieht es auch mit ganzen Szenen aus. Verkehrt sind sie nie.

Das auf jeden Fall. Manche kommen gut damit zurecht, täglich zu schreiben und für andere ist das eben gar nichts, wozu ich gehöre. Ich kann das nicht. Ich schreibe eher tagelang/wochenlang (gerade eher monatelang) nicht und dann geht's wieder so richtig los.

Obwohl mich ja inzwischen schon der Gedanke abschreckt, dass ich, wenn ich wieder anfange zu schreiben, eine Rohfassung schreibe, weil das bedeutet, irgendwann hänge ich wieder ewig am Text und überarbeite und dann habe ich das Gefühl, dass ich nie voran komme, weil ich seit Jahren schon nur am ersten Band herumwerkle und den 2. mal vor Ewigkeiten geschrieben habe, aber wirklich weiterkommen tue ich nicht. Nervig.

Wie motiviert ihr euch denn dazu, dieses Wort 'Rohfassung' nicht als so negativ aufzufassen?
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Mondstern am 25 September 2016, 02:02:30
Wie motiviert ihr euch denn dazu, dieses Wort 'Rohfassung' nicht als so negativ aufzufassen?

In dem ich mich freue, eine „Rohfassung“ zu haben.  8)

Ich vergleiche Geschichten schreiben gern mit Häuser bauen. Ein Rohbau ist schon mal ein ganzes Stück Arbeit. Darauf kann man stolz sein. Vorher war auf dem Platz eine unberührte Wiese (also ein leeres Blatt)
Das Haus ist natürlich in diesem Zustand alles andere als bezugsfertig. Es ist aber die Grundform erkennbar und die nächsten Schritte können folgen.

In der Planungsphase sollte man sich aber schon Gedanken machen, was für ne Hütte man bauen will. Einfamilienhaus, Villa, Mietskaserne oder Hochhaus. Anderseits lässt sich das Haus, anders als das Reale; jederzeit aufstocken. Oder ein Anbau … Man kann es später Unterkellern (also Vorgeschichte – als Rückblende z.B. einbauen) Oder man hat drei „Häuser“ und zieht ne Mauer außenrum, dann ist es ein Dorf. Dörfer können Städte werden … (oder aus Modulen wird ein Roman)

Bei einem Rohbau geht es nicht um die Farbe der Wände, oder die Art der Tapeten. Auch Vorhänge sind noch kein Thema. Aber man sollte schon wissen, wo und wie viele Fenster man braucht/will. Oder anders gesagt … wohin die Reise gehen soll.

In meiner „Kreativphase“ zieh ich den Rohbau hoch, ändere auch schon mal den Grundriss und bereite auch benötige Anbauten (Nebenhandlungen) vor und tipp einfach meine Gedanken nieder. Vertipper ignoriere ich in dem Stadium, wenn mir ein Wort nicht einfällt setze ich drei xxx und schreib vielleicht ein ähnliches. Beim ersten Überarbeiten fällt mir dann meist auch das richtige ein.
Wieso mach ich das?
Weil die Farbe der Wände noch keine Rolle spielt. Mich würde das aus dem Schreibfluss reißen und ich sitz dann ne Stunde an einem Abschnitt. Finde ich sehr unbefriedigend.

Schreibratgeber sind – wie der Name ja sagt – Ratgeber. Hier muss sich jeder einfach das raussuchen, was für ihn passt. Schreiben ist für mich auch – hört sich jetzt komisch an – das nachsinnen. In Gedanken spiele ich Szenen durch oder teste verschiedene Wege, die zu meinem auserkorenen Ziel führen (sollen) Dazu mach ich mir dann aber Notizen. Hilf mir dann auch, wenn ich paar Tage wieder den Faden aufnehmen will.

Eins der beeindruckensten Bücher die ich je gelesen habe, ist Die Wohlgesinnten (ein Tatsachenroman des Schriftstellers Jonathan Littell, der eine fiktive Biographie mit realen Ereignissen und Personen des Holocausts verbindet. Quelle Wiki)

Ich hab mal gelesen, dass der Autor über vier Jahre für das Buch recherchiert hat. Es dann in drei Monaten niedergeschrieben hat. Also ist Recherche richtige Arbeit. Und wer keine Ideen hat, der wird wohl auch kaum was schreiben können.

Eine Rohfassung ist ein Bauabschnitt, auf dem man stolz sein sollte.  ;)

VG Mondstern
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 25 September 2016, 11:09:12
Huhu Mondstern, dein Häuservergleich finde ich cool :D

Was mir nur immer schwer fällt, ist eben, mich darüber zu freuen, dass ich eine Rohfassung habe, weil das bedeutet, dass ich wieder und wieder über ein und denselben Text gehen muss. Das hatte ich eben jetzt so oft. Ich hatte mal die erste Rohfassung von Band 1 und Band 2 und einen begonnenen Band 3, dann habe ich angefangen, Band 1 zu überarbeiten, weil der Stil nicht gut war, dann habe ich angefangen, ihn neu zu schreiben, weil ich neue Ideen einbringen wollte, die die Welt noch detailreicher gemacht haben, dann habe ich planen müssen und neu schreiben müssen, weil Logikfehler aufgedeckt worden sind, die das Fundament zum Einsturz gemacht haben. Als die neu geschriebene Version (immer noch nur Band 1) fertig war, wurde mir wieder klar, dass da immer noch Fundamentbröckler drin sind, die bisher nur noch nicht an die Oberfläche kamen, aber das Haus eben zum Einsturz gebracht haben. Wieder neu geplant. Neu begonnen. Dann war mir klar, dass mir etwas Entscheidendes fehlt, wieder neu geplant und anfangen zu schreiben, diesmal in einer anderen Perspektive. Festgestellt, dass die Perspektive nicht funktioniert und jetzt muss ich wieder von Anfang an anfangen. Ich hänge seit ewigen Zeiten an Band 1, würde aber gerne mal weiter kommen, nur so lange kein solides Fundament steht, geht das natürlich nicht. Aber selbst wenn das steht, heißt es ja, dass ich immer noch ewig bei Band 1 hänge, weil dann der Feinschliff kommt. Und da fällt es mir eben schwer, mich darüber zu freuen, dann eine Rohfassung zu haben, weil es eben noch nichts Ganzes ist. Daher eben die Frage, wie motiviert ihr euch eben dazu, euch über etwas zu freuen, was noch so unfertig ist? Ich kriege das einfach nicht hin, aber das ist eben auch kontraproduktiv.

Ich finde es ja faszinierend, dass du auch mal xxx für ein Wort setzen kannst, dass dir nicht einfällt. Sowas kann ich ja überhaupt nicht. Das stört mich dann. Irgendwie widerstrebt das meinem Ordnungssinn in meinen Werken. Das könnte ich nie, aber ich finde es spannend, dass anderen das so leicht fällt.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 25 September 2016, 17:20:36
Ich sehe es mehr wie LaHallia: Eine Rohfassung ist schon etwas, auf das man echt stolz sein kann. - Man darf halt nur nicht erwarten, dass eine Rohfassung schon besonders gut (im Sinne von fertig) ist. Eine Rohfassung braucht immer noch einen Haufen Arbeit, darüber darf man sich halt keine Illusionen machen.

Aber so wie ein Rohbau noch nicht besonders wohnlich ist, wenn's stürmt, hält mich der trotzdem schon trocken und windgeschützt. Als Dauerzustand kann man das nicht lassen, keine Frage. Aber es ist ein guter Ausgangsppunkt, und darauf darf man durchaus stolz sein.

Natürlich ist es frustrierend, wenn man draufkommt, dass der Rohbau nicht funktioniert, weil ich zB vergessen hab, eine Haustür einzuplanen. Oder wenn alles einzustürzen droht, weil ich keine tragende Wand eingeplant habe. Aber bis das nicht gegeben ist, hab ich halt auch keinen Rohbau, sondern eine Baustelle. Und Baustellen - ob nun bei einem Haus oder einem Buch - sind unerschöpfliche Quellen an Frust und Ärger. Ist leider so. ;)

Die Frage ist dann: Wie sehr liegt mir dieses Projekt am Herzen? Wie groß ist das Bedürfnis, diese Geschichte zu erzählen?
Ich hab ein paar unfertige Geschichten herumliegen, weil ich einfach nicht genug Motivation habe, sie zu vollenden. Es könnte was draus werden, keine Frage. Aber meine Prioritäten liegen bei anderen Geschichten.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Mondstern am 25 September 2016, 19:26:41

Was mir nur immer schwer fällt, ist eben, mich darüber zu freuen, dass ich eine Rohfassung habe, weil das bedeutet, dass ich wieder und wieder über ein und denselben Text gehen muss.

Hi Zauberfeder
Ich verstehe dein Problem. Das ist aber kein „Problem“ einer Rohfassung, sonder einfach dein eigenes  ;)
Bitte nicht falsch verstehen. Logikfehler – tragende Wand fehlt, Eingangstüre vergessen – ist nicht Fehler der Bauarbeiter, sonder des Architekten. Allerdings sind solche Fehler viel leichter am Anfangsstadium einer Geschichte zu reparieren, als in der Endfassung.

Dazu kommt dann noch ein weiteres „Problem“ Dir gefällt dein Stil nicht mehr. Willkommen im Klub.  :) Nahezu jeder Autor den ich kenne, wird dir da das Gleiche berichten. Es dauert halt, bis sich ein persönlicher Stil gefunden hat. Wenn ich heute meine ersten Arbeiten so durchlese, stellts mir die Nackenhaare.

Ich sehe das allerdings als positives Zeichen. Du bist noch beim verändern, du erkennst deine Schwächen und arbeitest daran. Ob das tatsächlich Schwächen sind, spielt keine Rolle. Erstmal muss DIR dein Text gefallen. Wenn die Geschichte dann genau so ist, wie du sie haben willst, ist das Haus bezugsfertig. Dann fällt dir aber auf, dass „hinten links“ eine Steckdose fehlt, die Waschmaschine zwar Platz sparend über dem Kühlschrank steht, was sich in der Praxis aber eher kontraproduktiv auswirkt usw.

Und dann ist deine Geschichte fertig?
Dann wird erst interessant. Du stellst eine Passage hier ein und bekommst das erste Feedback. Obwohl dein „Haus“ schon bezogen ist, kommen viele Kleinigkeiten ans Licht – das ist dann der eigentliche Feinschliff.
Bei jeder Röstung kann man nur lernen – selbst wenn man Freds von anderen „nur“ mitliest. Irgendwann steigen dann auch die eigenen Ansrüche (bei dir ja auch der Fall) und es wird eben schwieriger. Für mich liegt aber gerade da der Reiz. Sonst wäre das Hobby bald langweilig.

Manchmal kommt man aber mit dem Überarbeiten einfach nicht weiter. Da hilft dann auch kein zeitlicher Abstand, sonder eine Radikalkur. Bei meinem Romanprojekt – kommt dann doch auf so 1500 Normseiten – habe ich mir z.B. Überschriften der Kapitel überlegt. Somit habe ich mein Grundgerüst. Da ich auch nie chronologisch schreibe, arbeite ich einfach nach Lust und Laune an einem der Kapitel. Manche sind fertig, andere noch in der Planungsphase.

Wichtig dabei ist es, das Ziel im Auge zu behalten bzw. zu kennen. Manche Kapitel sind düster, andere heiter oder skurril. Manchmal wir gesexelt … Wenn ich aber keine Lust habe, an einem erotischen Text zu schreiben (nur weil er jetzt eben an der Reihe wäre) dann such ihr mir ein anderes Kapitel aus.
Und das mit den zusätzlichen Idee. Bei keinem bleibt es bei der ursprünglichen Planung, weil beim Schreiben ständig neue Ideen kommen. Aber nur nicht verzettel.  ;)

Zitat
Ich finde es ja faszinierend, dass du auch mal xxx für ein Wort setzen kannst, dass dir nicht einfällt. Sowas kann ich ja überhaupt nicht. Das stört mich dann. Irgendwie widerstrebt das meinem Ordnungssinn in meinen Werken.

Dann lerns  8)  :)

Sagen wir mal so, das Widerstreb eigentlich jedem. Jeder will einen perfekten Text … aber …
Ein Beispiel. Stell dir vor, du hast einen Tag Urlaub genommen, hockst vor der Kiste, Beine hoch, Kaffee in der Hand und du hast nichts anderes gemacht, als DVD zu gucken. Plötzlich kommt ein Anruf. Dein Chef (oder Frau des Bürgermeisters) ist in der Nähe, muss dir unbedingt was unter vier Augen sagen und ist in ner Viertelstunde bei dir.
Du bekommst eine kleine Panikattacke und legst los. Was gescheites anziehen, die Haare richten und einigermaßen Ordnung schaffen. Du empfängst den Besuch in der Küche … als brauchst du nicht das Schlafzimmer aufräumen (Ausnahme wäre. Wenn dein Chef nicht unbedingt zum reden kommt, dann brächtest du aber auch nicht die Küche aufräumen …)

Du verstehst? Du hast vielleicht zehn Minuten Zeit, das Geschirr vom Vortag zu „verstecken“ die Schuhe im Flur in den Schrank zu stopfen und die seit einer Woche verwelkten Rosen wegzuwerfen. Du musst als Prioritäten setzen. Es geht um das Gesamtbild für genau diese Szene (nicht dran denken, wie es gerade im voll gestopften Schuhschrank aussieht, dafür ist später noch Zeit)
So ist das – bei mir – beim Schreiben. Es geht darum, die Rohfassung eines Kapitels auf die Beine zu stellen – nicht mehr. Es geht nicht um bestimmte Wörter oder Ausdrücke, sondern das die Logik passt das Fundament für die nächsten Kapitel gelegt wird.

LG Mondstern
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: kass am 25 September 2016, 20:15:33
@Zauberfeder

Zitat
Wie muss ich mir denn Erzählabschnitte vorstellen? Ich kenne nur Szenen und Kapitel, deswegen sagt mir der Begriff so gar nichts. Wie lang ist denn so ein Erzählabschnitt ungefähr oder wo ist da die Grenze?

In manchen Büchern findet sich das ja noch. Bezeichnet als Teil 1 / Teil 2 / Teil 3 (das wären z.B. Erzählabschnitte innerhalb eines Buches)

Bei mir sind die ganz unterschiedlich lang. Ich versuche mal, es dir an einem Handlungsbeispiel zu erklären:

Merlin ist gefangen und im Kerker des bösen Quarx und steht kurz davor, hingerichtet zu werden. Er flieht. Dann macht er sich auf die Suche nach dem bösen Quarx und besiegt ihn im Kampf.

1. Handlungsabschnitt: Merlin findet einen Weg, aus dem Kerker zu entkommen. (unterteilt in einzelne Kapitel, in denen er z.B. Wärter besticht, oder in denen es ihm gelingt, mit Hilfe von mühsam zusammengesuchten Ingredienzen doch einen Zauber vorzubereiten, der das Schloss auflöst oder oder oder)
2. Abschnitt: Die Flucht an sich. (durch die Verließe, verfolgt von den bösen Schergen, in die Irre geleitet von .. usw. einzelne Kapitel).

Je nachdem, wie das Buch angelegt ist, würde ich auch beide Abschnitte zusammen (von mir) als einen Abschnitt schreiben.

Wird er verfolgt? Gewinnt er unterwegs neue Verbündete? Je nachdem, wie das ausgestaltet ist, ergeben sich ja die Fäden, die in den folgenden Abschnitten aufzugreifen sind. Ich versuche sozusagen, mich selbst einzuschränken, indem ich solche Abschnitte bilde und die dann als (möglichst) festgezurrt betrachte. Wenn der Abschnitt gut ist, spannend genug usw., dann bemühe ich mich, mich an eben diese Beschränkungen zu halten. Hat er also keine neuen Freunde gewonnen, dann muss er sich später vielleicht Unterstützung suchen. Wenn es Verfolger gab, dann können die später noch mal für Ungemach sorgen. Wenn ich das Gefühl habe, dass alles noch offen ist, dann neige ich dazu, mich in zu vielen Strängen zu verzetteln. Die Unterteilung in diese Abschnitte hilft mir dabei, konsequenter zu sein, um dann (hoffentlich) nicht wieder alles aufzuwerfen.

Der Vergleich mit dem Haus ist ja so schön erwähnt worden. Wenn ich nun einen Abschnitt habe, der in sich spannend und schlüssig ist, dann ist das das Fundament für das Erdgeschoss. Wenn dann das Erdgeschoss fertig ist und zu meiner Zufriedenheit ausfällt, dann ist das das Fundament für den 1. Stock usw.

LG
Kass



Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 25 September 2016, 21:51:20
Mir macht Überarbeiten Freude. Wenn die Rohfassung steht, dann kann ich ans Dekorieren gehen, an Formulierungen feilen usw. Das finde ich genial. Ja, manchmal hakt es auch hier, besonders wenn ich nicht weiß, wie ich den Text verbessern kann, er aber so noch nicht gut ist. Aber im Allgemeinen ist Schreiben für mich Überarbeiten. Insofern ist für mich die Rohfassung zu erstellen der große, schwere Akt. Un dich bin mega stolz, wenn sie steht!
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 25 September 2016, 23:01:03
... dann habe ich angefangen, ihn neu zu schreiben, weil ich neue Ideen einbringen wollte, die die Welt noch detailreicher gemacht haben ...

Ich glaube, das ist eine böse Falle, vor der man sehr auf der Hut sein muss: Die Ideen. Dazu passt sehr gut kass' Methode zur Einschränkung.

Nur weil einem neue Ideen kommen, muss man die nicht unbedingt einbauen. Manche Ideen sind nett, sie erlauben ein paar schöne Tagträume ... aber im Buch haben sie keinen Platz. Mit Ideen ist es wie mit Informationen: Man sollte sie haben, aber um Gottes Willen nicht alles davon ins Buch hineinstopfen.

Um mal das Merlin-Beispiel von kass aufzugreifen:

Eine Idee wäre, Merlin schafft es, sich die Zutaten für einen Zaubertrank zu besorgen, mit dem er entkommen kann (wie auch immer). Er schafft es also ganz allein.
Eine andere Idee wäre, Merlin trifft im Kerker auf einen anderen Gefangenen, auch Zauberer, und nur mit vereinten Kräften können sie beide entkommen
Eine dritte Idee wäre, dass Merlin es nicht schafft. Erst als die Anhängerschaft des Mitgefangenen kommen, um ihn zu befreien, kann Merlin sich der Gruppe anschließen und entkommen.

Nur eine davon lässt sich umsetzen, weil sie sich gegenseitig ausschließen. Als Autor muss ich mich also jetzt entscheiden. Jede dieser drei Möglichkeiten generiert eine Vielzahl neuer Ideen, eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie der nächste Schritt der Geschichte aussehen könnte. Wieder muss ich mich für eine davon entscheiden, usw. usw.

Natürlich kann es passieren, dass die neue Idee die Geschichte tatsächlich verbessert (ist mir bei meinem Vampir jetzt schon dreimal passiert), aber dann freu ich mich darüber, dass ich so eine tolle Idee hatte, verwerfe die früheren, und gehe mit frischer MOtivation ans Schreiben. Und dann arbeite ich auch nicht "am selben Text". Denn es wird eine ganz andere Geschichte daraus, was notgedrungen einen ganz anderen Text ergibt. Das Grundthema ist immer noch das gleiche, das war immerhin der Funke, der sich in mir festgebrannt hat, aber davon abgesehen ist das meiste ganz anders.

Ich fand das bis jetzt sogar sehr spannend, diese ENtwicklung zu beobachten. Klar ist es frustrierend, insgesamt geschätze 500 Normseiten "umsonst" geschrieben zu haben. Tatsächlich aber waren sie nicht umsonst, denn sie haben mich auf den Weg zur "richtigen" Geschichte gebracht. Der Weg war unglaublich umständlich, ja. Ich bin praktisch die ganze Landkarte einmal abgegangen, um den besten Weg zu finden. Und da bin ich jetzt. Auf dem richtigen Weg, und ich finde es toll. (Und dabei hab ich die Rohfassung noch nicht mal ansatzweise fertig.)
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 26 September 2016, 08:54:24
Ich hab ja nun eine Nacht über Eure Hinweise geschlafen und bin noch mehr begeistert als gestern. Ich finde, Mondstern, Kass, Viskey, ihr habt eure Prozesse sehr klar beschrieben. Da kann ich noch ne Menge mitnehmen. Ich mach es aktuell auch so, dass ich die Szenen grob plane und hinschreibe. Blöde Wörter lass ich, mach ggf. eine Markierung dran, dass das noch nicht wie gewollt ist, meist so: (?). Manchmal schreib ich auch in einer anderen Farbe oder so rein, was für Varianten es an dieser Stelle gäbe, weil es mir jetzt noch nicht klar ist, ob sie beispielsweise den Weg am Fluss nehmen oder weiter westlich laufen. Dann steht da nur (genauere Reisebeschreibung einfügen: Weg am Fluss oder weiter westlich?). Weil das für den groben Szenenverlauf egal ist. Mir fällt es schwer, da nicht ewig zu feilen, sondern weiter zu schreiben. Aber ich lerne es. Dank euch.

 :daaanke:
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 26 September 2016, 16:06:37
Huhu, ihr Lieben :)

@Viskey:
Zitat
Eine Rohfassung ist schon etwas, auf das man echt stolz sein kann. - Man darf halt nur nicht erwarten, dass eine Rohfassung schon besonders gut (im Sinne von fertig) ist. Eine Rohfassung braucht immer noch einen Haufen Arbeit, darüber darf man sich halt keine Illusionen machen.
Nee, nee, die Illusion mache ich mich nicht. Ich weiß es ja, aber das ist das Problem, denn genau deshalb stehe ich dem Wort so negativ gegenüber, weil ich weiß, dass es das nicht war, wenn ich endlich einmal wieder durch bin, dass ich dann noch mehr Jahre an derselben Sache herumkauen werde. Klingt jetzt so negativ, aber 8 Jahre sind eine lange Zeit und irgendwann möchte man eben auch weiterkommen. Dumm ist halt nur, dass ich erst 3 - 5 Jahren das Schreibhandwerk so wirklich erlernt habe. Bin da quasi mit meinem Projekt gewachsen, aber dadurch hatte ich eben zig neue Anfänge, weil es nie hingehauen hat, durch mangelnde Schreibkenntnisse oder eben die Plotfehler durch keine Planung.

Mit Ideen meinte ich jetzt nicht Handlungsideen, sondern Ideen, die die Welt, in der meiner Protas leben, einfach viel runder gemacht haben. Ich habe am Anfang aus dem Bauch herausgeschrieben und da habe ich mir beim Schreiben meine Welt erschlossen, aber war sie da eben noch nicht perfekt und noch nicht das, was ich habe wollt oder mir vorgestellt haben und mehr und mehr kamen die Ideen und die mussten dann eben rein, weil sie die Geschichte mehr zu dem gemacht haben, wie ich sie erzählen wollte.

Ach, wenn es nur geschätzte 500 Normseiten wären. Ich glaube, es beläuft sich inzwischen auf etwas über 2000 xD Aber klar, natürlich sind sie nicht umsonst. Mit jeder Seite habe ich mehr übers Schreiben, über meine Welt und meine Charaktere gelernt. Ich würde nur einfach gerne auch mal weiter kommen. Nicht immer nur am ersten Band herumhängen. Die anderen sind es schließlich auch wert, erzählt zu werden, aber gut, erst einmal müsste ich mich eben wieder an die Rohfassung von Band 1 setzen, um überhaupt dahin zu kommen.

Zitat
Die Frage ist dann: Wie sehr liegt mir dieses Projekt am Herzen? Wie groß ist das Bedürfnis, diese Geschichte zu erzählen?
Auch wenn ich mich zwar oft darüber beschwere, dass ich immer noch am Anfang bin oder besser gesagt das x-te Mal, so kann ich doch sagen, dass mir das Projekt sehr am Herzen liegt, immerhin würde ich mich dann nicht über 8 Jahre damit beschäftigen, wenn es nur mal so ein Gedanke war. Ich will die Geschichte erzählen und ich will sie irgendwann auch gut erzählen.

@Mondstern:
Natürlich ist es mein eigenes Problem. Ich habe ja ein Problem mit dem Wort Rohfassung, nicht das Wort mit mir. Das ist glaube ich ganz neutral eingestellt^^ Und ja, ich bin immer noch in meiner Veränderungsphase, die leider schon wieder so ... 5 Jahre dauert xD Habe mich noch nicht bis zum Endstadium entwickelt und das macht es so frustrierend. Das Problem ist auch, dass ich super kritisch bin. Ich komme an keinen Punkt, wo mir mein Text gefällt und wenn es doch mal so ist, dann weiß ich nicht, ob ich meinem Urteil vertrauen kann, weil ich das am Anfang auch hatte. Ich war total begeistert. Es hätte der neue Bestseller werden können - nur sah die Realität ganz anders aus. Der Text war stilistischer und inhaltlicher Müll. Deswegen weiß ich auch nicht mehr, ab wann ich meinem Urteil vertrauen kann und wann nicht. Aber ich habe hier im Forum irgendwo gelesen, dass manche bei Texten, die sie überarbeiten, die Schrift ändern und so. Ich denk, Optik macht viel aus. Den Tipp werde ich mir auf jeden Fall merken.

Ich muss echt lernen, das ständige Wiederkauen nicht negativ sondern positiv sehen, aber ich weiß halt nur leider auch nicht, wie ich da mein Denken ändern kann. Das passiert ja nicht von heute auf Morgen.

@kass:
Aaaaahh, jetzt weiß ich, was du mit Erzählabschnitten meinst. Danke. Das ist in einem Buch, das ich grade lese auch so. Da gibt's 3 Abschnitte sogar mit einem Titel. Danke :)

@merin:
Von deiner Einstellung kann ich mir noch was abschneiden. Mir macht überarbeiten so gar keine Freude, weil das für mich immer nur bedeutet, dass der Text noch nicht gut ist. Hattest du schon immer Spaß daran oder war das auch mal anders?
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 27 September 2016, 20:21:02
Mhm. In der Grundschule habe ich meine Geschichten nicht überarbeitet. Kam mir gar nicht in den Sinn. Aber so seit ca. 20 Jahren habe ich Freude daran. Meistens. Weil danach etwas besseres da steht. Auch meistens. :biggrin: :hehe:
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 28 September 2016, 02:23:09
Zitat
Mit Ideen meinte ich jetzt nicht Handlungsideen, sondern Ideen, die die Welt, in der meiner Protas leben, einfach viel runder gemacht haben.

Auch diese Ideen halte ich für potentiell gefährlich. :devgrin:

Weil sie einen leicht in die Irre führen können. Wenn man schon eine coole Idee für eine Kulthandlung hat, will man die auch unterbringen. Also schreibt man was dafür. Wenn man eine coole Idee für Irgendwelche Fabelwesen hat, will man die unterbringen, also schreibt man was dafür. Egal, ob es zur Geschichte beiträgt, oder ihr eher im Weg steht.

Aber das ist nur meine Meinung, weil ich ständig irgendwelche (oft unbrauchbare) Ideen zu meinen Büchern habe. :dontknow:
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 28 September 2016, 08:22:38
@Merin:
Mhm. In der Grundschule habe ich meine Geschichten nicht überarbeitet. Kam mir gar nicht in den Sinn. Aber so seit ca. 20 Jahren habe ich Freude daran. Meistens. Weil danach etwas besseres da steht. Auch meistens. :biggrin: :hehe:

Ich überarbeit erst so seit äh ... bisschen was über 5 Jahren. Ich glaube, ehe ich auf 20 Jahre kommen, muss ich noch ein Stückchen älter werde xD Ich hoffe ja, dass ich auch irgendwann zu dieser Überarbeitungsfreude komme :D

@Viskey:
Auch diese Ideen halte ich für potentiell gefährlich. :devgrin:

Weil sie einen leicht in die Irre führen können. Wenn man schon eine coole Idee für eine Kulthandlung hat, will man die auch unterbringen. Also schreibt man was dafür. Wenn man eine coole Idee für Irgendwelche Fabelwesen hat, will man die unterbringen, also schreibt man was dafür. Egal, ob es zur Geschichte beiträgt, oder ihr eher im Weg steht.

Aber das ist nur meine Meinung, weil ich ständig irgendwelche (oft unbrauchbare) Ideen zu meinen Büchern habe. :dontknow:
War bei mir nicht der Fall. Ich bin auch gar nicht der Typ Mensch, der am laufenden Band neue Ideen hat. Ich kenne ja auch Leute, die haben eine Idee und fangen deshalb einen neuen Roman an, haben dann aber noch 2, 3 andere Romane herumliegen, an denen sie auch arbeiten wollen. Das halte ich für noch gefährlicher, weil man dann ja mit gar keinem Projekt wirklich weiter kommt. Ich hoffe, ich trete jetzt niemanden auf dem Schlips, bei dem das so ist  :schnief: Zum Teil bewundere ich diese Leute auch, also nicht unbedingt in ihrer Arbeitsweise, aber definitiv in ihrem Ideenreichtum. Ich habe gar nicht so viele brauchbare Ideen und wenn ich Ideen habe, dann auch immer nur für ein Projekt. Aber da kommen (zum Glück?) nicht andauernd neue dazu. Diese Idee sind bisher alle drin geblieben (abgesehen von der einen Idee zur Verbesserung der Welt, die ich jetzt wieder rausgehauen habe, die aber dann in Band 3 noch mal Anwendung findet) und haben mir sehr viel genützt, weil sie die Welt, in der meine Protas leben, eben wirklich runder gemacht haben, eben weil ich dahingehend erst noch planen und mich finden musste. Das ist eigentlich in meinem Weltenfindungsprozess passiert und gehörte auch genau dahin. Dass man dann einen Roman neu schreiben muss, wenn man in der Version davor noch keine richtige Ahnung von seiner Welt hat, ist ja klar. Nervig, aber eben logisch.

Haha, und ich habe mich mit um die 2000 Normseiten, die ich für das Projekt schon für den Mülleimer geschrieben habe, irgendwie getäuscht. Hab das noch mal überflogen. Es geht wohl eher in die 3000er Richtung xD
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 28 September 2016, 09:34:13
Mhm, wie machst Du das? Also so viel ganz zu verwerfen? Bei mir wird ganz wenig wirklich verworfem, nur verändert. Wenn Du so viel in die Tonne trittst, klingt das ähm ... etwas ineffektiv. (Schreibt die Meisterin der Effektivität. *hüstel*)
Und vielleicht sollte ich auch erst am Ende meines Projektes darüber befinden, was alles verworfen wurde. :versteck:
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: kass am 28 September 2016, 17:56:11
Hi Zauberfeder,

Zitat
Es geht wohl eher in die 3000er Richtung xD
:streichel: :streichel: :streichel:

Ich glaube, das würde ich nicht aushalten! Respekt!

Wo genau hakt es eigentlich? Handlung unplausibel? Löcher im plot? Charaktere unausgereift? Spannungsbau misslungen? Oder bist du selber mit deinem Schreibstil unzufrieden? Sind die Beschreibungen gut, aber die Dialoge unausgegoren oder unglaubwürdig? Oder von allem etwas, aber an verschiedenen Stellen?

Wenn du magst, dann kannst du mir eine PN schicken und dann mal einen Schwung zum Lesen. Vielleicht so um die 100 Seiten. Ich würde da jetzt nicht an Kleinigkeiten feilen, aber ich könnte dir konkreter auf Fragen antworten, wenn du meinst, dass irgendetwas beim Leser nicht ankommt oder zu verworren ist. Vielleicht kann ich dir dann auch sagen, wo ich Probleme sehe.

Bei nur einem Kapitel wird sich vermutlich dein Problem nicht fassen lassen. Bei meinem ersten Buch habe ich auch überarbeitet und überarbeitet und hatte dann eine Fassung, von der ich dachte: Na ja, nicht übel, aber auch nicht gut. Habe mich an einen Lektor gewandt, der mir dann sagte, es hätte ihm Spaß gemacht zu lesen, ABER ...

und dann kamen mehr oder weniger gut nachzuvollziehende Anmerkungen wie z.B. "Knalleffekte knalliger" "etwas inhomogen" "weniger martialisch"

Anschließend habe ich ca. 2 Monate nur damit zugebracht, darüber nachzudenken, ob ich das genauso sehe und wie ich das umsetzen kann. Dann habe ich ein paar Schreibratgeber und ca. 50 Bücher verschlungen und auf die Aspekte geachtet, die ich mir rausgepickt hatte. (Damals kannte ich dieses schöne Forum noch nicht.)

Dann irgendwann hatte ich den Ansatz dafür, wie ich es überarbeiten wollte. Es ist nicht viel von der ursprünglichen Fassung übrig geblieben, aber die Geschichte war immer noch meine Geschichte.

Eine andere gute Übung zum sich-nicht-verzetteln ist übrigens die Ich-Perspektive. Da ist man schlicht gezwungen, bei der einen Person zu bleiben und nicht, (weil man da gerade Bock drauf hat und es doch sooo schick spannend wäre, genau jetzt zum Meuchelmörder zu wechseln, der da seine finsteren Pläne schmiedet,) schon wieder die Perspektive zu wechseln und noch einen Handlungsfaden anzureißen. Mir geht es da wie Viskey, beim Schreiben sprudeln einfach viel zu viele Ideen aus mir heraus.

Ach, das mit dem Überarbeiten ... Ist es nicht ein Freudenfest, wenn man ein Kapitel geschrieben hat, das einem schier aus der Feder geflossen ist, und wo man dann draufguckt und denkt: Alles roger! Mir ist kürzlich eine Kurzgeschichte (eine andere als die hier eingestellte) aufs Papier geflossen, und ich war begeistert. Auch am nächsten Tag und am nächsten. Hab sie jetzt - quasi ohne Überarbeitung - zu einem Wettbewerb eingeschickt. Das sind und bleiben wahre Schätze, Sternstunden, Momente tiefen Glücks, wenn einem das gelingt. Leider folgt darauf meist der dicke Knüppel der Realität, der einem um die Ohren geschlagen wird, wenn man beim nächsten Kapitel sich wieder elendiglich abstrampeln muss.

Auch ich träume davon, irgendwann mal mehr davon zu haben, weniger überarbeiten zu müssen, von meiner Erfahrung zu profitieren. Und das werde ich auch mit Sicherheit. Bis dahin muss auch ich mich überwinden, mich an die Überarbeitung zu setzen. Es hilft mir ein wenig, wenn ich es schichtenweise betrachte. Wenn ich erkenne, wo es eigentlich hakt, wie ich rangehen muss, um erst einmal den groben Unfug beiseite zu räumen, und wenn das gelingt, dann entwickele ich auch den Ehrgeiz, mich an den Feinschliff zu setzen. Und dann gibt es die Momente, da geht es mir wie Merin, wenn ich nämlich wiederum nicht weiß, wie ich die Geschichte fortführen soll, dann habe ich auch mehr Angst vor dem weißen Blatt als vorm Überarbeiten.

LG
Kass



Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 28 September 2016, 19:34:53
@Merin, na ja, das lag daran, dass die Rohfassung von Band 1 und 2 und der Anfang von 3 schon bald 1000 Normseiten waren, dann habe ich ja angefangen zu überarbeiten wegen dem Stil, dann wegen Ideen zur Welt, dann Texte verfasst für die Welt, also quasi die Welt geplant, dann den ersten Band komplett neu geschrieben (das waren knapp 700 Normseiten) und so weiter. Dadurch kamen dann so viele Sachen zustande. Im Laufe der Zeit hat sich dann auch viel verändert, besonders seit der letzten Planung von der Personenkonstellation. Und so kamen im Laufe der über 8 Jahre, die ich schon an diesem Projekt arbeite, eben so viele Normseiten zustande, die ich letztlich für den Mülleimer geschrieben habe.

@Kass: danke :) Na ja, einige Leute bewundern mein Durchhaltevermögen darin wohl auch. Ich freue mich ab und an drüber, es ist zwischenzeitlich auch nervig, weil ich das Gefühl habe, nicht voran zu kommen.

Schreibstil unzufrieden kam einmal vor. Das war dann da, wo ich angefangen habe, das Schreibhandwerk zu erlernen. Da lag's am Stil, aber sehr oft an der Logik. Am Anfang habe ich nicht geplant, sondern war Bauchschreiber und dadurch sind Logikfehler entstanden, die den ganzen Band nichtig gemacht haben, weil sie sich eben komplett durchgezogen haben. Nachdem ich geplant habe, war dasselbe Problem noch einmal der Fall, obwohl ich da meine Planung habe durchsehen lassen, aber das waren Sachen, die konnte man wirklich nur mit extrem geschulten Argusaugen sehen und die hatten meine Leser der Planung nicht. Ich habe ja auch gebraucht, um es zu bemerken.

Dein Angebot ist auf jeden Fall unglaublich mega lieb, aber ich muss erst mal wieder schreiben xD Bisher gibt es keinen Text mehr, den man angucken könnte.

Die Ich-Perspektive. Ja, die ist Schuld, dass ich die letzten 200 Normseiten für den Müll geschrieben habe. Ich dachte, sie bringt mich weiter, hilft mir, besser zu schreiben, weil das bei meinen Skype-RPG-Kurzgeschichten super funktioniert hat, aber für den Roman hat es nichts gebracht. Dadurch habe ich dann keine Geschichten gemalt sondern eher aufs Papier geklatscht. Bei der Ich-Perspektive rutsche ich immer irgendwie so bisschen ins Umgangssprachliche, so Jargon und so und das passt aber nicht zu einer High Fantasy-Geschichte und gefällt mir auch nicht, weil ich so kaum Sätze drin habe, wo ich sagen kann 'Wow, das habe echt ich geschrieben?'.

Das mit dem Lektor finde ich ja cool. Wo hast du ihn herbekommen? Im Internet gesucht und dann hat er deine Sachen gegen Bezahlung gelesen oder wie lief das ab? Ich weiß ja, dass Hans Peter Roentgen irgendwie auch Schnupperlektorate macht.

Und ich denke aber auch, dass, wenn man viel schreibt und mehr und mehr dazu lernt, die Überarbeitungen weniger ausfallen, weil du einfach schon besser schreibst. Von der zweiten Romanversion war mein einer Betaleser auch schon viel begeisterter als damals von der grässlichn Rohfassung.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 28 September 2016, 21:35:08
@kass:
Zitat
Mir ist kürzlich eine Kurzgeschichte (eine andere als die hier eingestellte) aufs Papier geflossen, und ich war begeistert. Auch am nächsten Tag und am nächsten.

Das kenne ich auch. Ich bin oft sooo verliebt in meine Texte. Und dann pack ich sie auf den Rost und mir werden die Augen geöffnet. Wenn ich dann überarbeiten kann ist schon vieles besser! Dann sehe ich nämlich wieder, was los ist und bin nicht nur verliebt.

@zauberfeder: Mhm, wie soll ich es schreiben? Mir kommt es vor, als hättest Du eine enorm ineffektive Art zu schreiben. Oder ich verstehe sie nicht.

Zitat
Die Ich-Perspektive. Ja, die ist Schuld, dass ich die letzten 200 Normseiten für den Müll geschrieben habe. Ich dachte, sie bringt mich weiter, hilft mir, besser zu schreiben, weil das bei meinen Skype-RPG-Kurzgeschichten super funktioniert hat, aber für den Roman hat es nichts gebracht. Dadurch habe ich dann keine Geschichten gemalt sondern eher aufs Papier geklatscht.

Wieso sind das dann 200 Seiten für den Müll? Es sind 200 zu überarbeitende Seiten, aber ich käme nie auf die Idee, einen Text zu verwerfen, nur weil die Perspektive nicht stimmt. Oder der Stil. Das klingt ein bissel so, als würdest Du nie überarbeiten, sondern immer nur verwerfen und neu beginnen. Ich kenne Leute aus meiner Schreibgruppe, die so arbeiten. Und ich muss nach mittlerweile jahrelanger Beobachtung hart aber ehrlich sagen: Da kommt nichts Gutes bei raus! Die Leute, die so schreiben, schreiben immer wieder den selben Mist. Weil es einfach (bis auf ganz wenige Ausnahmen) nicht klappt, auf Anhieb den großen Wurf zu machen. Um Überarbeitung kommt man nicht herum, wenn man gut schreiben will. Also wäre mein Rat für Dich: Distanziere dich vom Verwerfen! Plotfehler kann man korrigieren, Logiken im Nachhinein ändern. Dass etwas so gravierend unlogisch ist, dass man gleich den ganzen Plot verwerfen muss, kann ich mir nicht vorstellen. Es ist doch fast immer etwas übrig, was man anpassen kann. Und dann schält sich der Kern der Geschichte heraus, das, was erzählt werden will. Dazu braucht es Mut, weil man sich manchmal nicht traut, das hinzuschreiben, was man eigentlich meint, aber es ist lohnenswert.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 29 September 2016, 07:54:35
@merin: Na ja, was soll ich mit 200 Normseiten, die in der falschen Perspektive geschrieben sind? Da kann ich ja nicht einfach drin herumkritzeln und da einen Satz abändern und dort einen. Es ist ja die falsche Perspektive. Ich will wieder personal schreiben, weil mir klar geworden ist, dass die wesentlich besser ist. Das mit der Ich-Perspektive war ein Experiment, durch das mir klar geworden ist, dass ich meine Perspektive schon lange hatte. Deswegen sind sie für mich für den Müll geschrieben. Der Inhalt bleibt. Ich schreibe denselben Text nur in einer anderen Perspektive, wo er dann eben besser sein wird.

Doch, doch, solche Plotfehler kann man machen. In meiner ersten Rohfassung hatte ich ja gar nicht geplant und deshalb waren die Antagonisten auch total dumm und haben Sachen gemacht, die unlogisch waren und noch dazu dumm. Das hat sich durch den ganzen Roman gezogen. Das ging so nicht. Deshalb hatte ich ihn ja überhaupt erst geplant und dabei kam dann etwas anderes raus. Nicht komplett. So der rote Faden blieb bestehen, aber den Text neu schreiben, musste ich ja trotzdem (ganz davon abgesehen, dass sich bei dieser Neufassung auch schon mein Schreibstil verändert hat). Nachdem dieser Band fertig war, habe ich feststellen müssen, dass es schon wieder einen Logikfehler gibt, der sich durch den ganzen Roman zieht. Ich erkläre es mal kurz: Tante und Onkel hatten von einem meiner Mädels böse Pläne und haben ihr von Anfang an schwarze Magie beigebracht, es aber nur nicht als schwarze Magie ausgelegt, sondern als genauso gute Magie, wie alles andere, was sie mit Magie anstellen kann. Dadurch hat sie es aber natürlich benutzt. Ist aber total dumm, denn wenn jemand bemerkt, dass das Mädchen schwarze Magie benutzt, will er herausfinden, woher er das kann und dann wird er unweigerlich auf Tante und Onkel aufmerksam. Damit verraten sie sich aber komplett selber. Das wäre so dumm von ihnen. Allerdings hat sich das Thema Mädchen XY benutzt schwarze Magie durch den kompletten Band gezogen und damit war er nichtig.
Natürlich sind Kleinigkeiten übrig geblieben, die in den neuen Versionen weiterhin Anwendung gefunden haben, aber deshalb habe ich den Text ja trotzdem neu geschrieben. Ich kann nicht in einem Text herumkritzeln, der für mich schlecht ist. Wenn ich also in einem Text überarbeite, wo ich 5% des Kapitels behalten kann und 95% ändern muss, dann schreibe ich es lieber gleich ganz neu, anstatt die 95% einfach im selben Dokument durch neue zu ersetzen.
Im Grunde sind das alles Überarbeitungen gewesen. Zuerst habe ich den Plot überarbeitet (oder überhaupt erst herausgefiltert) und so weiter. Ich hatte ja sogar überlegt, was ich behalten will und so. Ich habe den Text dann nur in einem neuen Dokument geschrieben, aber letztlich war es irgendwo eine Überarbeitung des Alten, nur eben an einem anderen Ort. Ich glaube, wir reden leicht aneinander vorbei. Die Seiten, die ich für mich alles für den Müll geschrieben habe, waren nie wirklich für den Müll. Manches konnte ich behalten, ich bin daran gewachsen, es hat sich mehr und mehr der roten Faden herauskristallisiert, aber weil ich die Seiten, so wie sie da stehen, eben nicht mehr verwenden kann, sind sie für mich eben Papierkorbseiten. Ich glaube, das ist einfach nur eine Frage des Betrachtens. Und es liegt vermutlich auch daran, wie man allgemein zum Überarbeiten steht. Findest du Logikfehler, die du ändern musst, nennst du es eben überarbeiten und für mich sind es dann Sachen, die ich umsonst geschrieben habe (so kommt es mir dann zumindest vor, auch wenn ich weiß, dass sie letztlich natürlich nicht umsonst waren). Ich glaube, wie man es bezeichnet, ist eben auch eine Einstellungsfrage.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 29 September 2016, 14:25:45
Zitat
Der Inhalt bleibt. Ich schreibe denselben Text nur in einer anderen Perspektive, wo er dann eben besser sein wird.

Ah! Jetzt geht mir ein Licht auf. Das ist für mich quasi die Definition von "überarbeiten".

Zitat
Ich glaube, wie man es bezeichnet, ist eben auch eine Einstellungsfrage.

Ja, sicher. Es fühlt sich ganz anders an, "für die Tonne" zu schreiben oder mich an meinen Text heran zu arbeiten. Für mich jedenfalls.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 29 September 2016, 22:31:13
Für mich fällt das Umschreiben von einer Perspektive auf eine andere unter Überarbeiten. Wenn ich einen Logikfehler ausmerze, fällt das auch unter Überarbeiten. Erst, wenn ich die gesamte Prämisse über den Haufen werfe, oder ein bestimmtes Projekt gar nicht mehr weiterferfolge, hab ich für die Katz geschrieben.

Und rein aus handwerklicher Sicht noch nicht mal dann. Man wächst an jedem Stück Text, das man schreibt. Frust gehört leider mit dazu.

Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 30 September 2016, 08:14:55
Haha, ja, ich sage ja, irgendwie ist es eine Einstellungsfrage, wie man es bezeichnet. Im Grunde überarbeite ich. Nur fühlt es sich eben anders an, wenn ich etliche Seiten geschrieben habe, die ich nicht mehr nutzen kann. Ich habe nur auch noch nicht für mich herausgefunden, wie ich was an der Einstellung ändern kann, sodass ich mich letztlich freue, an meinem Text feilen zu dürfen.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 30 September 2016, 19:07:41
Vielleicht solltest du dich weniger auf die "verlorenen" Seiten konzentrieren, sondern mehr auf die gewonnenen. Du scheinst mir traurig (oder frustriert) darüber zu sein, eine, wie du selbst feststellst, schlechte Geschichte zu verlieren, statt dich darüber zu freuen, dass du jetzt eine bessere Geschichte hast. Die ist vielleicht immer noch nicht so gut, wie du sie gerne hättest, aber sie ist besser als das, was du schon hattest.

Ich habe das Gefühl, du hängst dich da an den investierten Arbeitsstunden auf. Aber das kann dir nur Frust bringen. Autoren haben mit den schlechtesten Stundenlohn der Welt, denn es ist schlicht und ergreifend zeitaufwändig.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 01 October 2016, 13:14:00
Na ja, hauptberuflich will ich sowieso nicht schreiben. Ich habe meinen Job gefunden. Aber ja, irgendwie hast du Recht. Das weiß ich auch. Ist nur gar nicht so einfach, das Denken in eine andere Richtung zu bewegen. Zumindest habe ich für mich noch nicht herausgefunden, wie ich meine Einstellung dahingehend ändern kann, sodass ich da eben so denke wie du. Dass das besser und gesünder und auch effektiver ist, weiß ich ja.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 01 October 2016, 16:18:47
Ah, na wenn du's eh weißt, ist der wichtigste Schritt ja schon getan! :cheer: Den Rest kriegst du schon auch noch hin.

Darauf eine :lava:
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: scura am 07 October 2016, 21:45:49
Ich bin eine klassische: Ich schreibe zuerst alles. Also erst ist da eine Idee und die baue ich dann aus... da habe ich mein Notizbuch wo ich einzelne Sätze oder Szenen grob reinklatsche... kurz und bündig... und dann beginne ich die Charaktere zu entwickeln... und dann plotte ich... ich habe also die groben Szenen in zwei drei Sätzen vor mir. Und um die herum schreibe ich dann die Geschichte. Und in der Rohfassung schreibe ich einfach darauf los. Wenn ich zu viel nachdenke dann blockiert es den Schreibfluss. Ja und dann beginne ich Stück für Stück mit der Überarbeitung. Im Moment drucke ich mir die einzelnen Kapitel auch gern aus. Ist zwar ein ziemlicher Papierverbrauch... aber ich sehe da auch wirklich erst die Fehler bzw. fallen mir Dinge die sich noch spießen viel besser auf. Ja und dann lasse ich ein paar Leute darüber lesen. Nach dem Feedback Bemitleide ich mich dann so ein bis zwei Tage... lasse mir dann alle Gedanken und Anmerkungen der anderen durch den Kopf gehen, manche notiere ich mir dann auch auf so Post-ist... und versuche mir dann den Text durchzulesen in dem ich diese Aspekte berücksichtige.  Tja und da stecke ich gerade mitten drin... für mich ist es ein irrsinniger Balanceakt mit Kritik gut umzugehen. Erstens widersprechen sich die Leute teilweise. Zum Beispiel meint einer bei meinem Anfang lass ich seine Leserfantasie zu wenig Spielraum übrig... während eine andere sagt sie hätte bitte gern mehr detailliertere Infos... einer meint ich befasse mich zu viel (Herrgott ich will zu viel immer zusammenschreiben... also so: zuviel... den Fehler mache ich ständig.) mit dem Innenleben meiner Figur... ein anderer will mehr darüber wissen. Tja und irgendwie und irgendwo sollte da auch sein mein höchst eigener Stil verpackt sein, den ich aber nicht mit einfach nur schlechten Geschreibsel verwechseln sollte... 

Das gute ist langsam kann ich für mich herausfiltern, was passt und meinen Text verbessert... und sie werden pro Überarbeitung auch besser.  Ach ja und am Ende werde ich ein paar Leute beknien müssen meine Rechtschreibfehler auszubessern...
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Zauberfeder am 08 October 2016, 10:53:22
Das klingt bei dir alles ziemlich strukturiert, finde ich. Über das Selbstbemitleiden musste ich ja ein wenig schmunzeln, einfach weil ich es auch kenne. Da denkt man, man hat den Text endlich super, dann kommt da eine Kritik, die zeigt, dass es wieder nix war und dann ist man erst einmal deprimiert. Und es braucht auch immer ein paar Tage, um die Kritik sacken zu lassen, um sie auch objektiv bewerten zu können, weshalb ich mir dann manchmal auch ein, zwei Tage Zeit genommen habe, um überhaupt auf den Kommentar zu antworten, einfach um eben in meiner verletzen Phase nicht in den Verteidigungsmodus zu rutschen.
Ja, die Balancesache. Die ist immer schwer. Es gibt immer Leute, die mehr Sachen wissen wollen und Leute, die weniger wissen wollen, wobei ich zur Fraktion mehr wissen wollen gehöre. Wenn ich einen Roman lese, dann möchte ich, dass der Autor mir seine Welt zeigt. Da möchte ich nicht herumrätseln, warum sich der Charakter so und so verhält, das möchte ich wissen, um mich in ihn hineinversetzen zu können, immerhin möchte ich ihn kennen lernen und da bringt es mir nichts, wenn ich rätseln muss, um ihn zu verstehen, denn das sorgt bei mir nur dafür, dass ich mich mit dem Prota nicht identifizieren kann und das ist schlecht für den Roman dann letztlich.
Genauso ist es auch mit den Beschreibungen. Den einen ist es zu viel, den anderen zu wenig. Ich lese ungern ellenlange Beschreibungen, aber ich möchte mir auch schon ganz gerne vorstellen, wo er sich befindet, ohne mir zig Sachen dazu dichten zu müssen. Ich glaube, bei mir die ganze Balance zu treffen, ist extrem schwer. Wobei ich in Beschreibungen auch definitiv noch meine Schwächen habe.
Ich glaube, wenn du zu viele unterschiedliche Meinungen hast, musst du auf dich hören. Du hast ja auch ein Gefühl, ein Gedanke zu diesem Sachverhalt und wenn sich deine Kritiker unsicher sind, musst du eben abwägen, wie du es empfindest.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Viskey am 09 October 2016, 21:56:12
Also ein "mehr oder weniger" (wovon auch immer) ist meistens eine Geschmacksfrage. Weil Zauberfeder es angesprochen hat: Ich hasse Beschreibungen. Mir kann es kaum zu wenig sein. Wo andere genussvoll in langen Beschreibungen schwelten, langweile ich mich halb zu Tode.
Wo einer mehr Innensicht möchte, findet ein anderer, dass ihm gerade das Offensichtliche erklärt wird.

In solchen Punkten macht es nur bedingt Sinn, sich nach anderen Leuten zu richten.
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Trippelschritt am 14 October 2016, 22:11:05
Wie man es genrell am besten macht, kann ich nicht sagen. Nur wie ich es mache. Aber das ist eine Bauchschreibermethode und muss nicht für Planschreiber gelten.

Wenn ich anfange zu schreiben, weiß ich worum es gehen soll und ich kenne meine Figuren und das Setting ganz gut. Aber nie gut genug. Und ich habe keinen Plot. Ich fange einfach an zu schreiben und vertraue darauf, dass mir genug einfällt. Und wenn ich immer ein gutes Gefühl habe, dann schreibe ich meine Rohfassung und fange dann an zu überarbeiten. Genau so lief es bei meinem Debütroman ab. Leider. Denn das konnte ich nie wiederholen.

jetzt ist es meistens so, dass ich irgendwo während des Schreibens Kraft verliere und der Text anfängt mehr und mehr belanglos zu werden. Glücklicheweise merke ich das. Dann suche ich die Textstelle, ab der ich mehr und mehr Mist produziert habe und suche den Grund dafür. Fast immer sind es ungelöste Punkte im Verständnis meiner Figuren oder mangelnde Schärfe im Audruck einer bestimmten Szene. Ich gehe also zurück und fange an zu überarbeiten. Und dann schreibe ich weiter. Funkschoniert!

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: merin am 14 October 2016, 22:38:01
Schön Dich mal wieder zu lesen. :biggrin:
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Trippelschritt am 15 October 2016, 11:59:05
Mein neues Buch ist gestern rausgekommen und auf der Zielgeraden gibt es immer noch eine ganze Menge Arbeit
 :biggrin:

Trippelschritt
Titel: Re: Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Beitrag von: Sana am 17 November 2016, 13:27:55
Ich bessere ständig aus,wenn ich merke, da passt etwas nicht. Wenn ich immer nur an demselben Kapitel festbeiße, komme ich nicht weiter. Nebenbei habe ich noch Datein erstellt, wo ich sätmtliche Notizen sammele.Da kann ich nachlesen und überprüfen, ob der verlauf des Plots passt. Tut es das nicht, arbeite ich meine Notizen um und dann die Kapitel.Im Grunde verbesser ich laufend  :rotwerd:
Wenn es hängt, schreibe ich erstmal gar nichts mehr. Oder ich schreibe irgendeine unsinnige Kurzgeschichte. Das macht meinen Kopf frei und übt den Wortschatz.