Federteufel

Teufelszeug => Theorie => Schreibmethoden => Thema gestartet von: Trippelschritt am 11 August 2015, 08:57:05

Titel: Wie schreibt man einen Roman
Beitrag von: Trippelschritt am 11 August 2015, 08:57:05
Ich hätte das gern unter den Sticky Topics und die Diskussion getrennt davon. Wenn einer der Mods da mal helfen könnte.

Die Überschrift soll schon auf eine gewisse Allgemeingültigkeit hindeuten, was überraschen mag, da es wohl so viele Ansätze gibt, wie es Schreiber gibt und die Kluft zwischen Bauch- und Planschreibern unüberbrückbar wirkt.
Mein Vorschlag ist das Ergebnis eines Bauchschreibers, sich seinen eigenen immer noch nicht völlig fixierten Weg bewusst zu machen und in die Bauchschreiberei immer mehr Elemente der Planschreiberei einzubauen, um die unendliche Geschichte des Überarbeitens abzukürzen. Es sind vier Schritte, von denen die ersten drei besonders wichtig sind.

1. Jedes Arbeiten an einem Roman beginnt mit der zentralen Idee. Gleichgültig, ob die Initialzündung eine Figur, ein Setting, eine Beobachtung oder ein pfiffiger Dialog ist, erst muss die zentrale Idee klar sein.
Die möglichen Initialzündungen mögen später zu einem Roman führen, sind aber in der allerersten Phase nicht mehr, aber auch nicht weniger als Ideen, die zu allem möglichen führen können. Auch zu einer Kurzgeschichte.
Die zentrale Idee muss so klar sein, dass sie sich in einem kurzen Satz formulieren lässt. Dieser Schritt entspricht dem Schritt 1 der Schneeflockenmethode. Die Arbeit ist, die zentrale Idee zu präzisieren.
Sie kann sich später durchaus ändern, dient aber zunächst als Fokus für alles, was danach kommt.

2. Um die zentrale Idee scharen sich die Figuren. Um von Schritt 2 zu Schritt 3 zu kommen, sollte mindestens eine der zentralen Figuren (Protagonist oder Antagonist) ausgearbeitet sein. Wie das geht, machen wir im Workshop. Vor allem muss klar sein, aus welchen Gründen die Figur handelt und was ihre Ziele sind.
Die Arbeit an den Figuren ist nie beendet und reicht bis in die Überarbeitungen hinein, aber um Schritt 3 zu beginnen, sollte mindestens eine Figur ein deutliches Bild erzeugen.

3. Aus den Motiven und Zielen der Figur(en) in Kombination mit der zentralen Idee ergibt sich der Plot.
Die Schritte 1 und 2 legen fest, warum etwas geschieht. Und erst, wenn das "Warum" feststeht, kann man über das "Was" nachdenken, denn es fühten immer viele Wege nach Rom.
Ich weiß, es gibt eine ständige Diskussion über plotgetriebene und figurengetriebene Geschichten und die Frage, was besser sei. Ich schließe mich da der Mehrheit an, die sagt: Figurengetriebene Geschichten sind die besseren. Ausnahmen gibt es bei Märchen oder Heftromanen. Wie immer liegt die Wahrheit wohl in der Mitte.

4. Jetzt steht der Rahmen. Wir haben die Idee, die Figuren und einen Plotgrundriss. Nun folgt auf das "Was" das "Wie", denn einen Grundplot zu haben, heißt noch nicht, eine Geschichte zu haben. In Schritt 4 geht es darum wie man das Material aus den ersten drei Schritten präsentiert. Jetzt geht es um Struktur, Spannungsaufbau, Perspektiven, Tempo etc.

Klar ist auch, dass geübte intuitive Schreiber manche Abkürzung gehen, aber an den vier Schritten kommen auch sie nicht vorbei. Was fehlt oder umentschieden werden muss, ist dann Teil der Überarbeitungen.

Liebe Grüße
Trippelschritt