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  • #1 von Fabian am 19 May 2016
  • Auch Leser haben ein Gespür für Struktur.

    Wiederholen sich Strukturen allzu oft (werden zu viele Geschichten nach solchen Mustern gestrickt, womöglich noch mit identischen Mengen- bzw. Zeitanteilen), dann wird das wiedererkannt, wirkt mechanisch und langweilt Leser bzw. Zuschauer (hat nach meiner Erinnerung mal ein Insider über Hollywood-Drehbücher geschrieben).



    • Fabian
  • #2 von Schnu am 20 May 2016
  • Auch Leser haben ein Gespür für Struktur.

    Wiederholen sich Strukturen allzu oft (werden zu viele Geschichten nach solchen Mustern gestrickt, womöglich noch mit identischen Mengen- bzw. Zeitanteilen), dann wird das wiedererkannt, wirkt mechanisch und langweilt Leser bzw. Zuschauer (hat nach meiner Erinnerung mal ein Insider über Hollywood-Drehbücher geschrieben).

    Demnach müssten heutige Leser bzw. Zuschauer ja unter chronischer Langeweile leiden, weil so gut wie jeder (Unterhaltungs)Roman bzw. Film dieses Muster aufweist.
    • Schnu
  • #3 von Fabian am 20 May 2016
  • Demnach müssten heutige Leser bzw. Zuschauer ja unter chronischer Langeweile leiden, weil so gut wie jeder (Unterhaltungs)Roman bzw. Film dieses Muster aufweist.

    Das trifft weitgehend zu. Es gibt in der Tat nur wenige Geschichten, die noch überraschen.

    Ist so ähnlich wie mit einem Burger: essen muss man, also nimmt man unter den gegebenen Umständen, was angeboten wird.

    Nein, im Ernst, wenn sich zu einem aufdringlichen Muster nichts weiter von Bedeutung gesellt –  wen würde das nicht langweilen.
    • Fabian
  • #4 von Ginger am 20 May 2016
  • Ich glaube die Kunst ist es, dieses Muster zu benutzen und den Leser trotzdem nicht zu langweilen. Und das können gute Autoren sehr gut.

    Bücher sind immer irgendwie gleich aufgebaut und doch gibt es Bücher, die dem anderen zu 0 % ähneln und ganz anders sind. Obwohl sie gleich aufgebaut wurden.
  • #5 von Viskey am 20 May 2016
  • Also was gebrochene Strukturen und Muster angeht, kann ich jedem die Fernsehserie "UnReal" ans Herz legen. (Ich bleib mal vage, weil ich nicht arg spoilern möchte, falls der eine oder andere schauen will.)

    Spielt vor dem Hintergrund einer Reality-Serie a la Bachelor und Top Model, und es wird von Folge zu Folge krasser. Als ich die geschaut hab, bin ich aus dem WTF fast nicht mehr herausgekommen, weil ständig Sachen passieren, die man so nicht erwartet, und die auch eigentlich tabu sind - weil sie dem Muster widersprechen. Und egal, wie oft man sich denkt "da kann doch nix mehr kommen jetzt, wir hatten doch schon alles" - in der nächsten Folge stellt man fest, dass doch noch nicht alles da war.

    Ich hoffe, die 2. Staffel hält dieses Niveau. :hehe:


    EDIT: Seither seh ich Reality-Serien mit etwas anderen Augen...
  • #6 von Fabian am 20 May 2016
  • Bücher sind immer irgendwie gleich aufgebaut und doch gibt es Bücher, die dem anderen zu 0 % ähneln und ganz anders sind. Obwohl sie gleich aufgebaut wurden.

    Welches Bild entsteht bei Dir, wenn in einer Geschichte eine Figur einen solchen Satz formulieren würde?

    Da ich nicht glaube, dass Du diesem Bild entsprichst, frage ich mich, was genau Du wohl gemeint hast.
    Mit anderen Worten: was meinst Du mit diesem ganz anderen?
    • Fabian
  • #7 von merin am 20 May 2016
  • Ich weiß nicht. Einerseits helfen mir solche Strukturen beim Plotten - andererseits ist es mir wichtig, dass sich Strukturen organisch ergeben. Ich glaube, dass zum Beispiel kein einziges Buch von Christa Wolf eine derartige Struktur aufweist - aber die Bücher sind auch nur wenig plotgetrieben. Es ist die Sprache, das Innenleben der Protas, die fesseln. Für plotgetriebene Bücher scheint mir so eine Struktur als Ansatzpunkt nicht schlecht. Ich bin aber auch dafür, eine eigene Interpretation zu entwickeln. Wenn ich das Strickmuster allzusehr erkenne, dann wird das Buch für mich langweilig. Ich kenne aber ganz viele Genreromane, wo das egal zu sein scheint. Sie finden ihre Leser - notfalls welche mit wenig Leseerfahrung und somit wenig Gespür für die Strickmuster. Es wachsen ja immer LeserInnen nach... :cheer:
  • #8 von Viskey am 20 May 2016
  • Paradebeispiel für Strickmusterromane sind für mich die Darkover-Bücher. Das erste war noch gut, das zweite ... irgendwie das selbe in grün und das dritte .... das selbe in blassgrün. Danach hab ich abgebrochen. Vielleicht käme da ja noch etwas anderes, aber das war echt wie dreimal den gleichen Teebeutel benützen. Am Ende ist es nur noch schwach gefärbtes Wasser ohne Geschmack. Das hat mir die Lust verdorben, noch ein 4. Buch zu probieren.

    Wobei ich das Strickmuster im ersten Buch durchaus als gut und "organisch" empfunden habe. Da landet ein nichtsahnender Mensch auf Darkover und stellt schon bald fest: Er gehört eigentlich zur Adelsschicht der Darkoverianer, wurde als Kind verschleppt oder so (ist 20 Jahre her, das ich's gelesen habe, so genau erinnere ich mich nicht mehr). Seine Reaktion und die Reaktionen der Leute um ihn herum sind durchaus nachvollziehbar. Es gibt Zweifler (u.a. ihn selbst) und Unterstützer. Am Ende steht dann unumstößlich fest: Er gehört dazu, und selbst die Zweifler können ihn lediglich noch unsympathisch finden, aber nicht rundheraus ablehnen.

    Und im zweiten Buch geschieht genau das gleiche, und im dritten wieder. Ich glaube sogar, es waren alles drei Männer. Wenn nicht ... hat sich die Frau jedenfalls nicht irgendwie von den Männern unterschieden.

    Natürlich kann man jetzt nach diesem Muster einen neuen Roman schreiben. Allein schon dadurch, dass die Welt eine andere sein muss, wird auch die Geschichte eine andere sein. Lanweilig wurden die Darkover-Romane für mich ja deswegen, weil ich in Buch 2 und 3 nichts mehr über die Welt herausgefunden habe. Es war ein ständiges deja-vu.

  • #9 von Ginger am 20 May 2016
  • Bücher sind immer irgendwie gleich aufgebaut und doch gibt es Bücher, die dem anderen zu 0 % ähneln und ganz anders sind. Obwohl sie gleich aufgebaut wurden.

    Welches Bild entsteht bei Dir, wenn in einer Geschichte eine Figur einen solchen Satz formulieren würde?

    Da ich nicht glaube, dass Du diesem Bild entsprichst, frage ich mich, was genau Du wohl gemeint hast.
    Mit anderen Worten: was meinst Du mit diesem ganz anderen?

    Naja. Sie sind vielleicht gleich aufgebaut, aber trotzdem hat man nicht das Gefühl, dass man ein anderes Buch einfach in einer neuen Ausführung nochmal liest. Deshalb sind sie für mich ganz anders.

    Bei Abbi Glines z.B habe ich im Moment das Gefühl, dass sie einfach die gleiche Story, wirklich mit allen Spannungspunkten etc. nur in einer neuen Fassung für jeden Charakter ihrer Reihe neu schreibt.

    Das Buch ist nicht anders als der Rest. Es ist durchschnittlich. Du erkennst sofort, dass die Autorin eine altbewährte Methode verwendet hat und deshalb sind die Bücher recht gleich.

    Bei einer Colleen Hoover aber? Nein. Da ist jedes Buch anders, obwohl sie ebenfalls alle, wenn man sich genauer mit ihnen auseinander setzt, mit dem gleichen Prinzip aufgebaut hat. Trotzdem würde ich nie sagen, dass sie sich ähneln.

  • #10 von merin am 20 May 2016
  • Ja, ich glaube, das ist der Trick an der Sache: Das Strickmuster ausreichend abzuwandeln und auch andere Grundthemen zu behandeln. Nach Weilands Strickmuster könnte man einen Krimi schreiben oder einen Liebesroman oder SciFi - jeweils mit anderen Grundmotiven. Allerdings müssten für mich wohl auch die Abschnitte variiert werden, also nicht immer genau nach 90% der Höhepunkt usw.
  • #11 von Schnu am 20 May 2016
  • Ich sehe solche Strukturmuster nicht an ein bestimmtes Thema, einen Stoff oder ein bestimmtes Genre gebunden. Sie sind vielmehr universell einsetzbar. Das Beispiel von Weiland stellt einen Versuch dar, das Drei-Akt-Modell in seine einzelnen Bestandteile aufzusplitten. Der Screenwriter John Truby hat in seinem Buch „The Anatomy of Story“ ein Modell vorgestellt, mit dem man einen Plot in 22 Einzelpunkte zerlegen kann. Das Buch kenne ich zwar nicht, aber es zeigt, dass es nicht die eine Möglichkeit gibt, einen Plot zu strukturieren. Was die Zeitangaben betrifft, so denke ich, dass es sich lediglich um ungefähre Richtwerte handelt, die auf Erfahrungswerten beruhen. Ich kenne jedenfalls keine Werke, in denen der finale Höhepunkt der Geschichte beispielsweise schon bei der 50%-Marke stattfindet. Dies würde ja bedeuten, die Drei-Akt-Struktur grundlegend zu verändern, ein Muster, das sich immerhin über mehrere Jahrhunderte entwickelt und bewährt hat.

    Dann gibts natürlich auch immer wieder Werke, die scheinbar nur lose einem Plot folgen, die ihre Wirkung aus einer besonderen Atmosphäre oder einer besonders gelungenen Prosa beziehen.
    • Schnu
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