Teufelsrost > Höllenfenster

Vergiss es! Das brauchst Du gar nicht erst versuchen

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Cecilie H:
Danke. Ich werde mir all eure Hinweise zu Herzen nehmen, für mich prüfen und am Text arbeiten :-) LG Cecilie

Natascha:
Hallo Cecilie,

nun hast Du ja schon ganz viele Rückmeldungen erhalten, an die ich nur kurz anknüpfe, um wenig zu wiederholen. Dazu kommen noch ein paar Ergänzungen.

Ich finde es schön, dass Du Dich mit den Figuren beschäftigst und sie uns näher bringen möchtest. Dabei erzählst Du uns jedoch so manches, was für die kurze Geschichte und die Handlung vielleicht nicht so relevant ist. Auch bleiben die Figuren in Klischees verhaftet (v.a. der Ladies‘ Man, der „Loser“, die Burschikose, die Femme fatale). Mancher Charakterisierungsversuch wirkt unmotiviert im Sinne eines unklaren oder fehlenden künstlerischen Motivs z.B. verwendet der Erzähler gerne Vergleiche zur Meeresfauna, doch es ist für mich nicht ersichtlich wie diese Eigenart den Rest der Erzählung unterstützt.

Deine Humoreinsprengsel würzen den Text, brauchen zum Teil jedoch, wie Deine Vergleiche, noch etwas Handarbeit. Bei dieser Art Text spielt der Humor eine entscheidende Rolle, denn Du gehst ja nicht in die Tiefe der Figuren und der existentiellen Bedeutung all dessen, was da geschieht. Das heißt: Wenn der Text nicht nur Banalitäten aneinander reihen soll, muss er zumindest richtig witzig sein. Auf einen dieser Vergleiche, der auch schon von Cimglett angesprochen wurde, möchte ich kurz eingehen:


--- Zitat ---„Ist hier noch frei?“ Eine melodische Stimme beschallte mein Ohr, mir gegenüber war meine blonde Erscheinung wie eine Plötze an der Wasseroberfläche aufgetaucht.
--- Ende Zitat ---

Der Vergleich widerspricht den bisherigen Beschreibungen, die eine attraktive Frau erwarten lassen. Eine Plötze ist ja ein Fisch, der relativ normal aussieht und nicht besonders schön. Außerdem erinnert das Wort Plötze lautsprachlich an andere Worte, die wenig anmutige Assoziationen wecken wie Klötze, Götze, Pfütze oder Hetze.


Die Episode bietet einiges an Konfliktmöglichkeiten, doch eine spannende Auseinandersetzung fehlt. Es wird auch keine Fallhöhe erkennbar. Wo geht es wirklich um was? Falls Du Genre schreiben möchtest, brauchst Du solche Elemente. Demzufolge fehlen auch eine überzeugende Prämisse und ein mitreißender Spannungsbogen. Es bleibt auf der Ebene einer Anekdote.

Die Abfolge in der Darstellung von Elementen der Geschichte unterstützt die Lesenden in ihrem Wunsch sich zu orientieren, interessieren und zu verstehen wenig. Im ersten Absatz wird z.B. eine Erscheinung erwähnt, die das Interesse der zwei im Gegensatz liegenden ersten Figuren weckt, doch dann wird über viele Absätze gar nicht mehr darauf eingegangen.

Das Abfolge-Problem findet sich bis hinab auf die Satzebene:


--- Zitat ---Als die Liebe erlosch, mochte ich auch die Würzburger Residenz im schönsten süddeutschen Barock nicht mehr ablichten
--- Ende Zitat ---

An der Stelle verstehe ich noch nicht, warum es ausgerechnet ums Ablichten geht, weil ich erst am Ende des Satzes erfahre, dass der Erzähler Fotograf ist.


--- Zitat ---Ich war neugierig und fantasievoll, typisch Fotograf, hätte Clara gesagt.
--- Ende Zitat ---

In den vorausgehenden Sätzen geht es um Claras Aussehen. Dann dieser Satz. An der Stelle verstehe ich noch nicht, warum der Erzähler auf einmal ausgerechnet diese zwei seiner Eigenschaften erwähnt, was sich erst im nächsten Satz aufklärt.


Manche Darlegung habe ich nicht verstanden:


--- Zitat ---„Na, Uli, wir sind alle älter geworden, was?“, schmeichelte sie mir. Für Clara kam mir kein Kompliment über die Lippen.
--- Ende Zitat ---

Der Erzähler wertet Claras Begrüßung offenbar als Kompliment, was ich erklärungsbedürftig finde, denn wenn jemand meint, feststellen zu müssen, dass man gealtert ist, denken die meisten Menschen nicht an schmeichelhafte Anhaltspunkte, auf denen eine solche Feststellung beruhen könnte.


--- Zitat ---Sie sprach, jonglierte medizinisch geschickt mit verständlichen Begriffen
--- Ende Zitat ---

Was ist medizinisch geschicktes jonglieren mit verständlichen Begriffen? Wie kann man mit verständlichen Begriffen medizinisch geschickt jonglieren?


Dies habe ich erst beim zweiten Lesen verstanden:


--- Zitat ---Wir waren zu Claras Geburtstagsfeier eingeladen worden. Christian, ihr ehemaliger langjähriger Kollege und ich, Claras kurzzeitiger Chef, wir drei
--- Ende Zitat ---

Das „wir drei“ bezieht sich auf die zuvor Erwähnten, doch dort taucht Clara nicht auf. Es wirkt, als wären Christian und der ehemalige langjährige Kollege zwei verschiedene Personen.


Auch wenn das Korrektorat bei der Texterstellung erst zum Schluss kommen sollte, wäre es sicher schön und auch sinnvoll, wenn alle hier eingestellten Texte zuvor ein Korrektorat durchlaufen würden. Wenn viele Fehler auftreten, ist es ja sonst wirklich ein sehr roher Entwurf. So einen Text kann man nicht so rasch rösten, weil man ständig über die Fehler stolpert. Und wir haben ja alle wenig Zeit zur Verfügung. Aus diesem Grund kann man solche Texte dann im Erbsenbereich nicht detailliert kommentieren. Es sind einfach zu viele Erbsen. Allerdings können wir in unseren Texten nicht alle Rechtschreibfehler allein finden. Sinnvoll wäre es vielleicht, wenn wir vor dem Einstellen zumindest diejenigen Fehler ausmerzen würden, die uns ein vernünftiges Textverarbeitungsprogramm anzeigt, auch wenn nicht alle Hinweise valide sind und das nur ein Bruchteil dessen berührt, worum es sprachlich geht.

Stilistisch kann uns momentan im deutschen Sprachraum leider kein Programm wirklich helfen. Auch Papyrus nicht. Dieses Programm kann zwar auf Verdacht Hinweise geben, doch meiner Erfahrung nach sind die Heuristiken viel zu grob, das „Textverständnis“ viel zu schlicht und die allermeisten Hinweise für die Katz.


Auch ich möchte Dich ermutigen trotz all dieser Kritik weiter zu machen. Es geht ja viel um Handwerk und Übung. Klavierspielen lernt man auch nicht einfach so. Aber irgendwann kann man’s einigermaßen. :cheese:

Natascha

merin:
Wow Natascha, du hast hier nebenbei ein Thema angerissen, das mich brennend interessiert:


--- Zitat ---Stilistisch kann uns momentan im deutschen Sprachraum leider kein Programm wirklich helfen. Auch Papyrus nicht. Dieses Programm kann zwar auf Verdacht Hinweise geben, doch meiner Erfahrung nach sind die Heuristiken viel zu grob, das „Textverständnis“ viel zu schlicht und die allermeisten Hinweise für die Katz.
--- Ende Zitat ---

Dein Einverständnis vorausgesetzt, lagere ich das mal in einen extra Thread aus und hoffe dort auf regen Besuch.

merin:
Hier ist es ja schon lange still. Daher:  :closed:

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