91
Theorie / Re: Alternative Erzählstrukturen
« Letzter Beitrag von diffusSchall am 15 June 2023, 15:20:50 »Um hier einmal einzufädeln: Was bringt euch die Beantwortung der Frage "Was ist wann wie progressiv?" als Autor*innen?
Ist das nicht eher eine Frage für Kritiker und Konsumenten/Leser?
Ich muss gestehen, dass mir persönlich das als Autor eher schnuppe ist. Wenn mir Struktur zu fade ist, dann breche ich sie auf. Wenn sich mir ein bewährtes Konzept als ausgelatschter Pfad darstellt, dann verlasse ich ihn. Ich denke dann nicht darüber nach, ob das progressiv ist oder nicht. Das können gerne andere beurteilen. Ich schreibe so, wie es für mich und die Geschichte am dienlichsten ist. Wenn das am Ende konservativ oder progressiv ist, so what?
Alternative Erzählstrukturen: Samuel R. Delany - Dhalgren
Der Roman ist bewusst so angelegt, dass die Geschichte im Kreis verläuft. Spannungsbögen sind zweitrangig und Erzählebenen beginnen und enden an mehr oder weniger beliebigen Stellen. Man kann irgendwo in dem Wälzer einsteigen und nach der letzte Buchseite mit der ersten "weiterlesen". Ausgefuchst konstruiert und strukturiert.
Progressiv würde ich das trotzdem nicht nennen, denn der Begriff impliziert Fortschritt und den habe ich nicht gesehen. Das Buch ist dadurch nach meinem Empfinden nicht besser geworden. Es gibt keine sich steigernde Dramaturgie und das Buch ist laaang. Es hat sein Faszinosum, aber es ist ne Challenge, das zu lesen. Dynamisch erzählen geht anders.
Progressiv im Sinne von "Die Literaturwelt erweiternd" lasse ich gelten. Meines Wissens ist Delany der erste SF-Autor, der ein Buch so angelegt hat.
Was war vorher da, das Huhn oder das Ei?
Ich bin davon überzeugt, dass sich beides bedingt und beeinflusst. Wir plotten und schreiben bewusst unsere Geschichten und gleichzeitig feilt das Unterbewusstsein, und damit unsere Träume, an beidem. Manchmal triggert uns eine Erfahrung, etwas, dass wir sehen und hören, unsere Initialidee, aus der wir die Geschichte entwickelt. Manchmal arbeitet das Unterbewusstsein daran und wir haben einen Geistesblitz und wissen nicht bewusst, wo der eigentlich herkommt. Wer wen final auslöst ist unterschiedlich.
Cheers - Frank
Ist das nicht eher eine Frage für Kritiker und Konsumenten/Leser?
Ich muss gestehen, dass mir persönlich das als Autor eher schnuppe ist. Wenn mir Struktur zu fade ist, dann breche ich sie auf. Wenn sich mir ein bewährtes Konzept als ausgelatschter Pfad darstellt, dann verlasse ich ihn. Ich denke dann nicht darüber nach, ob das progressiv ist oder nicht. Das können gerne andere beurteilen. Ich schreibe so, wie es für mich und die Geschichte am dienlichsten ist. Wenn das am Ende konservativ oder progressiv ist, so what?
Alternative Erzählstrukturen: Samuel R. Delany - Dhalgren
Der Roman ist bewusst so angelegt, dass die Geschichte im Kreis verläuft. Spannungsbögen sind zweitrangig und Erzählebenen beginnen und enden an mehr oder weniger beliebigen Stellen. Man kann irgendwo in dem Wälzer einsteigen und nach der letzte Buchseite mit der ersten "weiterlesen". Ausgefuchst konstruiert und strukturiert.
Progressiv würde ich das trotzdem nicht nennen, denn der Begriff impliziert Fortschritt und den habe ich nicht gesehen. Das Buch ist dadurch nach meinem Empfinden nicht besser geworden. Es gibt keine sich steigernde Dramaturgie und das Buch ist laaang. Es hat sein Faszinosum, aber es ist ne Challenge, das zu lesen. Dynamisch erzählen geht anders.
Progressiv im Sinne von "Die Literaturwelt erweiternd" lasse ich gelten. Meines Wissens ist Delany der erste SF-Autor, der ein Buch so angelegt hat.
Und auch da wieder die Frage: erzählen wir, wie wir träumen, oder träumen wir, wie wir erzählen?
Was war vorher da, das Huhn oder das Ei?
Ich bin davon überzeugt, dass sich beides bedingt und beeinflusst. Wir plotten und schreiben bewusst unsere Geschichten und gleichzeitig feilt das Unterbewusstsein, und damit unsere Träume, an beidem. Manchmal triggert uns eine Erfahrung, etwas, dass wir sehen und hören, unsere Initialidee, aus der wir die Geschichte entwickelt. Manchmal arbeitet das Unterbewusstsein daran und wir haben einen Geistesblitz und wissen nicht bewusst, wo der eigentlich herkommt. Wer wen final auslöst ist unterschiedlich.
Cheers - Frank