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  • #16 von Trippelschritt am 28 Feb 2016
  • Scott Lynch: The lies of Locke Lamorra. Ist Fantasy/Abenteuer
    Sorry. Wenigstens Fantasy hätte ich dazu schreiben sollen

    Liebe Grüße
    Trippelschritt
  • #17 von merin am 28 Feb 2016
  • Ah danke. Hab ich noch nie gehört...
  • #18 von vulture am 16 Mar 2016
  • Siri Hustvedt - »Die gleißende Welt«

    Harriet Burden, eine erfolglose Künstlerin, die sich als Frau in der New Yorker Kunstszene diskriminiert fühlt, ersinnt einen Plan: Drei Männer sollen Burdens Werke als ihre eigenen präsentieren und so die unterschwellige Misogynie der Kritiker entlarven. Was zwei mal bestens funktioniert, geht beim dritten Mal gehörig schief, als Burden in ihrem dritten Repräsentanten ungewollt einen intellektuellen Gegenpart findet, der eine eigene und auf den ersten Blick durchaus grausame Agenda verfolgt.

    Ich war mehrmals kurz davor, das Buch in den Müll zu schmeißen. Die Protagonistin widert mich an, in ihrer hochintellektuellen Blindheit, ihrem feministisch-fehlgeschlagenen Selbstmitleid, ihrem Mangel an Reflektion und ihrer in sich selbst gefangenen Prätentiösität. Hinzu kommt eine dem Text zugrunde liegende Holzhammersymbolik, die ich eigentlich unverzeihlich finde. Ich muss zugeben, dass ich einige Passagen sogar überblättert habe. Dass ich dachte: Da kommt nichts mehr.

    Und dann kam Rune.
    Harriet Burdens dritte Maske, ihr dritter Stellvertreter, ein angesehener New Yorker Künstler, in der Szene verhätschelt, von Kritikern gefeiert. Ein Mann, den wir nur von außen betrachten, durch Burdens Augen, durch Interviews und Rekonstruktionen, durch Aussagen, die sich laufend widersprechen.
    Ich will das Buch nicht spoilen, deswegen schreibe ich hier einfach nur: Ich bin schwer beeindruckt. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann mir ein Charakter das letzte Mal in meinem Leben persönlich so nahe gegangen ist.

    In dem Moment, in dem die Beziehung zwischen Harriet und Rune an Fahrt gewann, wurde das Buch für mich zu einem gigantischen Autounfall, bei dem ich nicht mehr wegsehen konnte.
    Die Charakterzeichnungen beider Beteiligter sind in dieser Konstellation in meinen Augen überragend. Harriets Blindheit, ihr gefilterter Blick, ebenso wie Runes Vielschichtigkeit als Maske unter der Maske unter der Maske. Gottverdammt. Ich bin bereit, diesem Buch sämtliche Unzulänglichkeiten nachzusehen, und da sind einige. Nichts davon spielt eine Rolle. Das letzte Drittel des Romans hat eine exquisite Wunde in mir aufgerissen, und genau das erwarte ich von Literatur.
    • vulture
  • #19 von Aure am 16 Mar 2016
  • Verdammt, ich sollte wirklich mal wieder was lesen, in das ich Erwartungen setze.

    Aktuell: Der Herr der Unterstadt.
    Low Fantasy. Noir.
    Äh, ja. Ich glaub nicht, dass das Buch für mich funktioniert, bin aber auch noch nicht weit genug vorgedrungen, um viel dazu sagen zu können.
  • #20 von Oldlady am 16 Mar 2016
  • die Schatten-Trilogie von Brent Weeks. Saftige, tolle Fantasy mit spannenden menschlichen Konflikten. Bin beim 2. Band, "Am Rand der Schatten" und werde gleich weiterlesen ...

    Oldlady
  • #21 von merin am 17 Mar 2016
  • "Rot ist schön" von Rita König, die ich aus der Literaturwerkstatt kenne. Das ist ein schweres Buch, melancholisch, teilweise nicht zum Aushalten traurig, über eine junge Frau, die versucht, ihre Biografie (die schrecklich ist) zu verarbeiten und sich ihrer Mutter anzunähern, die die Familie verlassen hat, als die Protagonistin ein Kind hat.
    Eine ganz schöne, sensible Sprache, schöne Bilder. Genau beobachtet, sehr nah an der Prota. Aber diese Schwere - puh.
  • #22 von vulture am 14 Apr 2016
  • "Das Zimmer" von Jonas Karlsson.

    Zitat
    Als ich das Zimmer zum ersten Mal betrat, machte ich praktisch sofort kehrt. Ich hatte eigentlich auf die Toilette gewollt, mich aber in der Tür geirrt. Als ich sie öffnete, schlug mir ein Hauch stickiger Luft entgegen, ich kann mich jedoch nicht daran erinnern, mir dabei etwas gedacht zu haben. Mir war nicht einmal aufgefallen, dass es in dem Flur, hinter den Toiletten, vor dem Aufzug, überhaupt etwas gab. So, so, dachte ich. Ein Zimmer.
    Ich öffnete die Tür und schloss sie wieder. Das war alles.

    Eine merkwürdige Novelle aus der Sicht eines noch viel merkwürdigeren Protagonisten, witzig und bedrückend zugleich. Björn, Angestellter im Großraumbüro einer namenlosen Behörde, entdeckt einen geheimen Raum im Flur zu den Aufzügen, dessen Existenz seine Kollegen bestreiten. Klingt langweilig, ist es aber nicht. Der Roman lebt von der Erzählstimme und der Sicht- und Denkweise des Protagonisten. Die Sprache ist schlicht und schnörkellos und der Thematik ungemein zuträglich. Gutes Buch.
    • vulture
  • #23 von merin am 15 Apr 2016
  • Klingt spannend, etwas kafkaesk.

    Ich habe "Jedermann" von Philip Roth gelesen, ein Roman der die Biografie eines Mannes erzählt, der, so habe ich es jedenfalls verstanden, nie wirklich nahe Beziehungen eingehen kann und darunter leidet, äußerlich aber sehr erfolgreich ist. Ich weiß nicht, ob ich das Buch mochte. Ich fand die Sprache beeindruckend (es war gut übersetzt, denke ich), aber insgesamt von der Stimmung her fand ich das Buch eher bedrückend, weil der Protagonist sich so wenig entwickelt hat.
  • #24 von Oldlady am 05 May 2016
  • Ich habe gerade einen Krimi beendet, der mich begeistert hat,  :flirty:
    und der einige in unserem Forum interessieren dürfte:

    Es geht um eine Schreibgruppe und das Schreiben überhaupt. Amüsant, scharfsinnig, mit Menschenkenntnis, guter Plot.
    Einzig die etwas negative Weltsicht der Autorin, die gelegentlich durchschimmert, hat mich etwas gestört.

    Also ein ganz heißer Tipp für Schreib-Interessierte:

    Jincy Willett, die Dramaturgie des Tötens, rororo2009, ISBN 978 3 499 249143
  • #25 von Fabian am 09 Jul 2016
  • Spielt auf einem fiktiven Ellesmere (Insel im kanadisch-arktischen Archipel) mit einer toughen Inuit-Jägerin als Protagonistin.

    Ein in meinen Augen konventionell erzählter Kriminalroman. Im ersten Drittel manchmal ganz interessant, wenn scheinbar(?) kenntnisreich erzählt wird, wie sich langsam eine Kriminalhandlung innerhalb des auf mich zumindest eigenartig und exotisch wirkenden Lebens in einer arktischen Wüste entwickelt.

    Wurde dann vorhersehbar und unfesselnd.
    • Fabian
  • #26 von merin am 10 Jul 2016
  • "Ghana Must Go" by Taiye Selasi

    Ich habe selten ein Buch gelesen, das mich so berührt hat. Es ist sprachlich sehr reich, mit einer eigenen Sprache und intensiven Bildern und nicht chronologisch erzählt, wodurch man sich als Leserin die Puzzlesteine zusammensuchen muss, was es für mich sehr spannend machte, aber ich brauchte einige Seiten, um mich darauf einzulassen. Von der Anlage her ist es eine Familiensaga, aber durch die Art es zu erzählen und die Nähe zu den Protas, deren Gefühle und Gedanken sie sehr berührend darstellt, ist es auch viel mehr: Entwicklungsroman, Einblicke in Schwarze Diaspora-Geschichte usw. Es ist ganz zu Recht ein Bestseller. Es ist auch auf deutsch erschienen, hat da aber einen anderen Titel. Aber da es das bislang einzige Buch der Autorin ist, findet man das leicht raus.
  • #27 von Fabian am 11 Jul 2016
  • Es ist ganz zu Recht ein Bestseller. Es ist auch auf deutsch erschienen, hat da aber einen anderen Titel. Aber da es das bislang einzige Buch der Autorin ist, findet man das leicht raus.
    Der Titel der deutschen Ausgabe: "Diese Dinge geschehen nicht einfach so".

    Das Schöne an den Empfehlungen hier ist, dass sie sowohl etwas über die vorgestellten Bücher als auch über die sie rezensierenden Autoren sagen und mich im besten Falle neugierig machen.
    Das Schöne an den Berliner öffentlichen Büchereien ist, dass sie es mir möglich machen, meiner Neugier Raum zu geben, ohne dass ich dabei arm würde.
    Und dass sie mich regelmäßig zum Stöbern veranlassen: auf den Selasi-Band muss ich leider noch etwas warten, dafür stieß ich auf einen Roman von Yvonne Adhiambo Owuor: "Der Ort, an dem die Reise endet".
    Wunderschön, auf eine brutale Weise, befindet Taiye Selasi auf dem Rückumschlag, und ich gebe mich der Hoffnung hin, dass solche Sätze ernst gemeint sind und fürchte zugleich die korrumpierende Macht eines Literaturbetriebs, der solche Sätze wohlfeil und im Dutzend hervorbringt.

    Der erste Satz (an dessen Bedeutung für die Lesermotivation ich im allgemeinen nicht wirklich glaube) lautet:
    Er springt über zwei flammend rote Blüten auf dem nackten, rissigen Gehsteig.
    • Fabian
  • #28 von merin am 13 Jul 2016
  • Ein wundervoller erster Satz.

    Ich bin gespannt, was Du zu den anderen beiden Büchern sagst. Ich habe ja beide auf Englisch gelesen und bin gar nicht sicher, ob im Deutschen nicht doch gelegentlich mein Kitschalarm angesprungen wäre.

    Und ja, ich denke auch: Die Buchempfehlungen sagen auch viel über die empfehlenden Teufel.
  • #29 von kass am 15 Jul 2016
  • @Fabian und Merin

    Zitat
    Der erste Satz (an dessen Bedeutung für die Lesermotivation ich im allgemeinen nicht wirklich glaube) lautet:
    Er springt über zwei flammend rote Blüten auf dem nackten, rissigen Gehsteig.

    Zitat
    Ein wundervoller erster Satz.

    Hach! Ein absolut herrliches Beispiel dafür, dass es nichts Absolutes gibt! Ich würde ganz klar nach dem ersten Satz keinen zweiten lesen wollen! Bei dem Satz weiß ich, das ist kein Buch für mich. Sofort zugeklappt und zurück ins Regal damit. (soviel zur Lesermotivation und ersten Sätzen  :devgrin:)

    Und jetzt natürlich ein paar Gegenbeispiele für erste Sätze, die mich sofort am Haken packen:

    Autor: Kevin Hearne (Titel: Hexed) - Turns out that when you kill a god, people want to talk to you.

    Autor: Brandon Sanderson (Titel: Warbreaker) - There were great advantages to being unimportant.

    Autor: Brandon Sanderson (Titel: Steelheart) - I've seen Steelheart bleed.

    Und Zack! Auf den Tresen gepackt und gekauft!

    JAAA, ich bin ein echter Sanderson-Fan. Habe gerade die Reckoners - Trilogie verschlungen (Steelheart - Firefight - Calamity), und in meinem Elend, dass im Anschluss an Sanderson die Auswahl an für mich schönen Büchern echt dünn wird - lese ich jetzt erneut Warbreaker. Es ist einfach eins meiner Lieblingsbücher.

    Wenn mal jemand ein Beispiel sucht für richtig rasantes Erzähltempo, dann kann ich Steelheart - Firefight - Calamity wärmstens empfehlen.

    Ansonsten ist es natürlich Geschmackssache, ich mag es halt spannend und mit Humor gewürzt.

    LG
    Kass
     




    • kass
  • #30 von Fabian am 19 Jul 2016
  • Michael Köhlmeier: Das Mädchen mit dem Fingerhut (Roman, 140 S.)

    Im Grunde genommen ist das ganz einfach mit den Flüchtlingen: sie sind uns fremd, vor allem, wenn wir nur über sie hören. Aber auch, wenn wir mit ihnen direkt zu tun bekommen, sind sie uns fremd. Wenn es gut geht, bleibt das dann aber nicht so. In beiden Fällen geht die Betrachtung von uns aus. Warum auch nicht.

    Michael Köhlmeier hat seinen Roman Das Mädchen mit dem Fingerhut radikal aus der Perspektive eines sechsjährigen Mädchens in der Fremde geschrieben.
    Die Fremden, das sind wir in diesem Buch. Die Fremde, das ist ein unbekannter, unwirtlicher, kalter, gefährlicher Ort in diesem Buch, dabei ist es doch unsere warme, gemütliche, lebendige Stadt. Eine fremde Stadt, in der das kleine Mädchen fast zugrunde geht.
    Nicht umsonst ist der Titel, den Köhlmeier seinem Roman gegeben hat, eine Reminiszens an Das Mädchen mit den Schwefelhölzern von Hans Christian Andersen.

    In Köhlmeiers Text geht die Geschichte für das kleine Mädchen scheinbar besser aus: es trifft zwei andere, ebenso fremde Kinder und sie führen den Überlebenskampf gemeinsam und überstehen den Winter.

    Aber es ist ein tragisches, gefährdetes happy-end für die zwei, die zusammenbleiben: die Kinder, die sich den Winter über gegenseitig und mit allen Mitteln geschützt haben, werden im rettenden, wärmenden Sommer Teil einer Gruppe sein, über die Köhlmeier im letzten Satz des Romans sagt: „Die Freunde, das sind eine Horde von Zerlumpten, die bereits zu alt sind für Mitleid und Rührung.“

    Immerhin: nur der Tod ist endgültig, so lässt Köhlmeier uns wenigstens noch einen Funken Hoffnung, dass alles gut werden könnte.
    • Fabian
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