Teufelszeug > Schreibmethoden
Überarbeiten beim Schreiben oder erst alles in Rohfassung?
Zauberfeder:
@merin: Na ja, was soll ich mit 200 Normseiten, die in der falschen Perspektive geschrieben sind? Da kann ich ja nicht einfach drin herumkritzeln und da einen Satz abändern und dort einen. Es ist ja die falsche Perspektive. Ich will wieder personal schreiben, weil mir klar geworden ist, dass die wesentlich besser ist. Das mit der Ich-Perspektive war ein Experiment, durch das mir klar geworden ist, dass ich meine Perspektive schon lange hatte. Deswegen sind sie für mich für den Müll geschrieben. Der Inhalt bleibt. Ich schreibe denselben Text nur in einer anderen Perspektive, wo er dann eben besser sein wird.
Doch, doch, solche Plotfehler kann man machen. In meiner ersten Rohfassung hatte ich ja gar nicht geplant und deshalb waren die Antagonisten auch total dumm und haben Sachen gemacht, die unlogisch waren und noch dazu dumm. Das hat sich durch den ganzen Roman gezogen. Das ging so nicht. Deshalb hatte ich ihn ja überhaupt erst geplant und dabei kam dann etwas anderes raus. Nicht komplett. So der rote Faden blieb bestehen, aber den Text neu schreiben, musste ich ja trotzdem (ganz davon abgesehen, dass sich bei dieser Neufassung auch schon mein Schreibstil verändert hat). Nachdem dieser Band fertig war, habe ich feststellen müssen, dass es schon wieder einen Logikfehler gibt, der sich durch den ganzen Roman zieht. Ich erkläre es mal kurz: Tante und Onkel hatten von einem meiner Mädels böse Pläne und haben ihr von Anfang an schwarze Magie beigebracht, es aber nur nicht als schwarze Magie ausgelegt, sondern als genauso gute Magie, wie alles andere, was sie mit Magie anstellen kann. Dadurch hat sie es aber natürlich benutzt. Ist aber total dumm, denn wenn jemand bemerkt, dass das Mädchen schwarze Magie benutzt, will er herausfinden, woher er das kann und dann wird er unweigerlich auf Tante und Onkel aufmerksam. Damit verraten sie sich aber komplett selber. Das wäre so dumm von ihnen. Allerdings hat sich das Thema Mädchen XY benutzt schwarze Magie durch den kompletten Band gezogen und damit war er nichtig.
Natürlich sind Kleinigkeiten übrig geblieben, die in den neuen Versionen weiterhin Anwendung gefunden haben, aber deshalb habe ich den Text ja trotzdem neu geschrieben. Ich kann nicht in einem Text herumkritzeln, der für mich schlecht ist. Wenn ich also in einem Text überarbeite, wo ich 5% des Kapitels behalten kann und 95% ändern muss, dann schreibe ich es lieber gleich ganz neu, anstatt die 95% einfach im selben Dokument durch neue zu ersetzen.
Im Grunde sind das alles Überarbeitungen gewesen. Zuerst habe ich den Plot überarbeitet (oder überhaupt erst herausgefiltert) und so weiter. Ich hatte ja sogar überlegt, was ich behalten will und so. Ich habe den Text dann nur in einem neuen Dokument geschrieben, aber letztlich war es irgendwo eine Überarbeitung des Alten, nur eben an einem anderen Ort. Ich glaube, wir reden leicht aneinander vorbei. Die Seiten, die ich für mich alles für den Müll geschrieben habe, waren nie wirklich für den Müll. Manches konnte ich behalten, ich bin daran gewachsen, es hat sich mehr und mehr der roten Faden herauskristallisiert, aber weil ich die Seiten, so wie sie da stehen, eben nicht mehr verwenden kann, sind sie für mich eben Papierkorbseiten. Ich glaube, das ist einfach nur eine Frage des Betrachtens. Und es liegt vermutlich auch daran, wie man allgemein zum Überarbeiten steht. Findest du Logikfehler, die du ändern musst, nennst du es eben überarbeiten und für mich sind es dann Sachen, die ich umsonst geschrieben habe (so kommt es mir dann zumindest vor, auch wenn ich weiß, dass sie letztlich natürlich nicht umsonst waren). Ich glaube, wie man es bezeichnet, ist eben auch eine Einstellungsfrage.
merin:
--- Zitat ---Der Inhalt bleibt. Ich schreibe denselben Text nur in einer anderen Perspektive, wo er dann eben besser sein wird.
--- Ende Zitat ---
Ah! Jetzt geht mir ein Licht auf. Das ist für mich quasi die Definition von "überarbeiten".
--- Zitat ---Ich glaube, wie man es bezeichnet, ist eben auch eine Einstellungsfrage.
--- Ende Zitat ---
Ja, sicher. Es fühlt sich ganz anders an, "für die Tonne" zu schreiben oder mich an meinen Text heran zu arbeiten. Für mich jedenfalls.
Viskey:
Für mich fällt das Umschreiben von einer Perspektive auf eine andere unter Überarbeiten. Wenn ich einen Logikfehler ausmerze, fällt das auch unter Überarbeiten. Erst, wenn ich die gesamte Prämisse über den Haufen werfe, oder ein bestimmtes Projekt gar nicht mehr weiterferfolge, hab ich für die Katz geschrieben.
Und rein aus handwerklicher Sicht noch nicht mal dann. Man wächst an jedem Stück Text, das man schreibt. Frust gehört leider mit dazu.
Zauberfeder:
Haha, ja, ich sage ja, irgendwie ist es eine Einstellungsfrage, wie man es bezeichnet. Im Grunde überarbeite ich. Nur fühlt es sich eben anders an, wenn ich etliche Seiten geschrieben habe, die ich nicht mehr nutzen kann. Ich habe nur auch noch nicht für mich herausgefunden, wie ich was an der Einstellung ändern kann, sodass ich mich letztlich freue, an meinem Text feilen zu dürfen.
Viskey:
Vielleicht solltest du dich weniger auf die "verlorenen" Seiten konzentrieren, sondern mehr auf die gewonnenen. Du scheinst mir traurig (oder frustriert) darüber zu sein, eine, wie du selbst feststellst, schlechte Geschichte zu verlieren, statt dich darüber zu freuen, dass du jetzt eine bessere Geschichte hast. Die ist vielleicht immer noch nicht so gut, wie du sie gerne hättest, aber sie ist besser als das, was du schon hattest.
Ich habe das Gefühl, du hängst dich da an den investierten Arbeitsstunden auf. Aber das kann dir nur Frust bringen. Autoren haben mit den schlechtesten Stundenlohn der Welt, denn es ist schlicht und ergreifend zeitaufwändig.
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